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  • 20.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120168

    Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg: Beschluss vom 07.11.2011 – OVG 5 N 31.08

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG
    BESCHLUSS
    OVG 5 N 31.08
    VG 23 A 16.07 Berlin
    In der Verwaltungsstreitsache
    XXX
    hat der 5. Senat durch XXX am 7. November 2011 beschlossen:
    Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. April 2008 wird abgelehnt.
    Die Kosten des Zulassungsverfahrens trägt der Kläger.
    Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,- EUR festgesetzt.
    Gründe
    Der auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg. Das Vorbringen des Klägers, das den Prüfungsumfang für das Oberverwaltungsgericht bestimmt, rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht. Maßgebend sind dabei allein die innerhalb der gesetzlichen Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegten Gründe, so dass der klägerische Schriftsatz vom 3. April 2009 nur insoweit Berücksichtigung finden kann, als darin fristgerecht vorgebrachte Gründe näher erläutert werden.
    Gemessen an den Einwendungen des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Vorbringen ist nicht geeignet, einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des angegriffenen Urteils mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage zu stellen.
    1. Die gegen die verwaltungsgerichtlichen Ausführungen zu § 7 Abs. 1 Nr. 2 PaßG gerichteten Einwände des Klägers haben bereits mangels Entscheidungserheblichkeit keinen Erfolg. Denn das Verwaltungsgericht hat es ausdrücklich offen gelassen, ob die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 2 PaßG die Entziehung des Passes trägt.
    2. Die Rügen, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht § 7 Abs. 1 Nr. 4, 1. Alt. PaßG als erfüllt angesehen, dringen ebenfalls nicht durch.
    a) Der Kläger beanstandet zunächst die Annahme des Verwaltungsgerichts, er habe aus vollstreckbaren, nicht offenbar rechtswidrigen Steuerbescheiden gegenüber dem Freistaat Sachsen Steuerschulden in Höhe von insgesamt 435.015,45 € (Forderungsaufstellung des Finanzamtes R_____ vom 15. April 2005 über 147.803,34 sowie Haftungsbescheid für die Körperschafts- und Umsatzsteuerrückstände der M_____ vom 13. März 2003 in Höhe von 287.212,11 €).
    Mit seinem auf die Forderung des Finanzamts R_____vom 15. April 2005 bezogenen Einwand, es bestehe eine Hypothek zu Gunsten des Finanzamtes für seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück B_____ in D_____, verkennt er, dass das Vorhandensein einer etwaigen Sicherheit auf den Grund und die Höhe einer Steuerschuld keinen Einfluss hat. Abgesehen davon ist der Vortrag des Klägers zur Werthaltigkeit seines Immobilienanteils unsubstantiiert, der diesbezüglich in Bezug genommene Prüfungsbericht des Finanzamtes R_____ vom 16. September 2002 veraltet. Im Übrigen hat die Prüfung des Vorhandenseins von Sicherheiten und deren Werthaltigkeit nicht im passrechtlichen Verfahren zu erfolgen, ebenso wie es nicht Aufgabe dieses Verfahrens ist, die Rechtmäßigkeit von Steuerbescheiden und die Richtigkeit der Steuerfestsetzungen der Höhe nach in allen Einzelheiten nachzuprüfen. § 7 Abs. 1 Nr. 4, 1. Alt. PaßG setzt objektiv lediglich voraus, dass sich aus vollstreckbaren, nicht offensichtlich rechtswidrigen Steuerbescheiden das Bestehen erheblicher Steuerrückstände ergibt; eine rechtskräftige Feststellung ist insoweit nicht erforderlich (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. September 2007 - OVG 5 S 56.07 -, juris Rn. 10 m.w.N.).
    Die weiteren, auf den Haftungsbescheid vom 13. März 2003 bezogenen Einwände des Klägers erschüttern ebenfalls nicht die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Mit seinen Ausführungen, das S_____ Finanzgericht habe zwischenzeitlich mit Urteil vom 11. Dezember 2008 - 1 K 144/05 - den Haftungsbescheid geändert, missachtet er, dass das Verwaltungsgericht zutreffend und von ihm nicht angegriffen auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der behördlichen Entscheidung am 29. November 2006 abgestellt hat (zum maßgeblichen Zeitpunkt vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Februar 2007 - OVG 5 S 7.06 -). Es ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nichts dafür ersichtlich, dass der Haftungsbescheid zu diesem Zeitpunkt offenkundig rechtswidrig war. Allein das Ergehen eines finanzgerichtlichen Urteils, mit dem ein Steuerbescheid ganz oder teilweise aufgehoben wird, lässt nicht auf eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des Bescheides zu einem vorhergehenden Zeitpunkt schließen, insbesondere dann nicht, wenn sich - wie vorliegend - die (teilweise) Rechtswidrigkeit (lediglich) aus der fehlerhaften Ausübung des Auswahlermessens bei mehreren Haftungsschuldnern ergibt. Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil zu Recht darauf hingewiesen, dass die Festsetzung der Körperschafts- und Umsatzsteuer für 1998 jedenfalls nachvollziehbar sei, Details wegen fehlender Unterlagen nicht nachprüfbar seien, der Kläger nicht einmal die einschlägigen Steuerbescheide vorgelegt habe und er zudem bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides die aufschiebende Wirkung der Klage durch das S_____ Finanzgericht hätte anordnen lassen können, wovon er jedoch keinen Gebrauch gemacht habe.
    Im Übrigen hat das S_____ Finanzgericht mit Urteil vom 11. Dezember 2008 den Haftungsbescheid vom 13. März 2004 nicht in Gänze aufgehoben, sondern eine Haftungssumme zu Lasten des Klägers in Höhe von 26.431,21 € festgesetzt, was zusammen mit dem aus der Forderungsaufstellung des Finanzamtes R_____ vom 15. April 2005 ersichtlichen Betrag immer noch einen Steuerrückstand von über 170.000,- € ausmacht.
    b) Der Kläger rügt ferner erfolglos die Annahme des Verwaltungsgerichts, er habe sich seinen Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt entziehen wollen.
    Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen eines Steuerfluchtwillens aus der erheblichen Höhe der Steuerrückstände des Klägers, auf die er keine Zahlungen geleistet hatte, sowie aus weiteren Anhaltspunkten, wie der Wohnsitznahme in Argentinien in Kenntnis der Steuerverfahren, der fehlenden Erreichbarkeit in Argentinien und dem Versuch der Ausreise mit dem als gestohlen gemeldeten Pass gefolgert. Diese Feststellungen vermag der Kläger nicht mit Erfolg anzugreifen. Seine Ausführungen zum angeblichen Wohnsitz „_____“ sind unsubstantiiert, entbehren jeglichen Nachweises, stehen mit der Aktenlage nicht in Einklang und erklären nicht die Tatsache, dass es wiederholt nicht gelungen ist, den Kläger unter dieser Anschrift zu erreichen. Auch hat der Kläger sich nicht ansatzweise zu der Tatsache geäußert, dass er anlässlich seines Antrags auf Ausstellung eines vorläufigen Reisepasses bei der Deutschen Botschaft in Buenos Aires im April 2004 die Adresse „_____“ angegeben hatte, unter der er auch noch im März 2005 im örtlichen Telefonbuch verzeichnet war, wobei allerdings an diese Adresse gerichtete Anfragen ebenfalls erfolglos blieben.
    Mit dem Einwand, sein Erscheinen u.a. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zeige seinen fehlenden Steuerfluchtwillen, dringt der Kläger ebenso wenig durch: Abgesehen davon, dass es entscheidend auf den Zeitpunkt der behördlichen Maßnahme ankommt, hat das Verwaltungsgericht zu Recht und vom Kläger unbestritten darauf hingewiesen, dass dieser auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland am 3. März 2008 insbesondere keinen Kontakt mit dem zwischenzeitlich zuständig gewordenen Finanzamt M_____ aufgenommen hatte, seine angebliche Adresse in Hamburg in der mündlichen Verhandlung nur rudimentär mitteilen konnte und zudem in Hamburg nicht gemeldet war.
    Im Hinblick auf den o.g. maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahme ist auch unerheblich, dass das Landgericht Dresden im Jahr 2007 den internationalen Haftbefehl vom 31. Mai 2006 gegen den Kläger aufgehoben hat.
    c) Die gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Verhältnismäßigkeit der behördlichen Ermessensentscheidung gerichteten Rügen, der Passentzug sei „nicht verhältnismäßig bei vorliegendem Sachverhalt“, zudem habe das Finanzamt zwischenzeitlich „ein weiteres Objekt des Klägers“ - ein „Haus in S_____“ - verwertet, sind unsubstantiiert und im Übrigen aus den dargelegten Gründen erfolglos.
    Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
    Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

    RechtsgebietePaßG, VwGOVorschriften§ 7 Abs 1 Nr 2 PaßG, § 7 Abs 1 Nr 4 Alt 1 PaßG, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO