Frage | Antwort |
1.Was sanktioniert der Subventionsbetrug? | Nach § 264 StGB sind alle Falschangaben von subventionserheblichen Tatsachen bis zum Abschluss des Subventionsvergabeverfahrens strafrechtlich relevant. Entscheidend ist, dass allein die Falschangabe bereits eine Strafbarkeit nach sich zieht, unabhängig davon, ob die Subvention ausgezahlt oder die Subventionsentscheidung von der falschen Angabe beeinflusst wurde. |
2.Was ist eine Subvention? | Der Begriff der Subvention ist in § 264 Abs. 7 StGB legal definiert. Demnach ist eine Subvention jede geldwerte direkte Zuwendung (Leistung) aus öffentlichen Mitteln, die wenigstens zum Teil ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt wird und der Förderung der Wirtschaft dienen soll. Der Straftatbestand erfasst alle Subventionen, die auf Grundlage des bundesrechtlichen SubvG oder nach landesrechtlichen Vorschriften vergeben werden (Überblick bei Wattenberg in Achenbach/Ransiek, IV 2 Rn. 8). |
3.Was ist eine marktmäßige Gegenleistung? | Marktmäßig ist eine Gegenleistung, wenn eine Wertrelation zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und die Gegenleistung als „marktüblich“ bezeichnet werden kann. Dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn ein Darlehen zu Zinsen gewährt wird, die unter dem Marktniveau liegen. Hier handelt es sich um eine Subvention. Sollte ein (fiktiver) Markt nicht bestehen, gilt das Kostenprinzip. Eine Subvention liegt dann nicht vor, wenn die erbrachte Gegenleistung zumindest die Kosten deckt. |
4.Was dient der Förderung der Wirtschaft? | Die Wirtschaft ist hier im weitesten Sinne des Wortes zu verstehen. Erfasst sind damit voraussichtlich alle unternehmerisch betriebenen Einrichtungen zur Erbringung von Leistungen. Entschieden ist dies beispielsweise für Mittel nach dem Filmförderungsgesetz (BGH 20.6.86, 1 StR 184/86, wistra 87, 25). Um der - häufig anzutreffenden - Gemengelage von Förderungszwecken Rechnung zu tragen, soll es ausreichen, wenn die Wirtschaftsförderung durch die Subvention jedenfalls teilweise bezweckt wird. |
5.Gilt die Definition auch für Subventionen nach europäischem Recht? | Nein, der europäische Subventionsbegriff ist wesentlich weiter. Nach § 264 Abs. 7 Nr. 2 StGB muss die Subvention zwar aus öffentlichen Mitteln stammen, jedoch nicht zum Zwecke der Wirtschaftsförderung bestimmt sein und Subventionsnehmer können auch andere als Betriebe und Unternehmen sein. Der Kreis möglicher Täter ist somit gegenüber der Subvention nach nationalem Recht stark ausgedehnt und erfasst etwa auch Inhaber öffentlicher Ämter im Bereich Soziales, Wissenschaft, Kultur und Sport. |
6.Welche Art von Subvention ist erfasst? | Nur direkte Subventionen, ohne dass es auf den Begriff „Subvention“ ankommt (materieller Subventionsbegriff). Nicht erfasst sind indirekte Subventionen; d.h. Leistungen im Wege von Steuernachlässen oder Sonderzahlungen, die nach steuerrechtlichen Vorschriften gewährt werden; insoweit findet § 370 ff. AO Anwendung. Zur Abgrenzung zwischen § 264 StGB und dem Steuerstrafrecht wird auf die Vergabeform abgestellt. Allerdings ist die Abgrenzung in Randbereichen äußerst diffizil. So hat der BGH (11.11.98, 3 StR 101/98, wistra 99, 143) Zweifel geäußert, ob Fördermittel nach dem II. WoBauG als Subventionen anzusehen sind. Dagegen werden Investitionszulagen nach § 19 BerlinfördG 1990 von der Literatur einhellig als Subventionen eingeordnet, obgleich sie vom FA gewährt werden (Fischer, StGB, § 264 Rn. 9 m.w.N.). |
7.Was ist eine subventionserhebliche Tatsache? | Subventionserhebliche Tatsachen sind in § 264 Abs. 8 StGB legal definiert: - Nach § 264 Abs. 8 Nr. 1 StGB sind das alle Tatsachen, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes von dem Subventionsgeber als subventionserheblich bezeichnet werden.
