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  • 10.03.2010 · IWW-Abrufnummer 100727

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 21.01.2010 – 4 K 1507/09

    1) Tatsache i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO sind auch die Lebenssachverhalte, die die Zuständigkeit einer Familienkasse für die Festsetzung von Kindergeld begründen.



    2) Die nachträglich erlangte Kenntnis über die Festsetzung und Zahlung von Kindergeld auch durch eine andere - hierfür zuständige - Familienkasse berechtigt zur Aufhebung der Festsetzung durch die unzuständige Familienkasse gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO, da nach Erlangung der Kenntnis des Sachverhalts deren Kindergeldfestsetzung auf Grund des Monatsprinzips des § 66 Abs. 2 EStG jederzeit hätte aufgehoben werden können und müssen.



    3) Eine Kindergeldfestsetzung kann nach § 174 Abs. 2 AO aufgehoben werden, wenn der Kindergeldberechtigte durch irreführende und unvollständige Angaben die doppelte Festsetzung und Zahlung von Kindergeld durch zwei Familienkassen verursacht hat.



    4) Wer durch irreführende Angaben und die Stellung von Anträgen bei verschiedenen Familienkassen die doppelte Festsetzung und Zahlung von Kindergeld erreicht, erfüllt den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.



    5) Wer die für ihn erkennbare doppelte Zahlung von Kindergeld nicht den beteiligten Familienkassen anzeigt, verletzt die aus § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO und aus § 68 Abs. 1 EStG resultierenden Pflichten und erfüllt den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO.


    FG Rheinland-Pfalz v. 21.01.2010
    4 K 1507/09
    Tatbestand
    Streitig ist, ob die Doppelzahlung von Kindergeld an den Kläger im Zeitraum 1999 - 2003 als Steuerhinterziehung des Klägers beurteilt werden kann.
    Der Kläger war als Beamter bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigt. Nach seinen Angaben ist er seit 1997 als Beamter beurlaubt und als Hauptlokführer bei der DB-AG nichtselbständig tätig. Während die laufenden Gehaltszahlungen von der DB-AG vorgenommen wurden, blieb das durch das Eisenbahnneuordnungsgesetz vom 27. Dezember 1993 ( BGBl 1992 I S. 2378) als nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes geschaffene Bundeseisenbahnvermögen, Dienststelle Mitte in Frankfurt/Main, als Dienstherr des Klägers in seiner Stellung als beurlaubter Beamter für die Familienleistungen und für die Zahlung von Sonderzuwendungen zuständig.
    Am 5. Januar 1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten für seine am 27. Dezember 1997 geborene Tochter T Kindergeld. In dem Antrag erklärte er, dass er von 1980 „bis laufend” im öffentlichen Dienst tätig gewesen sei. Hierzu gab er an, dass sein Dienstherr/Arbeitgeber die DB-AG in Frankfurt/Main sei und dass er dort unter der Personalnummer 6-... geführt werde. Die weiteren Fragen in dem Antragsformular, ob der Kläger bei einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber der Privatwirtschaft tätig sei und ob dieser das Kindergeld an ihn auszahle, beantwortete er durch Ankreuzen der entsprechenden Felder mit „ja” (Bl. 1 Kindergeldakte). Am 9. Januar 1998 übersandte die Beklagte dem Kläger eine Kindergeldbescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber zur Auszahlung des Kindergelds für die Monate Januar - Dezember 1998 (Bl. 50 Kindergeldakte). Mit Verfügung vom 20. Januar 1998 bewilligte die Beklagte Kindergeld ab Dezember 1997 zur Zahlung durch den Arbeitgeber (Bl. 4 Kindergeldakte). Eine entsprechende Bescheinigung für den Arbeitgeber wurde erstellt.
    Am 23. Januar 1998 reichte der Kläger beim Bundeseisenbahnvermögen einen Antrag auf Zahlung von Kindergeld ein. In dem in der Kindergeldakte des Bundeseisenbahnvermögens (Kindergeldakte BEV) abgehefteten Antrag ist hinter der Frage, ob während der letzten 6 Monate vor Einreichung dieses Antrags Kindergeld bezogen oder beantragt worden sei, das Feld „nein” angekreuzt (Bl. 1, 2 Kindergeldakte BEV „Kindergeld”). Dem Antrag war eine Geburtsurkunde beigefügt; die von der Beklagten ausgefertigte Arbeitgeberbescheinigung ist in der Kindergeldakte BEV nicht enthalten. In der Bezügemitteilung 3/98 vom 18. Februar 1998 wies das Bundeseisenbahnvermögen Kindergeldzahlungen für die Monate Dezember 1997 - Februar 1998 aus, zugleich erfolgte der Hinweis, dass für das Kind T Kindergeld von 220,-- DM bis zum 31. Dezember 2015 festgesetzt sei. Der Kläger wurde auf seine Pflicht hingewiesen, Änderungen der für die Kindergeldfestsetzung maßgeblichen Verhältnisse unverzüglich mitzuteilen. In der Folgezeit erstellte das Bundeseisenbahnvermögen bis einschließlich Juni 2006 monatlich Mitteilungen über den Bezug von Kindergeld, danach wurden Bezügemitteilungen nur noch erstellt, wenn sich Änderungen ergaben. Auf den Inhalt der Bezügemitteilungen (Kindergeldakte BEV „Bezügemitteilungen”) wird verwiesen.
