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  • · Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet

    Durchsuchung der Person

    von Dr. Karsten Webel, LL.M. (Indiana), Hamburg

    | Die Durchsuchung im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens erfolgt, um Beweismittel aufzufinden (Ermittlungsdurchsuchung). Um diesen Zweck zu erreichen können Räume, Sachen oder Personen durchsucht werden. In der Praxis ist festzustellen, dass in den letzten Jahren die Fälle, in denen der Beschuldigte selbst durchsucht wird, deutlich zunehmen. |

     

    Frage des Steuerberaters: Im Rahmen einer Durchsuchung wurde mein Mandant gebeten, seine Taschen „auf links“ zu drehen und sich an die Wand zu lehnen, damit die Fahnder ihn von oben bis unten abtasten konnten. Ist dieses Vorgehen der Steufa in einem Steuerstrafverfahren rechtmäßig?

     

    Antwort des Verteidigers: Zu unterscheiden ist die Durchsuchung der Person ( § 81d StPO ) von der körperlichen Untersuchung der Person ( § 81a StPO ). Bei der Durchsuchung der Person handelt es sich um die aktive Suche nach Beweisgegenständen unter der Kleidung, am Körper und in natürlichen Körperöffnungen des Betroffenen, die ohne medizinische Hilfsmittel einzusehen sind.

     

    Im Gegensatz dazu richtet sich die körperliche Untersuchung des Beschuldigten, bei der z.B. die Beschaffenheit des Körpers durch die Entnahme einer Blutprobe untersucht oder das Vorhandensein von Fremdkörpern in den natürlichen Körperöffnungen geklärt wird, nach § 81a StPO. Sie obliegt einem Arzt und wird im Steuerstrafverfahren in der Regel allenfalls bei verschluckten Beweismitteln relevant.

     

    In der Vergangenheit wurde die Durchsuchung der Person aufgrund der Hemmungen vieler Steuerfahndungsbeamter trotz Anordnung im Durchsuchungsbeschluss meist unterlassen oder nur sehr oberflächlich durchgeführt. Festzustellen ist auch, dass allein das „auf links drehen“ der Taschen sinnlos ist, da einerseits viele Hosen Taschen haben, die sich gar nicht „auf links“ drehen lassen und andererseits schon bei mäßig geschicktem Vorgehen ganze Schlüsselbunde trotzdem ungesehen in der Tasche verbleiben können. In den letzten Jahren setzt insoweit jedoch ein Wandel ein, da die Speichermedien (USB-Sticks, SD-Karten usw.) bei steigendem Speichervolumen immer kleiner werden und darüber hinaus der Gedanken der Eigensicherung der Beamten stärkere Beachtung findet. Folglich sollte die Durchsuchung der Person unter einsatztaktischen Gesichtspunkten nach Bekanntgabe des Verfahrens und Belehrung die erste Durchsuchungshandlung sein.

     

    Bei der Durchsuchung der Person handelt es sich zwar um einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 GG i.V. mit Art. 1 Abs. 1 GG. Die verfassungsrechtlichen Postulate zur Wohnungsdurchsuchung sind auch auf die Durchsuchung der Person übertragbar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein solcher Eingriff in jedem Fall rechtswidrig ist, denn er kann gerechtfertigt sein. In Steuerstrafverfahren geschieht dies meist durch Durchsuchungsbeschlüsse nach § 102 StPO, die neben der Durchsuchung der Wohn- und Nebenräume des Beschuldigten auch die Durchsuchung der ihm gehörenden Sachen, ihm zugänglicher Bankschließfächer, seiner Kraftfahrzeuge und seiner Person anordnen.

     

    Die in § 81d StPO geregelte körperliche Durchsuchung der Person dient insbesondere dem Auffinden von Beweismitteln, die sich in Kleidungsstücken (auch Brieftaschen) befinden oder in die Kleidung eingenäht sind (z.B. Schriftstücke und Schlüssel zu Schließfächern). Die eigentliche, über die abgelegte Kleidung hinausgehende körperliche Durchsuchung soll gemäß § 81d Abs. 1 S. 1 StPO durch eine im Verhältnis zum Betroffenen gleichgeschlechtliche Einsatzkraft erfolgen. Die zu durchsuchende Person ist darüber zu belehren, dass bei berechtigtem Interesse die Untersuchung einer Person oder einem Arzt bestimmten Geschlechts übertragen werden soll. Auf Wunsch der des Betroffenen soll ferner eine weitere Person seines Vertrauens hinzugezogen werden. Gegebenenfalls muss also bis zum Eintreffen der Vertrauensperson gewartet werden, sofern dies in einem vertretbaren zeitlichen Rahmen liegt.

     

    Die Beamten werden in der Regel darum bitten, dass der Betroffene seine Taschen entleert und seine Jacke auszieht. Im übrigen sollte die Person nicht abgetastet, sondern abgestreift werden. Die Durchsuchung der Person wird in der Regel durch zwei oder drei Beamte durchgeführt, wobei einem oder zwei der Beamten dabei eine sichernde Funktion zukommt. Dieses Vorgehen dürfte bei einer „normalen“ Durchsuchung auch in jedem Fall verhältnismäßig sein. Je mehr Zeit der Betroffene zum Verstecken von Beweismitteln hatte (z.B. durch verzögertes Öffnen der Tür) desto genauer wird die körperliche Durchsuchung durchgeführt werden. Es kann also mitunter auch dazu kommen, dass der Beschuldigte gebeten wird, weitere - gegebenenfalls auch alle - Kleidungsstücke abzulegen.

     

    Wurde die Person durchsucht, so ist insoweit der Durchsuchungsbeschluss verbraucht. Eine erneute Durchsuchung der Person ist also nur mit einer neuen Anordnung zulässig, die z.B. wegen Gefahr im Verzug möglich ist, wenn der Beschuldigte während der Durchsuchung Beweismittel an sich nimmt, da in diesem Fall der Verlust der Beweismittel durch Verstecken oder Verschlucken unmittelbar droht.

     

    Im vorliegenden Fall gilt: Wenn die Durchsuchung der Person durch den richterlichen Durchsuchungsbeschluss gedeckt ist, dann sind die Steuerfahnder insoweit verpflichtet, diese Anordnung auszuführen, und im Hinblick auf die Durchsuchung der Person auch gerechtfertigt.

     

    Da der Richter bereits die Angemessenheit der angeordneten Maßnahme prüfte, können die Beamten der Steufa von ihrer Umsetzung nur absehen, wenn sich die Sachlage vor Ort deutlich anders darstellt, als die Sachlage, von der der Richter in seinem Beschluss ausgegangen ist. Wenn beispielsweise vorher nicht bekannt war, dass der Beschuldigte bettlägerig ist, können die Beamten vor Ort entscheiden, die Durchsuchung der Person zu unterlassen. Vorliegend deutet jedoch nichts auf eine unverhältnismäßige Ermittlungsmaßnahme hin, sodass das Vorgehen der Steuerfahnder rechtmäßig war.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2014 | Seite 217 | ID 42644211