06.08.2024 · IWW-Abrufnummer 243067
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 06.03.2024 – 7 Sa 56/23
Tenor: 1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 01.12.2022, Az. 2 Ca 689/22, berichtigt durch Beschluss vom 30.03.2023, teilweise abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) zu tragen. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche bzw. hilfsweise widerklagend geltend gemachte Rückzahlungsansprüche aus einem beendeten Rechtsverhältnis.
Der Kläger ist von Beruf "Technischer Systemplaner Heizung/Lüftung". Der Beklagte betreibt ein Planungsbüro für Umwelttechnik mit Sitz in C-Stadt. Die Parteien kennen sich bereits seit Jahrzehnten persönlich. Der Kläger war viele Jahre für ein anderes Ingenieurbüro als Abteilungsleiter tätig.
Der Beklagte erbrachte an den Kläger auf von diesem gestellte Honorarrechnungen "über erbrachte Planungsleistungen" mit dem Briefkopf "PLANUNGSBÜRO M.", "PLANUNG - BERATUNG - RAUMLUFTTECHNISCHE ANLAGEN - HEIZUNG - SANITÄR - FEUERWEHRPLÄNE" folgende Zahlungen:
am über auf die Rechnung vom Betreff der Rechnung des Klägers Bl. d. A. 22.05.2017 11.900,00 € 15.05.2017 Erweiterung Fachklinik I. 101 29.06.2017 11.900,00 € 12.06.2017 - " - 102 07.08.2017 23.800,00 € 05.07.2017 - " - 103 20.10.2017 8.621,55 € 16.10.2017 F. Center B. 104 3.373,75 € 16.10.2017 K. Center C-Stadt 105 01.12.2017 23.800,00 € 25.11.2017 Neubau von 3 Klinikstationen zum Klinikum I. 106 f. 02.02.2018 15.368,85 € 30.01.2018 S. 108 09.03.2018 8.246,70 € 30.01.2018 K. C-Stadt 109 09.02.2018 11.900,00 € 26.04.2018 11.900,00 € 31.03.2018 E. 110 = 139 25.06.2018 11.900,00 € 01.10.2018 11.900,00 € 28.12.2018 11.900,00 € 28.12.2018 11.900,00 € 28.02.2019 9.520,00 € 26.02.2019 Sanierung Heizzentrale A. B. 111 01.03.2019 13.923,00 € 29.03.2019 Produktionsgebäude D. 112 02.05.2019 1.874,25 € 2.249,10 € 9.520,00 € 31.05.2019 4.998,00 € 2.975,00 € 2.975,00 € 09.08.2019 5.950,00 € 19.08.2019 5.950,00 € 09.09.2019 9.520,00 €Die Parteien beendeten ihre geschäftliche Verbindung im November 2019.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 14.04.2020 (Bl. 50 f. d. A.) sowie vom 04.05.2020 (Bl. 41 d. A.) forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zur Zahlung eines behaupteten Gesamtrückstandes in Höhe von 115.084,90 € auf. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.05.2020 (Bl 113 ff. d. A.) forderte der Beklagte den Kläger zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Dem kam der Kläger ohne Anerkennung einer dahingehenden Rechtsverpflichtung unter dem 20.05.2020 (Bl. 116 f. d. A.) teilweise nach.
Mit seiner am 21.08.2020 beim Landgericht erhobenen, dem Beklagten am 18.12.2020 zugestellten Klage hat der Kläger Ansprüche auf ausstehende 115.084,90 € nebst außergerichtlichen Anwaltsgebühren iHv. 2.480,44 €, jeweils zuzüglich Zinsen, geltend gemacht.
Mit am 29.01.2021 beim Landgericht eingegangener, dem Kläger am 18.02.2021 zugestellter Klageerwiderung erhob der Beklagte zugleich Widerklage auf Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.480,44 € nebst Zinsen.
Das Landgericht hat die Parteien gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO persönlich angehört und die Zeugin P. sowie den Zeugen K. vernommen. Auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 23.05.2022 (Bl. 269 ff. d. A.) wird insoweit Bezug genommen. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 29.06.2022 (Bl. 286 ff. d. A.) hat das Landgericht den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Trier verwiesen.
Der Kläger hat vorgetragen,
der Beklagte habe ihn schon in früheren Jahren mehrfach angesprochen gehabt, ob er nicht Interesse daran habe, in seinem Unternehmen tätig zu werden. Anfang 2017 hätten sich nach mehreren gemeinsamen Gesprächen die Pläne für eine zukünftige Zusammenarbeit zwischen den Parteien konkretisiert. Am 04.02.2017 sei das abschließende Gespräch zwischen den Parteien erfolgt, in dem die Zusammenarbeit abgestimmt und vereinbart worden sei. Bei dieser Besprechung, die in seinem Büro in seinem Haus in A-Stadt stattgefunden habe, sei auch seine Ehefrau, die Zeugin P., zugegen gewesen. Die Parteien hätten vereinbart, dass er ab Mai 2017 als freier Mitarbeiter für den Beklagten habe tätig werden sollen. Für seine Tätigkeit habe er monatlich 10.000,00 € zuzüglich MWSt. erhalten sollen. Vereinbart worden sei zudem, dass ihm pro Jahr 30 Urlaubstage hätten zustehen sollen. Zudem habe sich der Beklagte bereit erklärt, ihm Fahrtkosten für die Fahrten zu den Baustellen und ggf. erforderliche Übernachtungskosten bei derartigen Anlässen zu bezahlen. Für ihn sei der vom Beklagten zugesicherte verbindliche monatliche Vergütungsanspruch von maßgeblicher Bedeutung für seinen Entschluss gewesen, auf Wunsch des Beklagten für diesen tätig zu werden.
Er sei im Zeitraum von Mai 2017 bis zum 26.11.2019 für den Beklagten als Planer tätig gewesen. Er habe für den Beklagten Leistungsverzeichnisse erstellt. Für die Projekte des Beklagten habe er auf Grundlage erstellter Konzepte des Beklagten die Planung bis zur Leistungsphase III nach der HOAI erstellt. Seine Tätigkeit habe im Weiteren darin bestanden, Angebote auszuwerten und Vergabeunterlagen vorzubereiten. Häufig habe er auch an Gesprächen mit Bauherren und Architekten an den Baustellen teilgenommen.
Dass er dem Beklagten Honorarrechnungen ausgestellt habe bzw. auszustellen gehabt habe, auf denen unterschiedliche Bauvorhaben eingetragen und schließlich auch noch unterschiedliche Beträge eingetragen gewesen seien, habe auf Vorgaben des Beklagten beruht. Der Beklagte habe Sorge gehabt, dass seine (des Klägers) Tätigkeit für den Beklagten als Scheinselbstständigkeit hätte eingestuft werden können und die Sozialversicherung ihn zu beträchtlichen Beitragszahlungen heranziehen könnte. Ende 2017/Anfang 2018 sei die Problematik für den Beklagten noch "heißer" geworden. Ein ihm bekannter Inhaber eines ähnlichen Büros sei von den Sozialversicherungsträgern und auch dem Finanzamt zu hohen Zahlungen verpflichtet worden. Der Beklagte habe ihm auch jeweils vorgegeben, wie er die Rechnungen auszustellen habe, teilweise habe er auch auf Geheiß des Beklagten Angebote erstellt - alles vor dem Hintergrund, die Einstufung der Scheinselbstständigkeit zu verhindern.
