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  • 03.08.2012 · IWW-Abrufnummer 122879

    Finanzgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 08.03.2012 – 9 K 9009/08

    1. Für die fremdübliche Gestaltung und Durchführung eines Angehörigen-Mietvertrags trägt der Steuerpflichtige die volle Darlegungs- und Beweislast.
    2. Ein Mietverhältnis zwischen dem Sohn als Vermieter und seiner Mutter betreffend eine von einer Scheune in ein Wohnhaus mit Garten umgebaute Immobilie ist nicht fremdüblich und damit steuerlich unbeachtlich, wenn u.a.
    -im Mietvertrag keine Vereinbarungen über Zeitpunkt und Höhe von Nebenkostenvorauszahlungen getroffen worden sind und die erheblichen Nebenkosten über Jahre hinweg tatsächlich nie eingefordert worden sind,
    -sowohl der Sohn als auch die Mutter jederzeit und unabhängig voneinander uneingeschränkt Zugang zu dem Haus mit Garten hatten und nicht bewiesen werden konnte, dass die Mutter das Grundstück wie angegeben als Zweitwohnung innegehabt hat,
    -der Sohn als Vermieter die Immobilie nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zumindest gleichberechtigt mitgenutzt hat,
    -der Mietvertrag teilweise nicht wie vereinbart durchgeführt worden ist (u. a. keine Zahlung der vorgesehenen Kaution, Nichtdurchführung der von der Mieterin vertraglich zugesagten umfassenden Instandhaltungsarbeiten im Garten), und
    -der Sohn eine unmöblierte Wohnung vermietet, die Wohnung später aber auf eigene Kosten u.a. mit neuen Möbeln ausgestattet hat und ein Schwimmbecken mit Saunabereich eingebaut hat.
    3. Es ist von einer Steuerhinterziehung und damit von einer 10-Jährigen Festsetzungsfrist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige über Jahre hinweg in seinen Steuererklärungen ein zu negativen Einkünften führendes Mietverhältnis mit seiner Mutter angegeben hat, obwohl er wusste, dass das Mietverhältnis mit seiner Mutter in vielerlei Hinsicht einem Fremdvergleich nicht standhalten würde und insbesondere in zahlreichen Punkten nicht so durchgeführt worden ist wie es schriftlich vereinbart worden war.


    IM NAMEN DES VOLKES
    URTEIL
    In dem Rechtsstreit
    hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg – 9. Senat – aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht …, den Richter am Finanzgericht … sowie die ehrenamtlichen Richter … Herr … und Herr …
    für Recht erkannt:
    Die Klage wird abgewiesen.
    Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
    Tatbestand:
    Die Beteiligten streiten nach Einschränkung des Klageantrags in der mündlichen Verhandlung am 8. März 2012 nur noch um die Frage, ob negative Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung eines von ihm als Erbbauberechtigter genutzten und mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in X (…) aufgrund eines Mietverhältnisses mit seiner inzwischen verstorbenen Mutter steuerrechtlich anzuerkennen und demgemäß im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen 1998 bis 2003 steuermindernd zu berücksichtigen sind.
    Der Kläger, von Beruf selbständiger Krankengymnast (…), wurde vom Beklagten für die Streitjahre 1998 bis einschließlich 2000 zusammen mit seiner inzwischen geschiedenen Ehefrau (vgl. rechtskräftiges Scheidungsurteil des Amtsgerichts T. vom … Februar 2004), die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Verkäuferin erzielte, zur Einkommensteuer veranlagt. Die Eheleute haben ein gemeinsames Kind. Die Einkommensteuererklärungen 1998 bis 2003 wurden unter Mitwirkung der Steuerberatersozietät W. & S. (ab Mitte 2000 um einen zusätzlichen Partner auf W., S., G. erweitert) aus K. erstellt, die auch die Verfahrensbevollmächtigten der Steuerpflichtigen in den jeweiligen Veranlagungs- und Einspruchsverfahren waren.