    Mit Schreiben vom 20. November 1998 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass er derzeit von seinem Arbeitgeber Kindergeld erhalte. Ab Januar 1999 werde die Familienkasse des Arbeitsamts die Auszahlungen übernehmen. Hierzu wurde der Kläger um Mitteilung seiner Kontoverbindung gebeten. In den Kopfzeilen des Schreibens ist neben dem Namen des Klägers die Kindergeldnummer 511/... der Beklagten aufgedruckt (Bl. 16 Prozessakte). Das beigefügte Formular ging am 3. Dezember 1998 bei der Beklagten ein; hierin erteilte der Kläger die Anweisung, dass das Kindergeld ab Januar 1999 auf das Konto 1... bei der S-Bank überwiesen werden sollte (Bl. 9 Kindergeldakte). Die Beklagte zahlte ab Januar 1999 monatlich Kindergeld für das Kind T auf das angegebene Konto des Klägers aus. Auf diesem Konto gingen neben den Kindergeldzahlungen der Beklagten auch die Gehaltszahlungen der DB-AG sowie die Kindergeldzahlungen des Bundeseisenbahnvermögens ein (vergl. Bl. 43 - 45 Prozessakte). Auf die Aufforderung des Bundeseisenbahnvermögens vom 19. August 2003, die Fortdauer der Anspruchsvoraussetzungen zu belegen, erklärte der Kläger am 28. August 2003, dass das Kind T nach wie vor zu seinem Haushalt gehöre (Kindergeldakte BEV „Kindergeld”).
    Im Rahmen einer Prüfung durch den Bundesrechnungshof wurden im Jahr 2008 die Daten von Kindergeldbeziehern bei den Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit und beim Bundeseisenbahnvermögen abgeglichen. Dabei fiel die Doppelzahlung des Kindergelds an den Kläger auf. Die Beklagte stellte die Kindergeldzahlungen ab September 2008 ein (Bl. 13 Kindergeldakte). Mit Bescheid vom 13. Oktober 2008 hob die Beklagte ihre Kindergeldfestsetzung ab Januar 1999 auf und forderte das für den Zeitraum Januar 1999 - August 2008 von ihr gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 17.167,05 € zurück (Bl. 23 Kindergeldakte).
    Zur Begründung des Einspruchs trug der Klägervertreter vor, dass der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Zeiträume vor 2004 der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegenstehe. Der Kläger sei allerdings dahingehend vergleichsbereit, dass er ohne Anerkennung einer Rechtspflicht das überzahlte Kindergeld für den nicht verjährten Zeitraum zurückzahle (Bl. 38 Kindergeldakte). Eine Steuerhinterziehung habe der Kläger nicht begangen, so dass nicht von einer zehnjährigen Verjährungsfrist auszugehen sei. Es sei nicht korrekt, dass der Kläger sowohl bei der Beklagten als auch bei seinem Arbeitgeber einen Kindergeldantrag gestellt habe. Der Kläger habe mit Datum 20. November 1998 ein Schreiben der Beklagten erhalten, in dem ihm mitgeteilt worden sei, dass er derzeit Kindergeld von seinem Arbeitgeber erhalte. Ab Januar 1999 würden die Auszahlungen von der Familienkasse vorgenommen, hierzu sei der Kläger um Angaben zu seinem Konto gebeten worden. Der Kläger habe diese Angaben an die Beklagte gesandt; er sei davon ausgegangen, dass hiermit alles erledigt sei. Der Kläger habe sich immer an die Anweisungen der Beklagten gehalten. So habe er das für den Arbeitgeber bestimmte Schreiben vom 9. Januar 1998 umgehend seinem Arbeitgeber zugeleitet. Eine Änderung der Verhältnisse habe nicht vorgelegen, so dass der Kläger auch nicht gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen habe. Der Kläger sei von Beginn des Kindergeldbezugs an bei der Deutschen Bundesbahn beschäftigt gewesen; dies sei der Beklagten bekannt. Der Beklagten hätte es freigestanden, eine Bescheinigung über den Arbeitslohn und die Abzüge hiervon zu verlangen. Eine Kopie der Kindergeldbescheinigung der Beklagten vom 9. Januar 1998 wurde in der Anlage zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 16. Dezember 2008 vorgelegt (Bl. 50 Kindergeldakte).
    Die Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 13. März 2009 zurück. Zwar habe der Kläger in seinem Antrag angegeben, bei der DB-AG beschäftigt zu sein. Auf Grund der Privatisierung der DB-AG seien für deren Beschäftigte zu diesem Zeitpunkt in weit überwiegendem Maß die Familienkassen der Arbeitsagenturen zuständig gewesen, lediglich für eine geringe Zahl von Beamten sei die Familienkasse des Bundeseisenbahnvermögens zuständig geblieben. Aus der Antragstellung bei der Beklagten und den Angaben des Klägers in seinem Antrag vom 5. Januar 1998 habe die Beklagte schließen können, dass keine Zuständigkeit des öffentlichen Dienstes vorliege. Da der Kläger nach Angaben des Bundeseisenbahnvermögens dort die Kindergeldbescheinigung vom 9. Januar 1998 nicht vorgelegt habe, sei es auch nicht aufgefallen, dass zwei Familienkassen unabhängig voneinander Kindergeld festgesetzt hätten. Die Festsetzung sei daher auch ab Januar 1999 bestehen geblieben mit dem Unterschied, dass der Kläger von da an auch von zwei Kassen Kindergeld erhalten habe. Rechtsgrundlage der Korrektur sei § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO), die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 37 Abs. 2 AO. Die Festsetzungsfrist betrage nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO 10 Jahre, da eine Steuerhinterziehung gem. § 370 AO vorliege. Der Kläger habe im Januar 1998 einen weiteren Kindergeldantrag bei der Familienkasse seines Dienstherrn gestellt, ohne auf den vorangehenden Antrag bei der Beklagten hinzuweisen. Zudem habe ihm spätestens im Jahr 1999 auffallen müssen, dass er von zwei verschiedenen Stellen Kindergeld erhalte. Das vom Dienstherrn gezahlte Kindergeld sei in der Abrechnung der monatlichen Bezüge aufgeführt, das Kindergeld der Beklagten sei aus den Kontoauszügen ersichtlich. Hinsichtlich des Inhalts der Einspruchsentscheidung im Übrigen wird auf die Aktenausfertigung (Bl. 56 - 61 Kindergeldakte) verwiesen.