Zunächst seien 11.900,00 € bzw. zwei Mal 11.900,00 € abgerechnet wurden. Nach der Rechnung vom 05.07.2017 sei der Beklagte ängstlicher geworden, er habe verstärkt befürchtet, dass auch bei ihm die Sozialbehörden Ermittlungen aufnehmen könnten, so dass er veranlasst worden sei, die Rechnungen zu splitten, so geschehen am 16.10.2017.
Sein zeitlicher Aufwand für die Projektbearbeitungen sei immens gewesen, habe sehr häufig bei 12 bis 14 Stunden pro Tag gelegen, auch an den Wochenenden habe er regelmäßig gearbeitet. Die Leistungserbringung an den Beklagten sei per E-Mail erfolgt.
Der Beklagte habe ihm weiterhin diktiert, wie er die Rechnungen habe ausstellen sollen, so beispielsweise durch Vorlage einer Rechnung des Büros des Beklagten an die Firma L. GmbH in T. (Bl. 137 d. A.). In diese habe der Beklagte eingetragen gehabt, wie seine (des Klägers) Rechnung aussehen solle. Er habe daraufhin entsprechend dieser Vorgabe eine auf den 31.03.2018 datierte Rechnung über 11.900,00 € erstellt. Auch die Rechnung vom 31.05.2018 über 11.900,00 € sei ihm vom Beklagten konkret so vorgegeben worden. Auf die Rechnung vom 31.03.2018 (Bl. 141 d. A.) habe der Beklagte wiederum handschriftliche Anmerkungen gemacht, welche Rechnungsstellung durch ihn er wünsche. Ein weiteres Beispiel sei die Honorarrechnung vom 05.08.2018 (Bl. 142 d. A.) gewesen, die wiederum vom Beklagten vordiktiert worden sei. Eine weitere Rechnung über 11.900,00 € (Bl. 145 d. A.) sei am 24.09.2018 erstellt worden. Die Rechnung, datierend auf den 27.12.2018 (Bl. 145 d. A.) sei wiederum so konkret vom Beklagten vorgegeben worden, ebenso eine weitere Rechnung von diesem Tag.
Der Beklagte schulde ihm für die Zeit bis Dezember 2017 weitere 11.804,80 € (95.200,00 € abzüglich gezahlter 83.395,30 €), für das Jahr 2018 47.748,45 € (142.800,00 € abzüglich gezahlter 95.015,55 €) und für die Zeit vom 01.01. bis zum 26.11.2019 55.495,65 € (124.950,00 € abzüglich gezahlter 69.454,35 €).
Er (der Kläger) habe gegenüber dem Beklagten immer wieder diese Zahlungsrückstände beanstandet und den Beklagten aufgefordert, doch endlich die offenstehenden Zahlungen zu erbringen. Er sei immer wieder damit vertröstet worden, dass der Beklagte dies am Wochenende nochmals prüfen werde. Ein anderes Mal habe der Beklagte ihm mitgeteilt, er werde seinen Mitarbeiter K. die noch offenstehenden Beträge prüfen lassen.
Am 28.03.2020 habe er den Beklagten in W. persönlich aufgesucht und ihm die Rechnung über den Gesamtrückstand in Höhe von 115.084,94 € ausgehändigt. Er habe den Beklagten aufgefordert, die Zahlung bis zum 05.04.2020 zu leisten.
Der Kläger hat - nach Rücknahme des Antrags auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltsgebühren - erstinstanzlich zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 115.084,90 € zu zahlen zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2020.Der Beklagte hat - nach Rücknahme des Widerklageantrags auf Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten - erstinstanzlich zuletzt beantragt,
die Klage abzuweisen.Er hat vorgetragen,
einen Versuch zur Abwerbung des Klägers bei dessen vormaligem Arbeitgeber habe es nicht gegeben. Ihm sei nicht einmal bekannt gewesen, ob der Kläger zuvor als Abteilungsleiter für ein anderes Ingenieurbüro tätig gewesen sei. Nach seiner Kenntnis sei der Kläger schlicht selbstständig mit seinem Ingenieurbüro tätig gewesen.
Eine Vereinbarung der Parteien über eine Tätigkeit als freier Mitarbeiter zu monatlich 10.000,00 € (netto) habe es nicht gegeben. Er habe den Kläger vereinzelt, projektbezogen, als Nachunternehmer beauftragt. Hierzu habe 2017 eine Besprechung im Beisein eines weiteren Ingenieurs, des Zeugen K., stattgefunden. Bei dieser sei besprochen worden, dass er (der Beklagte) beabsichtige, demnächst verschiedentlich Leistungen unterzubeauftragen. Eine Vereinbarung hierüber sei jedoch nicht getroffen worden. Erst recht habe es keine Vereinbarung über 30 Urlaubstage gegeben. Dies sei überhaupt nicht seine Sache als Auftraggeber. Richtig sei, dass die Parteien in einer Besprechung am 04.02.2017 darüber gesprochen hätten, dass beide Parteien irgendwann in der Projektdurchführung auch einmal Urlaub nehmen müssten. Hier sei selbstverständlich für die Durchführung der Projekte eine Koordination erforderlich gewesen. Geplant gewesen sei insofern auch, dass der Kläger für die jeweiligen Bauherren in Abwesenheit des Beklagten direkt zur Verfügung stünde.
Auch habe es keine Vereinbarung gegeben, Fahrt- und Reisekosten über sein Büro abzurechnen. Fahrt- und Übernachtungskosten seien selbstverständlich zu ersetzen gewesen, soweit dies honorarrechtlich bei Abrechnung nach HOAI geboten gewesen sei.
Dem Kläger sei zu Beginn mitgeteilt worden, dass er bei einer gemeinsamen Projektbearbeitung in etwa 120.000,00 € jährlich (netto) an projektbezogenem Honorar würde erzielen können.
Soweit der Kläger Leistungen als sein Nachunternehmer erbracht habe, habe er diese - wenngleich wenig prüffähig - in Rechnung gestellt. Den erbrachten Leistungen habe erkennbar ein konkreter Auftrag zugrunde gelegen. Eine Pauschalvereinbarung sei auch weder durch die vorliegenden Rechnungsvorgänge noch durch die Zeugenvernehmung bestätigt worden.
Dem Grunde nach nicht bestritten werde, dass er den Kläger darum gebeten habe, monatliche Abschlagsrechnungen zu erstellen und sich insoweit an der Rechnungsstellung des Zeugen K. zu orientieren. Es werde jedoch bestritten, dass der Kläger Honorarrechnungen habe ausstellen sollen, weil er (der Beklagte) Sorge gehabt hätte, die Leistungen des Klägers würden als "Schein-Selbstständigkeit" eingestuft werden. Hierfür habe er überhaupt keinen Anlass gehabt. Hintergrund dafür, dass er schließlich in die Rechnungsstellung habe einwirken müssen, sei gewesen, dass die Rechnungsstellungen des Klägers immer dubioser geworden seien und teilweise jeglichen Zusammenhang zu erbrachten Planungsleistungen hätten vermissen lassen. Die klägerseits vorgelegte Rechnung vom 29.11.2017 (Bl. 135 d. A.) sei hier ein gutes Beispiel.
Aus der Nummerierung der Rechnungen ergebe sich, dass der Kläger für weitere Auftraggeber und Projekte tätig geworden sei. Der Kläger führe das auf seinem Briefkopf genannte Ingenieurbüro und werde insoweit für verschiedene Auftraggeber tätig, zu denen er (der Beklagte) gehöre.
