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  • 11.05.2012 · IWW-Abrufnummer 121449

    Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 31.03.2011 – 14 K 797/09 E

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Düsseldorf
    14 K 797/09 E
    Tenor:
    1. Die Einkommensteuerbescheide 1991 bis 2000 vom 16.08.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 02.02.2009 werden dahingehend abgeändert, dass bei der Festsetzung der Einkommensteuer folgende Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzt werden:
    1991 81.000,00 DM
    1992 59.219,80 DM
    1993: 45.554,39 DM
    1994: 49.549,43 DM
    1995: 35.077,16 DM
    1996: 38.102,86 DM
    1997: 36.441,00 DM
    1998: 20.566,83 DM
    1999: 29.701,03 DM
    2000: 49.206,48 DM.
    2. Die Vermögensteuerbescheide auf den 01.01.1991, 01.01.1993 vom 18.08.2003, auf den 01.01.1992, 01.01.1994 vom 19.08.2003, auf den 01.01.1995 vom 21.08.2003 und auf den 01.01.1996 vom 22.08.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.04.2009 werden dahingehend geändert, dass in Abweichung der Anlage 2 zum Betriebsprüfungsbericht vom 21.03.2003 bezüglich des nicht versteuerten Kapitalvermögens von folgenden Beträgen ausgegangen wird:
    1991: 407.000,00 DM
    1992: 439.560,00 DM
    1993: 474.724,80 DM
    1994: 505.107,19 DM
    1995: 535.413,62 DM
    1996: 565.396,78 DM.
    3. Die Berechnung der Steuerbeträge wird dem Beklagten übertragen.
    4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    5. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 27,05% und dem Beklagten zu 72,95% auferlegt.

    Tatbestand:
    Die Klägerin erzielte in den Streitjahren neben ihren Renteneinkünften Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung.

    Sie hatte fortlaufend Einkommensteuer- und Vermögensteuererklärungen eingereicht.

    Am 14. Dezember 1998 leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (Steufa) im Rahmen von Durchsuchungsmaßnahmen bei der "A" AG in gegen die Klägerin ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung für die Jahre 1991 bis 1996 sowie der Vermögensteuerhinterziehung auf den 1. Januar 1989 bis 1. Januar 1996 ein. Am 10. April 2002 wurde das Verfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommensteuer 1997 bis 2000 erweitert. Die Bekanntgabe der Einleitung des Strafverfahrens insgesamt erfolgte im Rahmen einer Durchsuchung am 30. Juli 2002.

    Die Klägerin war im fraglichen Zeitraum – was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - Inhaberin des Kontokorrentkontos Nr. sowie seit 1981 als Zugangsbevollmächtigte des Schließfachs Nr. Kundin der A" Bank, Niederlassung "B". Das Schließfach Nr. war angemietet worden von Frau "C", einer Verwandten des Herrn "D", welcher bei der Klägerin als Verwalter ihrer Immobilien angestellt ist.

    Ausweislich der Begehungskarten der Bank fand eine Begehung des Schließfaches u.a. an folgenden Tagen statt: 3. Oktober 1989, 6. Oktober 1989, 17. Oktober 1989, 8. Juni 1990, 19. Dezember 1990, 14. Januar 1992.

    Nach den Feststellungen der Steufa im Steuerfahndungsbericht vom 21. März 2003 unterhielt die Klägerin unter der Referenz-Nr. ein Konto bei der "A" Bank Ausland ("A"Ausland). Die Steufa stellte hierzu fest, dass nach den vorliegenden – im Rahmen der Durchsuchungen der A" Bank sichergestellten – Beweismitteln Einzahlungen zugunsten der unter der Referenznummer bei der "A" Bank Ausland bestehenden Vermögensanlage wie folgt nachvollzogen werden könnten:

    Lfd. Nr. Datum Betrag (DM) Einzahler
    1 03.10.1989 36.000 DM "bekannt"
    2 17.10.1989 16.000 DM dto
    3 06.10.1989 24.000 DM dto
    4 13.02.1990 23.000 DM dto
    5 08.06.1990 68.000 DM dto
    6 22.10.1990 80.000 DM dto
    7 19.12.1990 80.000 DM dto
    8 14.01.1992 80.000 DM "A. Wagner"
    Summe 407.000 DM

    Dem Steufa-Bericht zufolge erfolgten sämtliche Einzahlungen in anonymisierter Form stets in bar bei der Niederlassung der "A" Bank in "B".

    In dem Prüfungsbericht heißt es weiter:

    "Die Identifizierung der Beschuldigten als tatsächliche Kontoinhaberin der genannten Referenznummer im Ausland konnte wie folgt vorgenommen werden:

    Am 13. Februar 1990 wurden von dem Konto der Beschuldigten bei der "A" Bank "B", Kasse Nr. 1 DM 50.000,- in bar abgehoben (Buchung Nr. 0018). Die Bareinzahlung Nr. 4 zugunsten der Vermögensanlage im Ausland (23.000,- DM) wurde nachweislich über die gleiche Kasse der "A" Bank "B" mit der Buchungsnummer 0019 abgewickelt. Unbekannt ist allerdings die Verwendung des Restbetrages in Höhe von 27.000,- DM.

    In gleicher Weise erfolgte am 8. Juni 1990 eine Barabhebung vom Konto der Beschuldigten in "B" in Höhe von 128.000,- DM. Wiederum wurde die Auszahlung und Einzahlung eines Teilbetrages in Höhe von 68.000,- DM (Nr. 5) zugunsten der o.g. Referenznummer im Ausland über die gleiche Kasse der "A" Bank "B" durch 2 direkt folgende Buchungsnummern (0078 und 0079) abgewickelt. Der Verbleib des Restbetrages in Höhe von 60.000,- DM kann nicht abschließend beurteilt werden. Nach den im Rahmen der Durchsuchung bei der Beschuldigten sichergestellten Aufzeichnungen wurden aber am 8. Juni 1990 für den Ankauf eines offenbar antiken Möbelstücks 48.000,- DM aufgewendet.

    Hinsichtlich der weiteren o.g. Bareinzahlungen wurden folgende Feststellungen getroffen:

    - 36.000,- DM am 3. Oktober 1989.

    Dementsprechende Barabhebungen konnten am 3. Oktober nicht nachvollzogen werden. Allerdings ist an diesem Tage nachweislich eine Begehung des o.g. Schließfaches in der Geschäftsstelle der "A" Bank erfolgt.

    - 16.000,- DM am 17. Oktober 1989
    - 24.000,- DM am 6. Oktober 1989
    - 80.000,- DM am 22. Oktober 1990
    - 80.000,- DM am 14. Januar 1992

    Nachweislich sind an den gleichen Tagen Barabhebungen in gleicher Höhe vom o.g. Konto der Beschuldigten in der gleichen Geschäftsstelle der "A" Bank in "B" erfolgt.

    - 80.000,- DM am 19. Dezember 1990

    Nachweislich ist am 19. Dezember 1990 in Höhe von 106.000,- DM eine Barabhebung vom o.g. Konto der Beschuldigten in der gleichen Geschäftsstelle der "A" Bank in "B" erfolgt. Die genaue Verwendung des Restbetrages in Höhe von 26.000,- DM kann wiederum nicht genau nachvollzogen werden. Allerdings wurden nach den sichergestellten Aufzeichnungen der Beschuldigten an diesem Tage 24.700,- DM für den Erwerb eines offenbar hochwertigen Teppichs aufgewendet.

    Die Identität der Beschuldigten als Inhaberin der genannten Vermögensanlagen bei der "A" Bank Ausland scheint eindeutig geklärt. Unterlagen über weitere Einzahlungen liegen der Steuerfahndung nicht vor.

    Im Rahmen der Durchsuchungsmaßnahmen wurden jedoch Unterlagen vorgefunden, aus denen weitere ausländische Vermögenswerte ersichtlich sind:
    1. Grundvermögen
    Haus in "E" (Frankreich) Ankauf offenbar im Januar 1999 für ca. 3,8 Mio. FF. Nach den vorliegenden Aufzeichnungen wurden einschl. diverser Um- und Ausbauten im Veranlagungsjahr 1999 für dieses Objekt ca. 6,9 Mio. FF, sowie im Veranlagungsjahr 2000 weitere 132.000 FF aufgewendet.

