14.03.2012 · IWW-Abrufnummer 120790
Landgericht Saarbrücken: Urteil vom 23.01.2012 – 9 O 251/10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
9 O 251/10
verkündet am 23.01.2012
LANDGERICHT SAARBRÜCKEN
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Rechtsstreit
...
- Kläger -
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ...
gegen
1. ...
- Beklagter zu 1 -
2. ...
- Beklagter zu 2 -
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: Rechtsanwälte ...
wegen Steuerberaterhaftung
hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken im schriftlichen Verfahren nach Schriftsatznachlass bis zum 05.01.2012 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ..., den Richter am Landgericht ... und die Richterin am Landgericht ...
für R e c h t erkannt:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 141.457 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von f ünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 34 v. H. und den Beklagten als Gesamtschuldnern zu 66 v. H. auferlegt.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 443.737,99 € bis zum Eingang des Schriftsatzes vom 12.12.2011 am 15.12.2011 und für die Zeit danach auf 141.457 €.
Tatbestand
Der Kläger betreibt in ... seit dem 15.07.1993 die „... Apotheke“ und hat sich auf den Verkauf individualisierter Ernährungs- und Schmerzmittellösungen für Krebspatienten spezialisiert, womit er einen Großteil seiner Umsätze erzielt. Dabei bedient er sich des selbständigen Krankenpflegers ..., der zusammen mit speziell ausgebildeten Krankenpflegern und Krankenschwestern als Subunternehmer die Nahrungs- bzw. Schmerzmittel an die Krebspatienten verabreicht und Schulungen der Angehörigen, Hilfestellungen und Einweisungen bei Bedarf durchführt. Die Beklagten betreiben in ... in Gesellschaft bürgerlichen Rechts die „... & ... Steuerberaterkanzlei“. Der Beklagte zu 1 war seit dem 15.07.1993 bis zur Mandatskündigung durch den Kläger im November 2009 für den Kläger als steuerlicher Berater tätig. Im Rahmen einer routinemäßigen Besprechung wies der Beklagte zu 1 den Kläger auf ein Steuersparmodell hin, das im Rahmen des so genannten ...-Verbunds, eines Zusammenschlusses von Rechtsanwälten, Wirtschaftprüfern, Steuerberatern und Unternehmensberatern, angeboten wurde. So genannter Ideengeber dieses Modells war Herr ..., ..., .... Am 06.12.2004 fand im Parkhotel in ... eine erste Besprechung des Klägers und des Beklagten zu 1 mit Herrn ... statt. Am 14./15.02.2005 erfolgte in ... ein gemeinsames Treffen des Klägers und des Beklagten zu 1 mit Herrn ... und den ...-Anwälten ... & ... (... & ...); bei dieser Gelegenheit wurde der „...“ gegründet. Der „...“ gründete eine Tochtergesellschaft, die als „....“ (im Folgenden auch: ...) firmierte. Die Aufgaben der ... bestanden im Wesentlichen darin, Leistungen, die Vertragspartner des Klägers (insbesondere Herr ...), die gegenüber Patienten Schmerz- und Nahrungsmittel verabreicht hatten, in Rechnung stellten, zu bezahlen und parallel hierzu dem Kläger Rechnungen zu erteilen, in denen die Leistungen der Vertragspartner (insbesondere des Herrn ...) in Rechnung gestellt wurden, allerdings mit einem deutlichen Aufschlagsatz. Am 28.02.2005 kam es zu einem Treffen bei der ... & ... in ... zwischen dem Kläger, dem Beklagten zu 1 und einem Vertreter der Bank. Gegenstand dieses Termins war die Eröffnung eines Kontos für die .... Der Beklagte zu 1 als so genannter ... erhielt auf von ihm vorbereiteten Formularen Vollmacht über dieses Konto. Mit Datum vom 31.03.2005 erstattete Herr ... dem Kläger ein steuerrechtswissenschaftliches Gutachten. Darin wurden ertrag- und erbschaftsteuerliche Folgen nach deutschem Recht untersucht, die an die Errichtung eines ... in ... durch eine in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Person geknüpft sind. Ferner wurde die ...-Urkunde unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten gewürdigt. Am 12.04.2005 fand ein Termin der Kanzlei des Beklagten zu 1 statt. Am 14.11.2005 fand ein weiteres Treffen bei ... & ... in ... statt. Im Juni 2006 fuhren der Kläger und der Beklagte zu 1 nach ... (Frankreich) zur Firma ..., um die ... France zu gründen. Im Februar 2008 fand bei dem Kläger eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt mit dem Schwerpunkt der Prüfung des Auslandssachverhalts „...“. Die Prüfung führte zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen. Am 29.04.2008 wurde die Durchführung einer steuerlichen Außenprüfung bei dem Kläger für die Jahre 2004 bis 2006 angeordnet. Nach Eingang der Prüfungsanordnung fand ein Gespräch des Klägers mit dem Beklagten zu 1 statt, dessen Inhalt von den Parteien unterschiedlich dargestellt wird. Auf Anraten des Beklagten zu 1 beauftragte der Kläger Herrn Rechtsanwalt ..., ..., ..., mit der Vertretung im Betriebsprüfungsverfahren. Mit Schreiben an das Finanzamt vom 09.05.2008 (Bl. 48 f. d. A.) gaben die Beklagten „namens, im Auftrage und in Vollmacht“ des Klägers und der Ehefrau des Klägers, der Zeugin ..., folgende Erklärung ab:
„Bei Durchsicht und Überprüfung der Steuerunterlagen, Verträge und deren Konzeption im Rahmen der Vorbereitung der Außenprüfung fiel auf, dass möglicherweise die tatsächliche Abwicklung und Handhabung der Leistungsbeziehungen, insbesondere zwischen der Apotheke und der ... nicht in vollem Umfang den vertraglich vereinbarten Vorgaben entsprach, weil sich die Einarbeitung des hierfür auf Seiten der ... vorgesehenen Personals schwieriger gestaltete als vorgesehen und erwartet.