Der Kläger sei ihm weder weisungsgebunden gewesen noch sei er in seinen Betrieb eingegliedert gewesen. Weder habe er mit seinen - des Beklagten - Mitarbeitern arbeitsteilig zusammengewirkt, noch habe er selbst gegenüber diesen Weisungen erteilt oder seine - des Beklagten - Betriebsmittel zur Erbringung der geschuldeten Tätigkeit verwendet. Die Aufträge, jeweils mit größeren Bauvolumen, seien bei ihm (dem Beklagten) eingegangen. Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen K. sei dann eine gemeinsame Besprechung erfolgt, wer welche Leistungen zu dem jeweiligen Bauvorhaben erbringe. Die Schreiben vom 28.05.2020 und 11.01.2021 zeigten, dass er dem Kläger etwaige Mängel in der Bearbeitung formal angezeigt habe. Der Zeuge K., der Kläger und er (der Beklagte) seien letztlich zusammen im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft tätig geworden, die eine Gesellschaft bürgerlichen Recht sei. Eine Auseinandersetzung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei nicht abgeschlossen. Einzelansprüche könnten daher grundsätzlich nicht mehr isoliert geltend gemacht werden, es bestehe ebenso wie bei der Auflösung der Gesellschaft eine Durchsetzungssperre. Bei dieser Auseinandersetzung seien dann auch seine Aufwände zu berücksichtigen, die er insbesondere aufgebracht habe, um Schlechtleistungen des Klägers zu korrigieren.
Es sei zwischen den Parteien auch nicht vereinbart gewesen, dass er seine Tätigkeit ausschließlich in Person zu erbringen gehabt habe.
Der Zeuge K. sei nicht sein Mitarbeiter. Es werde bestritten, dass er gesagt habe, Herr K. werde "die noch offenstehenden Beträge" prüfen lassen, wobei hier nicht ganz klar sei, worauf der Kläger diese Aussage überhaupt beziehen möge.
Durch in jeder Hinsicht mangelhafte und unbrauchbare Planungsleistungen des Klägers, die teilweise durch ihn (den Beklagten) selbst, teilweise mangels Kapazitäten durch Dritte hätten neu erbracht werden müssen, seien ihm Mehraufwände in Höhe von etwa 120.000,00 € entstanden.
Das Arbeitsgericht hat den Beklagten durch Urteil vom 01.12.2022, berichtigt durch Beschluss vom 30.03.2023 (Bl. 409 ff. d. A.), verurteilt, an den Kläger 96.710,00 € brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.04.2020 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat - zusammengefasst - ausgeführt, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Parteien eine Festvergütung von monatlich 10.000,00 € vereinbart hätten. Einer nochmaligen Vernehmung der Zeugen P. und K. durch das erkennende Gericht habe es nicht bedurft. Das Arbeitsgericht habe die vom Landgericht protokollierten Aussagen im Wege des Urkundenbeweises durch Auswertung des Vernehmungsprotokolls verwerten dürfen. Die Parteien hätten keine erneute Vernehmung der Zeugen beantragt, vielmehr der Verwertung der Zeugenaussagen im Wege des Urkundsbeweises ausdrücklich zugestimmt. Das zwischen den Parteien vereinbarte monatliche Honorar von 10.000,00 € sei, nachdem sich das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis erwiesen habe, nunmehr als die vertraglich geschuldete sozialversicherungspflichtige Bruttovergütung zugrunde zu legen. Eine Anpassung der Vergütung wegen Störung der Geschäftsgrundlage komme nicht in Betracht. Eine Störung der Geschäftsgrundlage könne gemäß § 313 Abs. 2 BGB vorliegen, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrages geworden seien, sich als falsch herausstellten. Hier hätten sich die Parteien bei Abschluss des Vertrages über dessen rechtliche Einordnung im Irrtum befunden, denn sie hätten angenommen, zwischen ihnen bestehe ein freier Dienstvertrag, obwohl es sich in Wirklichkeit um ein Arbeitsverhältnis gehandelt habe. Eine Abänderung des Vertrages setze allerdings voraus, dass die Parteien ohne den Irrtum den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt abgeschlossen hätten und dass unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, einer Partei das Festhalten am unveränderten Vertrag schlechterdings unzumutbar sei und zu einem mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarendem Ergebnis führen würde. In der vorliegenden Situation bestehe eine Unzumutbarkeit allerdings nicht schon darin, dass der Arbeitgeber auf der Grundlage der vereinbarten Vergütung Beiträge zur Sozialversicherung entrichten müsse. Denn dies sei die gesetzliche Rechtsfolge der Vergütungsvereinbarung, die allein nicht die Unzumutbarkeit begründen könne. Gehe man demgegenüber davon aus, dass die Auslegung der Vergütungsvereinbarung nach §§ 133, 157 BGB ergebe, dass sie nicht unabhängig von der Rechtsnatur des Rechtsverhältnisses Gültigkeit haben solle, weil die an einen freien Mitarbeiter gezahlte Vergütung aufgrund der von ihm zu tragenden Risiken erheblich höher sei als das an einen Angestellten gezahlte Gehalt, dann könne das an den vermeintlichen freien Mitarbeiter gezahlte Honorar nicht automatisch mit dem zu zahlenden Arbeitsentgelt gleichgesetzt werden, wenn sich das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis herausstelle. Es sei dann nach § 612 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung geschuldet. Vorliegend lasse sich die übliche Vergütung weder nach dem Vortrag der Parteien noch aus den Umständen bestimmen. Die Anspruchshöhe richte sich daher nach §§ 315, 316 BGB, das heiße die Arbeitsvergütung sei nach billigem Ermessen zu bestimmen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte habe das Gericht die bisher als Honorar gezahlte Vergütung als Arbeitsentgelt zugrunde gelegt. Allerdings könne der Kläger als Arbeitnehmer keine Mehrwertsteuer ausweisen. Diese sei daher aus dem eingeklagten Betrag herauszurechnen. Es verbleibe ein Betrag in Höhe von 96.710,00 €, der dem Kläger als Bruttobetrag zuzusprechen gewesen sei. Im Übrigen sei die Klage abzuweisen gewesen. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts (Bl. 360 ff. d. A.) Bezug genommen.
Das genannte Urteil ist dem Beklagten am 04.04.2023 zugestellt worden. Er hat hiergegen mit einem am 13.03.2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt und diese - innerhalb der durch Beschluss vom 17.04.2023 bis einschließlich 12.05.2023 verlängerten Berufungsbegründungsfrist - mit am 12.05.2023 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.
Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie der Schriftsätze vom 25.10.2023, 28.11.2023 und 01.12.2023, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 449 ff., 484 ff., 499 ff.,513 f., 517 f. d. A.), zusammengefasst geltend,
das Arbeitsgericht habe - wie zuvor das Landgericht - das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ohne nähere Begründung als gegeben angesehen. Das Arbeitsgericht habe sich insbesondere mit dem etwaigen Vorliegen einer GbR und den daraus folgenden Grundsätzen über die Auseinandersetzung einer GbR nicht auseinandergesetzt.
Der Zeuge K., der Kläger und er seien richtigerweise gemeinsam in einer Arbeitsgemeinschaft tätig geworden. Dies stelle eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts dar. Die Projekte habe die A. aufgrund entsprechender Abrede zwischen den Gesellschaftern regelmäßig über ihn (den Beklagten) akquiriert, weil er einen hervorragenden Ruf in der Baubranche gehabt und über entsprechende Kontakte verfügt habe. In gesellschaftsinternen Besprechungen sei dann abgestimmt worden, welcher der drei Beteiligten welche Leistungen für die A. ausführen werde. Eine solche Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei auseinanderzusetzen, die Durchsetzung von Einzelansprüchen der Gesellschafter sei prozessual unzulässig, die Klage damit abzuweisen. Eine Auseinandersetzung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei nicht erfolgt.
