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  • · Fachbeitrag · Realteilung

    Bilanzberichtigung nach Realteilung und Buchwertfortführung

    von RiFG Dr. Alexander Kratzsch, Bünde

    | Das FG Münster (10.4.13, 13 K 521/09 F ; Rev. BFH VIII R 33/12 ) musste unlängst über einen Fall entscheiden, in dem das Finanzamt nach einer Realteilung, die aus der untergegangenen GbR stammenden falschen Wertansätze in der neu entstandenen GbR korrigierte. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit der Frage, inwieweit die Bilanzberichtigung beim steuerlichen Rechtsnachfolger zulässig ist. |

    1. Die Entscheidung des FG Münster

    Der Entscheidung des FG Münster liegt der folgende Sachverhalt zugrunde.

     

    • Eintritt eines vierten Gesellschafters in eine GbR

    1982 wurde D als weiterer Gesellschafter in die ABC-GbR aufgenommen. In der GbR wurden die Wirtschaftsgüter einschließlich des Mandantenstamms mit den Teilwerten angesetzt. A, B und C stellten negative Ergänzungsbilanz auf, sodass sich eine steuerliche Buchwertfortführung ergab. Auf den aktivierten Mandantenstamm wurden allerdings bis einschließlich 1986 - fehlerhaft - in der Gesellschaftsbilanz keine Abschreibungen und entsprechend in den Ergänzungsbilanzen der Altgesellschafter keine gewinnerhöhenden Auflösungen vorgenommen. Erst von 1987 bis 1992 wurde der Mandantenstamm vollständig abgeschrieben. Da der Gewinn korrespondierend in der Ergänzungsbilanz nur im Zeitraum 1987 bis 1992 erhöht wurde, verblieb zum 31.12.92 ein passivierter Minderwert des Mandantenstamms in den Ergänzungsbilanzen für A und B.

     

    1997 wurde die ABCD-GbR real geteilt und es entstanden zwei neue Personengesellschaften, die AB-GbR und die CD-GbR. Jeder der Partner übernahm die Mandate, die von ihm zuvor betreut worden waren. C und D zahlten A und B als Wertausgleich einen (Spitzen-)Ausgleich aus ihrem Privatvermögen. Die AB-GbR führte die Buchwerte - nach Kapitalkontenanpassung und ohne Aufdeckung der stillen Reserven fort. Fortgeführt wurde auch die (fehlerhaft noch vorhandene) negative Ergänzungsbilanz mit den darin noch passivierten Minderwerten.

     

    2004 schied A aus, indem er seinen Anteil an E und F verkaufte. Die AB-GbR erklärte neben dem laufenden Gewinn einen nach §§ 16, 34 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn des A, in dem ein Gewinn durch Auflösung der negativen Ergänzungsbilanz vorhanden war. Das FA gewährte jedoch nicht die Privilegierung nach den §§ 16, 34 EStG, löste den Mandantenstamm in der Ergänzungsbilanz für den Kläger in der ersten Veranlagung - 2004 - gewinnerhöhend auf und versagte dem A die geltend gemachte gewinnerhöhende Auflösung der negativen Ergänzungsbilanz als Veräußerungsgewinn i.S. von §§ 16, 34 EStG.

     

    Die hiergegen gerichtete Klage von A und B blieb erfolglos. Das FG Münster entschied wie folgt: Wird in einer negativen Ergänzungsbilanz hinsichtlich eines Minderwerts für den Ansatz eines Mandantenstamms in der Gesellschaftsbilanz bei Buchwertfortführung nach Einbringung von Mitunternehmeranteilen in eine Personengesellschaft der Minderwert nicht im Einklang mit dem Ansatz in der Gesellschaftsbilanz abgeschrieben, so ist die fortgeführte negative Ergänzungsbilanz fehlerhaft und deshalb im Wege der Bilanzberichtigung zu korrigieren. Die Grundsätze des formellen Bilanzzusammenhangs sind im Verhältnis der real geteilten Personengesellschaft und dem Realteiler jedenfalls dann anwendbar, wenn die Realteilung zum Buchwert erfolgt und der fehlerhafte Bilanzansatz ein im Wege der Realteilung übernommenes Wirtschaftsgut betrifft.