Im Einzelnen handelt es sich um die Abrechnungen der Leistungen zwischen der ... und der Apotheke
für das Wirtschaftsjahr 01.07.2004 – 30.06.2005 in Höhe von 116.400,-- Euro sowie für das Wirtschaftsjahr 01.07.2005 – 30.06.2006 in Höhe von 608.300,-- Euro zzgl. Kontokorrentzinsen in Höhe von 6.605,60 Euro, welche im Rahmen der Prüfung unserer Ansicht nach besonders diskussionswürdig sein könnten.“.
Gegen den Kläger wurde durch Strafbefehl des Amtsgerichts Mainz vom 19.03.2010 (Geschäftsnummer 2050 Js 11827/10) wegen Steuerhinterziehung eine Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten festgesetzt. Durch Beschluss vom gleichen Tage wurden dem Kläger Bewährungsauflagen erteilt, wonach er unter anderem einen Geldbetrag von 100.000 € zu Gunsten der Staatskasse und einen weiteren Geldbetrag von 30.000 € zu Gunsten der ... e. V. – Opferfonds – Geldbußen – zu zahlen hatte. Diese Zahlungen hat der Kläger erbracht. Nachdem der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 21.10.2010 Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten angekündigt hatte, forderte er diese mit weiterem Anwaltsschreiben vom 26.08.2010 zur Zahlung eines Gesamtbetrags von 468.737,99 € bis zum 24.09.2010 auf.
Der Kläger wirft den Beklagten vor, ihm zum Abschluss eines „legalen und geprüften Steuersparmodells“ geraten zu haben, was sich in Wirklichkeit als nichts Anderes als ein Steuerhinterziehungsmodell dargestellt habe. Der Beklagte zu 1 habe dieses Konstrukt empfohlen und bei dessen Umsetzung und Verwirklichung umfassend und aktiv mitgewirkt. Dem Beklagten zu 1 sei bekannt gewesen, dass der ... bzw. die ...-Gesellschaften keinen eigentlichen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhielten, der über die Verwaltung ihres Vermögens hinausgegangen sei. Darüber hinaus habe der Beklagte zu 1 es pflichtwidrig unterlassen, für den Kläger eine strafbefreiend wirkende Selbstanzeige zu erstatten. Das Schreiben der Beklagten vom 09.05.2008 genüge den Anforderungen an eine solche Selbstanzeige nicht. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass der Text der Selbstanzeige ausschließlich von Herrn ... verfasst worden sei. Der Schaden des Klägers infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Beklagten zu 1 betrage insgesamt 443.737,99 € (Bl. 23 d. A.). Davon entfielen auf die Vertretung im Steuerstrafverfahren Kosten des Rechtsanwalts ... in Höhe von 7.455 € und der ... GmbH in Höhe von 4.002 € sowie Zahlungen auf Bewährungsauflagen gemäß dem Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 19.03.2010 in Höhe von 130.000 €.
Der Kläger hat beantragt (Bl. 2 d. A.),
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 443.737,99 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2010 und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.870,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2010 zu zahlen.
Im Termin vom 31.10.2011 haben die Parteien in einem inzwischen rechtskräftigen Teilvergleich folgendes vereinbart:
„1. Die Beklagten zahlen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht als Gesamtschuldner an den Kläger 130.000,-- €.