Der Kläger habe erstinstanzlich nichts zu einer abhängigen Beschäftigung vorgetragen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 23.05.2023 habe dieser auf Nachfrage des Gerichts nochmals klargestellt, dass Ansprüche aus einer freien Tätigkeit geltend gemacht würden. Der Annahme einer GbR stehe es nicht im Wege, wenn er (der Beklagte) die Vertretung der Gesellschaft übernommen habe. Es stehe den Gesellschaftern frei, die Geschäftsführungsbefugnisse zu regeln. Zumindest wäre eine Innen-GbR der Parteien mit dem Zeugen K. anzunehmen. Die Gesellschafter hätten auftragsabhängig entschieden, wer welche konkreten Planungsleistungen übernehme, um so die gemeinsamen Projekte zu bearbeiten. Eine Abrechnung habe nach den einzelnen übernommenen Leistungen der HOAI erfolgen sollen. Die Beteiligten der A. hätten sich hinsichtlich der Urlaubszeiten abgesprochen. Wegen der bestehenden Durchsetzungssperre von Einzelansprüchen sei die Sache weiterhin abzuweisen.
Sollte die Kammer annehmen, dass keine GbR vorliege, so wären die Leistungen des Klägers nach erbrachten Leistungen und entsprechend der HOAI abzurechnen.
Soweit sich das Arbeitsgericht auf die Zeugenaussage der Zeugin P. beziehe, habe es gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen, § 355 ZPO. Der Kläger und die Zeugin P. hätten sich in einem entscheidenden Punkt zu dem vermeintlichen Vertragsgespräch der Parteien widersprochen. Während der Kläger persönlich angehört mitgeteilt habe, er habe im Beisein seiner Ehefrau "nochmals das alles so wiederholt, was der Herr C. mir angeboten hat, weil das für mich auch ein großer Schritt war natürlich die bisherige Tätigkeit aufzugeben", sei es nach der Schilderung der Zeugin P. offenbar so gewesen, dass "der Beklagte, der " gesagt habe, "ja, das passt du kriegst die 10.000,00 € pro Mehrwertsteuer und gut S., dass du da bist, dann haben wir das ja jetzt auch hier fest". Das Arbeitsgericht habe zudem wesentliche Teile der Zeugenaussage der Zeugin P. nicht gewürdigt. Sobald man die Aussage der Zeugin P. als glaubhaft berücksichtigen möge, so würde diese nur bekräftigen, dass von den Parteien unstreitig kein Angestelltenverhältnis gewollt gewesen sei, insbesondere auch der Kläger keinen Rechtsbindungswillen für ein Angestelltenverhältnis gehabt habe. Die Aussagen der Zeugen P. sprächen vielmehr - ebenso wie die Aussagen des Zeugen K. - für das Vorliegen einer GbR.
Es sei von ihm lediglich in Aussicht gestellt worden, dass sich monatlich etwa 10.000,00 € an Honorar durch die Planungsaufträge realisieren lassen würden. Dies sei Teil einer mündlichen Abstimmung gewesen, mit der der Kläger letztendlich in die bestehende Bürogemeinschaft zwischen dem Zeugen K. und ihm als selbstständiger Planer hätte aufgenommen werden sollen. Auch aus den tatsächlichen Rechnungen und Zahlungen zeige sich, dass eine monatliche "Vergütung" in Höhe von 10.000,00 € nicht vereinbart gewesen sei. Dem Kläger sei auch kein "Urlaub gewährt" worden. Die Beteiligten der A. hätten sich hinsichtlich der Urlaubszeiten abgesprochen.
Im Übrigen würde eine solche mündliche Vereinbarung ohnehin an den Formvorschriften der hier maßgeblichen HOAI 2013 scheitern. Gemäß § 7 Abs. 1 HOAI 2013 gelte für Honorarvereinbarungen über Planungsleistungen die Schriftform. Werde diese nicht eingehalten, sei eine Honorarvereinbarung nicht wirksam zustande gekommen. Es sei dann nach den Grundsätzen der HOAI abzurechnen. Der BGH habe nach Klärung durch den EuGH mit Urteil vom 02.06.2023, VII ZR 174/19 entschieden, dass die Regelung in § 7 HOAI 2013 zwischen Privaten weiterhin Anwendung finde, auch wenn die Mindestsätze der HOAI 2013 mit geltendem Unionsrecht nicht vereinbar seien.
Er habe an den Kläger bereits einen Betrag in Höhe von 258.575,10 € gezahlt. Nicht berücksichtigt seien bislang Zahlungen auf die drei letzten Rechnungen (Rechnung 2019-17 über 7.250,00 € zzgl. 1.377,50 € Mehrwertsteuer, Rechnung vom 03.11.2009 über 650,00 € zzgl. 123,50 € Mehrwertsteuer, Rechnung vom 03.11.2019 über 1.100,00 € zzgl. 209,00 € Mehrwertsteuer).
Soweit das Berufungsgericht entgegen der Berufungsbegründung keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts annehmen sollte, sondern einen Dienst- oder Werkvertrag, wäre die Klage aufgrund der drei weiteren Zahlungen unbegründet.
Ein Arbeitsverhältnis einmal (unzutreffend) unterstellt, wäre der Kläger betreffend die übliche Vergütung bereits erheblich überzahlt. Lege man die für einen angestellten technischen Systemplaner mit einer Berufserfahrung von 15 bis 20 Jahren übliche Vergütung in dem streitgegenständlichen Zeitraum in Höhe von 60.000,00 € brutto pro Jahr zu Grunde, hätte der Kläger über einen Zeitraum von 30,5 Monaten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von insgesamt 152.500,00 € brutto gehabt. Erhalten habe er aber bereits 258.575,10 €. Mit dem sich ergebenden Differenzbetrag in Höhe von 106.075,10 € erhebe er vorsorglich Hilfswiderklage für den Fall der Annahme eines Arbeitsverhältnisses.
Im Fall eines Arbeitsverhältnisses wären außerdem die Mehrwertsteuerbeträge aus allen durch den Kläger gestellten Rechnungen abzuziehen. Dies würde dazu führen, dass der Kläger für alle seit dem 15.05.2017 erhaltenen Mehrwertsteuerbeträge zur Rückerstattung an ihn verpflichtet wäre. Daraus ergäbe sich ein Rückerstattungsbetrag in Höhe von insgesamt 41.285,10 €. Vorsorglich werde nunmehr hiermit die Aufrechnung erklärt für den Fall, dass das Berufungsgericht ein Arbeitsverhältnis annehmen sollte. Für den Fall, dass die Aufrechnung für unwirksam erachtet werde oder ins Leere gehe, erhebe er auch hinsichtlich dieses Betrages hilfsweise Widerklage.
