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  • 26.06.2008 | Steuerstrafverfahren

    BGH zur Verfahrensverzögerung: Eile mit Weile

    Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit ständig darauf hingewiesen, dass die Gerichte Strafverfahren immer beschleunigt bearbeiten müssen. Der BGH schränkt dieses Prinzip in Wirtschaftsstrafsachen jetzt ein und verweist auf die besondere Bedeutung sorgfältiger Terminsvorbereitung, auch wenn dies den Ablauf der Hauptverhandlung verzögert (BGH 20.3.08, 1 StR 488/07, Abruf-Nr. 081605).

     

    Sachverhalt

    Die StA hatte im Januar 2005 Anklage erhoben, wobei die Kammer das Hauptverfahren erst im November 2006 eröffnete. In der Zwischenzeit hatten die Verteidiger, teilweise mit erfolgreichen Fristverlängerungsanträgen, umfangreiche Stellungnahmen vorgelegt, zuletzt im April 2005. Der später wegen Untreue zu einer Nichtbewährungsstrafe verurteilte Angeklagte rügte Verfahrenszögerungen, die seiner Meinung gegen Art. 6 MRK verstießen und zu einer deutlich milderen Strafe hätten führen müssen. Sein Rechtsmittel war erfolglos, weil das LG die Verfahrensdauer mit einem Strafabschlag von 50 Prozent mehr als ausreichend beachtet hatte. 

     

    Entscheidungsgründe

    Auch der BGH geht davon aus, dass die Zeit zwischen Einlassung und Eröffnungsbeschluss – immerhin 19 Monate – objektiv zu lang war. Eine Beschleunigung von Wirtschaftsstrafsachen um jeden Preis lehnt er aber ab. Gerade bei komplexen und umfangreichen Sachen können sich die Richter nicht sofort mit dem neuen Verfahren befassen. In der Regel ist dies nur parallel zu bereits anhängigen laufenden oder anstehenden Hauptverhandlungen möglich.  

     

    Überdies muss das Gericht die Eröffnungsentscheidung sorgfältig vorbereiten. Dazu gehört eine intensive Einarbeitung, ohne dass die Förderung anderer Verfahren hierunter leiden darf. In den Akten kann man diese Beschäftigung mit dem Fall regelmäßig nicht nachvollziehen: Naturgemäß besteht sie aus einer überwiegend gedanklichen Auseinandersetzung mit den Ermittlungsergebnissen und kammerinternen Beratungen, an deren Ende oft nur ein kurzer Eröffnungsbeschluss steht, dem man die gerichtlichen Vorarbeiten nicht entnehmen kann. Außerdem ist die gründliche Einarbeitung auch nötig, um die Hauptverhandlung zügig durchzuführen bzw. sinnvolle Gespräche über etwaige Verfahrensabkürzungen zu führen.