27.05.2009 | Verwertungsverbote
Maßnahmen nach § 100a ff. StPO im steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren
von ORR Steffen Hölzle, Karlsruhe
Der Gesetzgeber hat durch das „Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG“ (21.12.07, BGBl I 07, 3198) und das „Jahressteuergesetz 2008“ (20.12.07, BGBl I 07, 3150) die strafprozessuale Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) neu geregelt. Der Beitrag stellt die wichtigsten Änderungen vor und ordnet sie in den Regelungszusammenhang des § 100a ff. StPO (n.F.), § 370 AO (n.F.) sowie § 113 ff. TKG ein. Insbesondere wird auch auf die Erhebung von Verkehrsdaten nach § 100g StPO eingegangen.
1. Wesentliche Änderungen und rechtliche Voraussetzungen
Der verfassungsrechtlich bedenkliche Tatbestand der gewerbs- oder bandenmäßigen Steuerhinterziehung (§ 370a AO a.F.) ist ersatzlos weggefallen. Die bandenmäßige Begehungsweise findet sich nun in § 370 Abs. 3 Nr. 5 AO als Regelbeispiel einer Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall und ist damit „nur“ Vergehen, wenngleich mit erhöhtem Strafrahmen. § 370 Abs. 3 Nr. 5 AO ist dabei auf die bandenmäßige Hinterziehung von Umsatz- oder Verbrauchssteuern beschränkt. Das wird dann zu Problemen führen, wenn im Sachzusammenhang auch Ertragsteuern verkürzt wurden.
Nach § 100a StPO n.F. kann auf Anordnung des Gerichts (§ 100b StPO n.F.) die Telekommunikation bei Verdacht einer der in § 100a Abs. 2 StPO genannten schweren Straftaten, wenn diese auch im konkreten Einzelfall schwer wiegt und auf andere Weise nur erschwert oder gar nicht ermittelt werden könnte, überwacht und aufgezeichnet werden. Durch § 100a Abs. 2 Nr. 2 StPO werden erstmals auch Straftaten aus der AO in den Anlassstrafenkatalog aufgenommen, die Steuerhinterziehung allerdings ausdrücklich nur unter den Voraussetzungen des § 370 Abs. 3 Nr. 5 AO.
Nach § 100g Abs. 1 S. 1 StPO können die in § 96 Abs. 1 TKG genannten Verkehrsdaten (§ 3 Nr. 30 TKG) auch ohne Wissen des Betroffenen „erhoben“ werden. § 100g StPO n.F. regelt damit im Gegensatz zu § 100a StPO nicht die Aufzeichnung der Inhalte, sondern lediglich bestimmter Verbindungsdaten; der Anwendungsbereich wird insoweit ausgedehnt, als die verfolgte Straftat von erheblicher Bedeutung nicht notwendigerweise im Anlassstrafenkatalog des § 100a Abs. 2 Nr. 2 AO enthalten sein muss. Der Verweis in § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO auf § 100a Abs. 2 StPO ist nämlich - wie schon beim § 100g a.F. - nicht abschließend („insbesondere“). Allerdings muss es sich bei der mit Mitteln des § 100g StPO verfolgten Tat „mindestens um eine Straftat der mittleren Kriminalität“ handeln (Cierniak in Meyer/Goßner, 51. Aufl., 2008, § 100g Rn. 13, § 98a Rn. 5).
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