Die Forderung von Gehalt/Lohn aus einem Arbeitsverhältnis stelle einen gänzlich anderen Streitgegenstand dar, als die Geltendmachung von Planerhonoraren aus einem Subunternehmervertrag. Antrag und zugrundeliegender Lebenssachverhalt seien jeweils voneinander verschieden. Nachdem eine Anschlussberufung durch die Klägerseite nicht eingelegt worden sei, dürfte es damit auch bereits aus prozessualen Gründen dabeibleiben, dass das erstinstanzliche Urteil auf seine Berufung hin aufzuheben und die Klage abzuweisen sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 01.12.2022, Az. 2 Ca 689/22 abzuändern und die Klage vollumfänglich abzuweisen.Er beantragt mit der am 12.05.2023 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen, dem Kläger am 16.05.2023 zugestellten Berufungsbegründung weiter hilfsweise, für den Fall der Annahme eines Arbeitsverhältnisses, widerklagend
1. den Kläger und Berufungsbeklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 106.075,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen; sowie hilfsweise widerklagend für den Fall, dass das Berufungsgericht die Aufrechnung für unwirksam erachten sollte oder die Aufrechnung ins Leere gehen sollte, 2. den Kläger und Berufungsbeklagten zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag in Höhe von 41.285,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen.Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen mit der Maßgabe der Aufrechterhaltung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 01.12.2022, Az. 2 Ca 689/22, als dass der Beklagte verurteilt wird, an ihn 96.710,00 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.04.2020 zu zahlen.Er beantragt weiter,
1. die Hilfs-Widerklage zu 1 abzuweisen, 2. die Hilfs-Widerklage zu 2 abzuweisen.Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 15.06.2023 sowie der Schriftsätze vom 20.12.2023 und 14.02.2024, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 474 ff., 520 ff., 526 ff. d. A.), unter ergänzender Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen als rechtlich zutreffend.
Die Behauptung des Beklagten, es sei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet worden, entbehre jeglicher Grundlage. Vorliegend könne nicht von einer gemeinsamen Ausführung von Planungsleistungen gesprochen werden, vielmehr habe er lediglich bei der Umsetzung von Aufträgen für das Unternehmen des Beklagten mitgewirkt, der Beklagte habe sich daher schlicht seiner (des Klägers) Person zu eigenen Zwecken bedient.
Infolge der Ausgestaltung des zwischen den Parteien bestehenden Dienstverhältnisses mitsamt der getroffenen Vergütungsvereinbarung von 10.000,00 € netto monatlich verbiete sich eine Abrechnung seiner Leistungen nach der HOAI. Die HOAI sei auf das streitgegenständliche Vertragsverhältnis bereits nicht anwendbar.
Das Arbeitsgericht sei nicht gezwungen gewesen, die Beweisaufnahme zu wiederholen.
Soweit der Beklagte nunmehr behaupte, weitere Zahlungen erbracht zu haben, werde dieser Vortrag als verspätet gerügt
Ein Anspruch auf Rückerstattung von Mehrwertsteuerbeträgen bestehe nicht. Der Beklagte habe diese Zahlungen bewusst geleistet. Der Beklagte habe diese Mehrwertsteuerbeträge gegenüber dem Finanzamt zum Zwecke des Vorsteuerabzugs geltend gemacht.
Er habe die Leistung nicht "völlig selbstständig erbracht". Allein der Beklagte sei im Außenverhältnis tätig geworden, nur er habe Werkverträge abgeschlossen. Nicht eine irgendwie geartete Gesellschaft habe Aufträge akquiriert, sondern nur der Beklagte selbst. Dieser selbst habe im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht unter anderem erklärt, dass er es gut gefunden habe, jemanden zu finden, der Arbeiten für ihn verrichten könne. Der Beklagte trage auch nicht vor, in welchem Umfang die vermeintlichen Gesellschafter an der Gesellschaft beteiligt sein sollten. Ihm sei vom Beklagten "Urlaub gewährt" worden.
Der Streitgegenstand des Berufungsverfahrens entspreche demjenigen der ersten Instanz. Er bestimme sich durch den Klageantrag sowie den Klagegrund, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dabei brauche er nicht vorzutragen, auf welche materiellen subjektiven Rechte er sich stütze, da das Gericht prüfe, ob es dem Antrag unter rechtlichen Gesichtspunkten stattgeben könne. Er habe den Streitgegenstand mit seiner Klage wie folgt bestimmt: Es werde ein Zahlungsanspruch aus einem zwischen den Parteien im Jahr 2017 begründeten Vertragsverhältnis geltend gemacht. Ob dieses Vertragsverhältnis in rechtlicher Hinsicht als Arbeitsvertrag, Dienstvertrag, Werkvertrag oder letztlich als Vertrag sui generis zu qualifizieren sei, berühre den mit der Klage anhängig gemachten Streitgegenstand nicht, da der vorgetragene Lebenssachverhalt und der Klageantrag unverändert aufrechterhalten blieben. Es liege keine Veränderung des Streitgegenstandes vor; vielmehr bestehe eine Streitgegenstandsidentität zwischen Klage- und Berufungsverfahren.
Nicht nachvollziehbar sei vor diesem Hintergrund zudem der Vortrag, das erstinstanzliche Urteil sei auf die Berufung des Beklagten hin aufzuheben und die Klage abzuweisen, da eine Anschlussberufung von ihm nicht eingelegt worden sei. Vielmehr ergebe sich aus der Umstand der nicht eingelegten Anschlussberufung gerade, dass er unverändert am erstinstanzlichen Streitgegenstand festhalte. Streitgegenstand sei seine bereits im Verfahren erster Instanz geltend gemachte Zahlungsforderung als Entgeltforderung aus dem mit dem Beklagten bestehenden Vertragsverhältnis - dass dieses in erster Instanz durch das Arbeitsgericht Trier als Arbeitsverhältnis eingeordnet worden sei, sei hier nicht unmittelbar von Relevanz, ebenso wenig der Passus des Brutto-Betrages im Urteilstenor als logischer Schluss aus der dortigen Bejahung eines Arbeitsverhältnisses.
Der Klageantrag zu 1 in der ersten Instanz habe auf Zahlung eines Geldbetrags in gerichtsbekannter Höhe gelautet. Der Parteivortrag, das Ergebnis des Verhandlungstermins sowie der Beweisaufnahme hätten das Arbeitsgericht sodann schließen lassen, dass die klageweise geltend gemachte Zahlung aus einem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsverhältnis verlangt worden sei und dass - weitergehend - keine gesonderte Nettoabrede bestanden habe; daher sei - in Übereinstimmung mit ganz herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur - folglich der entsprechende Bruttobetrag auszuurteilen gewesen. Gemäß der BAG-Rechtsprechung (07.03.2001 - GS 1/00) ändere dies an der materiell-rechtlichen Zahlungspflicht an den Kläger - vom Arbeitsgericht als Arbeitnehmer eingestuft - nichts, denn die Determinante der Behandlung des Zahlungsanspruchs als "Brutto"-Vergütungsanspruch betreffe lediglich Abzug und Abführung von Lohnbestandteilen und auch nur die Frage, wie (nicht: ob) der Beklagte seine Zahlungspflicht gegenüber dem Kläger zu erfüllen habe. Hierdurch sei keine Veränderung oder gar Einengung des dem Verfahren zugrundeliegenden Streitgegenstandes intendiert oder bewirkt. Schließlich sei der prozessuale Anspruch unter Berücksichtigung von intendierter Rechtsfolge und dem Lebenssachverhalt auch "weiter" zu verstehen als der "engere" materiell-rechtliche Anspruch.
Somit sei auch nicht etwa eine Anschlussberufung durch ihn erforderlich gewesen, da das Berufungsgericht - zwar möglicherweise unter abweichender rechtlicher Einordnung, aber dennoch im Grundsatz - den von ihm klageweise geltend gemachten Zahlungsanspruch zu beurteilen haben werde, welcher unverändert mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemacht werde.
Aus seiner Sicht erscheine das vorstehende Ergebnis zwingend. Andernfalls würde man zum schwer vertretbaren und geradezu unbilligen Ergebnis gelangen, dass er de facto ausgeschlossen wäre: er erhielte jetzt kein arbeitsvertragliches Entgelt mangels Arbeitsverhältnisses und ohne weiteres auch keine Vergütung aus selbstständiger Tätigkeit mangels gewählter Anschlussberufung - allein aufgrund der rechtlichen Einordnung des Arbeitsverhältnisses durch das Arbeitsgericht und Tenorierung des Zahlungsanspruchs als Bruttobetrag, wobei es sich nach BAG-Rechtsprechung ja gerade nur um eine Frage der technischen Handhabung im Zuge der Auszahlung des dem Grunde nach bestehenden Anspruchs handele.
Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle vom 08.11.2023 und 06.03.2024 (Bl. 492 ff., 538 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.
B.
Auch in der Sache hatte die Berufung des Beklagten Erfolg.
I.
Der Kläger hat - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung gemäß § 611a Abs. 1 BGB in Höhe von 96.710,00 € brutto für die Zeit von Mai 2017 bis 26.11.2019. Zwischen den Parteien bestand im genannten Zeitraum kein Arbeitsverhältnis. Im Kammertermin vom 08.11.2023 haben beide Parteien auf Frage des Gerichts das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses verneint. Auch aus dem Vortrag der Parteien sowie aus dem sonstigen Akteninhalt ergibt sich nicht, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hätte.
1.
Die Grundsätze, anhand derer ein Arbeitsverhältnis von dem Rechtsverhältnis eines Selbstständigen abgegrenzt wird, ergeben sich seit dem 01.04.2017 aus § 611a Abs. 1 BGB, der eine Legaldefinition des Arbeitsvertrags enthält und damit zusammenhängend regelt, wer Arbeitnehmer ist.
Nach § 611a Abs. 1 BGB wird ein Arbeitnehmer durch den Arbeitsvertrag im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet (Satz 1). Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen (Satz 2). Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (Satz 3). Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab (Satz 4). Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen (Satz 5). Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an (Satz 6).
Ein Arbeitsverhältnis unterscheidet sich danach von dem Rechtsverhältnis eines selbstständig Tätigen durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit des Verpflichteten. Die Begriffe der Weisungsgebundenheit und Fremdbestimmung sind eng miteinander verbunden und überschneiden sich teilweise. Eine weisungsgebundene Tätigkeit ist in der Regel zugleich fremdbestimmt. Die Weisungsbindung ist das engere, den Vertragstyp im Kern kennzeichnende Kriterium, das durch § 611a Abs. 1 Sätze 2 bis 4 BGB näher ausgestaltet ist. Es kann, muss aber nicht gleichermaßen Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Nur wenn jedwede Weisungsgebundenheit fehlt, liegt in der Regel kein Arbeitsverhältnis vor. Das Kriterium der Fremdbestimmung erfasst insbesondere vom Normaltyp des Arbeitsvertrags abweichende Vertragsgestaltungen. Sie zeigt sich insbesondere in der Eingliederung des Arbeitnehmers in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers (vgl. nur BAG 30.11.2021 - 9 AZR 145/21 - Rn. 31 mwN.).
In zeitlicher Hinsicht besteht eine Abhängigkeit von Weisungen, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder wenn der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch ohne entsprechende Vereinbarung herangezogen wird, ihm also die Arbeitszeiten letztlich "zugewiesen" werden (BAG 30.11.2021 - 9 AZR 145/21 - Rn. 33 mwN.). Allerdings sind zeitliche Vorgaben oder die Verpflichtung, bestimmte Termine für die Erledigung der übertragenen Aufgaben einzuhalten, für sich allein kein wesentliches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis (BAG 30.11.2021 - 9 AZR 145/21 - Rn. 34). Die Anweisung gegenüber einem Selbstständigen ist typischerweise sachbezogen und ergebnisorientiert und damit auf die zu erbringende Dienst- oder Werkleistung ausgerichtet. Im Unterschied dazu ist das arbeitsvertragliche Weisungsrecht personenbezogen, ablauf- und verfahrensorientiert geprägt. Für die Bestimmung des Vertragstyps kommt es indiziell darauf an, inwieweit der Arbeitsvorgang durch verbindliche Weisungen vorstrukturiert ist (BAG 30.11.2021 - 9 AZR 145/21 - Rn. 34). Richten sich die vom Arbeitnehmer zu erbringenden Leistungen nach dem jeweiligen Bedarf des Auftraggebers, so kann auch darin ein Indiz gegen eine werk- und für eine arbeitsvertragliche Beziehung liegen, wenn mit der Bestimmung von Leistungen auch über Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit entschieden wird (BAG 30.11.2021 - 9 AZR 145/21 - Rn. 34).
Dafür, dass zwischen dem Leistenden und "Auftraggeber" ein Arbeitsverhältnis besteht, ist der Leistende, vorliegend also der Kläger, darlegungs- und beweispflichtig (vgl. Schaub ArbR-HdB/Rinck, 20. Aufl. 2023, § 8 Rn. 52).
2.
Unter Anwendung dieser Grundsätze liegt kein Arbeitsverhältnis vor. Die Parteien haben keinen schriftlichen Vertrag abgeschlossen. Nach dem Inhalt ihrer mündlichen Vereinbarung und der tatsächlichen Vertragsdurchführung bestand zwischen ihnen kein Arbeitsverhältnis. Der Kläger war gegenüber dem Beklagten nicht zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Der Kläger war nicht in den Betrieb des Beklagten eingliedert. Die Parteien haben nicht arbeitsteilig zusammengewirkt. Zur Erbringung der Tätigkeit erforderliche Arbeitsmittel wurden dem Kläger durch den Beklagten nicht zur Verfügung gestellt. Der Kläger war auch nicht verpflichtet, seine Leistung in Person zu erbringen (vgl. § 613 Satz 1 BGB).
Die Parteien haben nicht ausdrücklich vereinbart, dass der Kläger seine Leistungserbringung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zu erbringen hat. Der Kläger hat vorgetragen, die Parteien hätten vereinbart, er solle als freier Mitarbeiter für den Beklagten tätig werden (vgl. nur S. 3 der Klageschrift, Bl. 25 d. A.; S. 2 des erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 16.03.2021, Bl. 127 d. A.). Auch der Beklagte hat nicht behauptet, dass die Parteien ein Arbeitsverhältnis vereinbart hätten. Die Zeugin P. hat im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung von einer "festen Honorarzusage", "Honoraren", vereinbarten "10.000,00 Euro plus Mehrwertsteuer" und dem "Schritt in die Selbstständigkeit" gesprochen. Der Zeuge K. hat vor dem Landgericht ausgesagt, der Beklagte habe den Kläger gefragt, ob er sich nicht vorstellen könne, selbstständig in der Firma des Beklagten zu arbeiten und dann hätten die Parteien auch über Gehaltsvorstellungen geredet und aufgrund der derzeitigen Auftragslage habe dann der Beklagte gesagt, dass es realistisch sei, so um die 10.000,00 € zu verdienen.
