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  • 29.06.2009 | Abgabenordnung

    Hinzuschätzung bei Buchführungsmängeln

    von RRin Daniela Schelling, Stuttgart

    Eine Buchführung kann trotz einzelner Mängel nach den §§ 140 bis 148 AO aufgrund der Gesamtwertung als formell ordnungsgemäß anzusehen sein. Eine Hinzuschätzung ist daher nicht gerechtfertigt, wenn ein Zeitreihenvergleich nicht zu dem Ergebnis kommt, dass die Buchführung schlechterdings nicht zutreffen kann (FG Köln 27.1.09, 6 K 3954/07, Abruf-Nr. 091725).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger ist Inhaber eines Brauhauses. Die Bewirtung in seiner Schank- und Speisewirtschaft wird zunächst über Notizzettel abgewickelt und erst später in die Registrierkassen eingebucht. Trinkgelder werden nicht erfasst. Nach Geschäftsschluss werden täglich automatisch Finanzberichte durch die Kassen erstellt; die Kassenstreifen werden nicht aufbewahrt. Der Kläger zeichnete in der Regel am nächsten Tag die Kassenbewegungen (Einnahmen minus Ausgaben für Wareneinkäufe oder Einzahlungen bei der Bank) vom Vortag auf. Wenn sich der Kläger im Urlaub befand, wurden diese Aufzeichnungen nach seiner Rückkehr erledigt.  

     

    Der Betriebsprüfer führte einen Zeitreihenvergleich durch, indem er die wöchentlichen Warenlieferungen gemäß den Einkaufsrechnungen um den Eigenverbrauch, Warenverderb, Personal­verköstigung sowie Inventur­werte minderte. Dem Waren­einsatz stellte er die wöchentlich aufgezeichneten Bruttoeinnahmen gegenüber. Aus der Differenz errechnete er den Rohgewinnaufschlag. Dieser Wert schwankte erheblich. Es wurde ein durchschnittlicher Rohgewinnaufschlag gebildet. Der Prüfer beanstandete, dass die Trinkgelder nicht aufgezeichnet worden waren und die Kassenstreifen nicht aufbewahrt wurden. Mit der Begründung, die Schwankungen der Rohgewinnaufschlagsätze seien nicht nachvollzieh­bar, hat der Betriebsprüfer die Betriebseinnahmen geschätzt.  

     

    Entscheidungsgründe

    Die strittigen Hinzuschätzungen sind rechtswidrig. Nach § 162 Abs. 2 S. 2 AO dürfen die Besteuerungsgrundlagen insbesondere dann geschätzt werden, wenn der Besteuerung nicht die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 AO zugrunde gelegt werden. Nach § 158 AO müssen die Buchführungsunterlagen den §§ 140 bis 148 AO entsprechen. Liegt eine formell ordnungsgemäße Buchführung vor, gilt die gesetzliche Vermutung, dass das Buchführungsergebnis sachlich richtig ist. Trotz einzelner kleinerer Mängel kann die Buchführung ordnungsgemäß sein. Aus folgenden Gründen kam das FG zu dem Ergebnis, dass die Buchführung im Streitfall ordnungsgemäß war: