10.04.2012 · IWW-Abrufnummer 121142
Bundesfinanzhof: Beschluss vom 19.12.2011 – VII B 27/11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe
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I. Nach den Feststellungen der Zollfahndung bezog der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) im Zeitraum zwischen dem 11. Juni 2001 und dem 18. April 2006 von verschiedenen Mineralölhändlern 298.540 L Heizöl, die auf dem Betriebsgelände der Firma X eingelagert, zum Teil für Heizzwecke verbraucht und im Übrigen als Kraftstoff abgegeben wurden. Aufgrund dieser Feststellungen setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--) gegen die Inhaberin des Transportunternehmens und den Kläger Mineralölsteuer in Höhe von 97.254,24 € fest. Der vom Kläger erhobene Einspruch führte lediglich zu einer Herabsetzung dieses Betrages. Mit Strafbefehl wurde der Kläger wegen Steuerhinterziehung in 24 Fällen verurteilt. Schließlich blieb die vor dem Finanzgericht (FG) erhobene Klage ohne Erfolg.
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Die Mineralölsteuer sei gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 des Mineralölsteuergesetzes durch das bloße Bereithalten des Heizöls als Kraftstoff für die Fahrzeuge der Firma X entstanden. Die in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den von der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt erstellten Gutachten und auf Vernehmung der in der Klageschrift benannten Zeugen stellten keine substantiierten Einwendungen gegen die im rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen Feststellungen dar. In Bezug auf die Gutachten würde die behauptete Fehlerhaftigkeit in keiner Weise belegt. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, sich mit Behauptungen zu befassen, die "aus der Luft gegriffen" seien. Nach den Aussagen der an der Probenentnahme beteiligten Beamten vor dem Amtsgericht seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Entnahme der Proben nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Hinsichtlich der beantragten Vernehmung von insgesamt zwölf Zeugen, die die Bestellung und den Bezug von Heizöl hätten bestätigen sollen, handele es sich um unsubstantiierte Beweisermittlungs- und Ausforschungsanträge. Letztendlich sei es auch nicht entscheidungserheblich, ob der Kläger über die vom HZA bereits anerkannte Menge an geliefertem Heizöl hinaus weitere Mengen an die benannten Zeugen abgegeben habe. Denn ausreichend für die Entstehung der Mineralölsteuer sei bereits das Bereithalten des vom Kläger bestellten Mineralöls als Kraftstoff auf dem Betriebsgelände des Transportunternehmens. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizöllieferanten das vom Kläger bestellte Heizöl direkt an die jeweiligen Abnehmer geliefert hätten, seien nicht ersichtlich.
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Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG habe seine Sachaufklärungspflicht aus § 76 Abs. 1 FGO verletzt, indem es sich die Feststellungen im Strafbefehl zu eigen gemacht und die Beweisanträge abgelehnt habe. Der gegen den Strafbefehl eingelegte Einspruch sei nur unter dem Druck einer drohenden Untersuchungshaft zurückgenommen worden. Entgegen der Auffassung des FG habe der Kläger seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Ein substantiierter Vortrag sei ihm aufgrund des inzwischen verstrichenen Zeitraums nicht möglich gewesen. Sofern das FG von einer Zwischenlagerung des Mineralöls auf dem Gelände des Transportunternehmens ausgegangen sei, sei diese Feststellung unzutreffend. Vielmehr sei eine Zwischenlagerung allenfalls auf dem landwirtschaftlichen Grundstück des Klägers erfolgt. Bei den betankten LKWs handele es sich nicht um Fahrzeuge des Klägers, sondern um solche seiner Lebensgefährtin. Darüber hinaus habe das FG unter Verstoß gegen § 76 Abs. 2 FGO nicht darauf hingewiesen, dass es von einer Zwischenlagerung des Mineralöls auf dem Betriebsgelände des Transportunternehmens und von der Haltereigenschaft des Klägers ausgehe. Schließlich habe das FG unter Verstoß gegen § 96 FGO die Akten und den Inhalt des Strafverfahrens nicht ordnungsgemäß eingeführt. Dass das Urteil auf Aktenteile des Strafverfahrens gestützt würde, sei dem Kläger nicht mitgeteilt worden.
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II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Kläger gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor oder sind nicht hinreichend dargelegt, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.
