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  • 24.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120419

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 14.12.2011 – 2 K 6/11

    1. Strafverteidigungskosten sind nur dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn die Straftat ausschließlich und unmittelbar aus der betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen erklärbar ist. Fließen die aus einer Beihilfe zur Untreue erlangten Darlehen in Kapitalgesellschaften zum Aufbau der gewerblichen Tätigkeit, so besteht kein unmittelbarer beruflicher oder betrieblicher Zusammenhang zwischen der Straftat und möglichen aus der Beteiligung erzielbaren Einkünften. Vielmehr dienen die erlangten Finanzmittel dem Aufbau des Vermögensstamms und damit einem bei dem Steuerpflichtigen steuerlich nicht erheblichen Vorgang der Vermögenssphäre.


    2. Kosten der Strafverteidigung sind nicht zwangsläufig und damit nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige wegen einer vorsätzlich begangenen Tat verurteilt wird. Zwar entstehen die Kosten in einem solchen Fall als unvermeidbare Folge des prozessrechtlich vorgesehenen Verfahrens; sie sind jedoch - anders als regelmäßig bei einem Zivilprozess - unmittelbare Folge des vermeidbaren, sozial inadäquaten Verhaltens, dass zu der Verurteilung geführt hat. Die Entscheidung eines Steuerpflichtigen, eine Straftat trotz der bekannten Folgen zu begehen, führt dazu, dass das sich realisierte Risiko einer strafrechtlichen Sanktion und die daraus resultierenden Kosten nicht zwangsläufig in dem Sinne erwachsen, dass er sich diesen Kosten nicht von vornherein hätte entziehen können.


    Tatbestand
    Die Kläger begehren die Berücksichtigung der Aufwendungen für die Strafverteidigung des Klägers als Werbungskosten bei seinen Überschusseinkünften oder als außergewöhnliche Belastungen.
    Die Kläger sind verheiratet, ... und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in dem Streitjahr 2007 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit aus einem Beschäftigungsverhältnis bei der A GmbH und in geringem Umfang aus Kapitalvermögen. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbstständiger Arbeit sowie sonstige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. In 2008 erzielte der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie aus Kapitalvermögen, die Klägerin hingegen aus Gewerbebetrieb und nichtselbstständiger Arbeit. Mit den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger Rechtsanwaltskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend, und zwar für 2007 in Höhe von 49.033 € und für 2008 in Höhe von 157.735 €. Zum Nachweis der geltend gemachten Kosten reichten sie eine Rechnung des Rechtsanwalts B vom 24.02.2009 über „Honorar für Verteidigung im Jahr 2007” in Höhe von 40.000,01 € ein. Die Rechnung enthielt den Hinweis „Abgerechnet wurde nach §§ 2, 14 RVG” und „bereits bezahlt”. Zur Einkommensteuererklärung 2008 reichten sie eine Aufstellung über Zahlungen an Rechtsanwalt B in 2008 über insgesamt 69.747,70 € und an Rechtsanwältin C in 2008 über insgesamt 87.995 € ein. Der Kläger ist rechtskräftig wegen Beihilfe zur Untreue in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von ... verurteilt worden.
    Mit Einkommensteuerbescheid vom 13.05.2009 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2007 auf 56.552 € fest. Die geltend gemachten Kosten für die Strafverteidigung des Klägers berücksichtigte der Beklagte nicht, weil die Aufwendungen nicht ausreichend belegt worden seien und ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zu den erzielten Einkünften nicht ausreichend dargelegt worden sei. Mit Einkommensteuerbescheid vom 29.03.2010 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2008 auf 66.468 € fest. In den Erläuterungen führte der Beklagte aus, dass die erklärten Werbungskosten wie schon 2007 nicht berücksichtigt werden könnten.
    Am 22.05.2009 legten die Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 und am 26.04.2010 gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 ein. Die Darlehen, die Gegenstand des Strafverfahrens seien, seien den verschiedenen Gesellschaften des Klägers zugutegekommen, aus denen in 2008 Einkünfte aus Kapitalvermögen geflossen oder sonstige Einkünfte erzielt worden seien. Ein Teil sei auch Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder sei den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen. Es sei schwierig, welcher Anteil der Strafverteidigungskosten als Werbungskosten welchen Einkünften zuzuordnen sei. Im Grundsatz sei der Betrag jedoch insgesamt als abzugsfähig anzusetzen. Zum Nachweis der Aufwendungen reichten die Kläger folgende Rechnungen zur Akte:
    ...
    Alle Rechnungen enthielten den Hinweis „Abgerechnet wurde nach §§ 2, 14 RVG” sowie „bereits bezahlt”. Ferner legten sie eine an Rechtsanwalt B adressierte Rechnung vom 05.11.2007 über 9.033,50 € vor.
    Mit Einspruchsentscheidung für 2007 und Teil-Einspruchsentscheidung für 2008 vom 13.12.2010 wies der Beklagte die Einsprüche - für 2008 ohne Entscheidung über den Umfang der steuerlichen Berücksichtigung des Veräußerungsverlustes gem. §§ 17, 3c Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) - hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten als unbegründet zurück. Im Tenor der Teil-Einspruchsentscheidung war nach der Bezeichnung des nicht entschiedenen Teils in Klammer der Zusatz angefügt: „anhängiges Revisionsverfahrens beim BFH. Az. IX R 31/10”.
    Mit Bescheid vom 31.01.2011 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid für 2008 aus nicht streitgegenständlichen Gründen und setzte die Einkommensteuer auf 60.167 € fest.
    Am 13.01.2011 haben die Kläger Klage erhoben. Zur Begründung führen sie aus, dass die dem Kläger entstandenen Strafverteidigungskosten als Werbungskosten zu berücksichtigen seien, weil die ihm zur Last gelegten Taten in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit begangen worden seien.
    ... (aus Gründen der Anonymisierung gekürzt)
    In dem Strafverfahren sei es um verschiedene Darlehen gegangen, die nach Auffassung des Strafgerichts rechtswidrig erlangt worden seien. Sämtliche Darlehen hätten jedoch beruflichen Zwecken gedient und seien zur Finanzierung von beruflichen Projekten verwendet worden.
    ... (aus Gründen der Anonymisierung gekürzt)
    Sollten die Strafverteidigungskosten nicht als Werbungskosten Berücksichtigung finden, so seien sie wenigsten als außergewöhnliche Belastung in Ansatz zu bringen. Auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12.05.2011 (VI R 42/20) und eine Anmerkung des Vorsitzenden des VI. Senats (NWB 2011, 2433) werde hingewiesen.
    ... (aus Gründen der Anonymisierung gekürzt)
    Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 13.05.2009 und insoweit die Einspruchsentscheidung vom 13.12.2010 sowie den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 31.01.2011 in der Weise zu ändern, dass 2007 Strafverteidigungskosten in Höhe von 49.033 € und in 2008 in Höhe von 157.735 € als Werbungskosten berücksichtigt und die Einkommensteuern 2007 und 2008 entsprechend herabgesetzt werden,
    hilfsweise, den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 13.05.2009 und insoweit die Einspruchsentscheidung vom 13.12.2010 sowie den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 31.01.2011 in der Weise zu ändern, dass 2007 Strafverteidigungskosten in Höhe von 49.033 € und in 2008 in Höhe von 157.735 € als außergewöhnliche Belastungen unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung anerkannt und die Einkommensteuern 2007 und 2008 entsprechend herabgesetzt werden.
    Der Beklagte beantragt, Klage abzuweisen.
    Der Beklagte ist der Auffassung, dass die angegriffenen Steuerbescheide rechtmäßig seien und nimmt Bezug auf die Begründung der Einspruchsentscheidung.
    ... (aus Gründen der Anonymisierung gekürzt)
    Eine Berücksichtigung der Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung komme nicht in Betracht, da nach der bisherigen Rechtsprechung Strafprozesskosten im Falle einer Verurteilung den Charakter einer kraft Gesetzes eintretenden Nebenstrafe hätten. Die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH, Az. IV R 42/10) sei zu Kosten eines Zivilprozesses ergangen. Die Teil-Einspruchsentscheidung für 2008 sei auch in formeller Hinsicht rechtmäßig. Die Ausübung des Ermessens zu Gunsten einer Teil-Einspruchsentscheidung sei mit dem Hinweis auf ein anhängiges Revisionsverfahren ausreichend begründet worden. Diese Entscheidung sei sachdienlich gewesen und habe deshalb keiner ausführlicheren Begründung bedurft. Zudem sei die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit eines Veräußerungsverlustes Gegenstand des vorangegangenen Schriftverkehrs gewesen, so dass der Hinweis auf das beim BFH anhängige Verfahren ausgereicht habe.
    Dem Gericht haben Band III der Einkommensteuerakten und die Rechtsbehelfsakte zu der Steuer Nr. .../.../... vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten, das eingereichte Urteil des ... sowie auf die Protokolle über den Erörterungstermin und über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
    Gründe
    Die zulässige Klage hat keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht ihren Rechten. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten der Strafverteidigung steuerlich zu berücksichtigen.
    1. Die Teileinspruchsentscheidung für 2008 hält in formeller Hinsicht einer gerichtlichen Überprüfung noch stand, obwohl die Ermessensausübung, nur über einen Teil des Einspruchs zu entscheiden, allein in einem Hinweis auf ein anhängiges Verfahren beim BFH im Tenor der Entscheidung ihren Niederschlag gefunden hat.
    Nach § 367 Abs. 2a Abgabenordnung (AO) kann die Finanzbehörde vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll. Es steht danach im Ermessen des Beklagten, ob er bei Vorliegen der Voraussetzungen nur über Teile des Einspruchs entscheiden will. Der Beklagte hat seine Entscheidung grundsätzlich schriftlich zu begründen, soweit dies zum Verständnis erforderlich ist (vgl. § 121 Abs. 1 AO; vgl. Tipke/Kruse, § 367 AO, Rn. 63). Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass im vorliegenden Fall eine Teileinspruchsentscheidung sachdienlich ist, um den Klägern hinsichtlich des entscheidungsreifen Teils, nämlich der Berücksichtigungsfähigkeit der beträchtlichen Strafverteidigungskosten schnellen Rechtsschutz zukommen zu lassen, während hinsichtlich einer weiteren Streitfrage die höchstrichterliche Rechtsprechung abzuwarten war. Ist der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung sachdienlich, entspricht es im Regelfall billigem Ermessen, eine Teileinspruchsentscheidung zu erlassen; das Entschließungsermessen ist daher in der Weise vorgeprägt, dass keine weitere Begründung erforderlich ist (BFH - Urteil vom 30.09.2010, III R 39/08, BStBl. II 2011, 11, m. w. N.). Dem Hinweis im Tenor der Teileinspruchsentscheidung kann entnommen werden, dass der Beklagte sein Ermessen erkannt und ausgeübt hat. Der Beklagte hat im gerichtlichen Verfahren ergänzend erläutert, dass die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit eines Veräußerungsverlustes gemäß §§ 17, 3c Abs. 2 EStG Gegenstand vorangegangenen Schriftverkehrs zwischen den Beteiligten war und wegen des bereits anhängigen Verfahrens beim BFH nicht entschieden werden sollte. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände in diesem Fall ist die Ermessensentscheidung mit dem Hinweis im Tenor der Entscheidung noch ausreichend begründet.
    2. Die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen für seine Strafverteidigung sind keine Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen oder gewerblichen Einkünften aufgrund der Veräußerung von Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft. Nach § 9 EStG sind Werbungskosten alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen dienen der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, wenn sie durch den Beruf oder die Einkünfteerzielung veranlasst sind. Eine solche Veranlassung liegt vor, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf bzw. der Einkünfteerzielung besteht und subjektiv die Aufwendungen zu deren Förderung gemacht werden. Ausnahmsweise können strafbare Handlungen, die in Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen. Dabei ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder teilweise erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt (§ 40 AO). Werbungskosten müssen aber von den Kosten der Lebenshaltung, die nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähig sind, abgegrenzt werden. Strafverteidigungskosten sind Folgen kriminellen Verhaltens und deshalb wie die Straftat grundsätzlich der privat zu verantwortenden Unrechtssphäre zuzuordnen (BFH - Urteil vom 13.12.1994, VIII R 34/93, BStBl. II 1995, 457). Nach der Rechtsprechung des BFH sind Strafverteidigungskosten jedoch dann als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Dies ist der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist. Die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein (BFH - Urteil vom 18.10.2007, IV R 42/04, BStBl. II 2008, 223; Beschluss vom 30.06.2006, VIII B 265/03, BFH NV 2004, 1639, jeweils m. w. N.).
    Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs kann nicht festgestellt werden, dass die von den Klägern geltend gemachten Strafverteidigungskosten beruflich oder sonst durch die Einkünfteerzielung veranlasst gewesen sind. Zwar setzte der Kläger die durch die Beihilfe zu Untreuetaten von der Bank-1 F erlangten Kredite nach den generellen Feststellungen des Strafurteils zu einem erheblichen Teil für seine verschiedenen unternehmerischen Aktivitäten ein. Allein daraus ergibt sich jedoch nicht ein Veranlassungszusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit des Klägers bzw. seiner Einkünfteerzielung und den geltend gemachten Strafverteidigungskosten. Ein ausreichender beruflicher Zusammenhang wird nicht bereits dadurch begründet, dass die Berufsausübung nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Ausgabe entfiele. Aus diesem Grund ist beispielsweise nicht entscheidend, ob ein Steuerpflichtiger deshalb in Verdacht geraten ist, weil allein Arbeitnehmer in der Lage waren, die ihnen vorgeworfenen Straftat zu begehen (BFH - Urteil vom 18.10.2007, IV R 42/04, BStBl. II 2008, 223; Beschluss vom 30.06.2004, VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639). Die Annahme von Erwerbsaufwendungen setzt vielmehr voraus, dass die die Aufwendungen auslösenden schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der betrieblichen oder beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht auf privaten, den betrieblichen oder beruflichen Zusammenhang aufhebenden Umständen beruhen. So greifen nach der Rechtsprechung private Gründe dann durch, wenn die strafbaren Handlungen mit der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen nur insoweit in Zusammenhang stehen, als diese eine Gelegenheit zu einer Straftat verschafft hat (BFH - Urteil vom 18.10.2007, VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223 m. w. N; Urteil vom 09.12.2003, VI R 35/96, BStBl. II 2004, 641; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.04.2010, 4 K 2699/06, EFG 2010, 1491).
    So liegt der Fall hier. Der Kläger hat zwar die durch Untreuetaten erlangten Kredite zu einem großen Teil unmittelbar oder mittelbar für seine unternehmerischen Ziele eingesetzt, die strafbaren Handlungen lagen jedoch weder in einer betrieblichen oder beruflichen Aufgabenerfüllung noch waren sie unmittelbar und ausschließlich durch die Einkünfte aus Kapitalvermögen, Veräußerungsgewinne oder sonstiger Einkünfte veranlasst. Vielmehr lag das auslösende Moment der Straftaten allein in der privaten Verantwortungssphäre des Klägers.
    ... (die Begründung wird aus Gründen der Anonymisierung gekürzt)
    Es gab keine berufliche oder sonstige durch die Einkünfteerzielung veranlasste Notwendigkeit, die Kreditmittel auf strafbare Weise zu erlangen. Der Entschluss des Klägers, auf unrechtmäßige Weise Finanzmittel für seine Projekte zu erlangen, möglicherweise auch deshalb, weil andere Banken Kredite nicht oder nicht zu vergleichbar günstigen Konditionen gewährt hätten, ist der privaten Sphäre zuzuordnen. Es ging dem Kläger dabei nur um persönliche Vorteile, die keine Veranlassung in einer betrieblichen Sphäre haben. Den Kläger trifft dabei die Darlegungslast für den Veranlassungszusammenhang zwischen der Straftat und der beruflichen Tätigkeit. Soweit durch unrechtmäßiges Handeln des Klägers Darlehen für den Erwerb eines ... in D erlangt wurden, hält der Kläger lediglich die in diesem Zusammenhang erworbenen Anteile an der L Gesellschaft, die wiederum Anteilseignerin an der Eigentümerin des ... ist, in seinem Privatvermögen. Die Darlehensmittel dienten damit mittelbar dem Erwerb des Vermögensstamms, also einem im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht erheblichen Vorgang der Vermögenssphäre (vgl. BFH - Urteil vom 18.10.2007, VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223; von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn. B 91, B 701 f.). Ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Tat und der evtl. später aus der Beteiligung fließenden Kapitaleinkünfte besteht gerade nicht.
    ... (die Begründung wird aus Gründen der Anonymisierung gekürzt)
    Bei dem dritten Sachverhalt erreichte der Kläger durch strafbares Verhalten, dass einer Bauträgergesellschaft, der „N” E, an der er zur Hälfte beteiligt war, für das Bauprojekt in E über mehrere Strohmänner Darlehnsmittel von der Bank-1 F gewährt wurden. Wie in dem ersten Fall besteht kein ausreichender Veranlassungszusammenhang zwischen den Strafverteidigungskosten und möglichen zukünftigen Einkünften aus Kapitalvermögen. Denn das vorgeworfene Verhalten diente der finanziellen Ausstattung der Bauträgergesellschaft für den Erwerb und die Herstellung des Bauprojektes und damit der Werthaltigkeit des Vermögenstamms. Eine Einkünfteerzielung stand in ferner Zukunft und war von weiteren Voraussetzungen, insbesondere einer erfolgreichen Fertigstellung des Bauobjektes abhängig. Es fehlt damit gerade an der Unmittelbarkeit zwischen Tat und Einkünfteerzielung. Aber auch soweit der Kläger die Beteiligung an der Bauträgergesellschaft mit Gewinn veräußert hat, besteht kein Veranlassungszusammenhang. Denn die Straftat ... war nicht darauf gerichtet, einen Veräußerungsgewinn zu erzielen. Die Veräußerung war vielmehr Folge der strafrechtlichen Ermittlungen und einer Inanspruchnahme des Klägers durch andere Gläubiger. Die zu Unrecht erlangten Darlehen sollten nicht dazu dienen, die Beteiligung mit Gewinn verkaufen zu können. Im Übrigen sind die durch strafbares Verhalten erlangten Darlehensmittel zum Teil auch an die Vertreter der Bank-1 geflossen, um weiterhin diesen Kontakt für die rechtswidrigen Geschäfte nutzen zu können. Das bedeutet aber, dass ein erheblicher Teil der erlangten Gelder allenfalls mittelbar zur Einkünfteerzielung verwendet wurde. Damit fehlt es aber nicht nur an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen der strafbaren Handlung und der auf Einkünfteerzielung gerichteten Tätigkeit, sondern es fehlt ebenso an der erforderlichen Ausschließlichkeit der Aufwendungen für die einkünfterelevante Tätigkeit.
    3. Die geltend gemachten Strafverteidigungskosten sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
    Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Steuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG). Anwaltskosten für die Strafverteidigung sind nur dann zwangsläufig erwachsen, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit diese Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (vgl. § 32 Abs. 2 S. 1 EStG). Nach der bisherigen Rechtsprechung scheidet ein Abzug von Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung aus, wenn der Steuerpflichtige verurteilt wird und die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner eigenen Auslagen zu tragen hat. Dies wird damit begründet, dass die genannten Aufwendungen in einem solchen Fall den Charakter einer kraft Gesetzes eintretenden Nebenstrafe hätten. Es gehe nicht an, Geldstrafen über das Steuerrecht mittelbar zu mildern oder aufzuheben und so die als notwendige Folge der Verurteilung auferlegten Verfahrenskosten zum Teil auf die Allgemeinheit abzuwälzen (BFH - Urteil vom 21.06.1989, X R 20/88, BStBl. II 1989, 831; Urteil vom 21.07.1955, IV 373/54 U, BStBl. III 1955, 338; Loschelder in Schmidt, EStG, § 33 Rn. 35). Folge dieser Rechtsprechung ist, dass ein Abzug von Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastung nur bei (teilweise) freisprechenden Entscheidungen der Strafgerichte möglich ist. Der sanktionierte Straftäter sowie derjenige, der für seine erfolgreiche Verteidigung mehr ausgegeben hat, als er von der Staatskasse erstattet bekommt, hat diese Kosten in vollem Umfang selbst zu tragen.
    Inzwischen hat der BFH seine Rechtsprechung zur Zwangsläufigkeit von Zivilprozesskosten geändert und entschieden, dass Zivilprozesskosten Kläger wie Beklagtem aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen können und derartige Aufwendungen nur dann nicht unausweichlich sind, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und mutwillig erscheint (BFH-Urt. vom 12.05.2011, VI R 42/10, BFH/NV 2011, 1426). Dieser Rechtsprechungsänderung liegt die Erwägung zu Grunde, dass bisher verkannt worden sei, dass ein Steuerpflichtiger das Prozesskostenrisiko regelmäßig nicht „freiwillig” übernehme. Vielmehr könnten wegen des staatlichen Gewaltmonopols streitige Ansprüche regelmäßig nur gerichtlich durchgesetzt oder abgewehrt werden. Der Steuerpflichtige müsse, um sein Recht durchzusetzen, im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten. Dabei sei auch bei gehöriger Prüfung der Erfolgsaussichten nicht unbedingt der Ausgang eines Verfahrens abzuschätzen. Prozesskosten seien jedoch nur dann als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige sich nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen habe, vielmehr müsse die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten. Zivilprozesskosten gehörten jedoch auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht zu den üblichen Kosten der Lebensführung, so dass sie aus dem Gebot der steuerlichen Lastengleichheit grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig seien.