    In einem am … Oktober 2002 notariell geschlossenen „Ehevertrag nebst Scheidungsfolgenvereinbarung” (UR-Nr. … des Notars G.) heisst es auf Seite 2 wörtlich:
    „Wir leben seit Februar 1992 voneinander getrennt. Der Ehemann ist zu diesem Zeitpunkt aus der ehemaligen Ehewohnung … in … K. ausgezogen. Ein Antrag auf Scheidung unserer Ehe ist nicht gestellt.”

    Für die Streitjahre 2001 bis 2003 erfolgte aufgrund der Trennung eine Einzelveranlagung.
    In den Einkommensteuererklärungen 1998 bis 2003, in denen der Kläger seine Wohnanschrift durchgängig mit „…Straße 30, … K.” angab, wurden folgende negative Einkünfte des Klägers aus der Vermietung und Verpachtung des Grundstücks … in X. an die am … … 1929 geborene, verwitwete Mutter des Klägers erklärt (hinsichtlich des Streitjahres 1998 sowie des 1. Halbjahres 1999 mangels Abschluss eines Mietvertrages als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers i. S. von § 21 EStG; außerdem wurden weitere negative Einkünfte aus der Vermietung einer dem Kläger gehörenden Immobilie in … erklärt):
    1998 (Eingang beim Beklagten am 15. August 2000): ./. … DM;
    1999 (Eingang beim Beklagten am 20. April 2001): ./. … DM;
    2000: ./. … DM;
    2001: ./. … DM;
    2002: ./. … EUR;
    2003: ./. … EUR.
    Der Kläger hatte das Grundstück in X. im Jahr 1998 im Wege der Erbpacht von der örtlichen evangelischen Gemeinde zur Nutzung überlassen bekommen (vgl. Vertrag vom … Juli 1998 – UR-Nr. … des Notars F. aus K.) und die vorhandene Scheune in den Jahren 1998 und 1999 mit einem finanziellen Aufwand in Höhe von rund … DM zu einem Wohnhaus mit Terrasse und Gewächshaus im Außenbereich umgebaut. Die Terrasse wurde vom Kläger in den Jahren 2001 und 2002 mit einem finanziellen Aufwand in Höhe von rund … EUR zu einem Wintergarten ausgebaut.
    In dem o. g. Notarvertrag ist in Abschnitt II. 4) Folgendes bestimmt:
    „4) Mit der Übergabe des Grundstückes, die mit Wirkung vom 01.07.1998 als vereinbart gilt, hat der Erwerber alle einmaligen und wiederkehrenden öffentlichen und privatrechtlichen Abgaben, Lasten und Pflichten, die die Grundstückseigentümerin und den Gebäudeeigentümer als solche treffen, zu tragen und die Grundstückseigentümerin schadlos zu halten, falls diese hierwegen in Anspruch genommen werden sollt… …”
    In den Jahren 1998 bis 2005 war beim für X. zuständigen Einwohnermeldeamt … niemand als Bewohner des Grundstücks … gemeldet. Es gab in dieser Zeit auch kein Namensschild am Haus oder am Briefkasten oder an einem anderen Ort auf dem Grundstück. Erst seit dem 10. Januar 2006 ist der Kläger selbst beim o. g. Einwohnermeldeamt mit Nebenwohnsitz auf seinem Grundstück in X. gemeldet.
    Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärungen 1998 und 1999 machten der Kläger und seine inzwischen von ihm geschiedene Ehefrau als Bestandteile der erklärten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des o. g. Grundstücks 40 v. H. der gebäudebezogenen Herstellungskosten als Sonderabschreibungen gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 3 b des Fördergebietsgesetzes (FördG) steuermindernd geltend
    (…):
    1998: … DM (ursprünglich: … DM);
    1999: … DM.
    Schuldzinsen fielen danach nicht an (Kapitaleinnahmen 1997: … DM).
    Der Beklagte setzte die Einkommensteuer 1998 bis 2003 insoweit zunächst (mit geringfügigen Korrekturen) erklärungsgemäß fest (1998: am … November 2000; 1999: am … Juni 2001; 2000: am … Februar 2003). Mit Bescheid vom … Juni 2003 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung bezüglich der Einkommensteuerfestsetzung 1998 auf.
