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  • · Fachbeitrag · Gesellschaftsvertrag

    Steuerrechtliche Checkliste mit Prüfungsschwerpunkten

    von StB Thomas Ketteler-Eising, Köln, www.laufmich.de 

    | Bei Abschluss eines Gesellschaftsvertrags einer freiberuflich tätigen Gesellschaft, z.B. einer ärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft sollten die steuerlichen Folgen der vertraglichen Vereinbarungen stets im Auge behalten werden. Anderenfalls kann es schnell zu ungewünschten und unerwarteten steuerlichen Konsequenzen kommen. Für diese Punkte möchte der Beitrag sensibilisieren. |

    1. Einleitung

    Im Folgenden sollen die bei Abschluss eines Gesellschaftsvertrags möglicherweise entstehenden Probleme zunächst im Überblick skizziert werden:

     

    • Übersicht
    • Zweck der Gesellschaft: Hier besteht insbesondere die Gefahr der gewerblichen Infektion von freiberuflichen Einkünften und des nicht vollständigen Ausgleichs der Gewerbesteuer durch die Anrechnung bei Einkommensteuer.

     

    • Gewinnverteilung/Ergebnisverteilung: Hier ist zum einen darauf zu achten, dass jeder Gesellschafter Mitunternehmerrisiko trägt, damit er steuerlich als Mitunternehmer angesehen werden kann. Auch umsatzsteuerliche Risiken für Leistungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft müssen aufgrund der Abgrenzung zwischen umsatzsteuerbarem Leistungsaustausch und nicht umsatzsteuerbarem Gesellschafterbeitrag im Blick gehalten werden. Ferner ist die „praktische Umsetzbarkeit“ der Regelung zu beachten.

     

    • Gesellschafterversammlung/Mitbestimmungsrechte: Steuerlich werden die Gesellschafter nur dann als Mitunternehmer anerkannt, wenn sie wirksame Mitunternehmerinitiative entfalten.

     

    • Einbringung/Beteiligung am Vermögen/Einlagen: Hier ist insbesondere zu entscheiden, ob die Wirtschaftsgüter Gesamthandsvermögen oder Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Gesellschafter werden sollen, und zu prüfen, ob eine Einbringung der Wirtschaftsgüter zum Buchwert in Betracht kommt. Zudem ist für die Klassifizierung der einzelnen Gesellschafter als Mitunternehmer die Beteiligung an den stillen Reserven der Gesellschaft von Bedeutung.

     

    • Ausscheiden/Abfindung/Anwachsung: Bereits bei Gründung der Gesellschaft sollten die im Zusammenhang mit dem späteren Ausscheiden eines Gesellschafters möglicherweise entstehenden Probleme in die Überlegungen einbezogen werden. Anderenfalls kann dies beispielsweise dazu führen, dass Abfindungsguthaben falsch berechnet werden oder aufgrund des späteren Nichteinhaltens einer steuerlichen Sperrfrist durch einen ausgeschiedenen Gesellschafter bei allen Gesellschaftern ein zu versteuernder Gewinn entsteht.
     

    2. Zweck der Gesellschaft

    Auch eine Personengesellschaft kann freiberufliche Einkünfte erzielen. Voraussetzung ist, dass alle Gesellschafter die Merkmale des freien Berufs erfüllen. Kein Gesellschafter darf nur kapitalmäßig beteiligt sein oder Tätigkeiten ausüben, die keine freiberuflichen sind (H 15.6 EStH „Gesellschaft“).

     

    2.1 Abgrenzung freiberufliche vs. gewerbliche Tätigkeit

    Mit Blick auf den Zweck und die Tätigkeit der Gesellschaft ist die Abgrenzung gewerblicher Einkünfte zu solchen aus freiberuflicher Tätigkeit entscheidend. Einkünfte aus der Tätigkeit als Arzt oder auch Rechtsanwalt, Steuerberater, Ingenieur, Architekt etc. sind grundsätzlich freiberufliche Einkünfte (§ 18 EStG). Freiberufliche Einkünfte sind gegenüber gewerblichen Einkünften oft vorteilhaft, da keine Gewerbesteuer anfällt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gesellschaft in einer Stadt oder Gemeinde mit hohem Gewerbesteuerhebesatz liegt. In diesen Fällen wird die Gewerbesteuerbelastung nicht in voller Höhe durch Anrechnung auf die Einkommensteuer nach § 35 EStG ausgeglichen.