Auch im Prozess haben die Parteien das Vertragsverhältnis zwischen ihnen übereinstimmend nicht als Arbeitsverhältnis gesehen. In der öffentlichen Sitzung der 18. Zivilkammer des Landgerichts hat der Klägervertreter nochmals klargestellt, "dass hier Ansprüche aus einer freien Tätigkeit geltend gemacht werden" (Bl. 269 d. A.). Dementsprechend hatte er Klage beim Landgericht eingereicht und seine Klage auf Zahlung eines Nettobetrages einschließlich MWSt. gerichtet. Lediglich auf Seite 2 der Berufungserwiderung (Bl. 475 d. A.) hat der Kläger von "dieser letztlich zutreffenden Einschätzung des Landgerichts " gesprochen, entsprechend der "auch das Arbeitsgericht Trier (zu Recht) davon ausgegangen ist, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat". Auf Seite 7 der Berufungserwiderung hat der Kläger weiter ausgeführt, er habe "keineswegs die Leistung 'völlig selbstständig erbracht'". Im ersten Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht hat er jedoch entsprechend seinem erstinstanzlichen Vortrag das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses verneint und im zweiten Kammertermin - schriftsätzlich angekündigt - die Zurückweisung der Berufung mit der Maßgabe beantragt, dass der ausgeurteilte Bruttobetrag als Nettobetrag zu zahlen ist. Der Beklagte wiederum hat zu keinem Zeitpunkt das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses behauptet. Er ist zunächst von einer vereinzelten, projektbezogenen Beauftragung des Klägers als Nachunternehmer (vgl. S. 2 der Klageerwiderung vom 29.01.2021, Bl. 94 d. A.) bzw. als Selbstständiger mit Subplanung (vgl. S. 2 des Schriftsatzes vom 16.05.2022, Bl. 241 d. A.) und sodann von einer A., die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist (vgl. nur S. 15 des Sitzungsprotokolls des Landgerichts vom 23.05.2022, Bl. 283 d. A.; Seite 4 des Schriftsatzes vom 13.06.2022, Bl. 257 d. A.; S. 13 der Berufungsbegründung), ausgegangen.
Dem Umstand, dass die Parteien das geschlossene Rechtsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis bezeichnet hatten, entsprach die tatsächliche Vertragsabwicklung.
Der Kläger hat Entwürfe erstellt, war in der Leistungsphase 3 nach HOAI in verschiedenen Projekten tätig. In seiner Anhörung vor dem Landgericht hat der Kläger angegeben, man habe per E-Mail abgeglichen, wie jetzt der Leistungsstand ist und wie es weitergeht. Der Beklagte habe ihm die Planungsunterlagen zukommen lassen und er habe sich dann per Mail mit ihm ausgetauscht, aber dann auch Baubesprechungen vor Ort gemacht und die Projekte sinngemäß bearbeitet. Die Projekte seien vom Beklagten gekommen und er habe diese dann bearbeitet. Und bevor die Pläne hinausgegangen seien, habe der Beklagte immer noch abschließend drüber geschaut. Nach seinem Vortrag hat der Kläger demnach eine bestimmte Leistung (die Leistungsphase 3 nach HOAI) geschuldet und dem Beklagten schließlich den fertigen Entwurf vorgelegt, der dann noch mal drüber geschaut hat. Dass der Beklagte ihm Weisungen hinsichtlich der konkreten Vorgehensweise bei Erstellung der Entwürfe, der zeitlichen Abläufe oder des Orts der Arbeitsleistung gemacht hätte, hat der Kläger nicht behauptet. Auch aus dem "Drüberschauen" über den Entwurf ergibt sich keine weisungsabhängige Tätigkeit des Klägers. Vielmehr liegt insoweit eine Ergebniskontrolle vor, die auch im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrages vorgenommen werden kann.
Der Kläger hat seine Leistungen von E. aus erbracht, das Büro des Beklagten und des Zeugen K. befand sich in C-Stadt. Dass er Arbeitnehmern des Beklagten Weisungen erteilt hätte, hat der Kläger ebenso wenig behauptet wie eine Nutzung des Büros oder von Arbeitsmitteln des Beklagten.
Nach dem Vortrag des Klägers habe er, da die Vereinbarung in Höhe von 10.000,00 € für ihn viel Geld gewesen sei, auch das, was gefordert worden sei, dann gemacht und was auch zu machen war, auch wenn es von den Stunden her teilweise unerträglich geworden sei. Dass er Arbeiten in Projekten habe übernehmen müssen und diese nicht habe ablehnen können oder das von ihm seitens des Beklagten ständige Dienstbereitschaft erwartet worden wäre, hat der Kläger weder behauptet noch substantiiert dargelegt.
Hinsichtlich der von dem Kläger übernommenen bzw. ihm übertragenen Durchführung der Leistungsphase 3 nach HOAI hat der Kläger auch kein arbeitsteiliges Zusammenwirken der Parteien bzw. des Klägers und von Mitarbeitern des Beklagten vorgetragen.
Der Kläger hat zwar eine Absprache betreffend "gewährte" Urlaubszeiten von sechs Wochen im Jahr behauptet, zu der Notwendigkeit oder einem Verfahren der Urlaubsbeantragung und -genehmigung hat er jedoch nichts vorgetragen. Urlaubsentgelt wurde nicht abgerechnet. Zudem wäre auch die Gewährung von Urlaub nicht ausschlaggebend für die Frage des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses. Hierdurch dokumentieren die Parteien allenfalls ihre eigene rechtliche Auffassung (Schaub ArbR-HdB/Rinck, 20. Aufl. 2023, § 8 Rn. 23).
Unter dem Briefkopf "PLANUNGSBÜRO M. - PLANUNG - BERATUNG - RAUMLUFTTECHNISCHE ANLAGEN - HEIZUNG - SANITÄR - FEUERWEHRPLÄNE" hat der Kläger "Honorarrechnungen" gestellt, die Mehrwertsteuer aufwiesen. Steuern und Sozialversicherungsbeiträge wurden seitens des Beklagten für den Kläger nicht abgeführt. Aus den nicht lückenlosen Nummern der von ihm an den Beklagten gestellten Rechnungen lässt sich schließen, dass der Kläger auch für Dritte Leistungen erbrachte und abrechnete. Diesen Umstand, auf den der Beklagte hingewiesen hat, hat der Kläger nicht bestritten oder erläutert. Ist der Dienstverpflichtete berechtigt, für mehrere Dienstberechtigte tätig zu werden, spricht dies mehr für einen freien Dienstvertrag (vgl. § 92a HGB; Schaub ArbR-HdB/Rinck, 20. Aufl. 2023, § 9 Rn. 3).
Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller Umstände ist den Kriterien, die für eine persönliche Abhängigkeit sprechen, kein hinreichendes Gewicht beizumessen. Sie geben dem Rechtsverhältnis zwischen den Parteien nicht ihr Gepräge. Es lag zwischen den Parteien nach Auffassung der Kammer - entsprechend ihrer Vereinbarung - kein Arbeitsverhältnis vor.
II.
Etwaige Ansprüche des Klägers aus einem freien Mitarbeiterverhältnis oder Ansprüche entsprechend dem (letzten) Vortrag des Beklagten im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft sind im vorliegenden Verfahren nicht streitgegenständlich.
1.
Das Arbeitsgericht ist, "nachdem sich das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis erwiesen habe" (unter I.3 der Entscheidungsgründe), davon ausgegangen, dass das zwischen den Parteien vereinbarte monatliche Honorar von 10.000,00 € als die vertraglich geschuldete sozialversicherungspflichtige Bruttovergütung zugrunde zu legen sei. Es hat eine Anpassung der Vergütung wegen Störung der Geschäftsgrundlage geprüft und verneint sowie sich mit der Frage der üblichen Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) auseinandergesetzt. Diese lasse sich weder nach dem Vortrag der Parteien noch aus den Umständen bestimmen. Da der Beklagte nichts dazu vorgetragen habe, welche Bruttovergütung seiner Auffassung nach dem Kläger als Arbeitnehmer zugestanden hätte, richte sich die Anspruchshöhe nach §§ 315, 316 BGB, das heiße die Arbeitsvergütung sei nach billigem Ermessen zu bestimmen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte habe das Gericht die bisher als Honorar gezahlte Vergütung als Arbeitsentgelt zugrunde gelegt. Im Umfang der auf die vom Kläger in die erstinstanzliche Klageforderung eingerechneten Mehrwertsteuer in Höhe von 18.374,90 € MWSt. hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat demnach Bruttoarbeitsentgelt ausgeurteilt.