    Mit der Klage hält der Klägervertreter den Einwand der Verjährung hinsichtlich der Kindergeldfestsetzungen vor 2004 aufrecht. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 20. November 1998 ergebe sich, dass diese gewusst habe, dass der Arbeitgeber des Klägers zum damaligen Zeitpunkt Kindergeld gezahlt habe. Dem Schreiben sei auch nicht zu entnehmen, dass der Kläger seinem Arbeitgeber hätte Mitteilung machen oder gar den Anspruch überprüfen müssen. Selbst wenn es korrekt wäre, dass der Kläger am 20. Januar 1998 einen Kindergeldantrag bei seinem Arbeitgeber gestellt hätte - was bestritten werde -, so habe die Beklagte für das Jahr 1998 kein Kindergeld zur Auszahlung gebracht, da sie um die Zuständigkeit des Arbeitgebers gewusst habe. Zudem habe der Kläger die Zuständigkeit nicht selbst prüfen können, so dass eine Antragstellung bei beiden potentiell zuständigen Stellen legitim gewesen wäre. Der Kläger habe sich korrekt verhalten. Nur die Mitteilung der Beklagten vom 20. November 1998 habe zur Doppelzahlung des Kindergelds geführt. Diese Umstellung sei allein auf Veranlassung der Beklagten erfolgt. Der Kläger sei selbstverständlich nicht verpflichtet, selbst Nachforschungen über die zuständige Stelle anzustellen. Ein Merkblatt über das Kindergeldverfahren sei in den ordentlich abgehefteten Unterlagen des Klägers nicht vorhanden. Es hätte eine Abstimmung zwischen der Beklagten und dem Arbeitgeber des Klägers stattfinden müssen. Dem Kläger habe es auch nicht zwangsläufig auffallen müssen, dass eine Doppelzahlung seit 1999 vorgelegen habe. Auch wenn der Kläger fahrlässig nicht erkannt haben sollte, dass er doppelt Kindergeld bezogen habe, führe dies nicht zur Annahme einer Steuerhinterziehung. Im Gegensatz dazu sei der Beklagten ein Organisationsverschulden vorzuwerfen, da sie die Zuständigkeiten nicht geprüft und sich nicht mit dem Arbeitgeber abgestimmt habe. Der Beklagten sei auch eine Verletzung der Ermittlungspflicht vorzuwerfen, da der Kläger zutreffend angegeben habe, im öffentlichen Dienst tätig zu sein, zumal die Beklagte selbst vortrage, dass für eine geringe Zahl von Beamten die Familienkasse des Bundeseisenbahnvermögens zuständig geblieben sei. Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2009 ergänzte der Klägervertreter, dass dem Kläger vorgeworfen werde, in dem bei seinem Arbeitgeber gestellten Antrag angekreuzt zu haben, dass er keinen weiteren Kindergeldantrag gestellt habe. Dies sei dem Kläger nicht erklärlich. Zwar sei das entsprechende „nein”-Feld angekreuzt, es sei aber keinesfalls so, dass der Kläger dieses Kreuz gemacht habe. Die Schreibweise sei unterschiedlich zu anderen Kreuzen in dem Antrag. Der Kläger gehe davon aus, dass sein Antrag unvollständig gewesen sei und dass die relevanten Kreuze von einem Mitarbeiter eingefügt worden seien. Der Kläger habe im Antrag vom 5. Januar 1998 auf die Frage, ob er bei einem Arbeitgeber der Privatwirtschaft tätig sei, nicht mit „ja” geantwortet. Allerdings sei auszuführen, dass der Kläger eine Sonderstellung innegehabt habe. Er sei beurlaubter Beamter und Angestellter der DB-AG gewesen; die Angabe sei daher völlig korrekt. Der in dieser Hinsicht sehr gewissenhafte Kläger müsse die Kindergeldbescheinigung der Beklagten seinem Arbeitgeber vorgelegt haben, da dieser ansonsten nicht habe wissen können, welche Beträge er auszuzahlen habe. Dem Kläger hätte auch nicht auffallen müssen, dass er doppelt Kindergeld bezogen habe. Er habe keine schriftlichen Nachweise oder Bescheide von der Beklagten erhalten. Wie diese selbst vortrage, lasse sich der Eingang des Kindergelds nur aus den Kontoauszügen ersehen. Hieraus sei aber nicht zu entnehmen, von wem das Kindergeld gezahlt worden sei, da im Betreff lediglich „Kindergeld” genannt werde. Aus den Verdienstbescheinigungen sei nicht ersichtlich, dass Kindergeld gezahlt worden sei. Bei der Zahlung durch das Bundeseisenbahnvermögen sei auch nicht angegeben, dass es sich um Kindergeld handele, vielmehr stehe auf dem Kontoauszug als Betreff nur „BEV-Dienst. Frankfurt”. Zudem seien die Zahlungen einmal am Monatsende und einmal am Anfang des Monats eingegangen; dies sei dem Kläger nicht aufgefallen, da er sehr viele Einzelpositionen im Monat habe. Auf den Inhalt der in der Anlage vorgelegten Kontoauszüge Nr. 2 Bl. 2 vom 14. Januar 1999 (Buchungsdaten: 7. - 14. Januar 1999) und Nr. 3 Bl. 2 vom 1. Februar 1999 (Buchungsdaten: 22. Januar - 1. Februar 1999) sowie auf die Gehaltsbescheinigung der DB-AG für den Monat Dezember 1997 (Bl. 43 - 45 Prozessakte) wird verwiesen.