    Unter Berufung auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) erhöhte der Beklagte die Einkommensteuer 1999 aus hier nicht streitgegenständlichen Gründen mit Bescheid vom … Juni 2003 von bisher … DM auf nunmehr … DM. Daraufhin schrieb die damalige Verfahrensbevollmächtigte des Klägers am … Juli 2003 an den Beklagten u. a., dass der Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit aufgrund eines „technischen Versehens” für das Streitjahr 1999 um … DM und für das Streitjahr 2000 um … DM nach oben zu korrigieren sei. Der Beklagte erließ deshalb am … Juli 2003 auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützte geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1999 und 2000, mit denen die Einkommensteuer unter Zugrundelegung von freiberuflichen Einkünften des Klägers in Höhe von nunmehr … DM (1999) bzw. … DM (2000) auf … DM (1999) bzw. … DM (2000) festgesetzt wurde.
    Die Bescheide betr. Einkommensteuer 2001 bis 2003 (2001 und 2002: ursprünglich am … Juni 2003 bzw. am … Dezember 2003, 2003: am … Oktober 2004) ergingen im Hinblick auf eine geplante Außenprüfung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 2 AO).
    Am … Januar 2006 erließ der Beklagte eine Außenprüfungsanordnung betr. die Streitjahre 2001 bis 2003. Bei den Vorermittlungen zur Außenprüfung fiel auf, dass erhebliche Bareinnahmen bei den Einkünften des Klägers aus seiner selbständigen Tätigkeit nicht erklärt worden waren. Daraufhin erging am … März 2006 eine erweiterte Außenprüfungsanordnung betr. die Jahre 1997 bis 2000, die nach erfolglosem Einspruch des Klägers bestandskräftig wurde (vgl. Einspruchsentscheidung des Beklagten vom … April 2006).
    Mit Schreiben vom … und vom … März 2006 erklärte die Verfahrensbevollmächtigte des Klägers sowie dessen Ehefrau erhebliche Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit für die Jahre 1998 bis 2001 sowie 2004 nach (1998: … DM; 1999: … DM; 2000: … DM; 2001: … DM; 2004: … EUR).
    Auf Grund der während der Außenprüfung gewonnenen Erkenntnisse gelangte die Außenprüferin u. a. zu der Auffassung, dass das streitgegenständliche Mietverhältnis nicht tatsächlich durchgeführt worden und daher für alle Streitjahre steuerrechtlich nicht anzuerkennen sei. Das angebliche Mietobjekt sei nämlich nach den umfangreichen Aus- und Umbaumaßnahmen in den Jahren 1998 und 1999 vom Kläger nur zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden. Die angebliche Mieterin sei hinsichtlich der Anschrift des Mietobjekts nie polizeilich angemeldet worden. Ihr alleiniger Wohnsitz sei in den Streitjahren stets in … K. gewesen (vgl. Tz. 25 des Berichts über die durchgeführte Außenprüfung vom … Mai 2006).
    Daraufhin erließ der Beklagte am … Juni 2006 hinsichtlich der Streitjahre 1998 bis 2000 unter Berufung auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheide, mittels derer er die Einkommensteuer auf … DM (1998), … DM (1999) bzw. … DM (2000) heraufsetzt… Hinsichtlich der Einkommensteuer 2001 bis 2003 stützte er die ebenfalls am … Juni 2006 erlassenen Änderungsbescheide auf § 164 Abs. 2 AO (2001: … DM; 2002: … EUR; 2003: … EUR).
    Gegen die vorgenannten Änderungsbescheide legte der Kläger fristgerecht Einsprüche ein. Er begründete diese hinsichtlich der hier nur noch streitgegenständlichen negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Wesentlichen damit, dass diesen von ihm geltend gemachten Verlusten ein steuerlich berücksichtigungsfähiges Mietverhältnis mit seiner Mutter zugrunde gelegen habe. Die Mutter habe sowohl das Grundstück in X. bewohnt als auch ihre bisherige Wohnung in K. beibehalten. Der Mietvertrag sei am … Juni 1999 für die Zeit ab 1. Juli 1999 bis zum 30. Juni 2004 auf einem gültigen Vordruck schriftlich fixiert worden. Das Mietverhältnis sei von seiner Mutter mit Schreiben vom … August 2005 mit Wirkung zum 31. Oktober 2005 aus gesundheitlichen Gründen gekündigt worden.