    2. Anmerkungen zur Rechtslage bis 31.12.98

    Die Gesellschaft wurde im Besprechungsfall vor Inkrafttreten des seit dem 1.1.99 geltenden § 16 Abs. 3 S. 2 EStG real geteilt. Danach hatten die Gesellschafter ein - auf dem Rechtsgedanken des § 24 UmwStG beruhendes - Wahlrecht, ob sie einen Aufgabegewinn versteuern und in ihren Bilanzen die ihnen zugeteilten Wirtschaftsgüter mit den Teilwerten ansetzen oder ob sie die Buchwerte dieser Wirtschaftsgüter in ihren Bilanzen fortführen. Dieses Wahlrecht war nach Maßgabe der zwischen den Gesellschaftern getroffenen Realteilungsvereinbarung in der steuerlichen Schlussbilanz der Personengesellschaft auszuüben (BFH 18.5.95, IV R 20/94, BStBl II 96, 70).

     

    • Beurteilung des Sachverhalts

    Die Ausgleichszahlung von C und D an A und B stand der grundsätzlichen Buchwertfortführung im Rahmen der Realteilung nicht entgegen, da ein solcher Wertausgleich aus dem Eigenvermögen der Gesellschafter (Spitzenausgleich) zwar zur Gewinnrealisierung bei A und B im Hinblick auf die von C und D übernommenen Wirtschaftsgüter führte, der gewinnneutralen Realteilung des übrigen Gesellschaftsvermögens - mit der Folge einer zwingenden Buchwertfortführung (hier: dem von der AB-GbR übernommenen Mandantenstamm) - aber nicht entgegenstand (BFH 1.12.92, VIII R 57/90, BStBl II 94, 607; BFH 10.12.91 VIII R 69/86, BStBl II 92, 385, jeweils zur alten Rechtslage).

     

    Zweifelhaft ist lediglich, ob und in welchem Umfang eine Bilanzberichtigung auch bei C und D zulässig gewesen wäre, da bei diesen aufgrund der Zahlung des Spitzenausgleichs ein Anschaffungsgeschäft vorlag, sodass jedenfalls im Umfang der Entgeltlichkeitsquote für C und D eine Buchwertfortführung und damit auch eine Bilanzberichtigung ausscheidet (Aufteilung nach Verkehrswerten). Darauf kam es im Sachverhalt des Besprechungsfalles indes nicht an, da lediglich die Zulässigkeit einer Bilanzberichtigung bei A und B zu beurteilen war.

     

    Der Entscheidung ist m.E. unter Berücksichtigung der zur Realteilung und einer Bilanzberichtigung ergangenen BFH-Rechtsprechung zuzustimmen. Nach Auffassung des BFH findet der Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs auch gegenüber einem steuerlichen (Einzel-) Rechtsnachfolger Anwendung, sodass unrichtige Bilanzansätze, die in die bereits bestandskräftige Veranlagung des Rechtsvorgängers mit Auswirkung auf dessen 
Gewinn oder Verlust Eingang gefunden haben, in der Bilanz des Rechtsnachfolgers ergebniswirksam zu korrigieren sind (BFH 21.8.12, I B 179/11, ­
BFH/NV 13, 21 zu § 6 Abs. 3 EStG m.w.N.).

     

    Der Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs gilt danach in Fällen der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils auch gegenüber dem Rechtsnachfolger. Diese Grundsätze waren im Besprechungsfall auf die Klägerin als Nachfolgegesellschaft der zum 30.6.97 real geteilten ABCD-GbR unter der Prämisse, dass eine Buchwertfortführung praktiziert wurde, anzuwenden, obwohl keine Gesamtrechtsnachfolge vorlag.

     

    Entscheidend ist, dass die Nachfolgegesellschaft in Realteilungsfällen grundsätzlich an die Bilanzwerte des Vorgängers gebunden ist und daher eine steuerliche Rechtsnachfolge vorliegt. Der Rechtsnachfolger übernimmt, soweit es sich um die Übernahme der Bilanzansätze für die übernommenen Wirtschaftsgüter handelt, die steuerliche Rechtsposition des Vorgängers. Dies hat zur Konsequenz, dass der Realteiler etwaige fehlerhafte Bilanzansätze aus der Zeit bis zur Realteilung gegen sich gelten lassen muss und dementsprechend eine Bilanzberichtigung beim Rechtsnachfolger zulässig sein kann.