2.
Gegen das arbeitsgerichtliche Urteil hat nur der Beklagte, nicht aber der Kläger Berufung eingelegt. Streitgegenstand der Berufung ist daher allein das dem Kläger vom Arbeitsgericht zugesprochene Arbeitsentgelt, nicht hingegen etwaige Vergütung aus einem freien Mitarbeiterverhältnis. Es handelt sich nach Auffassung der Kammer um zwei unterschiedliche Streitgegenstände. Das Gericht darf einen Anspruch, den es für unbegründet hält, nicht durch einen anderen ersetzen, den es für begründet hält, der aber einen anderen Streitgegenstand hat und damit nicht Gegenstand der Klage ist (BGH 03.04.2003 - I ZR 1/01 - Rn. 44 mwN., juris; Zöller/Feskorn, 35. Aufl. 2023, ZPO § 308 Rn. 2 mwN.).
a) Der Streitgegenstand wird nach dem für den Zivil- und Arbeitsgerichtsprozess geltenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff bestimmt durch das Rechtsschutzbegehren (konkret gestellter Antrag, Klageantrag), in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den ihm zugrundeliegenden Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) (BAG 25.10.2023 - 7 ABR 25/22 - Rn. 25 mwN.; BGH 14.03.2017 - VI ZR 605/15 - Rn. 17, juris; 29.06.2006 - I ZR 235/03 - Rn. 15, juris). Zum Anspruchsgrund sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt seinem Wesen nach erfassenden Betrachtung zu dem zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören. Vom Streitgegenstand werden damit alle materiell-rechtlichen Ansprüche erfasst, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem zur Entscheidung unterbreiteten Lebenssachverhalt herleiten lassen. Dies gilt unabhängig davon, ob die einzelnen Tatsachen des Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch unabhängig davon, ob die Parteien die zunächst nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs damals bereits kannten und hätten vortragen können (BGH 14.03.2017 - VI ZR 605/15 - Rn. 17, juris). Der Streitgegenstand ändert sich dementsprechend iSv. § 263 ZPO auch dann, wenn zwar nicht der gestellte Antrag als solcher, aber der ihm zugrundeliegende Lebenssachverhalt ein anderer geworden ist (vgl. BAG 25.10.2023 - 7 ABR 25/22 - Rn. 25 mwN.).
So handelt es sich bei einem anderen Rechtsgeschäft um einen anderen Streitgegenstand, beispielsweise, wenn das Leistungsbegehren nur auf Vergütungspflichten aus einem von dem Kläger angenommenen Arbeitsverhältnis gestützt wird (vgl. BAG 14.10.2020 - 5 AZR 409/19 - Rn. 27 zu einem als Scheingeschäft geschlossenen Rechtsgeschäft; vgl. auch LAG Baden-Württemberg 19.08.2002 - 15 Sa 35/02 - Rn. 58). Bruttolohnabrede und Nettolohnvereinbarung betreffen verschiedene Klagegründe und demnach unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. BAG 23.09.2020 - 5 AZR 251/19 - Rn. 23). Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.09.2011 - 5 AZR 629/10 (BAG 23.09.2020 - 5 AZR 251/19 - Rn. 23), in der sich der 5. Senat mit der Frage, ob bei Nichterweislichkeit einer behaupteten Nettolohnabrede eine beantragte Nettovergütung als Bruttovergütung ausgeurteilt werden kann, nicht befasst.
b) Vorliegend hat das Arbeitsgericht Ansprüche aus einem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis ausgeurteilt. Durch die Berufung des Beklagten sind diese Ansprüche Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Ansprüche aus einem freien Mitarbeiterverhältnis hat das Arbeitsgericht dem Kläger gerade nicht zugesprochen. Das ergibt sich insbesondere daraus, dass es die Klage im Umfang der in der ursprünglichen Klageforderung enthaltenen MWSt. abgewiesen und umfangreiche Ausführungen zur Berechnung der Höhe der brutto auszuzahlenden Arbeitsvergütung gemacht hat.
Die Nettoforderung aus einem freien Mitarbeiterverhältnis (einschließlich MWSt.) unterscheidet sich demnach von der Bruttoforderung aus dem Arbeitsverhältnis, die Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, sowohl hinsichtlich des Klagegrundes (freies Mitarbeiterverhältnis einerseits, Arbeitsverhältnis andererseits) als auch hinsichtlich des konkreten Antrags (Nettoforderung incl. MWSt. einerseits und Bruttolohnforderung andererseits). Es liegen zwei verschiedene Streitgegenstände vor.
3.
Das Landesarbeitsgericht kann auch nicht deshalb über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Honorar aus einem freien Mitarbeiterverhältnis entscheiden, weil der Kläger dies (und nicht die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Arbeitsentgelt) erstinstanzlich beantragt hatte. Zweitinstanzlich hat der Kläger (lediglich) die Zurückweisung der Berufung beantragt, aber nicht im Wege der (Anschluss-)Berufung zumindest hilfsweise einen Anspruch auf Vergütung aus einem freien Mitarbeiterverhältnis (weiter-)verfolgt.
Ein Urteil schafft Rechtskraft auch insoweit, als das Gericht irrtümlich über einen Anspruch entscheidet, den keine der Parteien erhoben hatte. Aus dem Wortlaut des § 322 Abs. 1 ZPO, wonach Urteile der Rechtskraft nur insoweit fähig sind, als über den durch die Klage erhobenen Anspruch entschieden worden ist, kann nicht geschlossen werden, dass sich die Rechtskraft stets in den durch die Klageanträge gezogenen Grenzen hielte. Denn die Frage, welcher Anspruch erhoben worden ist, gehört ebenfalls zum Inhalt der fraglichen Entscheidung. Geht das Gericht in dem, was es zuspricht, über die gestellten Anträge hinaus, liegt ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO vor, der im Rechtsmittelwege korrigiert werden kann; bleibt es jedoch bei dem Urteil, erstreckt sich die materielle Rechtskraft auch auf den "ultra petita" zugesprochenen Teil. Entsprechendes gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Gericht dem Kläger irrtümlich einen Anspruch abspricht, den dieser nicht erhoben hatte. Auch in diesem Fall liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz "ne ultra petita". Wird dieser Fehler jedoch nicht im Rechtsmittelverfahren korrigiert, erwächst die Klageabweisung auch hinsichtlich des nicht durch einen erhobenen Anspruch veranlassten Teils in materieller Rechtskraft (BGH 28.05.1998 - I ZR 275/95 - Rn. 33 f., juris; vgl. auch OLG Hamm 17.01.1984 - 27 U 89/83 - MDR 1985, 241).
Hieraus ergibt sich, dass auf die Berufung des Beklagten der vom Arbeitsgericht zugesprochene Anspruch auf Arbeitsentgelt Streitgegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist. Mangels (Anschluss-)Berufung des Klägers ist der ursprüngliche erstinstanzliche Streitgegenstand "Anspruch auf Vergütung aus einem freien Mitarbeiterverhältnis" nicht Streitgegenstand des Berufungsverfahrens geworden (vgl. auch LAG Hessen 27.01.2023 - 14 Sa 359/22 - Rn. 88 mwN., juris zur Einführung eines übergangenen Anspruchs durch Klageerweiterung in zweiter Instanz).
Der Antrag des Beklagten auf Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Klageabweisung hatte daher Erfolg.
III.
Die hilfsweisen Widerklageanträge des Beklagten sind nicht zur Entscheidung angefallen.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 17b Abs. 2 GVG. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.
Verkündet am 06.03.2024