    Der von ihm vorgelegte Mietvertrag trägt das Datum „… Juni 1999” und bezieht sich auf die Anmietung eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 70 qm (2,5 Zimmer, 1 Kammer, 1 Küche, 2 Korridore, 2 Toiletten mit Dusche, 1 Terrasse, 1 Gartenhaus, 1 Geräteschuppen) gegen Zahlung einer monatlichen Miete in Höhe von 1 100,00 DM (ab 1. Juli 2002: 1 200,00 DM = 612,42 EUR) zuzüglich Nebenkosten (Müllabfuhr, Straßenreinigung, Schornsteinfeger, Bewässerung/Entwässerung, Stromversorgung, Gas, Schnee- und Eisbeseitigung). „Kleinreparaturen bis 200,00 DM” sollten von der Mieterin getragen werden.
    Die Miete sollte auf das für den Kläger bei der … geführte Konto … eingezahlt werden. (Nach Aktenlage verfügte der Kläger zu dieser Zeit offenbar noch über ein weiteres Konto bei der … – Kontonummer …).
    In einer „Anlage Blatt 1” zum vorgenannten Mietvertrag heißt es u. a.:
    „Instandhaltung der Gartenanlage
    ausreichende Bewässerung sämtlicher Außenanlagen
    Pflege von Rasen und Kulturen (Hecke)
    Rasenschnitt während der Gartenzeit Juni – September 2 × pro Monat
    Heckenschnitt während der Gartenzeit Juni – September 2 × pro Jahr (die Höhe wird vom Vermieter festgesetzt)
    Düngung von Rasen und Hecke während der Gartenzeit Juni – September 1 bis 2 × pro Jahr
    Platten (Zufahrt u. Terrasse) sowie Rasen sind unkrautfrei zu halten.
    Anmeldungen bei entsprechenden Medien (Rundfunk/Müll/MEWAG/Wasser) sind dem Vermieter vorzulegen bzw. als Kopie auszuhändigen.”
    Die Annahme des Beklagten, dass das Grundstück in X. nicht durch seine Mutter, sondern durch ihn selbst zu Wohnzwecken genutzt worden sei, entbehre jeder Grundlage (Hinweis auf Kündigungsbestätigung der Deutschen Telekom zum 31. Oktober 2005 hinsichtlich des auf die Mutter lautenden Telefonanschlusses). Obwohl sich seine Mutter gesundheitlich in einer angespannten Lage befunden habe, habe sie sich nach dem Tod ihres Ehemannes und der zwangsweisen Aufgabe eines Kleingartens in K. durch den Bezug einer Wohnung mit Garten einen Kindheitstraum erfüllen wollen. Wegen der räumlichen Nähe ihrer bisherigen Wohnung in K. zu diversen Arztpraxen habe sie diese auch nach Anmietung des Hauses in X. nicht aufgegeben. Aufgrund verschiedener medizinisch notwendiger Maßnahmen habe sie sich nicht wie beabsichtigt häufig in X. aufhalten können. Damit sei auch zu erklären, weshalb er, der Kläger, vermehrt in X. gesehen worden sei: Er habe sich nämlich während deren Abwesenheit um Haus und Garten gekümmert.
    Die Einsprüche blieben erfolglos und wurden vom Beklagten mit zwei „Zusammengefassten Einspruchsentscheidungen” vom … Dezember 2007 als unbegründet zurückgewiesen. Zweifel an der korrekten Durchführung des Mietverhältnisses mit der Mutter hätten sich für ihn, den Beklagten, bereits daraus ergeben, dass der Mietvertrag vom 27. Juni 1999 auf einem Vordruck schriftlich fixiert worden sei, der nach Auskunft des Verlags erstmals im August 1999 aufgelegt worden sei. Darüber hinaus sei bei der Prüfung der Verbrauchswerte für das Grundstück in X. aufgefallen, dass z. B. der Stromverbrauch in den Zeiträumen zwischen 9 000 bis 10 000 kwh pro Jahr betragen habe, in denen die Mutter auf Grund von Operationen und Rehabilitationsmaßnahmen das Haus in X. so gut wie gar nicht habe bewohnen können. Der jährliche Stromverbrauch habe auch nach Kündigung des vom Kläger behaupteten Mietverhältnisses und anschließender Eigennutzung des Grundstücks durch ihn etwa 10 000 kwh pro Jahr betragen. In der Wohnung der Mutter in K. seien in den Streitjahren durchschnittlich 2 000 kwh Strom verbraucht worden, was für einen Einpersonenhaushalt ein üblicher Wert sei.