     

    Wird ein hoher Umsatz und/oder Gewinn erzielt, kann bei gewerblichen Einkünften für die Gesellschaft zudem nach § 141 AO eine Verpflichtung zur Gewinnermittlung durch Bilanzierung entstehen. Eine Bilanzierungspflicht scheidet bei freiberuflichen Einkünften unabhängig von der Umsatz- und Gewinnhöhe aus. Eine freiberuflich tätige Gesellschaft kann den Gewinn immer nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln.

     

    2.2 Infektions-/Abfärbetheorie

    Bei einer Personengesellschaft, die grundsätzlich freiberufliche Einkünfte erzielt, ist die Infektions- oder auch Abfärbetheorie zu beachten. Üben Personengesellschaften auch nur zum Teil eine nicht nur geringfügige gewerbliche Tätigkeit aus, so ist die gesamte Gesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als gewerblich zu behandeln (H 15.8 Abs. 5 EStH). Diese Regelung ist verfassungskonform (BVerfG 15.1.08, DStRE 08,1003). Die Höhe der Geringfügigkeitsgrenze ist nicht abschließend definiert und bisher nur für einen Anteil von 1,25 % des Gesamtumsatzes durch den BFH entschieden (BFH 11.8.99, BStBl II 00, 797). Zum Teil werden auch höhere Grenzen gefordert (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, EStG-KStG; § 15 Anm. 1426 und Schmidt, EStG, § 15 Rz. 188).

     

    PRAXISHINWEIS | Derzeit sind vier Revisionsverfahren zur Geringfügigkeitsgrenze anhängig, sodass bald mit einer Klärung der Rechtslage zu rechnen ist:

     

     

    Soll neben der freiberuflichen auch eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werden, empfiehlt sich entweder die Gründung einer zweiten gewerblichen Schwestergesellschaft oder die Verlagerung der gewerblichen Tätigkeit auf die einzelnen Gesellschafter persönlich:

     

    • Werden die gewerblichen Tätigkeiten von einer zweiten Schwestergesellschaft ausgeführt, kommt es zu keiner Infektion der freiberuflichen Einkünfte in der ersten, freiberuflichen Gesellschaft (vgl. BFH 19.2.98, BStBl II 98, 603). Dies gilt jedoch nur dann, wenn sich die Tätigkeit der gewerblichen Gesellschaft eindeutig von der Tätigkeit der freiberuflichen Gesellschaft abgrenzen lässt. Daher sind die Gesellschaftsverträge so zu gestalten, dass die gewerbliche Gesellschaft wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell von der freiberuflich tätigen Gesellschaft unabhängig ist.

     

    • Alternativ kann eine gewerbliche Infektion der Einkünfte der Personengesellschaft dadurch vermieden werden, dass die gewerbliche Tätigkeit nicht von der Gesellschaft als solche, sondern von einem oder mehreren Gesellschaftern im Rahmen einer gewerblichen Nebentätigkeit ausgeübt wird. Entscheidend ist hier, dass der Gesellschafter die gewerbliche Tätigkeit auf eigene Rechnung ausführt. Dann führen auch gewerbliche Einkünfte im Sonderbetriebsbereich des Gesellschafters nicht zu einer gewerblichen Infektion der Einkünfte der Gesellschaft (vgl. BFH 28.6.06, BStBl 07, 378).

    3. Gewinnverteilung/Ergebnisverteilung

    Hier sind gewerbesteuerliche und umsatzsteuerliche Risiken zu nennen.

     

    3.1 Gewerbesteuerrisiken

    Es ist zu prüfen, ob jeder Gesellschafter steuerlich als Mitunternehmer i.S. des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG anzusehen ist. Dies erfordert, dass jeder Gesellschafter auch unternehmerisches Risiko trägt. Mitunternehmerrisiko trägt, wer am Gewinn und Verlust des Unternehmens und an den stillen Reserven einschließlich eines etwaigen Geschäftswertes beteiligt ist (H 15.8 Abs. 1 EStH). Für die Mitunternehmerstellung reicht ist es im Hinblick auf das Mitunternehmerrisiko nicht, wenn ein Gesellschafter lediglich einen fest vereinbarten Gewinnanteil erhält und kein gesellschaftsrechtliches oder vergleichbares wirtschaftliches Risiko für den Erfolg oder Misserfolg der Gesellschaft trägt.