- Nach § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB sind das Tatsachen, von denen die Bewilligung, Gewährung, Rückforderung, Weitergewährung oder das Belassen einer Subvention oder eines Subventionsvorteils gesetzlich abhängig ist. In der Praxis findet Nr. 2 vor allem bei europäischen Subventionen Anwendung, weil die in § 2 SubvG geregelte Bezeichnungspflicht für EG-Behörden nicht besteht.
|
| In § 264 Abs. 1 StGB werden vier mögliche Tathandlungen normiert: - Nr. 2: erfasst auf Grund europarechtlicher Vorgaben den Verstoß
gegen eine Verwendungsbeschränkung der Subventionsmittel; - Nr. 3: Verletzung einer Aufklärungspflicht;
- Nr. 4: Auffangtatbestand, der kaum praktische Anwendung hat.
|
9.Wann sind Angaben „unvollständig“? | Unvollständig i.S. des § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB sind Angaben, die durch Weglassen subventionserheblicher Tatsachen einen falschen Gesamteindruck machen. Auch Schein- und Umgehungsgeschäfte führen zu einer unvollständigen Angabe, da diese nach § 4 SubvG und dem inhaltlich vergleichbaren Art. 4 III EG-VO Nr. 2988/15 für das Subventionsverfahren unerheblich sind. |
10.Wann sind Angaben „vorteilhaft“? | Vorteilhaft sind nicht nur solche Tatsachen, die die Chancen des Subventionsnehmers auf Erteilung der Subvention verbessert haben. Vielmehr reicht nach Ansicht des BGH aus, dass die Tatsachen geeignet erscheinen, das Subventionsverfahren günstig zu beeinflussen. |
11.Welche Unterlagen kommen als „klassische Täuschungsmittel“ in Betracht? | Der Subventionsnehmer hat seinem Antrag regelmäßig umfassende Angaben in schriftlicher Form beizufügen, aus denen sich der Zustand des Betriebes oder Unternehmens ergibt. Dies sind - der Handelsregisterauszug,
- die Gesellschaftsverträge,
- die wesentlichen Verträge des Unternehmens/Betriebes mit Dritten,
- die Aufstellungen über das Vermögen des Unternehmens/Betriebes und der (beschränkt) haftenden Gesellschafter,
- insbesondere die Jahresabschlüsse der (zumeist) letzten drei Jahre, die von einem zugelassenen Buch- oder Steuersachverständigen bestätigt sein müssen.