    Der Kläger beantragt,
    den Bescheid vom 13. Oktober 2008 über die Aufhebung der Kinderfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeld in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. März 2009 insoweit aufzuheben, als die Festsetzung des Kindergelds für die Zeiträume vor 2004 aufgehoben und das für diese Zeiträume ausgezahlte Kindergeld zurückgefordert wird.
    Die Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Sie verweist zur Begründung auf ihre Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass der Kläger in seinem Kindergeldantrag die Frage, ob er im öffentlichen Dienst beschäftigt sei, mit „ja, bei DB-AG” beantwortet, gleichzeitig aber angegeben habe, dass er bei einem Arbeitgeber der Privatwirtschaft beschäftigt sei und dass die Auszahlung des Kindergelds über diesen erfolgen solle. In den Jahren 1996 - 1998 seien inländische Arbeitgeber der Privatwirtschaft gesetzlich verpflichtet gewesen, ihren Arbeitnehmern das Kindergeld mit dem Lohn bzw. Gehalt auszuzahlen. Nach den Angaben des Klägers in seinem Kindergeldantrag habe auch sein Arbeitgeber zu diesem Kreis gehört. Es habe zu diesem Zeitpunkt keine Veranlassung bestanden, an der Richtigkeit dieser Angabe zu zweifeln. Der Kläger habe die ihm erteilte Kindergeldbescheinigung vom 9. Januar 1998 seinem Dienstherrn nicht vorgelegt. Hätte er dies getan, wäre schon damals die Doppelfestsetzung festgestellt worden. Nach der Änderung des § 73 Einkommensteuergesetz (EStG) ab Januar 1999 sei die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit wieder für die Auszahlung des Kindergelds zuständig geworden. Damit die Kindergeldzahlungen rechtzeitig aufgenommen werden konnten, seien die Kindergeldberechtigten um Angabe des Kontos gebeten worden, auf das das Kindergeld überwiesen werden sollte. Der Kläger habe auf dieses Anschreiben hin seine Kontoverbindung mitgeteilt. Ab Januar 1999 habe der Kläger Kindergeld von 2 Familienkassen erhalten, was ihm hätte auffallen müssen. Eine Steuerhinterziehung i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begehe, wer gegenüber den Familienkassen unrichtige oder unvollständige Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen mache und dadurch Steuern verkürze oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlange. Unter § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO würden alle Begehungsdelikte subsumiert; hierzu gehörten auch die Fälle, in denen 2 Anträge auf Kindergeld gestellt worden seien. Derjenige, der die Familienkassen pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lasse, begehe ebenfalls eine Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Hierzu gehörten alle Unterlassungsdelikte, wie z.B. die Unterlassung der Mitteilung, dass zweimal Kindergeld bezogen werde.
    Auf Anforderung des Gerichts legte das Bundeseisenbahnvermögen die dort geführte Kindergeldakte, die Akte über den Orts- und Familienzuschlag sowie die Bezügemitteilungen von Dezember 1997 - Juni 2009 vor.
    Gründe
    Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte konnte die Festsetzung des Kindergelds ab Januar 1999 aufheben. Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten; die Festsetzungsfrist beträgt nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO 10 Jahre, da der Kläger eine Steuerhinterziehung gem. § 370 Abs. 1 AO begangen hat.
    1) Nach § 64 Abs. 1 EStG wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. Diese Regelung bedeutet auch, dass das Kindergeld für ein und dasselbe Kind nicht mehrfach gewährt wird (vergl. Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BStBl 1999 II S. 231). Das Kindergeld wird gem. § 70 Abs. 1 EStG von den Familienkassen festgesetzt. Im Zeitraum von 1996 bis 1998 war durch § 73 EStG in der damals gültigen Fassung die Auszahlung des von der Familienkasse festgesetzten Kindergelds für Arbeitnehmer auf deren Arbeitgeber verlagert, wenn diese der Privatwirtschaft angehören; hierzu wurde von der Familienkasse eine Bescheinigung über die Festsetzung und die Höhe des auszuzahlenden Kindergelds zur Vorlage beim Arbeitgeber erstellt. Nach der Aufhebung dieser Regelung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999 vom 19. Dezember 1998 ( BGBl 1998 I S. 3779) oblag die Auszahlung des Kindergelds wieder - wie zuvor - der Familienkasse. Für Kindergeldberechtigte, die u.a. in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, ist (und war bereits während des gesamten streitigen Zeitraums) gem. § 72 Abs. 1 EStG für die Festsetzung und Zahlung des Kindergelds die ihn beschäftigende öffentlich-rechtliche Körperschaft zuständig. Sind die Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 EStG erfüllt, sind Art und Umfang, der im öffentlichen Dienst ausgeübten Tätigkeit ohne Belang; unerheblich ist, ob tatsächlich Dienstbezüge oder Arbeitsentgelt gezahlt werden. Die Regelung des § 72 EStG erfasst daher auch Angehörige des öffentlichen Dienstes, die unter Fortfall ihrer Bezüge beurlaubt sind (vergl. Felix, Kindergeldrecht, § 72 Rz. 13). Da der Kläger beurlaubter Beamter war, bestand nach der Geburt seiner Tochter hinsichtlich der Kindergeldfestsetzung und -zahlung eine alleinige Zuständigkeit des Bundeseisenbahnvermögens, bei dem er als beurlaubter Beamter geführt wurde. Eine Zuständigkeit der Beklagten war nicht gegeben.