     

    Ferner ist zu prüfen, ob sich aus der Gewinnverteilung gewerbesteuerliche Risiken ergeben, etwa wenn bei einer interprofessionellen Gesellschaft (z.B. Gesellschaft aus Radiologen und Nuklearmediziner) die Gewinnverteilung extrem („eklatant“) von den Tätigkeitsbeiträgen und dem Kapitaleinsatz abweicht, sodass Gesellschafter an Gewinnen aus einer Tätigkeit partizipieren, die ihnen selbst nicht erlaubt ist. Eine Personengesellschaft, die sich aus Angehörigen unterschiedlicher freier Berufe zusammensetzt, ist nicht bereits vom Grundsatz her als gewerbliche Mitunternehmerschaft einzustufen (H 15.6 EStH). Auch eine berufsgruppenbezogene Gewinnverteilung ist nicht zwingend vorgeschrieben, solange in Bezug auf Kapitalbeteiligung und Arbeitsleistung keine unangemessene Gewinnverteilung vorliegt (vgl. OFD Hannover 1.7.07, G 1401 - 24 - StO 252, DB 07, 1897; FG Düsseldorf 13.1.05, EFG 05, 1350).

     

    3.2 Umsatzsteuerrisiken

    Umsatzsteuerlich ist zu prüfen, ob ein steuerpflichtiger Leistungsaustausch zwischen dem einzelnen Gesellschafter und der Gemeinschaftspraxis vorliegt (vgl. ausführlich A. 1.6 UStAE).

     

    Zu einer Belastung mit Umsatzsteuer kommt es dann, wenn die Leistung des Gesellschafters gegen ein Sonderentgelt und damit im Leistungsaustausch erbracht wird. Bei Leistungen aufgrund eines gegenseitigen Vertrags, durch den sich der Gesellschafter zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen und die Gesellschaft sich hierfür zur Zahlung einer konkretisierbaren Gegenleistung verpflichtet, sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG für einen steuerbaren Leistungsaustausch regelmäßig erfüllt. Dies gilt auch dann, wenn Austausch- und Gesellschaftsvertrag miteinander verbunden sind.

     

    PRAXISHINWEIS | Ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter liegt in jedem Fall vor, wenn der Gesellschafter für seine Leistung an die Gesellschaft eine Vergütung erhält, die im Rahmen der Ergebnisermittlung als Aufwand behandelt wird und die in ihrer Höhe unabhängig von dem durch die Gesellschaft erzielten Gewinn ist.

     

    Ist die Vergütung für die Leistungen des Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag als Teil der Ergebnisverwendung geregelt, liegt grundsätzlich kein Leistungsaustausch vor. Dies gilt jedoch nicht, wenn sich aus den Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung ergibt, dass die Leistungen nicht lediglich durch eine Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten sind, sondern gegen Sonderentgelt ausgeführt werden. Entscheidend ist hier, ob die Höhe des Gewinnvorabs von dem insgesamt erzielten Gewinn der Gesellschaft abhängig ist oder nicht (vgl. A. 1.6 Abs. 3 UStAE).

     

    • Beispiel

    Der Gesellschafter einer Gemeinschaftspraxis erhält neben seinem nach der Anzahl der Gesellschafter und ihrem Kapitaleinsatz bemessenen Gewinnanteil für die Überlassung von in seinem Eigentum stehenden medizinischen Geräten und Einrichtungen an die Gemeinschaftspraxis im Rahmen der Gewinnverteilung, auch im Verlustfall, also gewinnunabhängig, einen festen Betrag von 120.000 EUR vorab zugewiesen (Vorabvergütung).

     

    Folge: Der vorab zugewiesene Gewinn ist Sonderentgelt, da er gewinnunabhängig sogar im Verlustfall gezahlt wird. Der Gesellschafter führt Vermietungsleistungen (Gebrauchsüberlassung) im Rahmen eines Leistungsaustauschs aus.