    Die Annahme, dass nicht die Mutter, sondern der Kläger selbst das Grundstück in X. in den Streitjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe, entspreche auch der allgemeinen Lebenserfahrung. Denn es sei nicht nachvollziehbar, weshalb eine gesundheitlich angeschlagene Rentnerin im Alter von 70 Jahren in das abgelegene X. ziehe, wo keine angemessene ärztliche Betreuung vorhanden gewesen sei. Auch erscheine es zweifelhaft, dass ein älterer Mensch, der seit Jahren in einer angestammten Umgebung mit sozialen Kontakten gelebt habe, durch einen Umzug in das Umland auf diese Kontakte verzichte.
    Für seine Bewertung des Sachverhaltes spreche auch, dass Herr S. als unmittelbarer Grundstücksnachbar und Pfarrer der örtlichen evangelischen Gemeinde bei seiner Vernehmung im Rahmen des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ausgesagt habe, der Kläger selbst habe das Grundstück in X. in den Streitjahren am Wochenende zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Seine Mutter habe dort nur im Garten gearbeitet. Sie habe nach Aussage einer anderen Zeugin ein Gewächshaus auf dem Grundstück unterhalten. Zwar habe die Mutter auch ein Zimmer in dem Haus zur Verfügung gehabt, aber sie habe dort nicht als Mieterin oder dauerhaft gewohnt.
    Die Aussage des Pfarrers werde bestärkt durch die Aussage der geschiedenen Ehefrau des Klägers. Diese habe ausgesagt, dass die Familie des Klägers an Wochenenden oft auf dem Grundstück in X. gewesen sei, u. a. auch gemeinsam mit dessen Mutter. Die Mutter habe in den Streitjahren 1998 bis 2003 weiterhin in ihrer bisherigen Wohnung in K. gewohnt. Die Tochter des Klägers habe ihre Oma häufig in deren Wohnung in K. besucht, da diese nur einen kurzen Fußweg von der Familienwohnung … K. entfernt gewesen sei. Die Oma sei auch immer in ihrer bisherigen Wohnung erreichbar gewesen, wenn sie diese angerufen oder wegen einer notwendigen Kinderbetreuung aufgesucht hab…
    Für die Schlussfolgerung, dass das Grundstück in X. vom Kläger vor allem als Zweitwohnsitz bzw. Wochenendgrundstück genutzt worden sei, sprächen auch die Verbrauchswerte für Trink- und Abwasser. Der örtliche Versorger habe auf Anfrage mitgeteilt, dass die Abwassereinleitmengen für eine geringe Nutzung des Hauses zu Wohnzwecken sprächen, da sie nur ca. 30 v. H. eines durchschnittlichen Verbrauchs betragen hätten. Der größte Teil des Frischwassers sei als Gartenwasser benutzt worden.
    Es sei überdies zweifelhaft, ob die Mutter des Klägers die mit der Grundstücksnutzung verbundenen Betriebskosten tatsächlich selbst getragen hab… Neben der Miete seien nämlich noch monatlich … EUR für Frisch- und Brauchwasser, … EUR für Strom, … EUR für Gas und … EUR für einen Telefonanschluss (alles bezogen auf das Streitjahr 2002) angefallen. Abschließend spreche auch die fehlende Anmeldung zur Müllabfuhr für seine, des Beklagten, Schlussfolgerung. Denn es erscheine nicht lebensnah, dass für ein Mietwohngrundstück keine Abfuhr des Mülls organisiert sei.