    2. Sonstiges Vermögen (ausl. Bankverbindungen)
    - "G" Bank Nr.
    - "G" Bank UK.”

    Unter Berücksichtigung der laufend zugeflossenen Mieteinnahmen sowie Kapital- und Rentenerträge, nach Aufzeichnungen ermittelten Zahlungen für Schmuck, Kunstgegenstände sowie hochwertige Bekleidung und Veränderungen des sonstigen Vermögens entsprechend den abgegebenen Vermögensteuererklärungen und u.a. unter Abzug eines Betrages von 100.000,- p.a. zur Bestreitung des Lebensunterhalts schätzte die Steufa das Volumen der Vermögensanlage zum 1. Januar 1991 mit 1.000.000,- DM. Bei der sich anschließenden Berechnung der Einkommen- und Vermögensteuer für die Streitjahre legte die Steufa darüber hinaus für die Jahre 1991 bis 1994 eine Verzinsung von 8 % und für die Jahre ab 1995 eine Verzinsung von 6 % (jeweils auf das Kapital zum Jahresbeginn) zugrunde. Bezüglich der genauen Berechnung wird auf den Steufa-Bericht und die zugehörigen Anlagen Bezug genommen.

    Dazu nahm die Klägerin mit Schriftsatz vom 6. Mai 2003 wie folgt Stellung:

    Eine kontentechnische Darstellung einer Einzahlung von 36.000,- DM (Nr. 1) sei nicht möglich. Die Fahndung verknüpfe dies lediglich mit der Begehung des Schließfaches Nr. .

    Bezüglich der laufenden Beträge Nr. 2 und 3 sei das einzige Argument der Fahndung, dass am gleichen Tage 16.000,- DM von ihrem Konto abgehoben worden seien. Dieser Darstellung sei zu entnehmen, dass noch nicht einmal nachfolgende Buchungsnummern vorlägen, so dass ein Nachweis in diesem Zusammenhang nicht gegeben sei. Würde eine solche Verknüpfung aufrechterhalten, verlange sie den dezidierten Nachweis, wie viele Überweisungen an diesem Tage, auf welche Konten zur "A" Bank Ausland oder zu anderen Auslandsbanken erfolgt seien und welche sonstigen Barabbuchungen bei Kundenkonten an allen Kassen der Geschäftsstelle abgelaufen seien. Immerhin lasse es sich nicht zwingend nachweisen, dass zwischen diesen Vorgängen Identität bestehe, wenn die Fahndung allein nach einer "Rosinenpicktechnik" einen möglicherweise passenden Einzahlungsbetrag und wiederum einen anderen passenden Auszahlungsbetrag "zusammentrickse". Dazu bedürfe es dezidiert des Ausschlusses, dass nicht auch an andere Kunden Überweisungen in ähnlicher Größenordnung und vor allen Dingen auch keine Barabhebungen erfolgt seien, sei es in Summe oder im Bruchteil, die zur Speisung eines solchen Überweisungsbetrages gedient hätten.

    Bezüglich Nr. 4 sei unstrittig, dass sie 50.000,- DM am 13. Februar 1990 abgehoben habe, allerdings seien die nachfolgenden Buchungen vom Betrag her nicht korrespondierend.

    Bezüglich der laufenden Nr. 5 sei festzuhalten, dass zum einen die gleiche Argumentation wie vorstehend greife und der Fahndung zudem auch ein Nachweis darüber fehle, was mit den restlichen 60.000,- DM geschehen sei. Der Hinweis, dass 48.000,- DM für den Erwerb eines antiken Schranks aufgewendet worden seien, sei eine bloße Vermutung.

    Bezüglich der laufenden Nr. 6 gelte die gleiche Argumentation wie zu Nr. 1 und 2. Zudem sei die Einzahlung vor der Auszahlung erfolgt.

    Hinsichtlich der Nr. 7 beschreibe die Fahndung keine unmittelbar in Folge stehenden Buchungen, sondern greife lediglich aus dem Tagesgeschäft der "A" Bank "B" zwei Posten heraus, die möglicherweise zusammen passen könnten.

    Für die laufende Nr. 8 gelte dieselbe Argumentation wie zu Nr. 2 und 3.

    Auch bestehe ein nicht unbeträchtliches Inlandsvermögen. Es frage sich daher, aus welchem Grunde sie in der Zeit vom 3. Oktober 1989 bis 1992 zum Teil in "kleinen Häppchen" von unter 30.000,- DM, Überweisungen nach Ausland habe vornehmen sollen. Gegebenenfalls könne dargelegt werden, wofür die in bar abgehobenen Beträge verwendet worden seien.

    Die Fahndung habe nicht den Nachweis erbracht, dass sie ein Konto bei der "A"Ausland unterhalten habe.

    Darüber hinaus sei deutlich geworden, dass der Fahnder den Anwendungsbereich des § 90 der Abgabenordnung (AO) unzutreffend umrissen habe. Schließlich habe der Beklagte Besteuerungsgrundlagen nicht nach den Prinzipien des § 162 AO geschätzt, sondern ergebnisorientiert in grob gesetzwidriger Weise Steuern willkürlich festgesetzt. Wenn sie einen Geldbetrag bei einer "B" Filiale der "A" Bank AG abhole, sei das kein Kontakt zur "A"Ausland. Der Beklagte verdrehe die Tatsachen so immens, um den Eindruck zu erwecken, sie habe tatsächlich schon in irgendeiner Weise mit der "A"Ausland zu tun gehabt. Möglicherweise versuche man, aus diesem Sachverhalt erhöhte Mitwirkungspflichten herzuleiten.

    § 90 AO beinhalte jedoch keine Rechtsgrundlage für Mitwirkungspflichten, sondern regele lediglich, welche bestehenden und konkreten Mitwirkungspflichten nach Maßgabe des § 90 AO zu erfüllen seien. Es sei von besonderer Bedeutung zu klären, wo die Grenzen der Mitwirkungspflichten lägen. Mitwirkungspflichten bestünden grundsätzlich nur dann, wenn die erbetene Mitwirkung geeignet, notwendig, erforderlich und verhältnismäßig sei. Daran fehle es hier jedoch. Wenn eine Steuerpflicht ihrerseits überhaupt nicht feststehe, könnten keine weiteren Mitwirkungspflichten dahingehend bestehen, irgendwelche Unterlagen vorzulegen, die etwas mit der Höhe der Besteuerung zu tun hätten. In einem solchen Fall sei die angeforderte Mitwirkungsmaßnahme ungeeignet. Eine Inpflichtnahme "ins Blaue hinein" sei unangemessen. Im Zusammenhang mit Negativnachweisen gebe es auch Zumutbarkeitsgrenzen. Der immer wieder herangezogene § 90 Abs. 2 AO sei ebenfalls keine Rechtsgrundlage dafür, dass "irgendwelche" Auskünfte eingefordert würden.

    Hinsichtlich der Schätzung selbst sei festzuhalten, dass die Werte willkürlich bestimmt worden seien. Es werde in keiner Weise berücksichtigt, welche Anlagenform sie möglicherweise gewählt habe. Es finde sich kein Ansatz dazu, welcher Zinssatz ermittelt worden sei, wonach ein Zinssatz ermittelt worden sei oder ob überhaupt Zinsen hätten anfallen können.

    Mit Bescheiden vom 14. August 2003 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzungen für 1991 bis 2000. Darüber hinaus erließ er Änderungsbescheide betreffend die Vermögensteuer auf den 1.1.1991, 1.1.1993 (18. August 2003), 1.1.1992, 1.1.1994 (19. August 2003), 1.1.1995 (21. August 2003) und 1.1.1996 (22. August 2003).

    Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 5. September 2003 Einspruch ein, zu dessen Begründung sie auf die vorhergehenden Stellungnahmen verwies.