     

    Zur Vermeidung einer Umsatzsteuerbelastung durch im Gesellschaftsvertrag festgelegte Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft sollte darauf geachtet werden, dass die Leistung einen nicht steuerbaren Gesellschafterbeitrag darstellt. Es kann in diesem Zusammenhang angeraten sein, eine Gegenleistung für die Überlassung in Form einer zusätzlichen prozentualen Gewinnbeteiligung (ggf. mit Höchstbetrag) vorab zu vereinbaren oder den Gewinnvoraus auf den Fall zu beschränken, dass ausreichend Gewinn erwirtschaftet wird.

     

    • Beispiel

    C ist Mitglied einer aus den Gesellschaftern A, B und C bestehenden Gemeinschaftspraxis, an der alle zu gleichen Teilen beteiligt sind. C überlässt der Gemeinschaftspraxis in seinem Eigentum stehende medizinische Geräte und Einrichtungen zur Nutzung (bzw. erbringt z.B. Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen). Die Leistungen des Gesellschafters C werden mit seinem nach der Anzahl der beteiligten Gesellschafter und ihrem Kapitaleinsatz bemessenen Anteil am Ergebnis (Gewinn und Verlust) der Gemeinschaftspraxis abgegolten; alle Gesellschafter sind zu gleichen Teilen daran beteiligt.

     

    C erhält 25 % eines Gewinns vorab, maximal aber 120.000 EUR. Im Übrigen wird ein Gewinn nach der Anzahl der Gesellschafter und ihrem Kapitaleinsatz verteilt. Ein Verlust wird ausschließlich nach der Anzahl der Gesellschafter und ihrem Kapitaleinsatz verteilt.

     

    Folge: Die ergebnisabhängigen Gewinnanteile des C sind kein Sonderentgelt. C führt seine Leistungen nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschs aus, sondern erbringt jeweils nicht umsatzsteuerbare Gesellschafterbeiträge.

     

    3.3 Umsetzbarkeit der Gewinnverteilungsabrede

    Ein weiterer Punkt, der steuerlich im Rahmen der Gewinnverteilungsabrede beachtet werden sollte, ist die praktische Umsetzbarkeit der Vereinbarungen. Es sollten bereits vorab die damit verbundenen Anforderungen an die Buchhaltung überdacht und diese später auch eingehalten werden. Anderenfalls ist nicht gewährleistet, dass die vertraglichen Regelungen auch tatsächlich von der Finanzverwaltung anerkannt werden. Eine rückwirkende Änderung der Gewinnverteilung während eines Wirtschaftsjahres hat keinen Einfluss auf die Zurechnung des bis dahin entstandenen Ergebnisses (H 15.8 Abs. 3 EStH).

    4. Gesellschafterversammlung/Mitbestimmungsrechte

    Um später Unstimmigkeiten zu vermeiden, sollte im Gesellschaftsvertrag klar und eindeutig festgelegt werden, wie Gesellschaftsbeschlüsse zustande kommen und wem welche Mitbestimmungsrechte zustehen. Auch Vereinbarungen über Häufigkeit und Ablauf von Gesellschafterversammlungen sind ratsam.

     

    Steuerlich ist zu beachten, dass die Beteiligung des einzelnen Gesellschafters an den Unternehmensentscheidungen Voraussetzung für die Mitunternehmerinitiative ist, ohne die er steuerlich kein Mitunternehmer der Gesellschaft (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG) ist. Damit ein Gesellschafter als Mitunternehmer angesehen werden kann, müssen ihm grundsätzlich mindestens Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte zustehen, die mit denen des Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft vergleichbar sind. Bei Gesellschaften, in denen jeder Gesellschafter die gleichen Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte hat, ist das Vorliegen von Mitunternehmerinitiative unproblematisch.

    5. Einbringung/Beteiligung am Vermögen/Einlagen

    Bei der Festlegung der Vermögensbeteiligungen und der zu erbringenden Einlagen sind mehrere Punkte zu beachten.