    Nach Vernehmung von insgesamt 16 Zeugen sprach das Amtsgericht T. den Kläger mit Urteil vom … Mai 2010 (Az.: …) vom Vorwurf der Steuerhinterziehung in Bezug auf die nicht erklärten Praxiseinnahmen in den Jahren 1999 bis einschließlich 2003 sowie in Bezug auf das angebliche Scheinmietverhältnis mit seiner Mutter frei. Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil Berufung ein, über die das LG K. (Az.: …) noch nicht entschieden hat.
    Zur Begründung seiner Klage gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2003 macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass das Mietverhältnis mit seiner Mutter tatsächlich durchgeführt worden sei. Seine Mutter habe schon lange den Wunsch nach einem eigenen Haus mit Garten gehabt. Deshalb habe sie bereits Ende 1989 ein Gartengrundstück in einer Kleingartenkolonie in K. (in direkter Nähe zur ehelichen Wohnung des Klägers) gepachtet und bewirtschaftet. Im Jahr 1993 sei ihr Ehemann verstorben, worauf sie sich mehr oder weniger in „ihren Garten” zurückgezogen habe. Der Pachtvertrag sei im Jahr 1997 von der Deutschen Bahn AG als Verpächterin wegen Eigenbedarfs gekündigt worden. In der Zwischenzeit habe sich auch der Gesundheitszustand der Mutter erheblich verschlechtert, so dass im August 1998 eine erste Hüftoperation mit anschließender Reha-Zeit habe durchgeführt werden müssen.
    In der Folgezeit habe seine Mutter versucht, sich ihren letzten Traum zu erfüllen, in dem sie das von ihm, dem Kläger, mittlerweile behindertengerecht hergestellte Haus in X. von ihm angemietet habe. Hier habe sie ihren Lebensabend verbringen und insbesondere in den letzten Lebensjahren noch einmal einen Garten genießen wollen. Nur aufgrund ihrer angespannten gesundheitlichen Lage habe sie zunächst ihre bisherige Wohnung in K. wegen der Nähe zu Ärzten und Therapeuten nicht aufgeben wollen.
    Im Oktober 2000 sei dann eine zweite Hüftoperation mit anschließender Reha-Zeit durchgeführt worden. Wegen der wöchentlich/täglich notwendigen Arztbesuche und Therapien habe sie sich immer häufiger in ihrer Wohnung in K. aufgehalten. Im Jahr 2001 habe ein weiterer, allgemeiner Reha-Aufenthalt stattgefunden.
    Die Genesung seiner Mutter habe jedoch einen erheblichen Dämpfer erhalten als bei ihr Darmkrebs festgestellt worden sei und im Jahr 2003 eine erste Operation mit anschließender Reha-Zeit habe durchgeführt werden müssen. Im Jahre 2004 sei dann eine zweite Darmoperation mit anschließender Chemotherapie und laufenden Nachbehandlungen durchgeführt worden. Wegen dieser Maßnahmen habe seine Mutter sich nahezu überhaupt nicht mehr auf dem Grundstück in X. aufhalten können. Sie habe deshalb den Mietvertrag im August 2005 gekündigt.
    Er, der Kläger, habe versucht, seiner Mutter soweit wie möglich zu helfen. Deshalb habe er sich mit zunehmender Verschlechterung ihres Gesundheitszustands gezwungen gesehen, die notwendigen Arbeiten im Haus und im Garten selbst zu verrichten. Eine Nutzung des Grundstücks zu Wohnzwecken (ggf. auch nur an einzelnen Wochenenden) durch ihn sei jedoch nicht erfolgt (Beweis: eidesstattliche Versicherung seiner Mutter vom … Oktober 2007; Zeugnis seiner Lebensgefährtin, Frau N., seiner Angestellten in der Praxis, Frau … und Herrn …, und weiterer Personen aus seinem Bekanntenkreis).
    Der Kläger beantragt, nachdem er in der mündlichen Verhandlung den zweiten Streitpunkt „Erhöhung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit um Einnahmen aus Zuzahlungen der Kassenpatienten und Barzahlungen seitens der Privatpatienten betr. die Streitjahre 1999 bis 2003” fallen gelassen hat,
    die Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2003 vom … Juni 2006 in Gestalt der beiden Einspruchsentscheidungen vom … Dezember 2007 dahin gehend abzuändern, dass die vom Beklagten in den ursprünglichen Steuerbescheiden für alle Streitjahre berücksichtigten negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Besteuerungsgrundlagen herangezogen werden.
