01.07.2006 | Insolvenz
Einspruchsgründe: Haftungsbescheid gegen den faktischen Geschäftsführer
Die letzte vor Insolvenzeröffnung fällige LSt für den Monat Juli 2000 konnte die Gesellschaft nicht mehr zahlen. Eine Inanspruchnahme des Geschäftsführers als Haftungsschuldner (§ 69) erfolgte nicht. Vielmehr erließ das FA Ende 2005 zwei Haftungsbescheide über die auf 170.000 EUR einschließlich Säumniszuschlägen aufgelaufenen LSt-Rückstände gegen einen Gesellschafter und einen kaufmännischen Angestellten der GmbH mit dem Hinweis auf seine faktische Geschäftsführerstellung. Auf Grund öffentlicher Zustellung erfuhren die Betroffenen von der angeblichen Steuerschuld erst im Rahmen der Vollstreckung – der kaufmännische Angestellte durch die Pfändung seines Kontos und der Gesellschafter durch den Erlass eines Haftbefehls zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Die Haftungsbescheide wurden umgehend mit dem Einspruch angegriffen und Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung beantragt. Beide Bescheide waren in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft.
1. Haftung des faktischen Geschäftsführers
Zwar kommt die Haftung des faktischen Geschäftsführers nach § 69 AO grundsätzlich in Betracht (BFH 7.4.92, BFH/NV 93, 213). Denn wer – wie ein faktischer Geschäftsführer – als Verfügungsberechtigter im Namen der Gesellschaft auftritt, steht dem Geschäftsführer als gesetzlichem Vertreter gleich, soweit er dessen Pflichten rechtlich und tatsächlich erfüllen kann (§ 35 AO). Die Einschränkung führt dazu, dass der faktische Geschäftsführer, der rechtlich und wirtschaftlich über fremde Wirtschaftsgüter verfügen kann und als solcher nach außen auftritt, für die ordnungsgemäße Einbehaltung und Abführung der LSt nur haftet, wenn er diese Pflicht auch tatsächlich erfüllen kann und er insbesondere über eine rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis verfügt (BFH 16.3.95, BStBl II 95, 859; aber auch OLG Karlsruhe 7.3.06, Abruf-Nr. 061525). Nicht ausreichend ist eine einseitig angemaßte Unternehmensführung.
Praxishinweis: Eine weitere Beschränkung enthält § 36 AO, wonach eine Inanspruchnahme nur für den Zeitraum in Frage kommt, in dem die Verfügungsmacht tatsächlich bestanden hat.
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