2. Die Kostenentscheidung bleibt einem etwaigen Schlussurteil vorbehalten.
3. Mit den vorstehenden Regelungen sind alle gegenseitigen Ansprüche zwischen den Parteien abgegolten mit Ausnahme der von dem Kläger gem. Seite 23 der Klageschrift (Bl. 23 d. A.) geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz von Kosten für die Vertretung im Steuerstrafverfahren in Höhe von 7.455,-- € (Ziffer A der dortigen Aufstellung), auf Ersatz von Kosten für die steuerliche Vertretung im Strafverfahren durch die ... GmbH in Höhe von 4.002,00 € (Ziffer A. 4. der dortigen Aufstellung) und Schadensersatz wegen Zahlungen auf Bewährungsauflagen in Höhe von insgesamt 130.000,00 € (Buchstabe E der dortigen Aufstellung); ebenso sind selbstverständlich ausgenommen etwaige künftige Kostenerstattungsansprüche aus dem vorliegenden Rechtsstreit.“.
Der Kläger beantragt nunmehr (Bl. 222 f. d. A.),
die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 141.457 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2010 und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.870,70 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.10.2010 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten stellen ihre zivilrechtliche Verantwortlichkeit für unrechtmäßiges Verhalten des Klägers gegenüber den Finanzbehörden in Abrede. Ebenso wenig seien die Beklagten verantwortlich für die Folgen, die sich aus der nicht von ihnen, sondern von Herrn Rechtsanwalt ... entworfenen Selbstanzeige ergäben. Unabhängig davon treffe den Kläger ein erhebliches Mitverschulden. Schließlich bestreiten die Beklagten, dass dem Kläger der von diesem behauptete Schaden entstanden sei. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens hierzu wird auf die Klageerwiderung verwiesen (Bl. 161 ff. d. A.).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 31.10.2011 (Bl. 218 ff. d. A.) Bezug genommen.
Das Gericht hat im Einverständnis der Parteien durch Beschluss vom 16.12.2011 (Bl. 224 d. A.) die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet.
Entscheidungsgründe
Soweit die Klage nach dem Teilvergleich noch anhängig geblieben ist, erweist sie sich als zulässig und bis auf einen Teil der Nebenforderungen begründet. Sie hat daher weit überwiegend Erfolg.
I.
1. Die Beklagten haften dem Kläger gemäß §§ 280 ff. BGB in Verbindung mit § 128 HGB analog auf Schadensersatz in der noch geltend gemachten Höhe von 141.457 €.
a) Die Beklagten haben sich pflichtwidrig verhalten, indem sie es unterlassen haben, für eine strafbefreiend wirkende Selbstanzeige des Klägers zu sorgen.
aa) Der Steuerberater hat im Rahmen seines Auftrages den Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Insbesondere muss er seinen Auftraggeber möglichst vor Schaden bewahren. Zu diesem Zweck hat er den sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzuzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung zu unterbreiten (BGH WM 2004, 472; 2005, 896). Die Beratung soll den Mandanten in die Lage versetzen, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen zu wahren und eine Fehlentscheidung vermeiden zu können (BGH WM 2004, 472).
bb) Diesen Anforderungen ist das Verhalten der Beklagten nicht gerecht geworden.
(1) Die Parteien gehen im Ansatz übereinstimmend davon aus, dass der Kläger sich wegen Steuerhinterziehung strafbar gemacht hat, weswegen er schließlich durch Strafbefehl des Amtsgerichts Mainz vom 19.03.2010 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt wurde und ihm die in der Klageschrift näher beschriebenen Bewährungsauflagen erteilt wurden (Bl. 13 d. A.). Dazu passt der Aktenvermerk der Betriebsprüfung vom 18.03.2009 (Bl. 58 d. A.), wonach nicht nachzuvollziehen war, wie eine Firma in ..., die nicht über medizinischen Sachverstand und über deutsche Sprachkenntnisse verfügt, im Rahmen der komplexen Patientenversorgung bei parenteraler und enteraler Ernährung tätig sein soll, zumal der Kläger überdies gegenüber den Betriebsprüfern erklärte, die ... sei für Schulung und Betreuung verantwortlich. Auch eine angeblich beabsichtigte Entlastung des Klägers war nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nachzuvollziehen, weil bei ... lediglich ein Herr ... arbeitete. Schließlich hatte der Kläger gegenüber den Betriebsprüfern als Grund für die Gründung der ... die Haftungsbeschränkung genannt, er haftete allerdings für die Nahrungsergänzungsmittel nach wie vor bis zur Übergabe beim Patienten.
