26.02.2009 | Innergemeinschaftliche Lieferungen
Dringender Tatverdacht wegen Nichterfüllung der Nachweispflichten?
Nach der neueren Rechtsprechung des BFH (BFH 6.12.07, V R 59/03, PStR 08, 97, Abruf-Nr. 080412) ist der Beleg- und Buchnachweis nicht mehr materielle Voraussetzung der Steuerbefreiung. Falsche Aufzeichnungen verletzen nur die steuerliche Nachweispflicht. Das OLG Karlsruhe hielt dennoch an dem Haftbefehl gegen den Beschuldigten fest (OLG Karlsruhe 30.7.08, 3 Ws 300/08, Abruf-Nr. 090598). |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Der Beschuldigten hatte steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen gemäß § 4 Nr. 1 b) UStG i.V. mit § 6a Abs. 1 S. 1 UStG erklärt, obwohl er in seiner Buchführung nicht die wahren Empfänger der Lieferungen aufgezeichnet hatte. Um die wahre Identität der ausländischen Leistungsempfänger zu verschleiern, hatte er in seine Buchführung Scheinrechnungen eingestellt. Die Verteidigung machte im Rahmen der Haftprüfung nach § 121 Abs. 1 StPO geltend, es bestehe kein dringender Tatverdacht, da nach der neueren Rechtsprechung des BFH vom 6.12.07 die Verletzung des umsatzsteuerlichen Beleg- und Buchnachweises strafrechtlich irrelevant sei.
Nach Ansicht des OLG findet die Rechtsprechung des BFH aber keine Anwendung, wenn durch Manipulationen der Nachweise planmäßig die Erwerbsbesteuerung in dem anderen Mitgliedstaat vereitelt werden sollte. Die vom BFH als Ausnahme anerkannte Befreiung von der Nachweispflicht sei bei gezieltem Missbrauch gemeinschaftsrechtlicher Regeln nicht anzuwenden.
Praxishinweis
Argumentativ setzt das OLG bei der „Nichterfüllung der Nachweispflichten“ an. Eine „Ausnahme“ hiervon könne im Streitfall nicht anerkannt werden, da das Verhalten des Steuerpflichtigen auf einen planmäßigen Missbrauch der Steuerbefreiung ausgerichtet gewesen sei. Die Entscheidung kann mit dieser Begründung nicht überzeugen. Denn der Ansatz ist gedanklich insoweit fehlerhaft, als steuerliche Nachweispflichten für das Strafrecht prinzipiell keine Bedeutung haben können (Wulf, Stbg 08, 328 ff., m.w.N.). Ob eine „Ausnahme“ von der steuerlichen Nachweispflicht gegeben ist oder nicht, ist für das Vorliegen einer Steuerhinterziehung nicht relevant.
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