    2) Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung durch die Beklagte ist § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer - in diesem Fall zu einer geringeren Steuervergünstigung - führen. Tatsache i.S. dieser Vorschrift ist jeder Lebensvorgang, der insgesamt oder teilweise den gesetzlichen Steuertatbestand oder ein einzelnes Merkmal dieses Tatbestands erfüllt (vergl. Loos in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, § 173 Tz. 2), es kann sich um Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art handeln (vergl. Rüsken in Klein, AO, § 173 Rz. 21). Diese Tatsachen müssen rechtserheblich sein; an einer Änderungsvoraussetzung nach § 173 AO fehlt es daher, wenn die Finanzbehörde auch bei Kenntnis der betreffenden Tatsache im Zeitpunkt der ursprünglichen Festsetzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu keiner anderen als der tatsächlich getroffenen Entscheidung gekommen wäre. Eine Änderung der Festsetzung ist nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn der Finanzbehörde die ihr nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen bei ordnungsgemäßer Erfüllung der ihr obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wären. Eine Berufung auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflichten ist dem Steuerpflichtigen allerdings verwehrt, wenn er selbst hinsichtlich der betreffenden Tatsache seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen ist, insbesondere den relevanten Sachverhalt in seiner Erklärung nicht richtig, vollständig und deutlich dargestellt hat. Bei einem Zusammentreffen von Verstößen gegen die Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen einerseits und gegen die Amtsermittlungspflicht der Behörde andererseits ist eine Änderung nach § 173 AO nur dann ausgeschlossen, wenn nach Abwägung der beiderseitigen Pflichtverletzungen die der Behörde deutlich überwiegt. Dabei ist zu beachten, dass die Verantwortlichkeit in der Regel den Steuerpflichtigen trifft, wenn er bewusst einen Irrtum hervorgerufen hat. Auf die Richtigkeit seiner Erklärung kann die Behörde im Allgemeinen vertrauen (vergl. Rüsken in Klein, AO, § 173 Rz. 80, 81, 85, 86 m.w.N.).
    Im vorliegenden Fall war der Beklagten im Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Kindergeldfestsetzung ab Dezember 1997 nicht bekannt, dass der Kläger bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn als beurlaubter Beamter geführt wurde. Diese Tatsache ist ihr erst auf Grund der Prüfungsfeststellungen des Bundesrechnungshofs im Jahr 2008 und damit nachträglich i.S.d. § 173 AO bekannt geworden. Die Tatsache ist auch rechtserheblich. Zwar hat sie keine Relevanz für die Beurteilung der materiellen Voraussetzungen der Kindergeldfestsetzung und der Höhe des Kindergelds, wohl aber für die Frage, ob durch die Beklagte überhaupt eine Kindergeldfestsetzung erlassen werden durfte. Bei Kenntnis der Tatsache, dass der Kläger als beurlaubter Beamter beim Bundeseisenbahnvermögen geführt wurde, hätte die Beklagte ihre Unzuständigkeit erkannt und nicht selbst eine Kindergeldfestsetzung vorgenommen, sondern den Kläger darauf verwiesen, einen Antrag bei dem für ihn zuständigen Bundeseisenbahnvermögen zu stellen. Der Kläger kann auch nicht darauf verweisen, dass die Beklagte hinsichtlich der Feststellung der Zuständigkeitsvoraussetzungen gegen ihr obliegende Ermittlungspflichten verstoßen habe und deshalb nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an einer Aufhebung der Festsetzung gehindert wäre. In seinem Antrag bei der Beklagten hat der Kläger keine Angaben gemacht, die Zweifel an der Zuständigkeit der Beklagten hätten wecken müssen. Zwar hat er angekreuzt, im öffentlichen Dienst tätig gewesen zu sein, aber als Arbeitgeber hat er die DB-AG angegeben, die - obwohl die Anteile insgesamt vom Staat gehalten werden - der Rechtsform nach eindeutig eine Gesellschaft des Privatrechts darstellt, woraus nach der damals gültigen Rechtslage gem. § 73 EStG die Zuständigkeit der Beklagten für die Festsetzung und die Zuständigkeit der DB-AG für die Auszahlung des Kindergelds hervorging. Die entscheidende Angabe, dass er nach wie vor als beurlaubter Beamter beim Bundeseisenbahnvermögen geführt wurde und deshalb im öffentlichen Dienst tätig war, hat der Kläger verschwiegen. Statt dessen hat er den durch die Bezeichnung der DB-AG als Arbeitgeber erweckten Eindruck durch die insoweit eindeutigen Antworten auf die Fragen, ob er bei einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber der Privatwirtschaft beschäftigt sei und ob dieser das Kindergeld auszahle, bestärkt. Der Einwand des Klägervertreters in seinem Schriftsatz vom 27. Juli 2009, dass der Kläger auf die Frage nach einem Arbeitgeber der Privatwirtschaft nicht mit „ja” geantwortet habe, wird durch die Kreuze in den Felder „ja” auf die beiden unter Punkt 12 des Antragsformulars widerlegt (Bl. 1 Rückseite Kindergeldakte). Der Aussagewert des Kreuzchens im Feld „ja” nach der Frage, ob eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst vorgelegen habe, wurde durch die weiteren, klar auf einen Arbeitgeber der Privatwirtschaft weisenden Angaben und insbesondere das Verschweigen des tatsächlich vorhandenen öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers derart vermindert, dass die Beklagte ohne weitere Ermittlungen davon ausgehen konnte, dass ihre Zuständigkeit für die Kindergeldfestsetzung und -zahlung bestand. Selbst wenn man davon ausginge, dass trotz der eindeutigen weiteren Angaben das Kreuzchen hinter der Frage nach der Beschäftigung im öffentlichen Dienst Nachfragen der Beklagten hätte auslösen können, würde die bewusste Irreführung auf Seiten des Klägers den möglichen Verstoß gegen die Ermittlungspflicht der Beklagten bei Weitem überwiegen.
    Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung kann auch insoweit auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützt werden, als der Beklagten erst nachträglich bekannt geworden ist, dass zeitlich nach ihrer Kindergeldfestsetzung der Kläger auch beim Bundeseisenbahnvermögen einen Antrag auf Kindergeld eingereicht hatte und dadurch auch von dieser - tatsächlich zuständigen - Stelle eine Kindergeldfestsetzung und laufende Zahlungen ab Dezember 1997 erlangt hatte. Da die Festsetzung des Kindergelds auf Grund des nach § 66 Abs. 2 EStG geltenden Monatsprinzips ein teilbarer Verwaltungsakt ist und somit einen Anspruch für jeden Monat umfasst, kann sie für jeden einzelnen Monat aufgehoben oder geändert werden (vergl. BFH-Urteil vom 26. Juli 2001 VI R 163/00, BStBl 2002 II S. 174; BFH-Beschluss vom 28. Oktober 2005 III B 107/05, BFH/NV 2006, 549). Bei Kenntnis der Antragstellung beim Bundeseisenbahnvermögen sowie der Kindergeldfestsetzung durch diese Stelle hätte die Beklagte, die von ihr selbst vorgenommene Kindergeldfestsetzung aufheben können und müssen; hierbei kann es dahingestellt bleiben, ob diese Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO oder nach § 70 Abs. 2 EStG erfolgt wäre. Die Aufhebung der Festsetzung hätte jederzeit, auch schon vor Ende des Jahres 1998 und damit vor Aufnahme der Zahlungen durch die Beklagte erfolgen können.
    3) Schließlich ermöglicht auch § 174 Abs. 2 AO die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung (vergl. Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2009 15 K 37/09 Kg, EFG 2009, 1519; Urteil des Finanzgerichts Köln vom 17. September 2009 10 K 4058/08, n.v., JURIS). Nach dieser Vorschrift ist ein fehlerhafter Steuerbescheid aufzuheben oder zu ändern, wenn ein bestimmter Sachverhalt in unvereinbarer Weise mehrfach zu Gunsten eines Steuerpflichtigen berücksichtigt worden ist. Eine Änderung des fehlerhaften Bescheids ist allerdings nur dann möglich, wenn die Berücksichtigung des Sachverhalts auf einen Antrag oder eine Erklärung des Steuerpflichtigen zurückzuführen ist. Hat der Steuerpflichtige durch eine objektiv falsche Darstellung des Sachverhalts die ihn begünstigenden widerstreitenden Festsetzungen veranlasst, verdient er im Hinblick auf die Bestandkraft des Steuerbescheids keinen Vertrauensschutz (vergl. BFH-Urteil vom 22. September 1983 IV R 227/80, BStBl 1984 II S. 510). Im vorliegenden Fall ist die fehlerhafte doppelte Festsetzung des Kindergeldes darauf zurückzuführen, dass der Kläger nicht nur beim insoweit tatsächlich für ihn zuständigen Bundeseisenbahnvermögen, sondern auch bei der Beklagten einen Antrag auf Kindergeld gestellt hat. Dass er in dem bei der Beklagten gestellten Antrag hinsichtlich seiner Stellung als beurlaubter Beamter und damit auch der Möglichkeit, bei dem für ihn zuständigen Bundeseisenbahnvermögen einen Kindergeldantrag zu stellen, irreführende Angaben gemacht und notwendige Angaben verschwiegen hat, wurde bereits erörtert. Bereits die Tatsache, dass der Kläger überhaupt einen weiteren Antrag beim Bundeseisenbahnvermögen gestellt hatte, zeigt nach Auffassung des Senats, dass der Kläger gezielt eine Doppelzahlung des Kindergelds anstrebte. Hierauf weist weiter hin, dass dem Antrag die zuvor von der Beklagten erstellte Bescheinigung für den Arbeitgeber nicht beigefügt war und ihre Existenz nicht erwähnt wurde; dem Antrag beigefügt war allein die Geburtsurkunde der Tochter des Klägers als einziger in diesem Fall für die Bearbeitung eines Neuantrags erforderlicher Nachweis. Nach Auffassung des Senats bestehen auch keine Zweifel daran, dass der Kläger die zuvor erfolgte Antragstellung bei der Beklagten nicht nur verschwiegen, sondern bewusst verneint hat. Den Einwand des Klägervertreters, dass das Kreuzchen im Feld „nein” hinter der entscheidenden Frage, ob während der letzten Monate für die Tochter des Klägers Kindergeld beantragt worden sei, nicht vom Kläger stamme, wertet der Senat als Schutzbehauptung. Eine auf einen anderen Urheber hinweisende abweichende Schreibweise der Kreuzchen vermag der Senat nicht zu erkennen; zwar weist das hier relevante Kreuz einen Verbindungsstrich zwischen den oberen Enden der Einzelstriche auf, Ansätze eines solchen Verbindungsstrichs sind aber auch bei den meisten anderen Kreuzen in dem Antrag zu erkennen. Hinweise darauf, dass ein anderes Schreibgerät verwandt wurde, sind nicht ersichtlich. Der Senat ordnet die durch das Ankreuzen des entsprechenden Feldes getroffene Aussage, dass anderweitig kein Kindergeldantrag gestellt worden sei, vor allem aber deshalb dem Kläger zu, da das Feld „ja” nicht angekreuzt ist. Bei wahrheitsgemäßem Ausfüllen des Antrags hätte der Kläger dieses Feld ausfüllen müssen. Dass er die Eintragung gerade in diesem Feld versehentlich unterlassen hätte, erscheint nicht glaubhaft, da in dem inhaltlich überschaubaren Antrag alle übrigen erforderlichen Angaben, meist durch Ankreuzen der entsprechenden Felder, gemacht wurden. Zudem wurden auch auf die weiterführenden Fragen, insbesondere die nach der Stelle, bei der bereits Kindergeld beantragt worden war, keine Eintragungen vorgenommen. Die Doppelfestsetzung und -zahlung ist damit ursächlich allein auf die beiden Anträge des Klägers und sein pflichtwidriges Verschweigen dieser Tatsache zurückzuführen.
