01.02.2010 | Berichtigungspflicht
Noch einmal § 153 AO: Die große Unbekannte
von RA Dr. Philipp Gehrmann, Berlin
Im steuerstrafrechtlichen Verfahren führte § 153 AO (Berichtigung von Erklärungen) lange Zeit ein Schattendasein. Dies wird sich möglicherweise ändern, nachdem der BGH in den letzten Jahren in mehreren Entscheidungen die Reichweite der Berichtigungspflicht verschoben hat (Sackreuther, PStR 09, 185) und dabei zum Teil zu höchst problematischen, die Strafbarkeit ausweitenden Ergebnissen gekommen ist. Erschwerend tritt hinzu, dass der Gesetzgeber die Berichtigungspflicht in § 153 AO nicht umfassend ausgestaltet hat, was in der steuer(straf-)rechtlichen Beratung - schon zur Vermeidung eigener Haftungsrisiken des Beraters - unbedingt zu beachten ist.
1. Hintergrund
Nach § 153 AO trifft den Steuerpflichtigen die Pflicht, die Angaben in seiner Steuererklärung und anderen steuererheblichen Erklärungen vor Ablauf der Festsetzungspflicht zu berichtigen, sobald er erkennt, dass die Angaben falsch sind und eine Steuerverkürzung zumindest droht. Erforderlich ist jedoch eine Erklärungspflichtverletzung durch den Steuerpflichtigen, sodass § 153 AO nicht greift, wenn das FA einen Fehler gemacht hat. Ergänzt werden mit dieser Berichtigungspflicht die §§ 149, 150 AO, wonach die Angaben in der Steuererklärung nach besten Wissen und Gewissen zu machen sind (Tipke/Kruse, AO, § 153 Rn. 1). Nach anderer Ansicht ist § 153 AO ganz überwiegend deklaratorisch, da die steuerlichen Erklärungspflichten auch nach Abgabe einer unzutreffenden Steuererklärung fortbestehen (Wulf, PStR 09, 190, 193).
Die Anzeige der Unrichtigkeit ist „unverzüglich“ nach Erkennen der falschen Steuererklärung vorzunehmen. Welche Frist damit genau gemeint ist, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen, allerdings dürfte nur eine Berichtung ohne schuldhaftes Zögern als unverzüglich anzusehen sein (§ 121 BGB). Diese Kurzfristigkeit ist auch zuzumuten, da sich das Merkmal „unverzüglich“ nur auf die Anzeige, nicht aber auf die Richtigstellung bezieht; letztere kann sodann mit der notwendigen Sorgfalt in angemessener Zeit erfolgen (Kürzinger in Wannemacher, Steuerstrafrecht, Rn. 216). Kommt der Steuerpflichtige der Anzeigen- und Berichtigungspflicht aus § 153 AO nicht nach, so kann eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO vorliegen (BGH 11.9.07, 5 StR 213/07, PStR 07, 252, Abruf-Nr. 073094).
2. Verpflichteter Personenkreis
Zur Berichtigung falscher Angaben ist gemäß § 153 Abs. 1 S. 1 AO zunächst der Steuerpflichtige (§ 33 Abs. 1 AO) verpflichtet. Die gleiche Verpflichtung trifft nach § 153 Abs. 1 S. 2 AO den Gesamtrechtsnachfolger (§ 45 AO) und die nach §§ 34, 35 AO für den Steuerpflichtigen oder Gesamtrechtsnachfolger handelnden Personen, etwa gesetzliche Vertreter, Geschäftsführer, Gesellschafter und wohl auch den Insolvenzverwalter (Tipke/Kruse, AO, § 153 Rn. 3). Die Berichtigungspflicht besteht unabhängig von der Frage, ob der Vertreter die Steuererklärung selbst oder beispielsweise sein Vorgänger abgegeben hat (BFH 7.3.07, I B 99/06, BFH/NV 07, 1801).
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