    Mit Einspruchsentscheidungen vom 2. Februar 2009 (ESt 1991 bis 2000) und 8. April 2009 (VSt 1.1.1991 bis 1.1.1996) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Identifizierung der Klägerin als Inhaberin der unter der Referenznummer bei der "A" Bank Ausland bestehenden Vermögensanlage sei als schlüssig erfolgt anzusehen. Grundlage für die Identifizierung bildeten die vorliegenden – im Bericht unter Tz. 4 mit den laufenden Nummern 1 bis 8 dargestellten – Einzahlungsvorgänge im Zeitraum 3. Oktober 1989 bis 14. Januar 1992 mit Volumen von insgesamt 407.000 DM auf ein Konto der "A"Ausland unter der Referenznummer . Die Identifizierung der Klägerin als Kapitalanlegerin sei – wie bereits dargestellt über die Auszahlungsvorgänge mit den lfd. Nummern 4 und 5 erfolgt. Im Einzelnen gelte:

    •Nr. 4: Auszahlung der 50.000 DM am 13. Februar 1990:

    Die Einzahlung zu Gunsten der genannten Referenznummer im Ausland sei über die Kasse 1 der "A" Bank "B" mit der lfd. Buchungsnummer 0018 erfolgt, während die Auszahlung am gleichen Tage und Ort und auch durch die gleiche Kasse mit der lfd. Buchungsnummer 0019 erfolgt sei. Der Einwand, dass die beiden Beträge nicht identisch seien, sei zwar zutreffend, könne jedoch durch den Kapitalbedarf für die Bestreitung des Lebensunterhalts erklärt werden.

    Zwar könne die genaue Verwendung der Mittel nicht nachvollzogen werden. Lt. Aufzeichnungen seien in der Folgezeit jedoch Urlaubsreisen in die Schweiz (..) sowie München unternommen worden.

    •Nr. 5: Auszahlung der 128.000 DM am 8. Juni 1990:

    Wiederum sei die Auszahlung vom Konto der Klägerin als Barvorgang unter der Buchungsnummer 0078 und die Einzahlung des Teilbetrages von 68.000 DM zu Gunsten der genannten Referenznummer im Ausland unter der Buchungsnummer 0079 derselben Kasse erfolgt.

    Die Verwendung der restlichen 60.000 DM könne wiederum nicht exakt beurteilt werden. Allerdings seien nach den bei der Durchsuchung sicher gestellten Aufzeichnungen am 8. Juni 1990 für einen antiken Schrank 48.000 DM sowie in der Folgezeit weitere nicht unerhebliche Mittel für Ankäufe und Urlaub verwendet worden.

    Diese zwei Vorgänge müssten im Zusammenhang gesehen werden. Dass die Klägerin die zwei Beträge jeweils in bar von ihrem Konto abgehoben habe, stehe fest und sei auch unstreitig. Beide festgestellten Einzahlungen der Teilbeträge seien im unmittelbaren Zusammenhang – aufeinanderfolgende Buchungsnummern derselben Kasse – auf Konto bei der "A"Ausland geleistet worden.

    Diese Handhabung der Barabhebung und der anonymen Bareinzahlung auf das ausländische Konto sei die übliche Abwicklung eines Transfers gewesen. Vielfach seien dabei von den Kunden an derselben Kasse der buchungstechnische Ein- und Auszahlungsvorgang in unmittelbarer Folge vorgenommen, zum Teil sei jedoch auch an zwei verschiedenen Kassen gebucht worden.

    Wenn – wie hier eine größere Barabhebung in unmittelbarem Zusammenhang mit einer anonymen Bareinzahlung auf ein ausländisches Konto erfolge, sei die Wahrscheinlichkeit, dass die Vorgänge tatsächlich zusammen gehörten, sehr groß. Diese Wahrscheinlichkeit habe sich vorliegend zu einer Gewissheit verdichtet, weil zwei derartige Gestaltungen anonymer Einzahlungsvorgänge auf das gleiche ausländische Konto vorlägen, während die Klägerin in der unmittelbar vorhergehenden/ nachfolgenden Buchung dieser Kasse einen hohen Barbetrag von ihrem Konto abgehoben habe.

    Die Alternative, dass die Referenznummer einem fremden Dritten zuzurechnen sei, würde bedeuten, dass dieser an zwei verschiedenen Tagen jeweils unmittelbar vor bzw. nach der Klägerin nicht nur einen Kassenvorgang erledigt, sondern jeweils anonyme Bareinzahlungen auf sein ausländisches Konto vorgenommen habe, während die Klägerin zufälligerweise zum gleichen Zeitpunkt erhebliche Barabhebungen getätigt habe.

    In diesem Licht der auf Grund sowohl der Lebenserfahrung bezüglich obiger Alternative als auch auf Grund der aus dem Großverfahren "A" Bank Ausland gewonnenen Erkenntnisse erfolgten Identifizierung seien dann die weiteren sechs festgestellten Geschäftsvorgänge zu sehen, wonach die Klägerin an vier verschiedenen Tagen (6. Oktober 1989, 17. Oktober 1989, 22. Oktober 1990, 14. Januar 1992) jeweils größere Barbeträge von ihrem Konto abhob, während unter gleichem Datum anonyme Einzahlungen in gleicher Größenordnung unter der bekannten Referenznummer auf das ausländische Konto erfolgt seien.

    Zum 19. Dezember 1990 sei eine Barabhebung von 106.000,- DM nachvollziehbar. Allerdings lasse sich die Auszahlung und Einzahlung des Teilbetrages über 80.000 DM zu Gunsten der genannten Referenznummer im Ausland nicht über fortlaufende Buchungsnummern der gleichen Kasse nachvollziehen. Hinsichtlich der Verwendung des Restbetrages von 26.000 DM ergebe sich aus den vorgefundenen Aufzeichnungen der Klägerin, dass ein Teilbetrag in Höhe von 24.700 DM offenbar für den Erwerb eines Teppichs (Barzahlung) aufgewandt worden sei. Obwohl zum 3. Oktober 1989 die entsprechende Barabhebung nicht nachvollzogen werden könne, könne für diesen Tag die Begehung des Schließfaches in dieser Filiale nachgewiesen werden. Die Verbuchung der Bareinzahlung über 36.000 DM sei über die Kasse 10 mit der lfd. Buchungsnummer 0087 erfolgt. Unter den lfd. Buchungsnummern 0088 und 0089 dieser Kasse seien offenbar die Einlösung von Tafelpapieren über 10.000 DM sowie Zinskupons Tafelpapiere in Höhe von 750 DM verbucht worden, die offenbar zur teilweisen Finanzierung der Bareinzahlung Verwendung gefunden hätten. Möglicherweise seien die Tafelpapiere an diesem Tage endfällig und zuvor dem Schließfach entnommen worden – womit auch dieser Tafelpapier-Vorgang der Klägerin zuzurechnen wäre.

    Im vorliegenden Fall erscheine auch die Häufigkeit der Schließfachbegehungen beachtlich. Anhand der Begehungskarten der Bank könne der Nachweis erbracht werden, dass mit Ausnahme der Einzahlungsvorgänge vom 13. Februar 1990 und 22. Oktober 1990 stets eine Begehung parallel zu den einzeln dargestellten Einzahlungsvorgängen erfolgt ist. Sinnvoll erscheine eine solche Begehung zur Entnahme/ Deponierung von Bargeld oder aber Tafelpapieren.

    Die Tatsache, dass die Klägerin (offenbar bereits langjährige) Erfahrungen im Umgang mit Tafelpapieren habe, ergebe sich aus der Tatsache, dass bei der Einsicht in das Schließfach Nr. bei der "A" Bank dieses Fach sei ebenfalls der Klägerin zuzurechnen Bankbelege über die Einlösung von Tafelpapieren über insgesamt 90.000 DM vom 20. Juni 1978 im Original vorgefunden worden seien.

    Diese Vorgänge und Abläufe seien starke Indizien für die begründete Annahme, dass die Referenznummer der Klägerin zuzurechnen sei.

