22.10.2010 | Steuerhinterziehung
Die Strafbarkeit der Hinterziehung von Antidumping-Zöllen
von VRiLG Alexander Meyberg, München/Karlsruhe
Der Strafbarkeit einer Hinterziehung von Antidumping-Zöllen steht nicht entgegen, dass die für einen bestimmten Zeitraum geltende Antidumping-Maßnahme nach Tatbegehung entfällt, sofern die Zollpflicht nicht rückwirkend aufgehoben wurde (BGH 27.8.10, 1 StR 217/10 und 1 StR 218/10 - in den Entscheidungsgründen wortgleich, Abruf-Nr. 103314). |
1. Sachverhalt
In den dem BGH zur Entscheidung vorliegenden Fällen geht es um die Einfuhr von Energiesparlampen aus China, die im Zeitraum von 9.2.01 bis 18.10.08 mit Antidumping-Zoll belegt waren. Zur Umgehung dieser Zolllast hat ein in Deutschland ansässiges Handelsunternehmen im Jahr 2002 Lampen eines chinesischen Herstellers zunächst nach Vietnam verbringen, dort taggleich umetikettieren und über Bremerhaven und Hamburg nach Deutschland verschiffen lassen. Bei den deutschen Zollbehörden wurden die Energiesparlampen unter Angabe einer falschen Warennummer und unter der unzutreffenden Angabe von Vietnam als Ursprungsland angemeldet. In 18 Fällen wurden so insgesamt rund 814.000 EUR Antidumping-Zoll hinterzogen. Der verantwortliche Geschäftsführer der Firma wurde wegen gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 AO, § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) zu einer Bewährungsstrafe von 1 Jahr und 10 Monaten verurteilt.
2. Entscheidungsgründe
Mit seiner Revision macht der Angeklagte vor allem geltend, eine Strafbarkeit sei nicht mehr gegeben, da die zugrunde liegende Zollpflicht zwischenzeitlich entfallen sei. Dem folgt der BGH nicht (ebenso wenig wie dem - hier nicht zu erörternden - Einwand, eine Bestrafung stelle ein GATT-widriges Handelshemmnis dar).
2.1 Ausgangslage
Die Europäische Union kann zum Schutz gegen gedumpte Einfuhren, also gegen den Import von Waren, deren Preis bei Ausfuhr in die Gemeinschaft niedriger ist als der Normalpreis (vergleichbarer Preis einer gleichartigen Ware bei Verkäufen im normalen Handelsverkehr im Ausfuhrland oder Herstellkosten im Ursprungsland), Strafzölle erlassen. Rechtsgrundlage ist die VO (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22.12.95, mit der die Bestimmungen des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT 1994) vom 22. Dezember 1994 (Antidumping-Übereinkommen) in das Gemeinschaftsrecht übernommen werden. Um die Gefahr eines missbräuchlichen Einsatzes von Antidumping-Maßnahmen einzuschränken, sehen Übereinkommen und VO vor, dass eine Antidumping-Maßnahme nur so lange und nur in dem Umfang in Kraft bleiben darf, wie dies notwendig ist. Ohne eine neue Antidumping-Untersuchung müssen die Maßnahmen spätestens nach 5 Jahren aufgehoben sein.
Gestützt hierauf hat die EU-Kommission zunächst undifferenziert auf die Einfuhren integrierter elektronischer Kompakt-Leuchtstofflampen („CFL-i“) mit Ursprung in der Volksrepublik China einen vorläufigen (VO (EG) Nr. 255/2001 vom 8.2.01) und sodann einen endgültigen Antidumping-Zoll (VO (EG) Nr. 1470/2001 vom 16.7.01) von bis zu 66,1 % auf den Nettopreis eingeführt. Nach einer Interimsüberprüfung, die die Warendefinition betraf, wurde diese Antidumping-Maßnahme durch VO (EG) Nr. 1322/2006 vom 1.9.06 eingeschränkt. Aus einer Untersuchung wurde der Schluss gezogen, dass es sich bei mit Gleichstrom („DC-CFL-i“) und mit Wechselstrom („AC-CFL-i“) betriebenen Energiesparlampen um zwei verschiedene Waren handelt, erstere seien somit nicht Gegenstand der der Verordnung (EG) 1470/2001 zugrunde liegenden Ausgangsuntersuchung gewesen. Deswegen wurden DC-CFL-i rückwirkend von der Antidumping-Maßnahme ausgenommen und bereits entrichtete Zölle zurückerstattet.
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