22.09.2010 | Steuerstrafrecht
Aus eins mach zwei - Verfallsanordnung im Steuerstrafrecht
von RA Dr. Philipp Gehrmann, Krause Lammer Wattenberg, Berlin
Grundsätzlich haben die Verfallsvorschriften im Steuerstrafrecht nur eine ganz untergeordnete Bedeutung. In solchen Ausnahmefällen droht jedoch eine doppelte Inanspruchnahme (BGH 13.7.10, 1 StR 239/10, Abruf-Nr. 102930). |
Sachverhalt
Der Angeklagte erlangte aus einer Steuerhinterziehung 950.000 EUR und wandte dieses Geld unentgeltlich über mehrere Personen an einen Dritten weiter. Dieser Dritte war an den Steuerstraftaten des Täters nicht beteiligt, sodass eine gemeinsame Haftung für die verkürzten Steuern gemäß § 71 AO nicht in Betracht kam. Das Tatgericht ordnete den Wertersatzverfall gegen den Dritten gemäß § 73a StGB i.V. mit § 73 Abs. 3 StGB an.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Dritten wurde verworfen. Die Anordnung des Verfalls sei rechtmäßig, da in der vorliegenden Konstellation ein Verschiebungsfall vorliege: Der Täter habe die Tatvorteile einem Dritten unentgeltlich oder auf sonstige bemakelte Weise zukommen lassen, um sie dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder die Tat zu verschleiern. Damit sollen die Voraussetzungen des § 73 Abs. 3 StGB erfüllt sein.
Zwar scheitert eine Verfallsanordnung im Steuerstrafrecht regelmäßig an der Vorschrift des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB. Denn auch der Steuerfiskus ist Verletzter i.S. dieser Vorschrift (nur BGH 28.11.00, 5 StR 371/00, PStR 01, 6) und steuerliche Nach- oder Rückforderungsansprüche des Steuerfiskus sind regelmäßig deckungsgleich mit dem erlangten Etwas aus der Steuerstraftat (Schmitz/Wulf in Münchener Kommentar zum StGB, Bd. 6/1, § 370 AO Rn. 463). Der Justizfiskus als Inhaber eines Verfallsanspruchs nach § 73 StGB hat also das Nachsehen (LG Berlin 6.3.06, 526 Qs 47-49/06, wistra 06, 358). Im vorliegenden Fall könne die Vorschrift des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB nach Ansicht des BGH diese Sperrwirkung jedoch nicht entfalten, da dem Steuerfiskus als Verletztem kein Anspruch gegen den Dritten zustehe.
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