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  • 22.10.2010 | Der Steuerberater fragt, der Steuerstrafverteidiger antwortet

    Strafrechtliche Risiken bei der Anpassung von Einkommensteuervorauszahlungen

    von RA Dirk Aue, Jarosch & Partner, Düsseldorf

    Gemäß § 37 EStG sind auf die Einkommensteuer (ESt) vierteljährlich Vorauszahlungen (VZ) zu leisten, deren Höhe sich grundsätzlich nach der letzten Veranlagung richtet. Die VZ können aber - auch nachträglich - an die sich voraussichtlich ergebende ESt angepasst werden. Die Beantragung einer Herabsetzung der VZ birgt gewisse strafrechtliche Risiken.  

    Frage des Steuerberaters

    Mein Mandant hat Ende 2008 von der Selbstständigkeit in eine abhängige Beschäftigung gewechselt. Auf seinen Antrag hin hat das FA im Januar 2009 die ESt-VZ für 2009 auf 0 EUR herabgesetzt. Mitte Februar 2009 hat der Mandant dann ein Wohngrundstück geerbt, aus dem er seitdem Vermietungseinkünfte erzielt. Dies hat er dem Wohnsitzfinanzamt allerdings zunächst nicht angezeigt. Erst im Rahmen der ESt-Erklärung 2009 hat er dann zutreffend die Einkünfte aus Vermietung erklärt und eine entsprechend hohe Nachzahlung geleistet. Ist dieser Sachverhalt strafrechtlich relevant?  

    Antwort des Verteidigers

    Auch ESt-VZ können nach herrschender Auffassung grundsätzlich Gegenstand einer Steuerhinterziehung sein (OLG Stuttgart 21.5.87, 1 Ss 221/87, wistra 17, 263; FG Nürnberg 24.3.93, V 168/90, EFG 93, 698; FG Nürnberg 21.7.00, VII 290/98, juris; FG Düsseldorf 24.5.89, 4 K 397/83 AO, EFG 89, 491), wobei als Taterfolg vom OLG Stuttgart die Erlangung eines ungerechtfertigter Steuervorteils und von den zitierten FG eine Steuerverkürzung angenommen wird. Zutreffend ist die Annahme einer Steuerverkürzung, da es sich auch bei einer VZ nach § 37 EStG um eine Steuer i.S. von § 3 Abs. 1 AO handelt (BFH 15.4.97, VII R 74/96, BStBl II 97, 600). Die Festsetzung der VZ ist eine Steuerfestsetzung (§ 164 Abs. 1 S. 2 AO).  

     

    Besondere Aufmerksamkeit ist nun aber der Frage zu widmen, ob bei dem Antrag auf Herabsetzung der VZ falsche Angaben i.S. des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO gemacht wurden. Hierbei kann es nicht darauf ankommen, ob sich die dem Herabsetzungsantrag zugrunde liegende Vorhersage tatsächlich bewahrheitet hat, sondern nur darauf, ob die Prognose zu dem Zeitpunkt, in dem sie getroffen wird, von zutreffenden Tatsachen ausgegangen ist. Mit anderen Worten: Die Vorhersage wird nicht dadurch falsch, dass sie nicht eintrifft. Die dem Herabsetzungsantrag immanente Angabe des Mandanten, er werde keine Vermietungseinkünfte erzielen, war also schon objektiv nicht „unrichtig“ i.S. des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, weil er zum Zeitpunkt der Antragstellung kein Mietwohngrundstück besaß und dies auch für die Zukunft nicht in seine Prognose einstellen konnte. Abstellend auf den Erkenntnishorizont zum Zeitpunkt der Prognose war diese also richtig. Nachdem hinsichtlich der Angaben im Herabsetzungsantrag schon objektiv keine Strafbarkeit vorliegt, stellt sich die Frage, ob der Mandant verpflichtet gewesen wäre, die veränderte Sachlage dem Wohnsitzfinanzamt anzuzeigen. Die Verletzung einer solchen Pflicht könnte nämlich eine Unterlassensstrafbarkeit nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begründen.