     

    5.1 Einbringung in das Gesamthandsvermögen oder in des Sonder-BV?

    Bestehen die Einlagen in die Gesellschaft nicht in Geld, sondern in Wirtschaftsgütern, ist zunächst zu klären, ob die von den Gesellschaftern eingebrachten Wirtschaftsgüter in das Gesamthandsvermögen der Gesellschaft eingebracht werden oder im Eigentum des Gesellschafters verbleiben und der Gesellschaft als Sonderbetriebsvermögen zur Nutzung überlassen werden sollen.

     

    Die Überlassung als Sonderbetriebsvermögen kann ertragsteuerlich insbesondere bei Gründung einer Gesellschaft attraktiv sein, da in diesem Fall eine spätere Auseinandersetzung deutlich einfacher umzusetzen ist als in den Fällen, in denen sich die Wirtschaftsgüter im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft befinden. Damit ermöglicht die Einbringung in das Sonderbetriebsvermögen auch eine anfängliche Erprobungsphase für die Gesellschaft.

     

    PRAXISHINWEIS | Allerdings ist bei der Überlassung von Sonderbetriebsvermögen gegen Entgelt eine mögliche Umsatzsteuerbelastung im Blick zu halten. Zugleich kann die Übertragung von Wirtschaftsgütern in das nicht-unternehmerische Sonderbetriebsvermögen eine umsatzsteuerpflichtige unentgeltliche Wertabgabe auslösen (vgl. BFH 27.2.95, V B 54/94, BFH/NV 95, 835). Umsatzsteuerlich ist also eine sorgfältige Prüfung und Planung erforderlich.

     

    5.2 Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter oder eines Teilbetriebs

    Werden Wirtschaftsgüter in die Gesellschaft eingebracht ist zunächst zu prüfen, ob es sich bei diesen um einzelne Wirtschaftsgüter oder um einen Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil handelt.

     

    5.2.1 Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter

    Einzelne Wirtschaftsgüter werden grundsätzlich nach § 6 Abs. 5 EStG beurteilt. In vielen Fällen der Überführung (ohne Rechtsträgerwechsel) und der Übertragung (mit Rechtsträgerwechsel) einzelner Wirtschaftsgüter zwischen Betriebsvermögen bzw. Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei einer anderen Gesellschaft und dem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters zur neuen Gesellschaft bzw. dem Gesamthandsvermögen der neuen Gesellschaft ist der Buchwert anzusetzen. Damit müssen bei der Überführung/Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter auf die neue Gesellschaft häufig die in den Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven nicht versteuert werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Die steuerneutrale Übertragung aus dem Gesamthandsvermögen einer Gesellschaft in das Gesamthandsvermögen der neuen Gesellschaft ist nach Auffassung der Finanzverwaltung allerdings nicht möglich. Hier wäre (zunächst) eine Überführung in das Sonderbetriebsvermögen der neuen Gesellschaft ratsam, da diese zum Buchwert erfolgen kann.

     

    Zudem ist zu beachten, dass § 6 Abs. 5 S. 4 EStG eine Sperrfrist vorsieht. Wird das zum Buchwert übertragene Wirtschaftsgut innerhalb dieser Sperrfrist veräußert oder entnommen, so sind die stillen Reserven rückwirkend zu versteuern. Dies gilt nur dann nicht, wenn die bis zur Übertragung entstandenen stillen Reserven durch Erstellung einer Ergänzungsbilanz dem übertragenden Gesellschafter zugeordnet wurden.

     

    Wurde keine Ergänzungsbilanz erstellt, führt eine Veräußerung oder Entnahme innerhalb der Sperrfrist grundsätzlich zu einer rückwirkenden Gewinnversteuerung zum Übertragungsstichtag, weil für den Übertragungsvorgang rückwirkend der gemeine Wert anzusetzen ist.

     

    Erfolgt die Einbringung der Wirtschaftsgüter nicht voll unentgeltlich oder gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten, sondern wird zusätzlich ein Geldbetrag gezahlt oder die Übernahme von Verbindlichkeiten vereinbart, liegt nach Auffassung der Finanzverwaltung insoweit kein Anwendungsfall des § 6 Abs. 5 EStG vor. Insoweit können die Wirtschaftsgüter nicht zum Buchwert übertragen werden und die enthaltenen stillen Reserven sind aufzudecken, weil von einer (Teil-)Entgeltlichkeit ausgegangen wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Übertragung eines Wirtschaftsgutes aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Gesamthandsvermögen bei Übernahme von Verbindlichkeiten beurteilt der BFH (19.9.12, IV R 11/ 12, DStR 12, 2051) anders als die Finanzverwaltung nach der Einheitstheorie. Die gleichzeitige Übernahme von Verbindlichkeiten führt insoweit nicht zur Aufdeckung stiller Reserven als die Verbindlichkeit kleiner als der Buchwert ist. Die Reaktion der Finanzverwaltung bleibt abzuwarten.

     

    5.2.2 Einbringung eines Teilbetriebs/Mitunternehmeranteils

    Werden keine einzelnen Wirtschaftsgüter, sondern ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil in die Gesellschaft eingebracht, kommt die Anwendung des § 24 UmwStG in Betracht. Nach § 24 UmwStG erfolgt die Übertragung grundsätzlich zum gemeinen Wert. Auf Antrag kann jedoch auch der Buchwert oder ein Zwischenwert angesetzt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Der Antrag muss rechtzeitig beim zuständigen Finanzamt gestellt werden. Er ist spätestens bis zur ersten Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz bei dem für die Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen. Da dies nicht immer auch das Finanzamt ist, das für den eingebrachten Betrieb bisher zuständig war, muss darauf geachtet werden, den Antrag beim richtigen Finanzamt zu stellen. Bei Einnahme-Überschussrechnern ist auf die Einbringungsbilanz abzustellen.

     

    Zudem müssen zur Gewährleistung der steuerlichen Mitunternehmerstellung alle Gesellschafter Mitunternehmerrisiko tragen. Neben der Beteiligung am laufenden Gewinn und Verlust der Gesellschaft wird eine Beteiligung an den stillen Reserven einschließlich eines etwaigen Geschäftswerts gefordert (H 15.8 Abs. 1 EStH). Insofern ist aus steuerlicher Sicht in gewissem Umfang eine Teilhabe des einzelnen Gesellschafters an den in den Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens enthaltenen stillen Reserven zu empfehlen. Zumindest ist zu empfehlen, dass in gewissem Umfang eine Beteiligung am immateriellen Wert nach Eintritt eines Gesellschafters besteht, soweit sich dieser nach dem Beitritt erhöht (anteilige Beteiligung an der zusätzlichen Goodwill-Erhöhung nach Beitritt).

    6. Ausscheiden/Abfindung/Anwachsung

    Bereits bei Abschluss des Gesellschaftsvertrags sollten die Folgen eines eventuellen Ausscheidens eines Gesellschafters oder einer Auflösung der Gesellschaft bedacht werden. Dies betrifft insbesondere die genaue Beachtung der Systematik zur Abfindungsberechnung, unabhängig davon, wie einzelne Positionen, insbesondere z.B. der immaterielle Wert („Goodwill“), ermittelt werden. Daneben sind insbesondere steuerliche Sperrfristen und steuerliche Folgen zu beachten, wenn im Rahmen des Ausscheidens der ausscheidende Gesellschafter mit Sachwerten abgefunden wird.

     

    6.1 Systematik der Ermittlung des Abfindungsguthabens

    Ermittelt die Gesellschaft ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung, umfasst das ausgewiesene Kapitalkonto in der Kapitalkontenentwicklung in der Regel den Anteil des Gesellschafters an den sogenannten sonstigen Konten, d.h. den Anteil am Anlagevermögen bewertet mit dem steuerlichen Buchwert, an den laufenden Bankkonten und an den Darlehen der Gesellschaft.

     

    Das steuerliche Betriebsvermögen ist aber umfangreicher. Hierzu gehören insbesondere auch die (Honorar-)Forderungen der Gesellschaft, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (z.B. noch nicht bezahlte Rechnungen aus erhaltenen Lieferungen, Sozialversicherungsbeiträgen, Lohnsteuern etc.), ein Materialbestand und z.B. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sowie Rechnungsabgrenzungsposten. Auch hiervon entfällt ein Anteil entsprechend der allgemeinen Gewinnverteilungsregeln auf den ausscheidenden Gesellschafter. Diese Positionen sind in der steuerlichen Einnahmen-Überschussrechnung (anders als bei einer Bilanzierung) bisher noch nicht berücksichtigt. Es ist daher erforderlich, hier eine Übergangsgewinnermittlung für den ausscheidenden Gesellschafter durchzuführen und seinen Anteil am Übergangsgewinn zu ermitteln.