    Eine Übertragung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt führt dazu, dass auch die Kosten der Strafverteidigung der Wahrung und Durchsetzung der Rechte eines Beschuldigten dienen und, da solche Kosten der Rechtsverteidigung nicht mit dem Grundbedarf, den üblichen Kosten der Lebensführung abgedeckt sind, sie grundsätzlich eine außergewöhnliche Belastung sein können (vgl. Kanzler, Der Kommentar, NWB 2011, 2433). Aber auch nach der geänderten Rechtsprechung des BFH sind die Prozesskosten dann nicht zwangsläufig und damit steuerlich nicht berücksichtigungsfähig, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und mutwillig erscheint. Der Steuerpflichtige darf sich nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess einlassen, sondern muss diesen vielmehr unter verständiger Würdigung des Für und Wieder, einschließlich des Kostenrisikos, eingegangen sein (BFH - Urteil 12.05.2011, VI R 42/10). Der Zivilprozess ist nach diesem Verständnis die notwendige Konsequenz nur für die Parteien, die auf außergerichtlicher Ebene nicht zu einer Lösung finden und zur Durchsetzung ihrer - nach verständiger Würdigung - begründeten Ansprüche den Rechtsweg beschreiten müssen. Er beinhaltet somit bei Unklarheiten über die Sach- und Rechtslage in der Regel Erfolgsaussichten für beide Seiten, die sich - so der BFH - in der Lebenswirklichkeit nicht gut einschätzen lassen. Fehlt jedoch von Anfang an jede Erfolgsaussicht oder wissen die Verantwortlichen um die (Un-)Begründetheit von Ansprüchen mit der Folge, dass eine außergerichtliche Lösung angezeigt wäre und ein Prozess nicht erfolgreich sein kann, kann der Unterliegende die Kosten auch nach der neuen Rechtsprechung nicht als außergewöhnliche Belastung abziehen (vgl. Bron, Ruzik, DStR 2011, 2069). Für das Strafverfahren folgt daraus, dass Kosten der Strafverteidigung dann nicht zwangsläufig sind, wenn der Steuerpflichtige wegen einer vorsätzlich begangenen Tat verurteilt wird. Zwar entstehen auch in einem solchen Fall als unvermeidbare Folge des prozessrechtlich vorgesehenen Verfahrens Kosten; sie sind jedoch unmittelbare Folge des vermeidbaren, sozial inadäquaten Verhaltens, dass zu der Verurteilung geführt hat. Gerade weil das Strafverfahren unausweichlich ist, nämlich als Folge der geahndeten Tat, sind seine Kosten so eng mit dieser Tat verbunden, dass sie nicht als unvermeidbare Belastungen abgezogen werden können (vgl. Bron, Ruzik, DStR 2011, 2069; Wagner, EFG 2011, 2061). Die Entscheidung eines Steuerpflichtigen, eine Straftat trotz dieser bekannten weiteren Folgen zu begehen, führt dazu, dass das sich realisierte Risiko einer strafrechtlichen Sanktion und die daraus resultierenden Kosten nicht zwangsläufig in dem Sinne erwachsen, dass er sich diesen Kosten nicht von vornherein hätte entziehen können.
    Der Kläger ist wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Haftstrafe verurteilt worden, so dass ihm die Kosten für die strafrechtliche Verteidigung nicht zwangsläufig erwachsen und damit steuerlich nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig sind.
    Sind danach die dem Kläger entstandenen Kosten der Strafverteidigung schon dem Grunde nach nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, kommt es nicht mehr darauf an, ob sie auch in der Höhe notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.
    Die Klage ist danach insgesamt abzuweisen.
    4. Die Kläger haben gemäß § 135 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 FGO zugelassen.

    VorschriftenEStG § 9 Abs. 1, EStG § 33 Abs. 1, EStG § 33 Abs. 2, AO § 367 Abs. 2a