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  • 01.09.2007 | Geschäftsführerhaftung

    Abführungspflicht für Lohnsteuer und SV-Beiträge auch bei Insolvenzreife

    von RA / StB Julian Ott, FA StR, Berlin
    Ein organschaftlicher Vertreter, der bei Insolvenzreife der Gesellschaft den sozial- oder steuerrechtlichen Normbefehlen folgend Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherung oder Lohnsteuer abführt, handelt mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters. Er ist nicht nach § 92 Abs. 3 AktG oder § 64 Abs. 2 GmbHG der Gesellschaft gegenüber erstattungspflichtig (BGH 14.5.07, II ZR 48/06, Abruf-Nr. 072062).

     

    Sachverhalt

    Der Beklagte war Vorstand einer AG. Diese finanzierte sich über eine als Aktionärin eingebundene Beteiligungsgesellschaft. Der Finanzierungsvertrag enthielt eine Rangrücktrittsklausel, wonach die Beteiligungsgesellschaft den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben in einem Insolvenz- oder Vergleichsverfahren im Range nach den übrigen Insolvenz- oder Vergleichsgläubigern geltend machen werde, jedoch vor den Forderungen der anderen Gesellschafter sowie verbundenen Unternehmen.  

     

    Die Bilanz zum 31.12.00 wies einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag i.H. von 327.847 DM aus. Im August 2001 kam ein vom Beklagten beauftragter Wirtschaftsprüfer zu dem Ergebnis, dass die AG zum Abschlussstichtag bilanziell, nicht jedoch rechtlich überschuldet gewesen sei, da die Forderung der Beteiligungsgesellschaft wegen des Rangrücktritts nicht zu passivieren sei. Das Gutachten stellte ebenfalls fest, dass Zahlungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt nicht bestand.  

     

    In der Zeit von August bis Oktober 2001 veranlasste der Beklagte LSt-Zahlungen sowie Zahlungen der Arbeitnehmeranteile zur SV. Im November 2001 beantragte der Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nachdem die Beteiligungsgesellschaft im Oktober 2001 die Kündigung erklärt und weiter fällige Raten auf die Beteiligungen nicht mehr gezahlt hatte.