01.03.2006 | Disziplinarverfahren
Unerlaubte Hilfe in Steuersachen: Finanzbeamter verliert seine Pension
Ein Finanzbeamter, der in mehreren hundert Einzelfällen unerlaubte Hilfe in Steuersachen geleistet, dabei in mehr als 190 Fällen falsche Angaben in den Steuererklärungen Dritter eingetragen und darüber hinaus Einkünfte aus der unerlaubten Hilfe in Steuersachen nicht in seinen eigenen Steuererklärungen angegeben hat, ist aus dem Dienst zu entfernen (OVG Lüneburg 1.12.05, 1 NDH L 6/04, rkr. Abruf-Nr. 053473). |
Sachverhalt
Der Beamte ist seit 1965, zuletzt als Steueramtsinspektor, im Dienst des Landes Niedersachsen tätig gewesen. Seit März 2002 ist er im Ruhestand. Im März 2001 wurde gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen und Steuerhinterziehung eingeleitet. Er hatte – seit etwa 10 Jahren – Steuererklärungen für Familienangehörige erstellt und diese Tätigkeit später auf seinen Freundes- und Bekanntenkreis ausgedehnt. In einigen Erklärungen habe er ohne Wissen der Steuerpflichtigen fiktive Spendenbeträge als Sonderausgaben eingetragen. Im Verwandtenkreis und für enge Freunde sei er unentgeltlich tätig geworden. Von anderen Personen habe er hingegen ein Honorar erhalten. Dass seine Tätigkeit nicht erlaubt gewesen sei, sei ihm immer bewusst gewesen. Gegen den Beamten erging ein Strafbefehl über eine Geldstrafe von 20.000 DM. Zusätzlich wurde ihm im parallel eingeleiteten Disziplinarverfahren das Ruhegehalt aberkannt.
Entscheidungsgründe
Die Aberkennung des Ruhegehalts nach § 12 Abs. 1 S. 1 NDO, eine disziplinare Höchstmaßnahme, setzt voraus, dass bei einem aktiven Beamten die Entfernung aus dem Dienst gerechtfertigt wäre. In der Literatur wird zwar die Auffassung vertreten, dass ein Dienstvergehen, das die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigt, nach dem Eintritt in den Ruhestand eine geminderte Disziplinarrelevanz habe und daher eine mildere Beurteilung gerechtfertigt sein könne. Diese Auffassung ist aber unzutreffend, weil das Gesetz, wie sich auch aus § 117 Abs. 7 NDO ergibt, von der Gleichwertigkeit beider Disziplinarmaßnahmen ausgeht.
Ein aktiver Beamter ist aus dem Dienst zu entfernen, wenn das für die Aufrechterhaltung des Beamtenverhältnisses unerlässliche Vertrauensverhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten endgültig zerrüttet ist. Das ist hier der Fall: Der Beamte hat von 1997 bis 2001 in 279 Einzelfällen unerlaubte Hilfe in Steuersachen geleistet und dabei in 193 Fällen falsche Angaben in den Steuererklärungen Dritter eingetragen. Darüber hinaus hat er Einkünfte aus der unerlaubten Hilfe in Steuersachen nicht erklärt. Ein Finanzbeamter, der jahrelang derartige Verfehlungen begeht und sich dadurch strafbar macht, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten und zerstört unwiederbringlich das Vertrauen der Öffentlichkeit, der Steuerpflichtigen und seines Dienstvorgesetzten in seine korrekte und uneigennützige Amtsführung. Durch sein Verhalten setzt er zudem die Finanzverwaltung insgesamt dem Verdacht aus, einzelne Steuerpflichtige zu Lasten der Allgemeinheit zu begünstigen. Folglich ist, da Milderungsgründe nicht vorliegen, auf die Aberkennung des Ruhegehalts zu erkennen.
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