22.09.2010 | Strafverfolgungsverjährung
Besonders schwere Fälle: § 370 Abs. 3 AO und die Technik der Regelbeispiele
von RA Sascha Lübbersmann, RAe Ammermann Knoche Boesing, Münster
Der BGH ist in seiner aktuellen Entscheidung vom 28.7.10 (1 StR 332/10, PStR 10, 238, Abruf-Nr. 102933) seiner grundsätzlichen Linie zur Indizwirkung versuchter Regelbeispiele „treu“ geblieben. Die damit einhergehenden Friktionen sowie die besonderen Probleme im Anwendungsbereich des § 370 Abs. 3 AO blieben dabei leider unerwähnt.
1. Ausgangslage - die Zwitterstellung der Regelbeispiele
In zahlreichen Strafvorschriften werden konkrete Erschwerungsmerkmale benannt, die jeweils einen besonders schweren Fall des Grunddelikts und damit die Anwendung des erhöhten Strafrahmens für den Rechtsanwender indizieren (z.B. in § 243 StGB, § 263 Abs. 3 StGB). Kennzeichnend für einen Katalog solcher Regelbeispiele - in Abgrenzung zu echten tatbestandlichen Qualifikationen - ist die einleitende Gesetzesformulierung „Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn …“. Danach kann
- die Annahme des besonders schweren Falls allein mit der Verwirklichung eines benannten Regelbeispiels - ohne Gesamtwürdigung - begründet werden (siehe § 267 Abs. 3 S. 3 StPO (Regelwirkung!),
- diese Regelwirkung aber im Ausnahmefall, bei Vorliegen ganz gewichtiger Strafmilderungsgründe, entkräftet werden (nicht zwingend!),
- aber auch bei Nichtvorliegen der Regelbeispiele ein besonders schwerer Fall wegen unbenannter Straferschwerungsgründe aufgrund einer Gesamtwürdigung angenommen werden (nicht abschließend!).
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