01.07.2005 | Steuerstrafverfahren
Unangemessene Dauer eines Strafverfahrens bei beruflichen Konsequenzen
Die Angemessenheit der Dauer eines Strafverfahrens bestimmt sich nach den besonderen Umständen und der Komplexität des Einzelfalls, dem Verhalten des Beschuldigten und der Behörden sowie der Bedeutung dessen, was für den Beschuldigten bei dem Verfahren beruflich auf dem Spiel steht (EGMR 20.1.05, Nr. 64387/01, Abruf-Nr. 051219). |
Sachverhalt
Im Oktober 1990 wurde gegen den Beschwerdeführer (B) wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung Strafanzeige erstattet und wenig später ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nachdem das OLG eine erste landgerichtliche Verurteilung aufgehoben hatte, entschied das LG im Juni 1999, dass die Dauer des Verfahrens keine Verfahrenseinstellung rechtfertige, da Verfahren in Wirtschafts- oder Steuerstrafsachen immer zeitaufwändig seien.
Angesichts der Komplexität der Fragestellungen hielt das LG den Ermittlungszeitraum oder die Gesamtverfahrensdauer nicht für übermäßig lang, zumal B sich zu keinem Zeitpunkt in Haft befunden habe. B selbst habe das Verfahren in die Länge gezogen, indem er Revision eingelegt und auf Einholung eines Gutachtens beharrt habe. Auch die Verfassungsbeschwerde im Juni 2000 blieb erfolglos.
Entscheidungsgründe
Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) ist Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verletzt worden. Hiernach hat jede Person ein Recht darauf, dass über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Die Frist beginnt an dem Tag, an dem dem Beschuldigten die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn offiziell mitgeteilt wird und endet mit der Zustellung der letzten gerichtlichen Entscheidung, vorliegend des Beschlusses des BVerfG.
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