    In ihrer Stellungnahme betrachte die Klägerin jeden einzelnen Vorgang isoliert und herausgelöst aus dem Gesamtbild. Insbesondere die Feststellungen zu Punkt (4) und (5) seien im Zusammenhang zu sehen. Die weiteren Feststellungen untermauerten darüber hinaus das Ermittlungsergebnis.

    Die getroffenen Feststellungen begründeten eine Mitwirkungspflicht der Klägerin sowohl nach § 90 Abs. 1 als auch insbesondere nach Abs. 2 AO.

    Die insoweit von der Klägerin vorgetragenen allgemeinen rechtlichen Beurteilungen führten nicht weiter. Kernpunkt sei die Frage, ob zum Einen das von der Steuerfahndung niedergelegte Ermittlungsergebnis hinsichtlich des Kontos im Ausland die Klägerin zur Mitwirkung verpflichte wegen des Vorliegens eines Auslandssachverhaltes, zum Anderen, ob die Klägerin gemäß § 90 Abs. 1 AO bei der Aufklärung des Inlandsachverhaltes, sprich: anderweitige Verwendung der Barabhebungen, mitwirken müsse. Eine entsprechende Verpflichtung sei in beiden Fällen zu bejahen.

    Unzweifelhaft stehe fest, dass auch bei den unstreitig von der Steufa nachgewiesenen Auslandssachverhalten, als da seien Villa "F" in "E" (Anschaffungskosten nach den Aufzeichnungen der Klägerin mindestens FF 7 Millionen bis einschl. VZ 2000) sowie Kontoverbindungen zur "G" Bank Frankreich und Großbritannien eine Mitwirkung ausdrücklich verweigert worden sei unter Hinweis auf das eingeleitete Strafverfahren sowie Auskünfte nicht erteilt und angeforderte Unterlagen nicht vorgelegt worden seien. Mithin sei von einer Verletzung der Mitwirkungspflichten im Besteuerungsverfahren auszugehen, was bekanntermaßen zur Schätzung berechtige. Im Übrigen seien die von der Klägerin benannten vielfältigen Anlageformen durchaus bekannt.

    Im Rahmen der Schätzung sei eine gleichmäßige Verzinsung von 8 % bzw. ab 1995 (in Anbetracht des rückläufigen Zinssatzes) von 6 % erfolgt, da die Klägerin ihre bekannten inländischen Kapitalanlagen stets in festverzinslichen Wertpapieren oder Festgeldanlagen getätigt habe und Gründe für eine Änderung dieser Anlagestrategie nicht bekannt geworden seien.

    Hiergegen hat die Klägerin am 3. März 2009 (ESt 1991 bis 2000) bzw. 29. April 2009 (VSt 1. Januar 1996 bis 1. Januar 1996) Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Insbesondere lasse sich ein Zusammenhang mit Abhebungen und Einzahlungen auf das ausländische Konto nicht feststellen. So fehle es zum Teil an nachfolgenden Buchungsvorgängen, so dass sich schon von daher eine Identität von Auszahlungen und Einzahlungen nicht feststellen lasse. In anderen Fällen fehle es schon an korrespondierenden Beträgen. Es dränge sich der Eindruck auf, dass der Beklagte in irgendeiner Weise versuche, Zusammenhänge zwischen Bargeldauszahlungen und Kapitalübertragungen zugunsten der "A" Bank Ausland herzustellen.

    Insbesondere weist die Klägerin darauf hin, dass nach ihrer Ansicht § 90 AO keine Rechtsgrundlage für die Entstehung von Mitwirkungspflichten beinhalte, sondern lediglich zum Ausdruck bringe, welche konkreten Mitwirkungspflichten zu erfüllen seien. Mitwirkungspflichten könnten nur entstehen, wenn die erbetene Mitwirkung zur Sachverhaltsaufklärung geeignet, notwendig, erforderlich und verhältnismäßig sei. Es sei schon zweifelhaft, ob der Rückgriff auf die Mitwirkungspflichten möglich sei, solange nicht feststehe, ob überhaupt eine Steuerpflicht entstanden sei. Zudem sei eine Inanspruchnahme "ins Blaue" hinein regelmäßig unangemessen. Schließlich sei es auch unzumutbar, von ihr den Nachweis über das Nichtvorhandensein steuerlicher Tatsachen zu verlangen.

    Selbst wenn man aber eine Verletzung von Mitwirkungspflichten unterstelle, habe der Beklagte einen möglichen Schätzungsrahmen nicht eingehalten. Insbesondere habe der Beklagte verkannt, dass weder eine Verdachtsschätzung, eine Strafschätzung oder die Schätzung eines Grundsachverhalts zulässig sei. Konkret habe die Steuerfahndung bei der Schätzung nicht berücksichtigt, welche Anlageform durch sie die Klägerin gewählt worden sei. Die Schätzung beruhe auf der Annahme, dass stets Einnahmen aus der Kapitalüberlassung erzielt würden. Dabei sei übersehen worden, dass es vielfältige Anlageformen gebe, aus denen sich nicht sofort Erträge erzielen ließen.

    Im Übrigen vertritt die Klägerin die Ansicht, dass für die Jahre 1997 und früher Festsetzungsverjährung eingetreten sei.

    Die Klägerin beantragt,
    die Einkommensteuerbescheide 1991 bis 2000 vom 14.08.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 02.02.2009 dahingehend abzuändern, dass die im Rahmen der Zusage in der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2011 genannten zuzuschätzenden Kapitalerträge nicht angesetzt werden, ferner die Vermögensteuerbescheide auf den 01.01.1991, 01.01.1993 vom 18.08.2003, 01.01.1992, 01.01.1994 vom 19.08.2003, 01.01.1995 vom 21.08.2003 und 01.01.1996 vom 22.08.2003 dahingehend abzuändern, dass die in der mündlichen Verhandlung zugesagten Beträge über nicht versteuertes Kapitalvermögen nicht angesetzt werden.

    Ferner beantragt die Klägerin hilfsweise, wie folgt Beweis zu erheben:
    Herr "H", c/o "I"bank AG, soll dazu befragt werden, ob das Konto mit der Referenz-Nr.: bei der "A" Bank Ausland der Klägerin zuzuordnen ist.

    Der Beklagte beantragt,
    soweit eine Änderung der Steuerfestsetzung nicht zugesagt worden ist, die Klage abzuweisen.

    Er beruft sich auf sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, entgegen der Ansicht der Klägerin sei die Identifizierung der bei der "A" Bank im Ausland bestehenden Vermögensanlage schlüssig erfolgt. Grundlage der Identifizierung seien die im Steuerfahndungsbericht dargestellten Vorgänge im Zeitraum vom 3. Oktober 1989 bis zum 14. Januar 1992 im Volumen von 407.000 DM auf ein Konto der "A"Ausland unter der Referenznummer . Die Einzahlungen, die jeweils als Bareinzahlungen erfolgt seien, seien anhand der Buchungsvorgänge eindeutig nachzuvollziehen. Auch wenn Einzahlungs- und Abhebungsbeträge nicht immer identisch seien, reiche dies zur Zuordnung aus. Die Abweichungen zwischen Abhebungen und Einzahlungen ließen sich mit dem Kapitalbedarf zur Deckung des Lebensunterhalts erklären. So ließen sich z.B. für die Auszahlung am 13. Februar 1990 in der Folgezeit Urlaubsreisen in die Schweiz und nach München feststellen. Auch hinsichtlich der weiteren Auszahlungen ließen sich teilweise andere private Aufwendungen nachvollziehen. Soweit Auszahlungs- und Einzahlungsvorgänge in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang lägen, entspräche es der Lebenswahrscheinlichkeit, dass die Transaktion im Zusammenhang mit der Klägerin stünden. Auffällig sei auch das Zusammentreffen mit Schließfachbegehungen und Einzahlungen. Es deute vieles darauf hin, das die Klägerin an den Begehungstagen entweder Bargeld oder Wertpapiere aus dem Schließfach entnommen habe. Darauf deute auch hin, dass im Schließfach Belege über Tafelpapiere aufgefunden worden seien.

    Hinsichtlich der Mitwirkungspflichten der Klägerin sei festzuhalten, dass die Klägerin immer wieder selbst bei Sachverhalten, die durch die Steuerfahndung eindeutig festgestellt worden seien, nicht zur Mitwirkung beigetragen habe. So habe sie weder hinsichtlich der Kontoverbindungen zur "G" Bank in Frankreich und in Großbritannien noch hinsichtlich der Anschaffung der Villa "F" in "E" Angaben gemacht, sondern die Mitwirkung ausdrücklich verweigert und Unterlagen nicht vorgelegt. All dies rechtfertige die Annahme, dass die Klägerin ihren Verpflichtungen nicht nachkommen wolle und daher eine Schätzung gerechtfertigt sei.

    Hinsichtlich der Höhe der Kapitaleinkünfte seien die verschiedenen Anlageformen durchaus bekannt. Im Rahmen der Schätzung sei jedoch von einer gleichmäßigen Verzinsung ausgegangen worden, da die Klägerin ihre Anlagen durchweg in festverzinslichen Anlageformen getätigt habe und Gründe für eine Änderung dieser Strategie nicht ersichtlich seien.

    Am 23. April 2010 hat der Berichterstatter einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.

    Daraufhin hat die Klägerin ein Schreiben der "I"bank vom 17. Mai 2010 vorgelegt, in der diese bestätigt, dass auf den Namen der Klägerin kein Konto oder Depot geführt werde. Daraus – so meint die Klägerin – ließe sich mit hinreichender Sicherheit entnehmen, dass weder ein Personen- noch ein Nummernkonto geführt worden sei, zumal Kontonummer und Referenznummer jeweils identisch seien.

    Hiergegen wendet der Beklagte ein, dass eine solche Bestätigung nicht ausreiche, da bei solchen Einzahlungen nicht selten Pseudonyme verwendet worden seien und es sich bei genannten Namen nicht immer um real existierende Personen gehandelt haben könnte. Eine Beweiskraft käme daher der Negativbescheinigung nicht zu.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung dem Vorschlag des Gerichts hinsichtlich einer Herabsetzung der Einkommen- und Vermögensteuer zugestimmt hat und zugesagt hat, die Klägerin entsprechend klaglos zu stellen, ist die Klage begründet und hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Hinsichtlich des weitergehenden Klageantrags ist die Klage unbegründet. Insoweit sind die angefochtenen Steuerfestsetzungen rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -).

    1.Der Beklagte war zum Erlass der Einkommensteuer- und Vermögensteueränderungsbescheide im Jahr 2003 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen des Bekanntwerdens neuer Tatsachen berechtigt. Sowohl die Einzahlungen auf das Konto im Ausland und die damit verbundene Existenz eines Vermögensstamms als auch der Zufluss von Zinsen stellen neue Tatsachen dar, die dem Beklagten erst nach den ursprünglichen Steuerfestsetzungen und damit nachträglich bekannt geworden sind. Eine Änderung der Steuerfestsetzungen war auch nicht durch den Eintritt von Festsetzungsverjährung ausgeschlossen.

    a.Bezüglich der Einkommensteueränderungsbescheide 1998 bis 2000 war im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Bescheide am 14. August 2003 die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Nr. 4 der Abgabenordnung – AO -) noch nicht abgelaufen. Die Klägerin hat die Steuererklärungen wie folgt abgegeben:

    1998: 9. März 2000
    1999: 23. Februar 2001
    2000: 22. Februar 2002

    Damit endete die reguläre vierjährige Festsetzungsfrist für den VZ 1998 Ende 2004, für den VZ 1999 Ende 2005 und für den VZ 2000 Ende 2006.

    b.Demgegenüber war die Vier-Jahres-Frist für die Einkommensteuer 1991 bis 1997 und die Vermögensteuer bereits – das ist zwischen Beteiligten unstreitig – abgelaufen.

    Dies führt jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide, da der Beklagte zu Recht
    davon ausgegangen ist, dass die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO wegen einer von der Klägerin begangenen Steuerhinterziehung auf zehn Jahre verlängert war und diese Frist noch nicht verstrichen war.

    Die 10-jährige Frist endete – ohne Berücksichtigung von Ablaufhemmungen - wie folgt:

    Einkommensteuer
    VZ Erklärungseingang Ablauf 4-Jahres-Frist Ablauf 10-Jahres-Frist
    1991 15. März 1993 31. Dezember 1997 31. Dezember 2003
    1992 17. März 1994 31. Dezember 1998 31. Dezember 2004
    1993 5. Mai 1995 31. Dezember 1999 31. Dezember 2005
    1994 4. September 1995 31. Dezember 1999 31. Dezember 2005
    1995 21. März 1997 31. Dezember 2001 31. Dezember 2007
    1996 20. März 1998 31. Dezember 2002 31. Dezember 2008
    1997 29. März 1998 31. Dezember 2002 31. Dezember 2008

    Vermögensteuer:

    Zeitpunkt Erklärungseingang Ablauf 4-Jahres- Frist Ablauf 10-Jahres-Frist
    1.1.1989 14. Mai 1990 31. Dezember 1994 31. Dezember 2000
    1.1.1993 17. März 1994 31. Dezember 1998 31. Dezember 2004
    1.1.1995 4. September 1995 31. Dezember 1999 31. Dezember 2005
    1.1.1996 10. November 1997 31. Dezember 2001 31. Dezember 2007

    c.Da der Klägerin die Einleitung des Steuerstrafverfahrens am 20. Juli 2002 bekanntgegeben wurde, war für den Zeitpunkt 1.1.1989 die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO eingetreten. Nach dieser Vorschrift läuft die Festsetzungsfrist nicht ab, bevor die aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind (§ 171 Abs. 5 Satz 2 i.V. mit Abs. 5 Satz 1 AO). Damit lief die 10-Jahres-Frist für die auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1989 bezogene Vermögensteuer nicht am 31. Dezember 2000 ab.

    Wegen der Ablaufhemmung war zudem bezüglich der Einkommensteuerfestsetzungen 1996 und 1997 auch die Vier-Jahres-Frist, die regulär zum 31. Dezember 2002 geendet hätte, noch nicht abgelaufen.

    Dementsprechend konnte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzungen 1996 bis 1997 ebenso wie schon die Einkommensteuerfestsetzungen 1998 - 2000 (s. oben a) auch ohne Rückgriff auf eine wegen Steuerhinterziehung verlängerte Festsetzungsfrist nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern.

    d.Auch soweit die Rechtmäßigkeit der Änderungsbescheide vom Vorliegen einer Steuerhinterziehung abhängig ist, sind die hierfür erforderlichen Feststellungen nicht nach den Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO), sondern nach denjenigen der AO und der FGO zu treffen (vgl. dazu Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofes – BFH vom 5. März 1979 GrS 5/77, BStBl II 1979, 570, unter C.I.2.a der Gründe). Dabei ist auch im Besteuerungs- und Finanzgerichtsverfahren der strafverfahrensrechtliche Grundsatz "in dubio pro reo" zu beachten (BFH-Beschluss vom 5. März 1979 GrS 5/77, BStBl II 1979, 570, unter C.II.1. der Gründe; BFH-Urteile vom 21.Oktober 1988 III R 194/84, BStBl II 1989, 216, 219; vom 14. August 1991 X R 86/88, BStBl II 1992, 128; vom 27. August 1991 VIII R 84/89, BStBl II 1992, 9; BFH-Beschluss vom 04.03.1999 II B 52/98, BFH/NV 1999, 1185). Die Finanzbehörde (der Steuergläubiger) trägt im finanzgerichtlichen Verfahren (weiterhin) die objektive Beweislast (Feststellungslast) für steueranspruchsbegründende Tatsachen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5. März1979 GrS 5/77, BStBl II 1979, 570, unter C.II.1. der Gründe). Allerdings ist bezüglich des Vorliegens einer Steuerhinterziehung kein höherer Grad von Gewissheit erforderlich als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das Finanzamt die Feststellungslast trägt.