(2) Nach dem Gesetz wird derjenige, der gegenüber der Finanzbehörde zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, gemäß § 371 Abs. 1 AO wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 AO bestraft. Das auf dem Geschäftspapier der Beklagten an das Finanzamt übermittelte Schreiben vom 09.05.2008 genügt diesen Anforderungen bereits im Ansatz nicht. In dem Schreiben werden keine unrichtigen Angaben berichtigt, keine unvollständigen Angaben ergänzt und keine unterlassenen Angaben nachgeholt. Die Unrichtigkeit von Angaben wird nicht einmal im Ansatz eingeräumt. Stattdessen heißt es ohne jede Festlegung, es sei aufgefallen, dass möglicherweise die tatsächliche Abwicklung und Handhabung der Leistungsbeziehungen nicht in vollem Umfang (Fettdruck im Original) den vertraglich vereinbarten Vorgaben entsprochen habe, weil sich die Einarbeitung des hierfür auf Seiten der ... vorgesehenen Personals schwieriger gestaltet habe als vorhergesehen und erwartet. Anschließend werden Abrechnungen genannt, die im Rahmen der Prüfung besonders diskussionswürdig sein könnten (Bl. 48 d. A.). Eine Erklärung, die Sachverhalte nur möglicherweise und teilweise („nicht in vollem Umfang“) als nicht gegeben darstellt und Abrechnungen als besonders diskussionswürdig bezeichnet, genügt weder nach dem Gesetzeswortlaut noch nach Sinn und Zweck der Straffreiheit den Anforderungen an eine Selbstanzeige. Es kommt hinzu, dass in dem Schreiben vom 09.05.2008 weiterer Vortrag zur Sach- und Rechtslage ausdrücklich vorbehalten blieb (Bl. 49 d. A.).
(3) Die Beklagten haben dazu erklärt, im Hinblick darauf, dass es nach Auffassung des Beklagten zu 1 nur eine Frage der Zeit sein werde, bis der zuständige Prüfer die Verfahrensweisen feststellen und hieraus entsprechende nachteilige steuerliche Feststellungen treffen werde, sei die Mitteilung über die Betriebsprüfung Veranlassung für den Beklagten zu 1 gewesen, sich unverzüglich mit dem ihm seitens des ...-Verbundes empfohlenen Rechtsanwalt ... in Verbindung zu setzen, mit diesem einen Termin zu vereinbaren und die weitere Vorgehensweise zu besprechen, insbesondere die Erstattung einer Selbstanzeige, die sowohl den Kläger und dessen Ehefrau wie auch den Beklagten zu 1 selbst habe umfassen sollen. Zu diesem Zweck sei es kurzfristig zu einer Besprechung zwischen Herrn Rechtsanwalt ... und dem Beklagten zu 1 gekommen, in deren Verlauf die weitere Vorgehensweise, insbesondere die Notwendigkeit der unverzüglichen Erstattung einer Selbstanzeige, besprochen worden sei. Das Ergebnis der Besprechung habe darin bestanden, dass Herr Rechtsanwalt ... die Selbstanzeige habe entwerfen sollen, was in der Folgezeit geschehen sei. Sofort nach diesem Gespräch seien der Kläger und dessen Ehefrau über den Inhalt des Gesprächs und die weitere Vorgehensweise unterrichtet worden und hätten sich damit einverstanden erklärt (Bl. 153 f. d. A.). Der Text der Selbstanzeige sei von Herrn Rechtsanwalt ... entworfen und den Parteien dieses Rechtsstreits zur Verfügung gestellt worden. Unter Hinweis darauf, dass man den Vorgang nicht „allzu hoch“ ansiedeln sollte, habe Herr Rechtsanwalt ... empfohlen, die Selbstanzeige nicht über ihn laufen zu lassen, sondern über die Kanzlei des Beklagten zu 1 (Bl. 156 d. A. Mitte).
(4) Nach eigener Darstellung der Beklagten war dem Beklagten zu 1 also bekannt, dass unverzüglich eine Selbstanzeige für den Kläger zu erfolgen hatte. Nicht gefolgt werden kann der Auffassung, die Verantwortung für die Selbstanzeige habe – auch vom Kläger erkannt und gewollt – nicht beim Beklagten zu 1, sondern bei dem vom Kläger und seiner Ehefrau beauftragten und hierfür vergüteten Herrn Rechtsanwalt ... gelegen (Bl. 160 d. A. Abs. 2). Die Sozietät des Beklagten zu 1 war im Rahmen der Außenprüfung vom Kläger mandatiert. Der Umstand, dass der Beklagte zu 1, der nach seinem Vorbringen keine Erfahrungen bei der Abgabe von Selbstanzeigen hatte (Bl. 160 d. A. unten), dem Kläger empfahl, Herrn Rechtsanwalt ... einzuschalten, der sodann – nach der Darstellung der Beklagten – den Text der Selbstanzeige entwarf, lässt keinen Schluss darauf zu, dass der Kläger den Beklagten zu 1 insoweit bewusst und gewollt aus jeder Verantwortung entlassen hätte. Dazu hatte der Kläger angesichts der Sach- und Rechtslage keinen vernünftigen Grund. Hingegen hätte der Beklagte zu 1 als steuerlicher Berater schon mit Blick auf den Gesetzeswortlaut des § 371 AO allen Anlass gehabt, zu erkennen, dass die – nach seiner Darstellung allein vom Rechtsanwalt entworfene – Erklärung zur Erlangung der Straffreiheit nicht geeignet war. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte zu 1 die Erklärung in dem Schreiben vom 09.05.2008 „namens, im Auftrage und in Vollmacht“ der Eheleute ... abgab (Bl. 48 d. A. Mitte).
