01.03.2006 | Steufa-Praxis
Betriebsprüfung in der Rechtsanwaltskanzlei
Der Prüfer hatte ausnahmsweise seine Prüfung in der Anwaltskanzlei vornehmen können, weil einer der beiden Rechtsanwälte im Urlaub war. Zunächst stellte er fest, dass sämtliche Einnahmen der Rechtsanwaltskanzlei ordnungsgemäß verbucht waren. Beiläufig erkundigte sich der Prüfer bei der Rechtsanwaltsgehilfin, mit der er gelegentlich die Mittagspause verbrachte, ob die Kanzlei – wie viele Kanzleien – kein Bargeld annehme. Diese äußerte spontan, dass sehr wohl eine Bargeldkasse vorhanden sei. Gerade von ausländischen Hilfesuchenden in Asylverfahren werde ein Vorschuss als auch die Schlussrechnung meist in bar bezahlt.
Der Prüfer wandte sich umgehend an die Steufa, die einen Anfangsverdacht bejahte und ein Strafverfahren gegen den RA einleitete. Da zu befürchten stand, dass der Beschuldigte Beweismaterial verschwinden lassen könnte, erwirkte die Steufa beim AG einen Durchsuchungsbeschluss, der noch am selben Tag vollzogen wurde. Über die schnelle Reaktion der Finanzverwaltung zeigte sich der Beschuldigte überrascht. Er versuchte zunächst, die Durchsuchung der Praxisräume zu verhindern. Der Hinweis der Beamten, dass man auch die Polizei hinzuziehen könne, überzeugten den Anwalt schnell.
Bei Durchsicht der Kontounterlagen stellten die Fahnder fest, dass nicht alle Eingänge auf den Konten als Erlöse gebucht waren. Der Beschuldigte erklärte, dass er für seine Mandanten kein gesondertes Anderkonto führe und deshalb die Mandantengelder, also Gelder, die eigentlich seinen Mandanten zustünden, auf das betriebliche Konto überweisen lasse. Unter Mitwirkung der Angestellten wurde versucht, die entsprechenden Beträge den einzelnen Mandanten zuzuordnen und deren Weiterleitung nachzuweisen. Dies war jedoch nur in geringem Umfang möglich. Teilweise handelte es sich zwar tatsächlich um Mandantengelder. Diese waren jedoch unter Einbehaltung eines Honorars weitergeleitet worden. Diese Honorare waren aber nicht verbucht worden.
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