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  • 01.07.2007 | Ermittlungsmethoden

    Noch Sammelauskunftsersuchen oder schon „Rasterfahndung“

    von RA Dr. Marko Matthes, LL.M. oec., Bonn

    Zwei Entscheidungen des 7. Senats des BFH scheinen dazu beizutragen, die Abgrenzung zu unzulässigen Ausforschungsermittlungen zu konkretisieren. Tendenziell scheint der BFH der Steufa für Auskunftersuchen dabei keine allzu hohen in den Weg stellen zu wollen. 

    1. Ausgangslage

    Auskunftsersuchen nach § 93 AO und Vorfeldermittlungen nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO erfordern einen hinreichenden Anlass, d.h. konkrete Anhaltspunkte oder allgemeine Erfahrungen, anhand derer die Möglichkeit einer Steuerverkürzung ersichtlich ist. Legt die gängige Definition ein alternatives Verhältnis beider Voraussetzungen nahe, wurden durch die Rechtsprechung regelmäßig beide Elemente kumulativ beurteilt, denn konkrete Umstände lassen sich nur anhand der allgemeinen Erfahrung mit bestimmten „Hinterziehungsfeldern“ würdigen. Zudem wird betont, dass zur Vermeidung unzulässiger Ausforschungen verhältnismäßig viele, über das normale Maß hinausgehende negative Erfahrungen mit bestimmten verdächtigen Sachverhalten oder Berufsgruppen vorliegen müssen (BFH 24.3.87, BStBl II, 485; BFH 21.10.03, BStBl II 04, 36). Sammelauskunftsersuchen setzen eine verifizierbare Kontrollgröße voraus (FG Münster EFG 04, 1656, 1658). 

    2. Auskunftsersuchen an Produkthersteller

    In dem vom BFH mit Urteil vom 5.10.06 (PStR 07, 50, Abruf-Nr. 070440) entschiedenen Fall wurde aufgrund von sechs bei Außenprüfungen aufgegriffenen Fällen, in denen Fachärzte die Einnahmen aus der Verwendung des Präparats X nicht ordnungsgemäß versteuert hatten, ein Auskunftsersuchen an den Hersteller gerichtet, um über dessen Angaben zu Lieferapotheken andere Ärzte ermitteln und überprüfen zu können. Ein Anlass für die Ermittlungen wurde wegen abweichender Einkaufswege, Barzahlung und der Monopolstellung des Herstellers gesehen.  

     

    Die auffälligen Fachärzte wurden weder zum Gesamtverhalten der Fachärzte noch zu den beanstandungsfreien Prüfungen bei Ärzten in Relation gesetzt. Zudem wurde es als unerheblich angesehen, dass steuerliche Unregelmäßigkeiten auch im Zusammenhang mit der Verwendung vergleichbarer Produkte bekannt sind und daher die Betriebsprüfung ein besonderes Auge auf diesen Bereich hat. Eine unzulässige Ausforschung sei dennoch nicht betrieben worden, da das Merkmal „Verwendung des Produktes X“ eine deutlich abgrenzbare, „homogene Gruppe“ potenzieller Steuerpflichtiger umschreibt und sich mit der Monopolstellung unzweifelhaft eine Beziehung zum Hersteller ergab.  

    3. Kontrollbesuche im Bordell

    Dem Beschluss des BFH vom 22.12.06 (PStR 07, 74, Abruf-Nr. 070747) lag zugrunde, dass die Steufa einen Bordellbetrieb aufsuchte und zur Feststellung der Einnahmen die Prostituierten und deren Kunden befragte. Zuvor hatte der Vermieter der Räumlichkeiten seine freiwillige Mitwirkung am Düsseldorfer Verfahren beendet, nachdem der Pauschalsatz der zu entrichtenden Abgaben von 15 EUR auf 25 EUR erhöht wurde. Nach Ansicht des BFH ist das Vorgehen von den § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO, § 200 Abs. 3 S. 2 AO und § 99 Abs. 1 AO gedeckt. Ein hinreichender Anlass sei „offensichtlich“ gegeben, da nach den Feststellungen des Bundesrechnungshofs weniger als 1 Prozent der im Inland tätigen Prostituierten steuerlich erfasst und Steuerausfälle in Milliardenhöhe zu verzeichnen seien. 

    4. Stellungnahme