(5) Darauf, dass der von den Klägern ebenfalls als Berater eingeschaltete Herr Rechtsanwalt ... die Voraussetzungen einer zur Straffreiheit führenden Selbstanzeige kennen und beachten würde, durfte sich der Beklagte zu 1 nicht verlassen. Denn wenn sich der eine Berater auf den anderen verlässt, ist die Erreichung des von dem Mandanten angestrebten Ziels gefährdet. Das gilt insbesondere dann, wenn beiden Beratern – wie hier – dieses Ziel bekannt ist, und beide wussten, dass sie zum Zwecke der Erreichung dieses Ziels eingeschaltet worden waren. Selbst wenn beide getrennte Aufgabenbereiche gehabt haben sollten, war deshalb an deren Schnittstellen eine Abstimmung erforderlich (BGH NJW 2001, 3477, 3478). Etwas Anderes hätte zwar möglicherweise dann zu gelten, wenn die Beklagten hier nur ein Mandat gehabt hätten, den von dem Kläger als „Spezialisten” eingeschalteten Rechtsanwalt „zu begleiten”. In einem solchen Fall muss der allgemeine Steuerberater den Spezialisten grundsätzlich nicht überwachen. Er hat den Mandanten vor Fehlleistungen des Spezialisten nur zu warnen, wenn er diese erkennt oder erkennen und zugleich annehmen muss, dass der Mandant die Gefahr möglicherweise nicht erkennt (BGH NJW 2001, 3477, 3478; NJW-RR 2005, 1511, 1512). Ein solches bloßes „Begleiten“ lag hier jedoch nicht vor. In dem Telefax vom 06.05.2008 an den Beklagten zu 1, mit dem Herr Rechtsanwalt ... den ersten Entwurf für das Schreiben an das Finanzamt übersandte, heißt es unter anderem:
„Herrn ..., der mich nach Ihrem Weggang gestern nochmals angerufen hat, habe ich ebenfalls per Telefax informiert.
Über die endgültige Fassung sollten wir drei uns noch abstimmen. “ (Bl. 177 f. d. A.).
Mit Telefax vom gleichen Tage ist dem Beklagten zu 1 sodann der zweite Entwurf übermittelt und der Beklagte zu 1 in mehreren Punkten nach seiner Meinung gefragt worden (Bl. 179 d. A. unten).
b) Aus dem Vorstehenden ergibt sich zugleich, dass das Unterlassen auch schuldhaft war (vgl. BGHZ 129, 386, 399). Anhaltspunkte für ein Nichtvertretenmüssen im Sinne von § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB sind nicht zu erkennen.
c) Hat der steuerliche Berater – wie hier der Beklagte zu 1 – durch schuldhaft fehlsames Verhalten den Mandanten in die Lage gebracht, sich die vom Gesetze selbst dargebotene Straffreiheit zu verscherzen, dann ist auch der Schaden des Mandanten durch diese Vertragsverletzung ursächlich herbeigeführt worden (RGZ 169, 267, 269).
aa) Die Vorbedingung, dass die Bestrafung des Mandanten ohne dessen Steuervergehen nicht denkbar ist, hat beim haftungsbegründenden Ursachenzusammenhang außer Betracht zu bleiben. Die besondere Lage für den Mandanten, der sich eines Steuervergehens schuldig gemacht hat, und seinen steuerlichen Berater besteht gerade darin, dass die Beratung in Kenntnis und auf der Grundlage der bereits geschehenen Steuervergehen und der dadurch an sich bestehenden Straffälligkeit zu leisten ist und es sich nur noch darum handeln kann, nach Maßgabe von § 371 AO Straffreiheit zu erzielen (vgl. RGZ 169, 267, 269).
bb) An dem Zurechnungszusammenhang zwischen der schuldhaften Pflichtverletzung durch die Sozietät der Beklagten und dem Schaden der Kläger ist nicht deshalb zu zweifeln, weil auch Herr Rechtsanwalt ... seine Pflichten verletzt hat (vgl. BGH NJW 1990, 2882). Haben mehrere Berater – neben- oder nacheinander – denselben Auftraggeber durch eine schuldhafte Vertragsverletzung geschädigt, so haften sie grundsätzlich als Gesamtschuldner (BGH NJW 1993, 1779; 1994 1211; 2001, 3477, 3478).
