· Fachbeitrag · Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortet
Zinsen gemäß § 238 AO vielleicht verfassungswidrig ‒ gilt das auch für die Hinterziehungszinsen?
von RAin Dr. Janika Sievert, LL.M. Eur., FAin StrR, FA StR, und RA Alexander Littich, LL.M., FA StrR, FA StR, ECOVIS L+C Regensburg und Landshut
| Der BFH hat mit Beschluss vom 25.4.18 (IX B 21/18, Abruf-Nr. 201148 ) entschieden, dass die in § 238 Abs. 1 S. 1 AO geregelte Höhe von Nachzahlungszinsen von 0,5 % für jeden vollen Monat jedenfalls ab dem VZ 2015 schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Zweifeln begegnet. Diese Entscheidung überrascht, handelt es sich doch bei den Nachzahlungszinsen i.H. von 6 % pro Jahr um eine erträgliche Einnahmequelle des Fiskus. Noch in 2009 hatte das BVerfG entschieden, dass die Zinshöhe verfassungsgemäß sei ( BVerfG 3.9.09, 1 BvR 2539/07, BFH/NV 09, 2115). Auch der BFH hatte mehrfach diese Richtung geäußert (zuletzt BFH 9.11.17, III R 10/16, DStR 18, 465). |
Frage des Steuerberaters: Die aufgrund eines Steuerstrafverfahrens geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2016 sind bereits erlassen. In Kürze wird der Bescheid über Hinterziehungszinsen gemäß § 235 AO erwartet. Der Beschluss des BFH vom 25.4.18 bezieht sich in seinen Ausführungen lediglich auf die Zinshöhe nach § 233a AO i.V. mit § 238 AO. Wie muss ich mich nun in Steuerstrafrechtsfällen und bei bereits erlassenen Steuerbescheiden verhalten? Kann auch mein Mandant damit rechnen, dass die Hinterziehungszinsen reduziert werden?
Antwort des Strafverteidigers: Der BFH hat in dem aktuellen Beschluss ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Zinsen gemäß § 233a AO i.V. mit § 238 Abs. 1 AO geäußert. Vor allem zweifelt der BFH daran, ob die Zinshöhe mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz des § 238 AO überschreite zumindest für den der Entscheidung zugrunde liegenden Zeitraum vom 1.4.15 bis 16.11.17 angesichts des zu dieser Zeit bereits eingetretenen Niedrigzinsniveaus den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich. Dieses Niedrigzinsniveau stelle sich jedenfalls für den Streitzeitraum nicht mehr als eine vorübergehende Zinsschwankung dar. Vielmehr ist das anhaltend niedrige Zinsniveau nach richtiger Ansicht des BFH von struktureller und nachhaltiger Natur. Es fehle an einer sachlichen Rechtfertigung der Zinshöhe ebenso wie an einer nachvollziehbaren Begründung.
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