22.07.2011 | Schwarzgeldbekämpfungsgesetz
Selbstanzeige: Erste Stellungnahme durch das FM NRW und die OFD Niedersachsen
von RA Dr. Markus Adick, Flick Gocke Schaumburg, Bonn
Aus einem Erlass des Finanzministeriums NRW vom 5.5.11 (S 0702 - 8 - V A 1, Abruf-Nr. 111881) und einem Rundschreiben der OFD Niedersachsen vom 9.6.11 (S 0702 - 30 - St 131, Abruf-Nr. 112377) ergeben sich erste Hinweise, wie die Finanzverwaltung die neuen Regelungen zur Selbstanzeige auslegt, was jedenfalls die Rechtssicherheit erhöht. Allerdings scheint sich eine vollständig einheitliche Auffassung auch innerhalb der Finanzverwaltung bisher nicht gebildet zu haben und es besteht in Einzelfragen Anlass zur Kritik der Verwaltungsauffassung.
1. Sperrgründe (§ 371 Abs. 2 AO)
Die Stellungnahmen der Finanzverwaltungen beziehen sich zunächst auf die neu gefassten Sperrgründe von § 371 Abs. 2 AO.
1.1 Bekanntgabe Prüfungsanordnung (§ 371 Abs. 2 Nr. 1a AO)
Bereits die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung (§ 196 AO) sperrt die Strafaufhebung. Nach Ansicht des Finanzministeriums NRW lässt die Formulierung der Norm den Schluss zu, die Strafaufhebung sei insgesamt gesperrt, wenn auch nur eine der mit der Selbstanzeige offenbarten Taten Gegenstand der Prüfungsanordnung ist. Diese Auslegung überzeugt jedoch nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht. Damit es nicht zur Strafaufhebung führt, wenn der Täter kurz vor Erscheinen des Prüfers noch eine Selbstanzeige abgibt, wurde der Zeitpunkt des Sperrgrundes vorverlagert. Dass eine inhaltliche Erweiterung des Sperrgrundes gewollt war, ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien nicht.
Die OFD Niedersachsen stellt klar, dass formlose mündliche Absprachen mit dem Prüfer nicht genügen, sondern es auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung als Verwaltungsakt ankommt. Soweit sie hierzu jedoch auf § 122 Abs. 2 AO verweist, ist dies bedenklich. Weil § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO einen Strafaufhebungsgrund einschränkt, muss das Bestimmtheitsgebot (Art. 103 Abs. 2 GG) beachtet werden. Hiermit unvereinbar ist es, die Versagung der Strafaufhebung auf die abgabenrechtliche Fiktion zu stützen. Vor diesem Hintergrund ist es problematisch, wenn die OFD Niedersachsen die Zustellung per PZU auf „begründete Einzelfälle“ beschränken will. Was verwaltungsrechtlich unstreitig als die richtige Lösung erscheint, wird im Strafverfahren für Probleme sorgen. Im Zweifel wird man zugunsten des Steuerpflichtigen eine wirksame Bekanntgabe der Prüfungsanordnung verneinen müssen.
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