d) Dem Kläger ist infolge des pflichtwidrigen Verhaltens der Beklagten ein Schaden in Höhe von 141.457 € entstanden.
aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist für die Beraterhaftung anerkannt, dass ein Anspruch des Mandanten auf Erstattung einer gegen ihn festgesetzten Geldbuße oder Geldstrafe in Betracht kommen kann (RGZ 169, 267, 269 f.; BGHZ 23, 222, 225; BGH WM 1997, 328, 329; VersR 2011, 132, 133 Rn. 7). Wer eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat, muss zwar die deswegen gegen ihn verhängte Sanktion nach deren Sinn und Zweck in eigener Person tragen und damit auch eine ihm auferlegte Geldstrafe oder -buße aus seinem eigenen Vermögen aufbringen. Das schließt indessen für sich allein einen Anspruch gegen einen anderen auf Ersatz für einen solchen Vermögensnachteil nicht aus. Die Erstattung einer vom Täter schon gezahlten Geldstrafe ist nicht verboten; sie ist nicht als Begünstigung (§ 257 StGB) strafbar (RGZ 169, 267). Selbst derjenige, der dem Täter im Voraus die zur Zahlung der Strafe erforderlichen Geldmittel zur Verfügung stellt, macht sich nicht wegen Strafvereitelung (§ 258 StGB) strafbar (BGHSt 37, 226). Es kann deshalb für die Frage eines Ersatzanspruchs allein darauf ankommen, ob ein solcher sich aus den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechts ergibt (BGHZ 23, 222, 225; BGH WM 1997, 328, 329; VersR 2011, 132, 133 Rn. 8). Eine solche vertragliche Verpflichtung besteht grundsätzlich auch für den Steuerberater im Verhältnis zu seinem Mandanten, soweit es um die richtige Darstellung der steuerlich bedeutsamen Vorgänge gegenüber dem Finanzamt geht (BGH VersR 2011, 132, 133 Rn. 8). Der Mandant kann demzufolge vom Steuerberater auch Schadensersatz in Höhe der gegen ihn wegen Steuerhinterziehung verhängten Geldstrafe oder des entsprechenden Bußgeldes verlangen, wenn dieser ihn von der Erstattung einer Selbstanzeige abgehalten oder pflichtwidrig und schuldhaft keine ordnungsgemäße Selbstanzeige erstattet hat und bei pflichtgemäßem Rat und ordnungsgemäßer Selbstanzeige die Bestrafung abzuwenden gewesen wäre (RGZ 169, 267, 269 f.; Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung 4. Aufl. Rn. 580 Stichwort „Verunglückte Selbstanzeige). Der Mandant verlangt insoweit nicht etwa (Wieder-) Herstellung eines der Rechtsordnung widersprechenden Zustands mit der Folge, dass der Schaden nicht gemäß § 249 BGB ersatzfähig wäre. Der straffällig gewordene Mandant will vielmehr nur in diejenige Lage versetzt werden, die bei sorgfältiger und pflichtmäßiger Beratung für ihn bestehen würde, nämlich hypothetischer Straffreiheit. Andernfalls würde der Steuerberater von jeder Verantwortung f ür seine in einschlägigen Fällen entfaltete – erlaubte und zulässige – Tätigkeit freigestellt werden, was sachlich nicht zu rechtfertigen wäre (RGZ 169, 267, 270).
bb) Bei ordnungsgemäßer und rechtzeitiger Selbstanzeige wäre der Kläger straffrei gewesen und daher nicht mit der Geldauflage und den Kosten des Strafverfahrens belastet worden.
(1) Die Straffreiheit ergibt sich aus § 371 Abs. 1 AO. Straffreiheit tritt allerdings nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. A AO in der vom 01.10.2002 bis zum 02.05.2011 gültigen Fassung nicht ein, wenn vor der Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung ein Amtsträger erschienen ist. Dass der Betriebsprüfer im Streitfall bereits vor Ablauf der Regelfrist von zwei Wochen in dem Zeitraum zwischen der Anordnung der Betriebsprüfung am 29.04.2008 und dem Schreiben der Beklagten vom 09.05.2008 erschienen wäre, ist nach Aktenlage nicht anzunehmen.