|
12.Ist allein vorsätzliches Handeln strafbar? | Nein. Nach § 264 Abs. 4 StGB wird auch ein leichtfertiges Handeln unter Strafe gestellt und somit demjenigen, der staatliche Leistungen in Anspruch nimmt, erhöhte Sorgfaltspflichten auferlegt. Anders als im Steuerstrafrecht (§ 378 AO) verbleibt es bei einer Straftat. |
13.Was versteht man unter Leichtfertigkeit? | Nach Ansicht des BGH (9.11.84, 2 StR 257/84, NStZ 85, 319) handelt leichtfertig, wer sich eine ihm aufdrängende Möglichkeit des Erfolgseintritts durch besonderen Leichtsinn oder aus besonderer Gleichgültigkeit außer Acht lässt. Dies ist etwa der Fall, wenn jemand die Vorarbeiten eines im Subventionsverfahren unerfahrenen Mitarbeiters ungeprüft übernimmt (OLG Hamburg 3.1.84, 2 Ws 459/83, NStZ 84, 219). Regelmäßig dürften an die Prüfungs- und Nachforschungspflichten im Bereich der Wirtschaftssubvention höhere Anforderungen gestellt werden als im Bereich der Sozial- und Künstlersubvention. |
14.Wer kann tauglicher Täter sein? | Jedermann, da zumindest § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht als Sonderdelikt ist. Daher kann Täter auch jeder durch den Subventionsnehmer eingeschaltete Dritte sein, der im Subventionsvergabeverfahren Angaben für den Subventionsnehmer macht. Der Täterkreis erstreckt sich damit auch auf Steuerberater und sonstige Angestellte eines Unternehmens, sofern sie nicht allein im Innenverhältnis tätig werden und sie ihre Tätigkeit selbstständig wahrnehmen. Die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme erfolgt nach den allgemeinen Regeln, wobei zu beachten ist, dass eine Beihilfe zu einem fahrlässigen Subventionsbetrug gemäß § 264 Abs. 4 StGB rechtlich nicht möglich ist. |
15.Kann eine Strafbarkeit nach wahrheitswidriger Angabe noch verhindert werden? | Ja. In § 264 Abs. 5 StGB ist die „Tätige Reue“ als Strafaufhebungsgrund normiert. Die Strafbarkeit einer unrichtigen Angabe entfällt, wenn der Täter freiwillig die Gewährung der Subvention verhindert. Anders als im Steuerstrafrecht gibt es also keine Möglichkeit für eine zeitlich nachgelagerte strafbefreiende Selbstanzeige i.S. des § 371 AO. |
16.Gibt es eine Anzeigepflicht staatlicher Stellen? | Ja. § 6 SubvG sieht eine - mit § 116 AO vergleichbare - Anzeigepflicht für Gerichte, Bundes- und Landesbehörden sowie für kommunale Träger der öffentlichen Verwaltung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden vor. Diese Verpflichtung besteht schon bei einem Anfangsverdacht nach § 152 Abs. 2 StPO. Zu beachten ist, dass dem Subventionsgeber als Verletztem regelmäßig das Recht auf Akteneinsicht im Strafverfahren gegen den Subventionsnehmer gemäß § 406e StPO zustehen wird, sodass das Strafverfahren auch als Informationsquelle für mögliche Ersatzansprüche in Betracht kommt. |
17.Gilt das Steuergeheimnis nach § 30 AO? | Nach § 31a Abs. 3 AO sind die Finanzbehörden auch ohne Anfangsverdacht befugt - jedoch nicht verpflichtet - den Subventionsgeber zu unterrichten. Der Subventionsgeber darf jedoch die von den Finanzbehörden erlangten Informationen nur unter den Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 Nr. 5b AO an die Strafverfolgungsbehörden weitergeben. Allerdings werden die Voraussetzungen häufig vorliegen (Niedersächsisches FG 12.9.90, II 627/90 V, EFG 91, 436), wofür auch ein systematischer Vergleich mit den Mitteilungspflichten gemäß § 6 SubvG spricht. |
18.Wann beginnt die Verfolgungsverjährung? | Gemäß § 78a StGB beginnt die Verjährung mit Beendigung der Tat. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH 1.2.07, 5 StR 467/06, wistra 07, 217; BGH 21.5.08, 5 StR 93/08, wistra 08, 348) ist nicht auf den Zeitpunkt der Täuschungshandlung abzustellen; maßgeblich ist der Zeitpunkt, zu dem der Subventionsnehmer die letzte Subventionsleistung erhält oder die Subvention endgültig abgelehnt wird. Somit kann der Verjährungsbeginn erst Jahre nach der Tathandlung liegen. |
19.Wird die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO durch einen Subventionsbetrug aufgehoben? | Nach Ansicht des FG Sachsen-Anhalt (24.11.08, 1 K 1415/05, StE 09, 183) nicht. Denn § 173 Abs. 2 AO findet nach dem eindeutigen Wortlaut nur Anwendung, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Eine analoge Anwendung sei nach Ansicht des Gerichts nicht möglich, da eine (unbewusste) Regelungslücke positiv nicht feststellbar sei. |