    4) Die Kindergeldfestsetzung konnte bereits ab Januar 1999 aufgehoben werden, da auch für die Zeit vor 2004 Festsetzungsverjährung nicht eingetreten ist. Nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO verlängert sich die normale Festsetzungsfrist für Steuern und Steuervergütungen (4 Jahre gem. § 169 Abs. 2 S. 1 AO) auf 10 Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen worden ist. Diese Voraussetzung liegt vor. Nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO begeht eine Steuerhinterziehung, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt oder einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil erlangt. Wie bereits dargestellt, hat der Kläger gegenüber der Beklagten irreführende Angaben gemacht und dadurch die Festsetzung und - ab Januar 1999 - auch die Auszahlung von Kindergeld durch die für ihn nicht zuständige Beklagte veranlasst. Zudem hat er durch den zweiten, beim Bundeseisenbahnvermögen gestellten Antrag eine weitere Kindergeldfestsetzung erreicht, so dass er ab Januar 1999 unberechtigterweise für ein und dasselbe Kind zweimal Kindergeld bezog. Der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist damit gegeben.
    Außerdem ist durch das Verhalten des Klägers auch der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllt, nach dem ebenfalls eine Steuerhinterziehung begeht, wer die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt und dadurch ungerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Der Kläger hatte durch seine bei zwei verschiedenen Stellen eingereichten Kindergeldanträge die Grundlage für die unberechtigte, ihn begünstigende Doppelfestsetzung des Kindergelds geschaffen. Er hätte nach der Antragstellung beim Bundeseisenbahnvermögen in Erfüllung seiner in § 68 Abs. 1 S. 1 EStG normierten Mitwirkungspflicht die Beklagte informieren müssen, dass er bei der für ihn tatsächlich zuständigen Stelle einen weiteren Kindergeldantrag gestellt habe und dass er deshalb den bei der Beklagten gestellten Antrag zurücknehme bzw. das dieser Antrag erledigt sei. Dies hat er nicht getan. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausginge, dass ihm die Folgen seiner doppelten Anträge im Jahr 1998 noch nicht bewusst gewesen wären - der Senat geht allerdings davon aus, dass er bereits bei Antragstellung gezielt auf eine Doppelzahlung hingewirkt hat -, wäre auch für ihn durch die Doppelzahlung des Kindergelds ab Januar 1999 unübersehbar geworden, dass seine beiden Anträge zu ungerechtfertigten doppelten Kindergeldzahlungen führten. Die Pflicht zur Korrektur seiner zu der Doppelfestsetzung und -zahlung führenden Angaben in den Anträgen bei der Beklagten und dem Bundeseisenbahnvermögen ergibt sich aus § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO. Zudem war der Kläger gem. § 68 Abs. 1 EStG verpflichtet, alle Änderungen der für die Kindergeldleistung erheblichen Verhältnisse unverzüglich anzuzeigen; dass die unberechtigte Doppelzahlung von Kindergeld hiernach anzeigepflichtig war, bedarf nach Auffassung des Senats keiner weiteren Erörterung. Diese Pflichten zur Korrektur seiner doppelten Antragstellung hat der Kläger verletzt. Die Behauptung des Klägers, dass er - über einen Zeitraum von nahezu 10 Jahren - nicht bemerkt habe, dass er doppelt Kindergeld bezog, konnte den Senat nicht überzeugen. Die Zahlungen der Beklagten und des Bundeseisenbahnvermögens gingen auf dasselbe Konto des Klägers; der sich monatlich wiederholende Eingang von jeweils 2 betragsidentischen Gutschriften auf diesem Konto konnte dem Kläger nicht verborgen bleiben. Sein Einwand, dass er die Doppelzahlung dennoch nicht bemerkt habe, da jeweils die eine Zahlung am Monatsanfang, die andere am Monatsende eingegangen sei, übergeht bereits, dass damit zwangsläufig die Zahlung der einen Familienkasse zum Monatsende in unmittelbarer Nähe der Zahlung der anderen Kasse zum Monatsanfang lag und damit ohne weiteres erkennbar war. Dass eine unübersichtlich große Anzahl von Buchungen auf den Kontoauszügen die Erkennbarkeit gemindert hätte, ist angesichts von 17 Buchungen in einem Zeitraum von 16 Tagen (s. Kontoauszüge Bl. 43 und 45 Prozessakte) nicht nachvollziehbar, zumal Habenbuchungen auf einem Gehalts-Girokonto wie dem des Klägers in der Regel deutlich seltener als Sollbuchungen sind. Nach Auffassung des Senats bestehen auch keine Zweifel daran, dass dem Kläger klar war, dass sowohl die Zahlungen der Beklagten als auch die des Bundeseisenbahnvermögens Kindergeld für ein und dasselbe Kind beinhalteten. Aus den vom Kläger vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich, dass als Betreff der Zahlungen der Beklagten neben der bereits auf der Kindergeldbescheinigung vom 9. Januar 1998 ausgewiesenen Kindergeldnummer auch die Bezeichnung „Kindergeld” aufgeführt war. Zwar hat der Kläger darauf hingewiesen, dass die Überweisungen des Bundeseisenbahnvermögens keine direkt auf Kindergeldzahlungen weisende Betreffangabe enthielten. Die Zweckbestimmung dieser Zahlungen ergab sich für den Kläger aber eindeutig aus den vom Bundeseisenbahnvermögen monatlich (bis einschließlich Juni 2006) erstellten Gehaltsmitteilungen, in denen jeweils unmissverständlich und ausführlich darauf hingewiesen wurde, dass die Zahlungen dieser Stelle Kindergeld für seine Tochter T betrafen. Bezeichnender Weise hat der Kläger zwar eine Gehaltsmitteilung der DB-AG für den Dezember 1997 vorgelegt, nicht aber die zahlreichen Gehaltsmitteilungen des Bundeseisenbahnvermögens, als er - noch im gerichtlichen Verfahren - vortragen ließ, dass aus den Verdienstbescheinigungen nicht zu ersehen sei, dass er Kindergeld von seinem Arbeitgeber erhalten habe.