(2) Die Prüfungsanordnung und die Mitteilungen nach § 197 Abs. 2 und 3 AO sind dem Steuerpflichtigen angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekanntzugeben, bei Mittel-, Klein-, und Kleinstbetrieben sind gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 und 2 BpO 2000 in der Regel zwei Wochen angemessen (Intemann in Pahlke/Koenig, AO 2. Aufl. § 197 Rn. 23). Eine zweiwöchige Frist ist insbesondere bei Mittelbetrieben im Normalfall angemessen (BFH X R 158/87, BStBl II 1989, 483). Handlungen des Prüfers im Finanzamt führen nicht zu einem Prüfungsbeginn im Sinne des § 197 AO (FG Niedersachsen EFG 2008, 1680).
cc) Die von dem Kläger im Zusammenhang mit der fehlerhaften Selbstanzeige vorgetragenen Zahlungen auf die Geldauflage in Höhe von 130.000 €, auf Kosten des Herr Rechtsanwalts ... für die Vertretung im Steuerstrafverfahren in Höhe von 7.455 € netto und auf Kosten der ... GmbH für die steuerliche Vertretung im Strafverfahren in Höhe von 4.002 € netto, insgesamt 141.457 €, haben die Beklagten nicht bestritten (Bl. 161 d. A.). Im Übrigen sind die Zahlungen auf Grund der vorgelegten Unterlagen auch hinreichend wahrscheinlich (vgl. Kostennote des Herrn Rechtsanwalts ... vom 25.03.2010 (Bl. 117 d. A.) und Gebührenrechnung der ... Steuerberatungsgesellschaft mbH vom 29.06.2010 (Bl. 118 f. d. A.) sowie Beschluss des Amtsgerichts Mainz vom 19.03.2010 (Bl. 82 f. d. A.)).
e) Ein Mitverschulden des Klägers an dem durch die fehlerhafte Selbstanzeige verursachten Schaden (§ 254 BGB) ist nicht gegeben. Die fehlerhafte Selbstanzeige vom 09.05.2008 haben die Beklagten durch Boten an das Finanzamt übermittelt (vgl. Adressfeld Bl. 48 d. A.). Der Vortrag der Beklagten, der Text des Schreibens sei (allein) von Herrn Rechtsanwalt ... entworfen und den Parteien dieses Rechtsstreits zur Verfügung gestellt worden, außerdem seien eingehend die anlässlich der Einreichung der Selbstanzeige zu beachtenden Schritte besprochen worden (Bl. 156 d. A. Mitte), vermag ein Mitverschulden des Klägers nicht zu begründen. Wie bereits ausgeführt, war die Sozietät der Beklagten mit der Vertretung des Klägers im Rahmen der Selbstanzeige, nicht bloß mit der „Begleitung“ der Tätigkeit des Rechtsanwalts ... beauftragt. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann dem Auftraggeber nicht als mitwirkendes Verschulden vorgeworfen werden, er hätte das, worüber ihn sein (steuerlicher) Berater hätte aufklären sollen, bei entsprechenden Bemühungen auch ohne fremde Hilfe erkennen können (BGH NJW 1992, 820; 1993, 2747, 2750; 1998, 1486; 2000, 1263, 1265; NJW-RR 2003, 1064; WM 2008, 950, 952 Rn. 17; NJW 2009, 1141, 1143 Rn. 21). Die steuerliche Bearbeitung eines ihm anvertrauten Mandats obliegt allein dem Steuerberater. Selbst wenn ein Mandant über steuerrechtliche Kenntnisse verfügt, muss er darauf vertrauen können, dass der beauftragte Berater die anstehenden steuerrechtlichen Fragen fehlerfrei bearbeitet, ohne dass eine Kontrolle notwendig ist (BGH VersR 2011, 132, 134 Rn. 14). Die Steuervergehen des Mandanten kommen als mitwirkendes Verschulden grundsätzlich nicht in Betracht (RGZ 169, 267, 271).
2. Der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten (§§ 280, 286 BGB) nebst Zinsen ist nicht gegeben. Insoweit verfolgt der Kläger in vollem Umfang den Antrag aus der Klageschrift weiter, mit dem er Ersatz von Kosten in Höhe von 1.870,70 € aus einem Gegenstandswert von 468.737,99 € begehrt (Bl. 28 d. A.). Unbeschadet der Berechtigung dieser Nebenforderung ist diese jedenfalls infolge des zwischen den Parteien abgeschlossenen Teilvergleichs erloschen.
a) In einer Abgeltungsklausel eines Prozessvergleichs ist ein negatives Schuldanerkenntnis nach § 397 Abs. 2 BGB zu sehen (BAG, Urt. v. 27.01.2000 – 8 AZR 98/99, juris Rn. 24). Ein konstitutives negatives Schuldanerkenntnis im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn der Wille der Parteien – wie hier – darauf gerichtet ist, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen (BAG NJW 2008, 461, 462 Rn. 15).
