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  • 22.11.2010 | Insolvenz

    Durchsuchungen beim unverdächtigen Insolvenzverwalter

    von Dr. Tilman Reichling, Duisburg

    Die Insolvenz eines Unternehmens führt in einer Vielzahl von Fällen zu Ermittlungsverfahren gegen dessen Verantwortliche wegen Insolvenzverschleppung, wobei Auslöser für diese häufig eine Mitteilung des Insolvenzverwalters ist. Aber auch andere strafrechtliche Vorwürfe werden regelmäßig im zeitlichen Zusammenhang mit einer Insolvenz erhoben - vor allem der des Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 266a StGB.  

    1. Insolvenzanmeldung als Anlass für Ermittlungsverfahren

    In den Ermittlungsverfahren besteht aus Sicht der Strafverfolgungsbehörde die Besonderheit, dass die sie interessierenden unternehmensbezogenen Unterlagen nicht bei den früheren Verantwortlichen vorhanden sind, sondern sich im Gewahrsam des Insolvenzverwalters befinden. In aller Regel werden die Insolvenzverwalter diese Unterlagen auf Anfrage an die Ermittlungsbehörde herausgeben - insbesondere in den Fällen, in denen das Ermittlungsverfahren nach entsprechenden Hinweisen des Insolvenzverwalters eingeleitet wurde. Einige neuere Entscheidungen zeigen aber, dass es in der Praxis zu Differenzen zwischen Staatsanwaltschaft und Insolvenzverwaltern kommen kann, die letztlich zum Erlass eines Durchsuchungsbeschlusses gegen den Insolvenzverwalter führen. Diese Durchsuchungsbeschlüsse werden gelegentlich mit der Beschwerde zum Landgericht angegriffen. Die gemeinsame Grundlinie der hierauf ergehenden Beschlüsse ist: Durchsuchungen beim tatunverdächtigen Insolvenzverwalter sind nicht generell unzulässig, an diese sind aber erhöhte Anforderungen zu stellen.  

    2. § 97 Abs. 1 S. 3 InsO steht einer Durchsuchung nicht entgegen

    Nach § 103 StPO kann auch bei einem Unverdächtigen die Durchsuchung angeordnet werden, wenn aufgrund konkreter Tatsachen zu vermuten ist, dass bestimmte, als Beweismittel dienende Gegenstände sich in dessen Räumen befinden.  

     

    Nach wohl einhelliger Auffassung der Gerichte steht einer Beschlagnahme § 97 Abs. 1 S. 3 InsO nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf eine Auskunft, die der Schuldner aufgrund seiner Offenbarungspflicht nach der InsO dem Insolvenzverwalter erteilt hat, in einem Strafverfahren nicht zu seinen Lasten ohne seine Einwilligung verwertet werden. Nach Ansicht des LG Ulm (15.1.07, 2 Qs 2002/07, NJW 07, 2056) kann § 97 Abs. 1 S. 3 InsO nicht dahingehend ausgelegt werden, dass sämtliche vom Gemeinschuldner dem Insolvenzverwalter übergebenen Dokumente einem Verwertungsverbot im Strafverfahren unterliegen. Dies gehe bereits aus dem Wortlaut der genannten Vorschrift hervor, der lediglich „Auskünfte“ schütze, also Erklärungen, die erst die in § 97 Abs. 1 S. 1 InsO genannten Institutionen den Schuldner abzugeben veranlassten.