    Zur Überzeugung des Senats steht auch fest, dass der Kläger hinsichtlich beider Varianten der Steuerhinterziehung vorsätzlich gehandelt hat. Er hat im Antrag bei der Beklagten teils unvollständige, teils falsche Angaben gemacht und damit die Festsetzung des Kindergeldes durch die Beklagte erreicht. In seinem Antrag beim Bundeseisenbahnvermögen hat er die gebotenen Hinweise auf den zuvor bei der Beklagten gestellten Antrag unterlassen. Das Gericht geht davon aus, dass dem Kläger bekannt war, dass er nur bei einer Stelle, dem Bundeseisenbahnvermögen, Kindergeld beantragen konnte. In beiden Anträgen hat er durch seine Unterschrift bestätigt, jeweils ein Merkblatt über Kindergeld erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben; ob ein solches noch in den angeblich ordentlich abgehefteten Unterlagen des Klägers vorhanden ist, ist ohne Belang. Für den Senat stellt sich das Verhalten des Klägers als zielgerichtet auf die Erlangung einer unberechtigten Doppelzahlung dar. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger auch versucht hat, dieses Ziel bereits im Jahr 1998 durch Vorlage der Kindergeldbescheinigung der Beklagten bei seinem Arbeitgeber DB-AG zu erreichen. Die vom Kläger vorgelegte Gehaltsbescheinigung dieses Arbeitgebers steht dieser Möglichkeit jedenfalls nicht entgegen, da sie nicht aus der Mitte des Jahres 1998 stammt, sondern den Zeitraum Dezember 1997 betrifft und im Januar 1998 erstellt wurde, somit bereits bevor die Kindergeldbescheinigung der Beklagten sich auf die Zahlungen des Arbeitgebers hätte auswirken können. Spätestens im Januar 1999 trat die mit den doppelten Anträgen bezweckte Doppelzahlung ein, veranlasst einerseits durch eine Änderung der Gesetzeslage hinsichtlich der Zahlungsmodalitäten, andererseits durch die Anweisung des Klägers, die angekündigten Kindergeldzahlungen durch die Beklagte auf ein bestimmtes Konto zu leiten. Da der Kläger bereits zuvor Kindergeldzahlungen vom Bundeseisenbahnvermögen erhalten hatte, dem er die Kindergeldbescheinigung der Beklagten nicht vorgelegt hatte, musste ihm klar sein, dass deren Kindergeldzahlungen nicht auf der für den Arbeitgeber bestimmten Kindergeldbescheinigung der Beklagten beruhte und dass er mit seiner Auszahlungsanweisung endgültig den Weg zu einer Doppelzahlung ebnete.
    Ab Januar 1999 wurde jeden Monat durch den Eingang von 2 betragsidentischen und eindeutig als Kindergeld für die Tochter des Klägers zu identifizierenden Beträgen klar, dass unberechtigt doppelt Kindergeld vereinnahmt wurde und dass die Pflicht zur Korrektur dieses Sachverhalts bestand. Dass der Kläger nicht nur stillschweigend gegen diese Pflicht verstoßen und lediglich billigend in Kauf genommen hat, dass er unberechtigte Zahlungen erhielt, sondern dass es ihm gerade darauf ankam, diesen Zustand aufrecht zu erhalten, zeigt sich deutlich in seiner Antwort auf die Anfrage des Bundeseisenbahnvermögens vom 19. August 2003, in der der Kläger zwecks Erlangung der Fortzahlung des Kindergelds auch durch diese Stelle die Fortdauer der Haushaltszugehörigkeit seiner Tochter bestätigte.
    5) Wie in der Einspruchsentscheidung der Beklagten ausgeführt, sind die für die Zeiträume ab Januar 1999 gezahlten Kindergeldbeträge gem. § 37 Abs. 2 AO vom Kläger zu erstatten, da der rechtliche Grund der Zahlung durch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung entfallen ist. Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
    6) Die Kostenentscheidung folgt § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
    Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Art nicht vorliegen.

    RechtsgebieteAO, EStGVorschriftenAO § 37 Abs. 2 AO § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO § 169 Abs. 2 Satz 2 AO § 174 Abs. 1 Nr. 1 AO § 174 Abs. 2 AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO § 370 Abs. 1 Nr. 2 EStG § 64 Abs. 1 EStG § 66 Abs. 2 EStG § 68 Abs. 1 EStG § 70 Abs. 2 EStG § 72 Abs. 1