b) In dem Teilvergleich ist vereinbart:
„3. Mit den vorstehenden Regelungen sind alle gegenseitigen Ansprüche zwischen den Parteien abgegolten mit Ausnahme der von dem Kläger gem. Seite 23 der Klageschrift (Bl. 23 d. A.) geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz von Kosten für die Vertretung im Steuerstrafverfahren in Höhe von 7.455,-- € (Ziffer A der dortigen Aufstellung), auf Ersatz von Kosten für die steuerliche Vertretung im Strafverfahren durch die ... GmbH in Höhe von 4.002,00 € (Ziffer A. 4. der dortigen Aufstellung) und Schadensersatz wegen Zahlungen auf Bewährungsauflagen in Höhe von insgesamt 130.000,00 € (Buchstabe E der dortigen Aufstellung); ebenso sind selbstverständlich ausgenommen etwaige künftige Kostenerstattungsansprüche aus dem vorliegenden Rechtsstreit.“.
Im Unterschied zu den auf Seite 23 der Klageschrift (Bl. 23 d. A.) aufgeführten Ansprüchen auf Ersatz von Kosten für die Vertretung im Steuerstrafverfahren in Höhe von 7.455,-- € (Ziffer A der dortigen Aufstellung), auf Ersatz von Kosten für die steuerliche Vertretung im Strafverfahren durch die ... GmbH in Höhe von 4.002,00 € (Ziffer A. 4. der dortigen Aufstellung) und Schadensersatz wegen Zahlungen auf Bewährungsauflagen in Höhe von insgesamt 130.000,00 € (Buchstabe E der dortigen Aufstellung) sowie etwaigen künftigen Kostenerstattungsansprüchen aus dem vorliegenden Rechtsstreit sind die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe der als Nebenforderung verfolgten 0,65 Geschäftsgebühr von der Abgeltung aller gegenseitigen Ansprüche erfasst und nicht ausdrücklich ausgenommen; sie sind damit erloschen. Dieses Ergebnis entspricht auch der interessengerechten Auslegung des Vergleichs. Die Parteien wollten erkennbar im Vergleichswege neben einem Teil der Hauptforderung und der darauf anteilig entfallenden Zinsen auch die als Nebenforderung geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten abgelten. Andernfalls hätten trotz gütlicher Einigung in Bezug auf einen Anteil von rund 300.000 € an der Hauptforderung nebst Zinsen alle ursprünglichen Streitpunkte allein deswegen (durch Beweisaufnahme) geklärt werden müssen, um den der Nebenforderung zu Grunde zu legenden berechtigten Gegenstandswert zu ermitteln.
3. Der Zinsanspruch hinsichtlich der restlichen Hauptforderung ergibt sich auf Grund der vorgerichtlichen anwaltlichen Mahnung zur Zahlung bis zum 24.09.2010 (Bl. 27 d. A. unter IV) seit dem 25.09.2010 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 Nr. 1 BGB. Für die beantragte, darüber hinausgehende Verzinsung in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs. 2 BGB ist kein Raum. Die Vorschrift ist nach dem Wortlaut des Gesetzes nur „für Entgeltforderungen“ einschlägig. Eine Entgeltforderung liegt vor, wenn die Forderung auf die Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet ist, die in der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen besteht (BGH NJW 2010, 3226 Rn. 12). Auf Schadensersatzansprüche findet die Vorschrift demgemäß keine Anwendung (juris-PK-BGB/Alpmann, 5. Aufl. § 286 Rn. 38; MünchKomm-BGB/Ernst, 5. Aufl. § 286 Rn. 75; Palandt/Grüneberg, BGB 70. Aufl. § 286 Rn. 27; Staudinger/Löwisch/Feldmann, BGB Neubearb. 2009 § 286 Rn. 97 in Verbindung mit § 288 Rn. 17).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91a, 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, 100 Abs. 4 ZPO. Hinsichtlich der durch den Teilvergleich erledigten Hauptforderung von 302.280,99 € nebst anteiligen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und berechtigten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ist bei der Verteilung der Kosten von einem offen gebliebenen Sachverhalt auszugehen, weil die ohne die vergleichsweise Einigung erforderliche Beweisaufnahme unterblieben ist. Es entspricht auch nicht der Billigkeit, den von Seiten der Beklagten zu zahlenden Betrag von 130.000 € als Maßstab zu Grund zu legen. Die Parteien haben eine Zahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht vereinbart, so dass es im vorliegenden Fall unbillig wäre, den Betrag ihres freiwilligen, gütlichen und prozessökonomischen Nachgebens trotz unterbliebener Aufklärung des insoweit weiterhin streitigen Sachverhalts der Kostenverteilung zu Grunde zu legen. Die bereits vermerkte Zuvielforderung bei den Zinsen auf die Hauptforderung (acht statt fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 25.09.2010) fällt gegenüber der hohen Hauptforderung nicht ins Gewicht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO. Der Streitwert ergibt sich aus §§ 40, 48 GKG, 3 ZPO.