    3. Anmerkungen zur Rechtslage ab 1.1.99

    Im Gegensatz zu dem bis zum 31.12.98 geltenden (Richter-)Recht, wonach § 24 UmwStG bei der Realteilung in umgekehrter Anwendung eine Buchwertfortführung ermögliche, besteht seit dem 1.1.99 im Rahmen einer Realteilung kein Wahlrecht zur Gewinnrealisierung. Vielmehr sind - sofern die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 S. 2 EStG vorliegen, insbesondere auch die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist - zwingend die Buchwerte fortzuführen. Eine Buchwertfortführung nach der derzeit geltenden Vorschrift des § 16 Abs. 3 S. 2 EStG setzt insbesondere noch voraus, dass von den Realteilern übernommene Einzelwirtschaftsgüter, Betriebe oder Teilbetriebe - inkl. etwaigen Sonderbetriebsvermögens - überführt werden, und zwar

     

    • in ein neu gegründetes oder bereits bestehendes gewerbliches, freiberufliches oder land- und forstwirtschaftliches Einzelunternehmen - ggf. als gewillkürtes Betriebsvermögen - oder

     

    • in das notwendige oder gewillkürte Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei einer anderen Personengesellschaft.

     

    Eine Realteilung erfordert demnach im Falle der Übertragung von einzelnen Wirtschaftsgütern, dass mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage nach der Realteilung weiterhin Betriebsvermögen zumindest eines Realteilers darstellt. Nicht erforderlich ist, dass jeder eine wesentliche Betriebsgrundlage übernimmt. Wird im Rahmen der Realteilung ein Mitunternehmer­anteil übertragen, ist dagegen eine Übertragung in ein Betriebsvermögen nicht erforderlich.

     

    Nicht zulässig ist jedenfalls nach derzeitiger Verwaltungsauffassung (BMF 28.2.06, IV B 2 - S 2242 - 6/06, BStBl I 06, 228 unter IV.) die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen den Gesamthandsbereichen von Schwesterpersonengesellschaften. Nach der BMF-Auffassung wäre im Ausgangsfall eine Übertragung zu Buchwerten unter der Ägide der ab 1.1.99 geltenden Rechtslage nicht zulässig gewesen, soweit der Mandantenstamm in das Gesamthandsvermögen der AB-GbR übertragen worden ist. Die Übertragung eines Wirtschaftsguts des Gesamthandsvermögens einer Personengesellschaft auf eine beteiligungsidentische Schwesterpersonengesellschaft muss nach Auffassung des IV. Senats des BFH (15.4.10, IV B 105/09) bei Anwendung der Vorschrift des § 6 Abs. 5 EStG allerdings nicht zwangsläufig zur Aufdeckung der stillen Reserven führen, sodass auch eine Übertragung zwischen Gesamthandsvermögen von Schwestergesellschaften im Rahmen einer Realteilung zu Buchwerten diskutabel ist. Dabei ist zu beachten, dass der IV. BFH-Senat seine Aussage auf beteiligungsidentische Personengesellschaften bezogen hat.

    4. Konsequenzen

    Der Grundgedanke der FG-Entscheidung zur Zulässigkeit einer Bilanzberichtigung bei einem steuerlichen Rechtsnachfolger ist m.E. verallgemeinerungsfähig. Die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs sind - wenn die Entscheidung des FG vom BFH bestätigt wird - im Verhältnis der real geteilten Personengesellschaft und dem Realteiler anwendbar, wenn die Realteilung dem Grunde nach zu Buchwerten vollzogen wird und der fehlerhafte Bilanzansatz ein im Wege der Realteilung übernommenes Wirtschaftsgut betrifft.

     

    Auch wenn eine Realteilung zivilrechtlich und steuerrechtlich eine Beendigung der Gesellschaft (Betriebsaufgabe), verbunden mit der Eröffnung neuer Unternehmen durch die Realteiler darstellt, führt die Buchwertfortführung zu einer „nachfolgeähnlichen“ Wirkung, da der übernehmende Realteiler an die Werte aus der steuerlichen Gesamtbilanz einschließlich vorhandener Ergänzungsbilanzen gebunden ist. Im Falle einer Buchwertfortführung wächst der Rechtsnachfolger in die steuerliche Rechtsposition des Rechtsvorgängers hinein. Dieser Grundgedanke ist nicht nur - wie vom BFH schon entschieden - für die Vorschrift des § 6 Abs. 3 EStG, sondern auch im Rahmen der §§ 20, 24 UmwStG maßgeblich (BFH 7.6.88, VIII R 296/82 zu § 24 UmwStG), m.E. aber eben auch für § 16 Abs. 3 S. 2 EStG.

     

    Ob dieser Gedanke gar bei einer isolierten Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter und Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 5 EStG gilt, wurde vom BFH bislang - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden, ist aber zweifelhaft.

     

    PRAXISHINWEIS | In vergleichbaren Fällen wie dem Besprechungsfall sollte ggf. eine Zwangsruhe nach § 363 Abs. 2 AO unter Hinweis auf das anhängige Revisionsverfahren (BFH VIII R 33/13) beantragt werden.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 269 | ID 42217722