    Dementsprechend ist bei nicht behebbaren Zweifeln die Feststellung einer Steuerhinterziehung mittels reduzierten Beweismaßes - mithin im Schätzungswege - nicht zulässig. Hängt die Rechtmäßigkeit eines Bescheides davon ab, dass eine Steuerhinterziehung vorliegt, kann das Gericht dies zu Lasten des Steuerpflichtigen nur feststellen, wenn es von dem Vorliegen der Straftat der Steuerhinterziehung überzeugt ist. Für die Überzeugungsbildung ist § 96 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz FGO anwendbar, der, der Sache nach mit § 261 StPO übereinstimmend, regelt, dass das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden hat. Daraus folgt, dass dem Steuerpflichtigen anders als bei einer Schätzung von Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO die Verletzung von Mitwirkungspflichten nicht zum Vorwurf gemacht werden darf. Das gilt auch für die Verletzung sog. erweiterter Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten nach § 90 Abs. 2 AO (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 2006 VIII R 81/04, BFH/NV 2007, 534).

    e.Obwohl es im Streitfall nur für einen Teil der streitigen Veranlagungszeiträume – nämlich soweit es zur Wahrung der Festsetzungsfrist erforderlich ist - auf die Feststellung des Gerichts über das Vorliegen einer Steuerhinterziehung ankommt, wendet der Senat die strengen Grundsätze hinsichtlich der Nachweisanforderungen auf alle Streitjahre und für die Einkommensteuer- und die Vermögensteuerfestsetzungen an. Denn soweit sich die Feststellung treffen lässt, dass dem Beklagten steuerlich erhebliche Tatsachen im Zuge einer Steuerhinterziehung unerkannt geblieben sind, rechtfertigt dies zugleich die Annahme, dass es sich um nachträglich bekannt gewordene Tatsachen im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO handelt. Deshalb bedarf es im Streitfall eines Rückgriffs auf die allgemeinen Grundsätze im Falle einer Verletzung der Mitwirkungspflichten, also auf ein auf Wahrscheinlichkeitserwägungen reduziertes Beweismaß nicht (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 29. Januar 1992 VIII B 91/01, BFH/NV 2002, 749 m.w.N.).

    Der Senat ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Streitfalls davon überzeugt, dass der Klägerin in allen Streitjahren eine Steuerhinterziehung zur Last zu legen ist. Wegen Steuerhinterziehung macht sich strafbar, wer den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO). Der Senat ist zweifelsfrei davon überzeugt, dass die Klägerin mindestens (weitere) 407.000 DM auf ein ihr zuzurechnendes Konto bei der "A" Bank Ausland eingezahlt hat und ihr aus dieser Bankverbindung Einkünfte aus Kapitalvermögen zugeflossen sind, ohne dass sie diese Sachverhalte dem Beklagten offenbart hat.

    aa) Dass die im Steuerfahndungsbericht vom 21. März 2003 unter Tz. 6 unter lfd. Nr. 1 bis 8 einzeln aufgeführten Einzahlungen im Zeitraum zwischen dem 3. Oktober 1989 und 14. Januar 1992 durch die Klägerin erfolgten, ergibt sich zweifelsfrei aus den Umständen, die seitens der Steuerfahndung zur Ermittlung der Identität der Klägerin festgestellt wurden. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sieht der Senat es als erwiesen an, dass die Einzahlungen auf das ausländische Konto allein durch die Klägerin vorgenommen sein können. Dies folgt hinsichtlich der Abhebungen und Einzahlungen am 13. Februar 1990 (Abhebung 50.000 DM, Einzahlung 23.000 DM, Nr. 4) und 8. Juni 2008 (Abhebung 128.000 DM, Einzahlung 68.000 DM, Nr. 5) schon aus dem unmittelbaren Zusammenhang der Buchungsnummern mit den Einzahlungen. Dies gilt ungeachtet des Einwandes der Klägerin, dass die eingezahlten Beträge nicht identisch waren. Der Senat hält es angesichts der nachgewiesenen unmittelbaren zeitlichen Abfolge der Abhebungen durch die Klägerin und der Einzahlungen für ausgeschlossen, dass ein anderer, fremder Dritter, in seinem Namen die Einzahlungen getätigt hat. Zwar ist es theoretisch denkbar, dass nach einer Abhebung der Klägerin ein anderer Kunde einen anderen Betrag bar wieder auf das ausländische Konto einzahlt. Es ist jedoch mehr als unwahrscheinlich, dass eine solche Zufälligkeit sich an zwei verschiedenen Tagen wiederholt. Es entspricht vielmehr einer realistischen Beurteilung und der Lebenswahrscheinlichkeit, dass der zeitliche Zusammenhang zwischen der Abhebung der Klägerin und der Einzahlung auf das ausländische Konto nur darauf beruhen kann, dass jeweils die Klägerin auch die Einzahlung vorgenommen hat.

    Vor diesem Hintergrund sieht es der Senat auch als erwiesen an, dass die Vorgänge vom 17. Oktober 1989 (Abhebung und Einzahlung von 16.000 DM), 6. Oktober 1989 (Abhebung und Einzahlung von 24.000 DM), 22. Oktober 1990 (Abhebung und Einzahlung von 80.000 DM), 14. Januar 1992 (Abhebung und Einzahlung von weiteren 80.000 DM) und 19. Dezember 1990 (Abhebung von 106.000 DM und Einzahlung von 80.000 DM) der Klägerin zuzurechnen sind. Der Senat ist davon überzeugt, dass dieses Zusammenfallen von Zahlungsvorgängen unter Einbeziehung der Bankbesuche der Klägerin sich nicht mehr mit einer Summe von Zufälligkeiten erklären lässt, so dass nur der Schluss möglich ist, dass allein die Klägerin für die Einzahlungen auf das ausländische Konto in Betracht kommt. Vor diesem Hintergrund sieht es der Senat auch als erwiesen an, dass die Einzahlung von 36.000 DM am 3. Oktober 1989 von der Klägerin stammt. Dies gilt auch in Anbetracht dessen, dass es an einer Barhebung durch die Klägerin am gleichen Tage fehlt. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ist nämlich der Rückschluss gerechtfertigt, dass das Aufsuchen des Schließfaches durch die Klägerin und die Einzahlung im Zusammenhang stehen und die Klägerin dort vorhandenes Vermögen zur Einzahlung eingesetzt hat. In dieser Annahme sieht sich der Senat dadurch bestätigt, dass im Schließfach der Klägerin Belege über Tafelpapiere gefunden wurden, so dass die Klägerin nachgewiesenermaßen grundsätzlich auch über hinreichende Barmittel verfügte, um Einzahlungen "aus dem Schließfach" tätigen zu können. Da die Klägerin auch keine Angaben gemacht hat, die auch nur im Ansatz Zweifel an dem sich nach dem Gesamtbild ergebenden tatsächlichen Geschehensablauf auslösen könnten, hat der Senat auch keinen Anlass, der unsubstantiierten Behauptung nachzugehen oder Glauben zu schenken, dass die Einzahlungen jeweils nicht von der Klägerin stammen. Hierzu hätte die Klägerin aufgrund ihrer Beweisnähe (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04, BStBl. II 2009, 315; BFH-Beschluss vom 26. April 2004 V B 243/03, BFH/NV 2005, 255) zumindest einen Sachverhalt dartun müssen, der auch nur Zweifel an der nachvollziehbaren und schlüssigen Indizienkette zulässt. Denn nur die Klägerin selbst hätte aufgrund der in ihrer Sphäre liegenden Sachkenntnis einen abweichenden Sachverhalt dartun können. Zumindest hätte sie die Verwendung der – unstreitig von ihr abgehobenen Beträge – darlegen können und müssen.

