· Fachbeitrag · Büroführung
Beim BAG: Wann ist ein Subplaner ein freier Mitarbeiter oder ein Arbeitnehmer?
| Entgeltfortzahlung bei Krankheit, Nachforderung von Sozialabgaben, Kün-digungsschutz ‒ diese Fragen stellen sich, wenn Sie mit einem (vermeintlich) freien Mitarbeiter zusammenarbeiten. In einem Fall vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz waren die Parteien für Zuarbeiten bis zur Lph 3 einvernehmlich von einem „Freier-Mitarbeiter-Verhältnis“ ausgegangen. Als Zahlungen ausblieben, behauptete der Planer er sei in Wirklichkeit Arbeitnehmer gewesen ‒ und forderte die Honorare als Arbeitslohn nach. Erfahren Sie, wie der Fall vorerst ausgegangen ist. |
Worum es konkret ging
Im konkreten Fall hatte ein Fachplaner Gebäudetechnik mit einem Büro eine längerfristige Zusammenarbeit vereinbart. Seine Aufgabe war es, auf der Basis von Planungskonzepten des Büros TA-Planungsleistungen bis zur Lph 3 zu erbringen. Man ging von einem „Freier-Mitarbeiter-Verhältnis“ aus und rechnete das auch so ab.
Nachdem mehrere Zahlungen ausblieben, erhob der Fachplaner Klage vor dem Landgericht (LG). Das LG verwies den Fall ans Arbeitsgericht. Der Fachplaner trug dort vor, es habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Die Rechnungen habe er auf Wunsch des Büros ausgestellt, da dieses befürchtet habe, wegen einer Scheinselbstständigkeit Sozialversicherungsabgaben zahlen zu müssen.
Das Büro hingegen vertrat den Standpunkt, der Fachplaner sei als Subunternehmer tätig geworden und habe daher nur Anspruch auf entsprechendes Honorar. Es ging um über 96.000 Euro.
Die Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz
Während das ArbG dem Fachplaner noch recht gegeben und das Büro zur Zahlung von rd. 96.710 Euro ausstehendem Arbeitsentgelt verurteilt hatte, entschied das LAG anders (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.03.2024, Az. 7 Sa 56/23, Abruf-Nr. 243067).
LAG verneint weisungsabhängige Tätigkeit
Da es keine schriftliche Vereinbarung gab, musste das LAG auf die mündlichen Abreden und auf die tatsächliche Vertragsdurchführung abstellen. Lediglich das „Drüberschauen“ über fertig eingereichte Entwürfe, die ohne konkret angeordnete Vorgehensweise erstellt wurden, sei keine ‒ für ein Arbeitsverhältnis sprechende ‒ weisungsabhängige Tätigkeit. Dies stellte sich vielmehr als Ergebniskontrolle dar. Der Systemplaner arbeitete auch nicht im Büro des Auftraggebers. Seine Rechnungen waren nicht lückenlos nummeriert. Daher sei davon auszugehen, dass er auch für weitere Auftraggeber tätig war. Zudem wies er in seinen Rechnungen Mehrwertsteuer aus.
Das unterscheidet Anstellung von Freier Mitarbeit
Zur Begründung führte das LAG aus, dass die Begriffe der Weisungsgebundenheit und der Fremdbestimmung eng miteinander verbunden seien und sich teilweise überschneiden. Für eine Anstellung spreche, dass eine ständige Dienstbereitschaft erwartet werde und Arbeitszeiten zugewiesen werden. Die Anweisung gegenüber einem Selbstständigen sei dagegen typischerweise sachbezogen und ergebnisorientiert und damit auf die zu erbringende Dienst- oder Werkleistung ausgerichtet. Im Unterschied sei das arbeitsvertragliche Weisungsrecht personenbezogen, ablauf- und verfahrensorientiert geprägt.
Wer trägt die Beweislast?
Die Beweislast für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses lag beim Systemplaner. Diesen Beweis blieb er aber schuldig. Nach der Beweisaufnahme war das Gericht nämlich davon überzeugt, dass
- nicht von einem festen Gehalt, sondern einer Größenordnung und stets von „Selbstständigkeit“ gesprochen worden sei
- Behauptungen fehlten, dass
- der Systemplaner Arbeitsmittel des Auftraggebers genutzt hätte,
- er Projekte hätte übernehmen müssen,
- ein arbeitsteiliges Zusammenwirken beider stattgefunden hätte,
- ständige Dienstbereitschaft erwartet worden wäre,
- Urlaubsgewährung vereinbart war (der Planer hatte kein Urlaubsentgelt abgerechnet).
Wie urteilt das BAG?
Der Fall ist noch nicht zu Ende. Der Fachplaner hat nämlich Nichtzulassungsbeschwerde beim BAG eingelegt. Sie trägt das Az. 9 AZN 436/24.
Die Konsequenz für Sie
PBP empfiehlt, bei solchen Vertragsverhältnissen und Vereinbarungen immer vorab ein Clearingverfahren bei der DRV Bund anzustoßen. Nur das bringt Ihnen und Ihrem Freien Mitarbeiter Sicherheit, wie das Vertragsverhältnis zu werten ist. Sie vermeiden so spätere Diskussionen und Auseinandersetzungen um die o. g. Themen Entgeltfortzahlung bei Krankheit, Nachforderung von Sozialabgaben (durch DRV Bund bei nachträglich festgestelltem Arbeitsverhältnis), Kündigungsschutz und ‒ last but not least ‒ Haftpflichtversicherungsschutz. Das Clearingverfahren können auch Sie als Auftraggeber beantragen. Neben der Klärung des Versicherungsstatus bietet ein rechtzeitiger Antrag innerhalb eines Monats nach Beschäftigungsaufnahme den Vorteil, dass bei der Feststellung einer abhängigen Beschäftigung die Versicherungspflicht erst ab Bekanntgabe des Ergebnisses entsteht. Damit lassen sich Beiträge samt Säumniszuschläge sparen.
Weiterführende Hinweise
- Beitrag „Freie Mitarbeiter: Überlegen Sie sich das gut“, PBP 8/2018, Seite 19 → Abruf-Nr. 45378300
- Betrag „Diese Klauseln sollten in keinem Vertrag mit freien Mitarbeitern fehlen, PBP 11/ 2018, Seite 18 → Abruf-Nr. 45534466