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  • 01.03.2006 | Steuerhinterziehung

    Finanzbeamter erfindet Unternehmen

    von RA Dr. Carsten Wegner, FA StrR, Berlin
    Ein Sachbearbeiter des FA, der durch EDV-Eingaben über Umsätze eines fiktiven Unternehmers die Erstattung von Vorsteuern bewirkt, begeht Steuerhinterziehung (BFH 25.10.05, VII R 10/04, Abruf-Nr. 053671).

     

    Sachverhalt

    Ein Sachbearbeiter des FA errichtete für zwei fiktive Unternehmen Steuerkonten und veranlasste durch die Eingabe entsprechender Daten in das EDV-System bzw. Erstellung entsprechender Eingabewertbögen, dass zu deren Gunsten USt-Erstattungen festgesetzt und ausgezahlt wurden. Zunächst hat er die Unterschriften bzw. Paraphen seines Sachgebietsleiters gefälscht, die erforderlich gewesen sind, um die Zahlungen zu veranlassen. Anschließend wurden die fiktiven Angaben durch Mitarbeiter der Erfassungsstelle in die EDV-Anlage eingegeben und die Erstattungen durch die Buchhalter der Finanzkasse freigegeben. Im Jahr darauf hatte der Sachbearbeiter alle für die beabsichtigten Auszahlungen erforderlichen Eingaben in die EDV-Anlage selbst vorgenommen.  

     

    Entscheidungsgründe

    Der BFH sieht § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO verwirklicht. Das Gericht verweist auf die Rechtsprechung des BGH in Strafsachen (BGHSt 40, 109), wonach eine Steuerhinterziehung auch dann vorliegt, wenn die Existenz eines Unternehmens vorgetäuscht wird, für das fingierte Umsätze angemeldet und Vorsteuererstattungen begehrt werden. Nach Ansicht des BFH setzt § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO trotz der erforderlichen kausalen Verknüpfung zwischen den unrichtigen Angaben und dem Eintritt der Steuerverkürzung keine gelungene Täuschung mit Irrtumserregung beim Finanzbeamten voraus. Es genüge vielmehr, dass die unrichtigen oder unvollständigen Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen in anderer Weise als durch eine Täuschung für die Steuerverkürzung ursächlich werden.  

     

    Auch sei eine Steuerhinterziehung nicht deshalb zu verneinen, weil ggü. den Finanzbehörden keine Angaben gemacht worden sind, sondern die falschen Daten, die zu den Zahlungen geführt haben, von einem Mitarbeiter der Finanzbehörde selbst stammen und möglicherweise von niemandem sonst überhaupt nur zur Kenntnis genommen worden sind. Der Tatbestand sei auch dann gegeben, wenn in einem vollautomatisierten (EDV-)Verfahren Steuern auf Grund einer falschen Steueranmeldung in unrichtiger Höhe erhoben werden.