     

    Ferner entfällt auf den ausscheidenden Gesellschafter sein Anteil an den stillen Reserven. Die stillen Reserven sind dabei die Differenz aus dem gesamten Anlagevermögen bewertet mit dem steuerlichen Buchwert, enthalten in den Kapitalkonten, und dem gesamten Anlagevermögen (materielle und immaterieller Wert) bewertet nach den Regeln des Gesellschaftsvertrags (z.B. die Verkehrswerte).

     

    Das Abfindungsguthaben eines ausscheidenden Gesellschafters umfasst damit i.d.R. drei Komponenten:

     

    • sein Kapitalkonto aus der Einnahmen-Überschussrechnung,
    • seinen Anteil am Übergangsgewinn (Anteil an den Forderungen, dem Materialbestand, den Verbindlichkeiten, den Rückstellungen, den Rechnungsabgrenzungsposten) und
    • seinen Anteil an den stillen Reserven.

     

    Diese Systematik ist auch bei der Formulierung der Berechnung der Abfindung zu berücksichtigen.

     

    Es wäre damit falsch, wenn formuliert wird, dass der ausscheidende Gesellschafter Anspruch auf Auszahlung seines Kapitalkontos im Rahmen einer Ausscheidensbilanz hat sowie einen Anspruch auf Abgeltung seines Anteils am materiellen und immateriellen Wert bewertet zum Verkehrswert. In diesem Fall würde nicht beachtet, dass das Kapitalkonto in der Ausscheidensbilanz bereits das Anlagevermögen (materielle und immaterieller Wert) bewertet zum Buchwert enthält. Hier bietet sich die folgende Formulierung an:

     

    • Musterformulierung (vereinfacht)
    • (1) Der Ausscheidende hat Anspruch auf Auszahlung seines Kapitalkontos nach Maßgabe einer aufzustellenden Auseinandersetzungsbilanz. Die Auseinandersetzungsbilanz ist zum Ausscheidensstichtag zu erstellen und hat insbesondere die nicht verbrauchten Vorräte und Materialien, die Forderungen und Verbindlichkeiten der Gesellschaft sowie Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten zu enthalten (Übergangsgewinn aus der Rechnungsabgrenzung).

     

    • (2) In der Auseinandersetzungsbilanz sind das materielle und das ideelle Gesellschaftsvermögen mit dem Verkehrswert (alt.: mit den nach § X ermittelten Werten) anzusetzen. Die Buchwerte sind entsprechend aufzustocken.

     

    • (3) Der Übergangsgewinn aus der Rechnungsabgrenzung und der Aufstockungsbetrag sind entsprechend der Gewinnverteilungsgrundsätze und der Beteiligungsverhältnisse auf die Gesellschafter aufzuteilen und dem Kapitalkonto (Abfindungsanspruch) hinzuzurechnen.

     

    • (4) Sofern das Kapitalkonto negativ ist, ist dieses vom ausscheidenden Gesellschafter auszugleichen.
     

    6.2 Form der Abfindung

    Bei der Form der Abfindung ist zunächst danach zu unterscheiden, ob die Abfindung in Geld oder in Sachwerten besteht:

     

    • Wird eine Abfindung in Geld geleistet, ist die Beurteilung relativ unproblematisch. Es handelt sich hierbei um einen Kaufpreis, den die anderen Gesellschafter für den anteiligen Erwerb des Gesellschaftsanteils des Ausscheidenden zu zahlen haben. In Höhe der Differenz des Kaufpreises zu dem Buchwert des Gesellschaftsanteils liegt beim Ausscheidenden ein Veräußerungsgewinn vor. Die verbleibenden Gesellschafter haben zusätzliche Anschaffungskosten und die Buchwerte entsprechend aufzustocken.