    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.
    Er verweist zunächst auf seine Ausführungen in den beiden Einspruchsentscheidungen. Ergänzend führt er aus, dass der Kläger seiner Ansicht nach bezüglich des Vermietungsobjekts … in den Streitjahren 1998 bis 2003 auch keine Einkünfteerzielungsabsicht gehabt hab… Der Umbau der Scheune zum Wohnhaus sei nach den persönlichen Vorstellungen des Klägers sehr aufwendig ausgeführt worden. Eine angemessene Miete für dieses Objekt sei wegen seiner Lage im Umland auf dem freien Wohnungsmarkt nicht erzielbar gewesen. Nach Beendigung des Schein-Mietverhältnisses zu seiner Mutter habe der Kläger unstreitig erst gar nicht versucht, das Objekt an einen fremden Dritten zu vermieten, sondern sofort anschließend zu eigenen Wohnzwecken genutzt.
    Der erkennende Senat hat am … März 2012 beschlossen, Frau …, Frau …, Frau …, Frau … sowie Herrn … als Zeugen zu der Frage zu vernehmen, ob der Kläger das Grundstück in X., … in den Streitjahren 1998 bis 2003 nur zum Schein an seine Mutter vermietet hat. Wegen des Inhalts der Zeugenaussagen wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom … März 2012 verwiesen.
    Dem erkennenden Senat haben bei seiner Entscheidung die strafrechtlichen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft K. nebst drei Beistücken (Az.: …) sowie fünf Bände Steuerakten des Beklagten (StNr.: …) vorgelegen, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.
    Entscheidungsgründe:
    1. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen geänderten Einkommensteuerbescheide 1998 bis 2003 vom … Juni 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … Dezember 2007 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
    a.) Der Beklagte hat zu Recht negative Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks … in X. bei der Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre 1998 bis 2003 unberücksichtigt gelassen, denn das von ihm behauptete Mietverhältnis mit seiner Mutter ist steuerrechtlich nicht anzuerkennen.
    aa.) Voraussetzung für die steuerrechtliche Berücksichtigung eines Mietverhältnisses ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – zunächst, dass es nicht zum Schein abgeschlossen ist (§ 41 Abs. 2 AO). Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Vertragsparteien – offenkundig – die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht gezogen haben, z. B. der Vermieter dem Mieter (in Verwirklichung eines gemeinsam gefassten Gesamtplanes) die Miete im Vorhinein zur Verfügung stellt oder sie nach dem Eingang auf seinem Konto alsbald wieder an den Mieter zurückzahlt, ohne aus anderen – z. B. unterhaltsrechtlichen – Rechtsgründen verpflichtet zu sein. Ein Beweisanzeichen hierfür kann insbesondere sein, dass der Mieter wirtschaftlich nicht oder nur schwer in der Lage ist, die Miete aufzubringen (vgl. dazu allgemein BFH-Urteil vom 17. Dezember 2002 IX R 23/00, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2003, 612 sowie Fischer, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. AufW., § 41 AO Rz. 260, jeweils m. w. N., BFH – Urteil vom 21. September 2004 IX R 5/03, BFH/NV 2004, 498). Anhaltspunkte dafür, dass die nach Aktenlage überwiesene Miete alsbald wieder an die Mieterin – Mutter des Klägers – zurückgezahlt wurde, liegen nicht vor. Dies könnte allenfalls über fortlaufende und vollständige Kontoauszüge der Mieterin festgestellt werden.
    Aber selbst wenn Mietverträge unter nahen Angehörigen bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbart worden sind, sind sie der Besteuerung nur zugrunde zu legen, wenn sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen. Das setzt nach der neueren Rechtsprechung des BFH zumindest voraus, dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien, wie das Überlassen einer bestimmten Mietsache zur Nutzung und die Höhe der zu entrichtenden Miete (vgl. § 535 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB –), klar und eindeutig vereinbart und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden (z. B. BFH in BFH/NV 2003, 612 sowie BFH-Urteil vom 31. Juli 2007 IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350, jeweils m. w. N.).
