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  • · Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet

    Selbstanzeige bei Lohnsteuerhinterziehung

    von RAin Stefanie Schott, FAin StrR, FAin StR, Partnerin der Kanzlei kipper+durth, Darmstadt

    | Hat ein Mandant Mitarbeiter schwarz beschäftigt, wirft die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit über die üblichen, mit der Abgabe einer steuerlichen Selbstanzeige verbundenen Schwierigkeiten hinaus, zahlreiche Probleme auf. |

     

    Frage des Steuerberaters: Ein Mandant hat Mitarbeiter schwarz beschäftigt und deshalb keine Steuern und Sozialabgaben für diese gezahlt. Der Mandant möchte eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben. Genügt es, diese auf die verkürzte Lohnsteuer zu beschränken oder sollten weitere Erklärungen, insbesondere bezüglich der nicht abgeführten Sozialabgaben, abgegeben werden?

     

    Antwort des Verteidigers: Hinsichtlich der Lohnsteuer sind steuerpflichtig i.S. des § 33 AO sowohl der Arbeitgeber, der die Steuer für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und abzuführen hat (§ 38 Abs. 3 S. 1 EStG, § 41a EStG ), als auch der Arbeitnehmer als Schuldner der Lohnsteuer (§ 38 Abs. 2 S. 1 EStG). Sollen Lohnsteuerbeträge in einer strafbefreienden Selbstanzeige nacherklärt werden, stellt sich daher das Problem, wie gegenüber den betroffenen Mitarbeitern vorgegangen wird. Da diese ebenfalls Täter der Lohn- und der sich in der Regel anschließenden Einkommensteuerhinterziehung sind, können auch gegen sie strafrechtliche Verfahren eingeleitet werden. Vermeiden lässt sich das, indem den Mitarbeitern die Abgabe von Selbstanzeigen vor Tatentdeckung ermöglicht wird.

     

    Die Berichtigungserklärung ist in dem Umfang abzugeben, wie sie bei ordnungsgemäßer Erfüllung der steuerrechtlichen Pflichten schon früher hätte abgegeben werden müssen (so z.B. schon BGH 11.11.58, 1 StR 370/58, BGHSt 12, 101). Für den Fall der falschen Lohnsteueranmeldungen genügt daher nach § 41a Abs. 1 EStG grundsätzlich die vollständige Nachmeldung der jeweiligen Summe der für die geltenden Anmeldungszeiträume einzubehaltenden Lohnsteuerbeträge, ohne Aufschlüsselung nach Arbeitnehmern oder Angabe der gezahlten Bruttolöhne (z.B. BGH 5.9.74, 4 StR 369/74, NJW 74, 2293; LG Stuttgart 21.8.89, 10 KLs 137/88, MDR 90, 176).

     

    Da § 371 AO in der aktuellen Version allerdings die vollständige Berichtigung aller unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart verlangt, darf nicht übersehen werden, dass der Arbeitgeber mit der Schwarzbeschäftigung regelmäßig zugleich Beihilfe zur Hinterziehung von Einkommensteuer durch die betroffenen Arbeitnehmer leistet, sofern diese die Beträge nicht in ihrer Einkommensteuerjahreserklärung angeben. Die Lohnsteuer ist lediglich eine besondere Erhebungsform der Einkommensteuer, sodass es sich bei beiden um dieselbe Steuerart handelt. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die Wirksamkeit der Selbstanzeige auch die Offenlegung der einkommensteuerlichen Beihilfetaten voraussetzt. Dies geschieht durch Mitteilung der betroffenen Arbeitnehmer und der an diese gezahlten Bruttolöhne. Da die Abgabe einer gestuften Selbstanzeige zur Unwirksamkeit führt, sind dem FA alle Informationen in einem einheitlichen Schritt mitzuteilen.

     

    Wenn möglich, sollte die Selbstanzeige im Interesse der Arbeitnehmer auch in ihrem Namen abgegeben werden. Der sicherste Weg dazu ist die Einholung von entsprechenden Vollmachten vor Abgabe der Selbstanzeige. Allerdings steigt durch Einbeziehung der Mitarbeiter vor Abgabe der Erklärung die Gefahr der Tatentdeckung und damit der Unwirksamkeit der Selbstanzeige, etwa weil einzelne Mitarbeiter die Behörden bereits vor Einreichung der Selbstanzeige des Unternehmens über die Schwarzbeschäftigung informieren.

     

    Die Abgabe der Erklärung zugunsten eines Dritten ohne ausdrückliche vorausgegangene Bevollmächtigung aber mit dessen mutmaßlichem Willen über die Grundsätze der Geschäftsführung ohne Auftrag ist nach überwiegender Auffassung unwirksam. Soll die Selbstanzeige zunächst nur im Namen des Arbeitgebers abgegeben werden, so kommt nach überwiegender Meinung auch eine verdeckte Stellvertretung dergestalt in Betracht, dass die Arbeitnehmer zwar Vollmachten zur Abgabe der Selbstanzeige erteilen, diese aber nur bei Bedarf offen gelegt werden (näher zur Problematik der Vertretung z.B. Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 Rn. 40 ff.).

     

    Ein weiteres Problem stellt sich dadurch, dass die Höhe der schwarz gezahlten Beträge häufig nachträglich nicht mehr genau feststellbar ist, mit der Folge, dass nur geschätzt werden kann. Das birgt das Risiko einer als unvollständig und aus diesem Grund als unwirksam erachteten Selbstanzeige. Möglichkeiten, dieses Risiko zu minimieren sind einerseits die Einbeziehung der Mitarbeiter zur möglichst genauen Aufklärung der Höhe der Schwarzlöhne sowie andererseits eine großzügige, über das ermittelte Ergebnis hinaus gehende Schätzung.

     

    Neben der Lohnsteuer werden bei Schwarzbeschäftigung regelmäßig auch keine Sozialabgaben abgeführt, mit der Folge einer Strafbarkeit des Arbeitgebers nach § 266a StGB. Eine strafbefreiende Selbstanzeige existiert insoweit nicht. Es droht somit bei Abgabe einer Selbstanzeige bezüglich der verkürzten Lohnsteuer immer ein Strafverfahren wegen des Nichtabführens von Sozialabgaben. In der Praxis lässt sich die Verfahrenseinleitung unter Umständen vermeiden, indem direkt nach Abgabe der steuerlichen Selbstanzeige auch gegenüber den Sozialversicherungsbehörden die verkürzten Beträge nacherklärt und die Nachforderungsbeträge kurzfristig bezahlt werden. Gelingt das nicht, wirkt sich die Selbstanzeige zumindest erheblich strafmildernd aus.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Voraussetzungen zur Abgabe einer Selbstanzeige im Falle der Hinterziehung von Lohnsteuer sind gegenüber den ohnehin schon umfangreichen Voraussetzungen seit Verschärfung der Selbstanzeige noch unübersichtlicher. Insbesondere die Frage, wie mit den betroffenen Mitarbeitern umgegangen werden soll, bedarf genauer Abwägung und gegebenenfalls Planung im Einzelfall. Nicht übersehen werden dürfen die verbundenen Probleme der Beihilfe zur Einkommensteuerhinterziehung durch die Arbeitnehmer und des unterbliebenen Abführens von Sozialabgaben.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 297 | ID 43003464