     

    • Besteht die Abfindung hingegen in Sachwerten (z.B. Übernahme von „Goodwill“ durch eine Patientenmitnahme), ist die Beurteilung davon abhängig, ob es sich um das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Sachwertabfindung handelt, wobei die Gesellschaft als solche weiterhin besteht oder ob die Gesellschaft insgesamt aufgegeben wird, mit der Folge einer Realteilung. Auch beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft ist es denkbar, dass dadurch keine Betriebsaufgabe vorliegt, sondern lediglich das Ausscheiden eines Gesellschafters gegen Sachwertabfindung.

     

    6.3 Fortbestand der Gesellschaft oder Realteilung

    Scheidet ein Gesellschafter aus und besteht die Gesellschaft weiter, können nach § 6 Abs. 5 EStG einzelne als Sachwertabfindung erhaltene Wirtschaftsgüter unter Umständen zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen des ausgeschiedenen Gesellschafters übertragen werden. Auch hier ist zu beachten, dass eine Übertragung aus dem Gesamthandsvermögen in das Gesamthandsvermögen einer anderen Gesellschaft nicht steuerneutral erfolgen kann.

     

    Zudem sollte auch hier die Sperrfrist des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG im Blick gehalten werden. Im Falle des Verstoßes gegen die Sperrfrist kommt es rückwirkend zum Ansatz des gemeinen Wertes bei der Übertragung und damit zu einer rückwirkenden Versteuerung der stillen Reserven sowohl auf Ebene des ausscheidenden Gesellschafters (Abfindungsanspruch in Höhe des gemeinen Wertes) als auch auf Ebene der verbleibenden Gesellschafter (Abgeltung des Abfindungsanspruches durch Übertragung des Wirtschaftsguts zum gemeinen Wert). Der steuerliche Schaden aus dem Verstoß gegen die Sperrfrist sollte vertraglich dem ausscheidenden Gesellschafter auferlegt werden.

     

    Wird die Gesellschaft mit Austritt des Gesellschafters aufgegeben, liegt eine Realteilung i.S. des § 16 Abs. 3 EStG vor. Auch diese ermöglicht die Übertragung in ein anderes Betriebsvermögen des Gesellschafters zum Buchwert. Bei der Überführung des Betriebsvermögens auf eine andere Gesellschaft ist allerdings darauf zu achten, dass auch hier die Übertragung aus dem Gesamthandsvermögen in ein anderes Gesamthandsvermögen nicht zum Buchwert möglich ist. Der „Umweg“ über das Sonderbetriebsvermögen bei der neuen Gesellschaft kann damit auch bei der Realteilung unter Umständen angebracht sein. Denn die Übertragung aus einem Gesamthandsvermögen in ein Sonderbetriebsvermögen oder umgekehrt kann im Rahmen der Realteilung steuerneutral erfolgen (BMF 20.12.05, IV B 2 - S 2242 - 18/05, BStBl I 06, 7). Aber auch hier sind die Fragen der Umsatzsteuer und des Vorsteuerabzugs zu beachten (vgl. BFH 20.2.13, XI R 26/10, DStR 13, 808; Nieskoven, GStB 13, 161).

     

    Auch bei der Realteilung sieht das Gesetz eine Sperrfrist vor (§ 16 Abs. 3 S. 3 EStG). Veräußert einer der Gesellschafter im Rahmen der Realteilung zum Buchwert überführte Wirtschaftsgüter vor Ablauf der Sperrfrist, führt dies zur rückwirkenden Versteuerung eines Veräußerungsgewinns bei allen Gesellschaftern. Es ist daher ratsam, bereits im Gesellschaftsvertrag festzulegen, dass die durch die rückwirkende Versteuerung des Veräußerungsgewinns eintretende Belastung wirtschaftlich alleine von dem verursachenden Gesellschafter zu tragen ist.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Realteilung: Ausscheiden eines Gesellschafters unter Übernahme eines Teilbetriebs (Umsatzsteuer) (Ketteler-Eising, PFB 13, 9)
    • Realteilung: Ausscheiden eines Gesellschafters unter Übernahme eines Teilbetriebs (Ketteler-Eising, PFB 12, 325)
    • Gewerbliche Infizierung der Einkünfte (Bingel/Göttsching, PFB 12, 183)
    Quelle: Ausgabe 08 / 2013 | Seite 211 | ID 29019080