    bb) Ausgehend von dem danach feststehenden Sachverhalt, dass die Einzahlungen zugunsten der Referenznummer durch die Klägerin erfolgt sind, hat der Senat auch keine Zweifel daran, dass die Einzahlungen auf ein Konto der Klägerin geflossen sind. Der Senat ist im Rahmen der Gesamtbeurteilung des Sachverhalts davon überzeugt, dass die Referenznummer einem Konto und das darauf befindliche Guthaben der Klägerin zuzurechnen ist. Dies gilt ungeachtet dessen, dass sich die Kontoverbindung nicht unmittelbar durch Kontoauszüge oder ähnliche Nachweise der Klägerin zuzuordnen lässt. Dass die Bankverbindung der Klägerin zuzuordnen ist, folgt zur Überzeugung des Senats bereits aus dem Umstand, dass die Klägerin die Überweisungen veranlasst hat. Es entspricht der allgemeinen Lebenswahrscheinlichkeit, dass Einzahlungen jedenfalls dann auf das eigene Konto erfolgen, wenn sich aus dem Einzahlungsvorgang nicht ergibt, dass die Zahlungen einem Dritten als Zuwendungsempfänger zufließen. Dies gilt umso mehr, wenn – wie im Streitfall – der Einzahlungsvorgang anonym ausgestaltet ist, also der Zahlungsempfänger nicht bezeichnet und - mit Ausnahme der Einzahlung vom 14. Januar 1992 – als Einzahler nur "bekannt" angegeben ist. Bei vernünftiger und der Lebenserfahrung entsprechender Betrachtung lässt diese Handhabung nur den Schluss zu, dass es sich bei den Einzahlungen "nur" um eine Verlagerung des eigenen Vermögens handelte. Die Alternative, dass die Geldbeträge einem anderen Vermögen zufließen sollten, ist schlicht lebensfremd. Vor diesem Hintergrund sieht es der Senat auch als unschädlich an, dass die Einzahlung vom 14. Januar 1992 als Einzahler/in "J" nennt. Denn auch bei dieser Einzahlung ist – unstreitig - am gleichen Tage eine Barabhebung durch die Klägerin vorgenommen worden. Es gibt keinen vernünftigen Grund für die Annahme des nach dem Gesamtbild atypischen Sachverhalts, dass die Einzahlung auf das Referenzkonto nicht durch die Klägerin erfolgt ist. Insoweit geht der Senat davon aus, dass es sich um eine von der Klägerin verwendetes Pseudonym handelt.

    Bei der Würdigung der Gesamtumstände hat der Senat auch berücksichtigt, dass es über einem bloßen Bestreiten hinaus an jeglichem Vorbringen fehlt, das auch nur Anlass dafür geben könnte, die aus den Indizien gewonnene Überzeugung, dass es sich um eine Kontoverbindung der Klägerin handelt, in Frage zu stellen. Deshalb musste sich für den Senat auch nicht die Frage stellen, ob es zu einer anderen Verwendung der abgehoben Gelder gekommen sein kann. Denn angesichts des Geschehensablaufs hätte es der Klägerin oblegen, hierzu Angaben zu machen (vgl. FG BadWürtt., Urteil v. 26.11.2010, StE 2011, 70). Ebenso wenig ist vorgetragen oder auch nur im Ansatz erkennbar, dass eine Zurechnung an einen Dritten in Betracht kommt.

    cc) Auch die von der "I"bank vorgelegte Negativbescheinigung vom 17. Mai 2010 rechtfertigt nach Ansicht des Senats keine andere Beurteilung. Dieser Bescheinigung ist nicht zu entnehmen, wem das Konto mit der Referenznummer zuzuordnen ist. Sie enthält nämlich keine Angabe zu der Frage, für welche Person – wenn nicht für die Klägerin – das Konto geführt wurde. Darüber hinaus ist in der Bescheinigung die Referenznummer noch nicht einmal in Bezug genommen, so dass der Bescheinigung für die konkrete Bankverbindung keine verwertbaren Angaben enthält.

    Auch die Angabe, dass "auf den Namen (der) Klägerin kein Konto/Depot in unserem Hause geführt wurde oder geführt wird", reicht nicht aus, die Überzeugung des Senats über die Zuordnung des Kontos zu erschüttern. Die Bescheinigung schließt es allenfalls aus, dass das Konto unter dem Namen der Klägerin geführt wurde, es lässt aber die Möglichkeit offen, dass es sich um ein anonymisiertes Konto der Klägerin gehandelt haben könnte. Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, dass Referenznummer und Kontonummer des Einzahlenden identisch sind, lässt der Senat dahinstehen, ob dieser Behauptung zu folgen ist. Darauf kommt es vorliegend schon deshalb nicht an, weil sich die vorgelegte Bescheinigung weder über die Kontonummer noch über die Referenznummer verhält. Soweit die Klägerin vorträgt, es sei banktypisch, dass die Banken nur Negativatteste in der übersandten Form ausstellen, ist dies für die Überzeugungsbildung des Senats unerheblich. Maßgeblich ist allein, dass die Bescheinigung in der vorgelegten Form nicht zur Sachaufklärung geeignet ist. Insoweit hätte es der Klägerin oblegen, der Aufforderung des Gerichts nachzukommen, die Negativbescheinigung zu präzisieren. Der Hinweis, dass dies in "banktypischen Vorgängen" nicht üblich sei, vermag die Klägerin nicht von ihrer prozessualen Verpflichtung zu entlasten, innerhalb ihrer Sphäre liegende Informationen zu beschaffen (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04, BStBl. II 2009, 315; BFH-Beschluss vom 26. April 2004 V B 243/03, BFH/NV 2005, 255). Dies gilt insbesondere wenn – wie im Streitfall - die Informationen über eine ausländische Bank zu erlangen sind. Die Beschaffung der Information ist der Klägerin angesichts der Umstände des Einzelfalles auch zumutbar. Indem sie die Überweisungen auf das Konto getätigt hat, hat sie das wesentliche Merkmal der Indizienkette verwirklicht. Ihr wird danach kein "ins Blauer gerichteter" Negativbeweis abverlangt (vgl. BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/05, BStBl. II 2009, 315; BFH-Beschlüsse vom 8. April 1993 X B 22/92, BFH/NV 1994, 180; vom 18. Februar 2008 XI B 185/07, BFH/NV 2008, 1209), sondern lediglich eine Substantiierung ihres Vorbringens.

    Der Senat hat schließlich keine Veranlassung gesehen, dem weitergehenden Beweisantrag der Klägerin nachzukommen. Selbst wenn man unterstellt, dass der von der Klägerin benannte Zeuge bestätigt, dass das Konto mit der Referenznummer nicht unmittelbar der Klägerin zuzuordnen ist, würde das nach Ansicht des Senats zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts führen. Damit wäre allenfalls der – durch die Bescheinigung bereits erbrachte – Nachweis wiederholt, dass keine direkte Zuordnung möglich ist. Die sich nach den bereits dargelegten Umständen zur Überzeugung des Senats feststehende Beurteilung, dass der Klägerin das Konto jedenfalls wirtschaftlich zuzurechnen ist, würde damit weder widerlegt noch in Zweifel gezogen.

    f.Der Senat hat angesichts des verwirklichten Sachverhalts auch keine Zweifel, dass die Klägerin vorsätzlich gehandelt hat, um Steuern zu verkürzen. Das ergibt sich schon aus dem planvollen Verhalten der Klägerin. Sie hat ersichtlich den Weg der Barabhebung und Bareinzahlung gewählt, um die Vermögensverlagerungen zu verschleiern. Auch der Umstand, dass sich die Klägerin bemüht hat, die Transaktionen anonym vorzunehmen, lässt nur den Schluss zu, dass der Klägerin bewusst war, dass auf diese Weise ein Zugriff des Fiskus zumindest erschwert würde. Dass der Klägerin grundsätzlich die Steuerpflicht bekannt war, ergibt sich aus dem Umstand, dass sie in ihren Einkommensteuererklärungen andere Einkünfte aus Kapitalvermögen angegeben sowie Kapitalbestände in ihren Vermögensteuererklärungen angegeben hat.

