01.07.2006 | Insolvenz
Geschäftsführerhaftung in der Insolvenz
In letzter Zeit häufen sich – widersprüchliche – Entscheidungen zu den Auswirkungen insolvenzrechtlicher Anfechtungsmöglichkeiten bei Steuerschulden durch die Finanzgerichte. Eine Entscheidung des BFH hierzu steht noch aus. |
Hintergrund
Im Kern der Diskussion geht es um die Frage, ob sich der Geschäftsführer, der in der wirtschaftlichen Krise keine Zahlungen auf die Steuerschuld der GmbH vorgenommen hat, auf einen sog. hypothetischen Kausalverlauf berufen kann. Entfällt also eine an sich gegebene Haftung des Geschäftsführers nach § 69 AO dadurch, dass der Insolvenzverwalter die (unterlassene) Steuerzahlung, wäre sie vom Geschäftsführer erbracht worden, nach §§ 129 ff. InsO hätte anfechten können? Sollte die Steuerschuld zunächst beglichen und später wieder zurückgefordert werden oder erst gar nicht entrichtet werden, im Ergebnis wird der Fiskus verzichten müssen.
Stellungnahme der Literatur
Anknüpfend an die zu § 266a StGB (i.V. mit § 823 Abs. 2 BGB) entwickelte zivilrechtliche Rechtsprechung (Ott, PStR 06, 127 ff.) zeigen Laws/Stahlschmidt, dass § 69 AO eine Haftungsnorm ohne Strafcharakter ist. Auch dem Fiskus dürften stets nur insoweit Ansprüche zustehen, als er durch das haftungsbegründende Ereignis tatsächlich eine Schlechterstellung erfahren hat. Deshalb seien Reserveursachen (hypothetische Kausalverläufe) zu berücksichtigen, und zwar bei allen Steuerarten.
Im Bereich der insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbestände könnte sich jedoch nur derjenige auf eine Reserveursache berufen, bei dem diese feststeht. Das ist der Fall, wenn das Insolvenzverfahren (später) eröffnet wird und die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 129 ff. InsO tatsächlich auch vorliegen. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der – vermeintliche – Haftungsschuldner.
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