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1. Soweit der Kläger das Übergehen seiner Beweisanträge vor dem FG beanstandet, wird die behauptete Verletzung der dem FG nach § 76 Abs. 1 FGO obliegenden Sachaufklärungspflicht nicht hinreichend dargelegt. Wie das FG ausgeführt hat, ist der Kläger seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Obwohl hierzu Anlass bestand, hat er die beweisbedürftigen Tatsachen nicht hinreichend bezeichnet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwei der benannten Zeugen bereits verstorben waren. Hinsichtlich weiterer Zeugen bestand Anlass zur Annahme einer Unerreichbarkeit, weil sie unter der vom Kläger genannten Adresse nicht gemeldet waren. Die anderen als Zeugen benannten Personen sind mit einer Ausnahme bereits von Mitarbeitern des Zollfahndungsamtes als Zeugen vernommen worden. Dabei hat sich nach den Feststellungen des FG herausgestellt, dass die Unterschriften auf den vom Kläger vorgelegten Bestätigungen zum Teil blanko abgegeben worden sind oder nicht von den Zeugen stammten. Eine der Bescheinigungen war gefälscht. Dagegen hat der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren keine Einwendungen vorgebracht. Den Ausführungen des FG setzt er lediglich entgegen, er sei zu näheren Angaben im Hinblick auf den zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraum nicht in der Lage gewesen. Mit der behaupteten Unzumutbarkeit eines substantiierten Vortrags in Bezug auf die beweisbedürftigen Tatsachen wird der geltend gemachte Verfahrensmangel jedoch nicht hinreichend belegt. Im Übrigen hat das FG seine Entscheidung auch darauf gestützt, dass der Kläger Mineralöl als Kraftstoff bereitgehalten hat, so dass es aus seiner maßgeblichen Sicht auf dessen Weiterlieferung nicht ankam. Zu diesem, das Urteil tragenden Gesichtspunkt führt die Beschwerde lediglich aus, wie bereits vorgetragen, sei eine Zwischenlagerung allenfalls auf einem landwirtschaftlichen Grundstück des Klägers erfolgt. Auch aus diesem Vorbringen wird ein Verfahrensmangel nicht ersichtlich. Vielmehr stellt der Kläger lediglich seine eigene --nicht näher substantiierte-- Sachverhaltsdarstellung den hierzu vom FG getroffenen Feststellungen gegenüber.
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2. Der vom Kläger behauptete Verstoß gegen die sich aus § 76 Abs. 2 FGO ergebende Hinweispflicht liegt nicht vor. Ein Gericht ist nicht dazu verpflichtet, vor seiner Entscheidungsfindung seine Rechtsansicht mündlich oder schriftlich mitzuteilen bzw. die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte und Rechtsfragen im Voraus anzudeuten oder sogar umfassend zu erörtern (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. April 2006 I B 84/05, BFH/NV 2006, 1497, und vom 10. August 2005 VIII B 344/04, BFH/NV 2006, 78, m.w.N., sowie Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 1997 1 BvR 1934/93, BVerfGE 96, 189). Einen fachkundig vertretenen Prozessbeteiligten braucht es auf naheliegende rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte nicht hinzuweisen (BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2008 XI B 202/07, BFH/NV 2009, 118). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auf dem Betriebsgelände eines Transportunternehmens von ihm erworbenes Heizöl eingelagert und zur Betankung der auf ihn zugelassenen und von diesem Unternehmen eingesetzten LKWs bereit gehalten hat, ergeben sich aus der Begründung der Einspruchsentscheidung vom 3. Dezember 2008, die dem Prozessvertreter des Klägers zugestellt worden ist. Eines besonderen Hinweises darauf, dass das FG seiner Entscheidung den in der Einspruchsentscheidung geschilderten Sachverhalt zugrunde legen werde, bedurfte es daher nicht. Vielmehr musste der Kläger davon ausgehen, das FG werde diesen Sachverhalt im Rahmen seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen.
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3. Schließlich hat das FG nicht gegen § 96 FGO verstoßen. Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Zuziehung von Strafakten zum Zwecke der Sachaufklärung liegt in seinem Ermessen. Eines förmlichen Beweisbeschlusses bedarf es hierfür nicht. Die Feststellungen aus einem Strafurteil bzw. aus einem Strafbefehl kann sich das FG zu eigen machen, falls nicht die Verfahrensbeteiligten substantiierte Einwendungen erheben und entsprechende Beweisanträge stellen (Senatsbeschlüsse vom 25. November 1997 VII B 86/97, BFH/NV 1998, 738, und vom 20. August 1999 VII B 6/99, BFH/NV 2000, 215). Davon hat der Kläger jedoch keinen Gebrauch gemacht. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat er in der mündlichen Verhandlung lediglich die Situation erklärt, die zur Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl geführt hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das FG den Prozessvertreter des Klägers mit Schreiben vom 26. Oktober 2010 ausdrücklich auf den rechtskräftigen Strafbefehl und das Protokoll über die Hauptverhandlung hingewiesen und um Mitteilung gebeten hat, ob er die Klage aufrechterhalte. Demnach hätte der rechtskundig vertretene Kläger von einer Verwertung des Strafbefehls durch das FG ausgehen müssen. Diesbezügliche Beweisanträge hat er jedoch nicht gestellt. Bei diesem Befund ist ein Verstoß des FG gegen § 96 FGO nicht ersichtlich.