    2.Hinsichtlich der Höhe des Kapitalstamms ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin zum 1. Januar 1991 über mindestens ein Geldvermögen in Höhe des im Laufe der Zeit auf das ausländische Konto eingezahlten Betrages von 407.000 DM verfügte. So ergibt sich aus den Einzahlungen vom 3. Oktober 1989 bis zum 19. Dezember 1990 bereits ein Betrag von 327.000 DM. Der Senat hat aber auch keinen Zweifel, dass die Klägerin bereits zu Beginn 1991 über den erst am 14. Januar 1992 auf das ausländische Konto weiter eingezahlten Betrag von 80.000 DM verfügte. Denn dieser Betrag – was unstreitig wegen der Abhebungen nachgewiesen und auch nicht streitig ist - befand sich zuvor auf dem inländischen Konto der Klägerin. Dementsprechend stellt dieses nachgewiesene Vermögen von 407.000 DM den untersten Rahmen des Vermögenstamms der Klägerin dar. Da der Beklagte den Ansatz des Geldvermögens im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf diesen Betrag beschränkt hat, bedurfte es letztlich keiner Entscheidung mehr, ob auch der Ansatz eines höheren Betrages gerechtfertigt gewesen wäre, wobei der Senat allerdings darauf hinweist, dass auch ohne Rückgriff auf eine mögliche Verletzung der Mitwirkungspflichten angesichts der festgestellten Hinterziehung ein Ansatz eines erheblichen Sicherheitszuschlags gerechtfertigt gewesen wäre. Auch diesem Gedanken trägt der Senat dadurch Rechnung, dass er von einer Existenz des insgesamt nachgewiesenen Betrages bereits ab dem Jahr 1991 ausgeht.

    3.a) Es steht zur Überzeugung des Senats ferner fest, dass der Klägerin in den Streitjahren jährlich Zinsen in Höhe eines durchschnittlichen Zinssatzes aus der Umlaufrendite inländischer Schuldverschreibungen und der Geldmarktsätze am Frankfurter Börsenplatz (Zwölfmonatsgeld, ausgehend von Monatsdurchschnittszinsen) nach der Statistik der Deutschen Bundesbank (www.bundesbank.de/statstik) zugeflossen sind. Danach ergeben sich folgende Zinswerte:

    Jahr Umlaufrendite/ Jahresdurchschnitt in Prozent Geldmarkt/ Jahresdurchschnitt in Prozent Zinswert in Prozent Ansatz in Prozent
    1991 8,63 9,31 8,97 8,0 = Bekl.
    1992 7,98 9,19 8,59 8,0 = Bekl.
    1993 6,28 6,46 6,37 6,4
    1994 6,67 5,38 6,03 6,0
    1995 6,51 4,68 5,6 5,6
    1996 5,61 3,38 4,5 4,5
    1997 5,08 3,53 4,31 4,3
    1998 4,4 3,68 4,04 4,0
    1999 4,27 3,1 3,72 3,8
    2000 5,23 4,76 5,0 5,0

    b) Bei der Berechnung der Höhe der Kapitaleinkünfte geht der Senat im Rahmen der gebotenen, aber am unteren Rand des Schätzungsrahmens orientierten, Schätzung weiter davon aus, dass das vorhandene Kapital jeweils zinsbringend angelegt war und zwar im Jahr 1991 zum Teil (80.000 DM) zunächst auf einen inländischen Konto, aus der die Bareinzahlung am 14. Januar 1992 auf das ausländische Konto erfolgte und im Übrigen (327.000 DM) aus dem bereits bestehenden ausländische Konto und sodann ausgehend von dem Gesamteinzahlungsbetrag von 407.000 DM aus dem insgesamt bei der "A" Bank Ausland angelegten Kapital. Es besteht auch keine Veranlassung der Darstellung der Klägerin zu folgen, dass auch eine unverzinsliche Geldanlage in Betracht zu ziehen sei. So ist die im Übrigen durch den Akteninhalt belegte Behauptung des Beklagten unwidersprochen geblieben, dass die Klägerin stets konservative Anlageformen wählte. Zudem gilt – jedenfalls solange wie im Streitfall keine anderweitigen Anhaltspunkte gegeben sind – im Grundsatz die Annahme, dass eine verzinsliche Anlage bei einer Verlagerung des Kapitals nach Ausland als übliche Anlageform anzusehen ist. Der Senat hält es danach für ausgeschlossen, dass die Klägerin eine andere Anlageform gewählt hat, die ggf. nicht zu einer jährlichen Verzinsung geführt hätte. Insbesondere gibt es keinen Anlass zu der Annahme, dass die Klägerin ihre bislang im Inland verfolgte Anlagestrategie der Anlage in festverzinslichen Anlageformen geändert haben könnte. Auch der Umstand, dass die Bareinzahlungen stets auf das gleiche Konto erfolgten, lässt nach Ansicht des Senats den Schluss zu, dass es sich um eine einheitliche, fest verzinsliche Geldanlage handelte.

    c) Es bestehen nach Überzeugung des Senats auch keine Zweifel daran, dass die Klägerin das Kapital nebst der aufgelaufenen Zinsen auf dem Konto belassen hat. Dies schließt der Senat bereits aus dem Umstand, dass die Klägerin die Einzahlungen auf dem Konto ersichtlich dazu genutzt hat, einen Vermögenstamm aufzubauen und zu vermehren. Dies ergibt sich aus den regelmäßigen Einzahlungen auf dem Konto. Es gibt auch keine Anhaltspunkte, dass die Klägerin aus dem im Ausland angesammelten Kapital Auszahlungen erhalten hat. Laufende private Aufwendungen konnte die Klägerin ausweislich der Steuererklärungen in allen Streitjahren aus ihren erklärten laufenden Einnahmen, vor allem aus Vermietung und Verpachtung, decken. Zusätzlich verfügte die Klägerin – unstreitig – über weiteres Vermögen. Angesichts der Gesamtumstände bleiben auch in Anbetracht dessen, dass der Beklagte unter Beachtung des Grundsatzes "in dubio pro reo" die Feststellungslast für den Verbleib der Zinsen auf dem Konto trägt, keine vernünftigen Zweifel am Verbleib des Geldes als Kapitalanlage und der Wiederanlage der Erträge.

    d) Unter Zugrundelegung dieser Feststellungen stehen zusammenfassend folgende Entwicklungen des Kapitalstamms und der Zinseinnahmen fest:

    Jahr Vermögensstamm Zinsen
    1991: 407.000,00 DM 32.560,00 DM
    1992: 439.560,00 DM 35.164,80 DM
    1993: 474.724,80 DM 30.382,39 DM
    1994: 505.107,19 DM 30.306,43 DM
    1995: 535.413,62 DM 29.983,16 DM
    1996: 565.396,78 DM 25.442,86 DM
    1997: 590.839,64 DM 25.406,00 DM
    1998: 616.245,74 DM 24.649,83 DM
    1999: 640.895,57 DM 24.262,48 DM
    2000: 665.249,60 DM. 33.262,48 DM

    Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zugesagt hat, die Klägerin klaglos zu stellen, soweit bislang basierend auf dem Betriebsprüfungsbericht vom 21. März 2003 in den Einkommensteuerfestsetzungen höhere Zinseinnahmen angesetzt worden sind, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob ein höherer Ansatz gerechtfertigt gewesen wäre.

    e.Aus der vorstehenden Berechnung ergibt sich zugleich, dass hinsichtlich der Vermögensteuerfestsetzungen abweichend vom Betriebsprüfungsbericht vom 21. März 2003 von folgenden nicht versteuerten Kapitalvermögen auszugehen ist:

    1991: 407.000,00 DM
    1992: 439.560,00 DM
    1993: 474.724,80 DM
    1994: 505.107,19 DM
    1995: 535.413,62 DM
    1996: 565.396,78 DM

    Da der Beklagte auch insoweit in der mündlichen Verhandlung zugesagt hat, die Klägerin klaglos zu stellen, soweit bislang basierend auf dem Betriebsprüfungsbericht vom 21. März 2003 in den Vermögensteuerfestsetzungen ein höheres nicht versteuertes Kapitalvermögen angesetzt worden ist, muss der Senat nicht entscheiden, ob ein höherer Ansatz gerechtfertigt gewesen wäre
    4.Die Übertragung der Steuerberechnungen auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
    5.Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 FGO.