    Für das Vorhandensein eines steuerrechtlich anzuerkennenden Mietverhältnisses als steuermindernde Tatsache trägt der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast (vgl. dazu allgemein BFH-Urteile vom 7. Juli 1983 VII R 43/80, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1983,760 und vom 10. August 1988 II R 252/83, BStBl II 1988, 987).
    bb.) Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen gründen auf der Überlegung, dass es innerhalb eines Familienverbandes typischerweise an einem Interessengegensatz mangelt und somit zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten steuerrechtlich missbraucht werden können (vgl. Bundesverfassungsgericht – BVerfG –, Beschluss vom 7. November 1995 2 BvR 802790, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1996, 34). Im Interesse einer effektiven Missbrauchsbekämpfung ist es daher geboten und zulässig, an den Beweis des Abschlusses und an den Nachweis der Ernstlichkeit der Vertragsgestaltungen zwischen nahen Angehörigen strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16. Juli 1991 2 BvR 769/90, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 1992, 23 und vom 20. November 1984 1 BvR 1406/84, HFR 1985, 283, BFH in BFH/NV 2008, 350).
    Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind die §§ 85, 88 AO und § 76 Abs. 1 FGO. Letztgenannte Vorschrift ermöglicht aufgrund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch unter Angehörigen stattgefunden hat, ob aufgrund eines den Tatbestand einer Einkunftsart erfüllenden Vertrages oder aus privaten, familiären Gründen. Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben oder aber um Werbungskosten oder Betriebsausgaben handelt (BFH in BFH/NV 2008, 350 m. w. N.).
    cc.) Zunächst stellt schon der unstreitige Umstand, dass anlässlich des Abschlusses des schriftlichen Mietvertrages vom 27. Juni 1999 keine Vereinbarung über Zeitpunkt und Höhe der von der Mieterin neben der Entrichtung der sog. Kaltmiete evtl. zu erbringenden Nebenkosten-Vorauszahlungen getroffen worden und solche Nebenkosten vom Kläger unstreitig (vgl. nur die glaubhafte Aussage des Zeugen W. vor dem FG) für kein einziges Jahr gegenüber seiner Mutter eingefordert worden sind, eine gravierende Abweichung von den zwischen fremden Dritten üblichen Vereinbarungen dar. Nach Auffassung des FG Düsseldorf (rkr. Urteil vom 12. April 2000 16 K 3974/94 E, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2000, 739), der sich der erkennende Senat anschließt, ist einem Mietverhältnis zwischen nahen Angehörigen die steuerrechtliche Anerkennung jedenfalls dann zu versagen, wenn der Umfang der jährlich nicht abgerechneten Nebenkosten – absolut gesehen – erheblich ist. Das ist hier der Fall, denn nach dem schriftlichen Mietvertrag vom 27. Juni 1999 schuldete die Mutter des Klägers Nebenkostenzahlungen für mehr als sechs Mietjahre betr. Straßenreinigung, Schornsteinfeger sowie Schnee- und Eisbeseitigung nach behördlicher Vorschrift (kommunale Leistungen für Müllabfuhr wurden unstreitig nicht erbracht; bezüglich der Belieferung mit Strom, Gas, Wasser sowie Abwasserentsorgung hat die Mieterin vereinbarungsgemäß eigene Verträge mit den jeweiligen Versorgern abgeschlossen). Hinzu kommen die Aufwendungen für die jährliche Grundsteuer, die die Kirchengemeinde als Grundstückseigentümerin gemäß Abschnitt II. 4) des Notarvertrages vom … Juli 1998 auf den Kläger als Erbbauberechtigten überwälzt hat, und die – ebenso wie die Kosten der Gebäudeversicherung – viele (insbesondere private) Vermieter ihren Mietern als Miet-Nebenkosten weiterberechnen.
    cc.) Ein weiteres schwerwiegendes Argument für die steuerrechtliche Nichtanerkennung des Mietverhältnisses mit Frau … ist der Umstand, dass dem Kläger der Beweis bezüglich der tatsächlichen Durchführung des Mietverhältnisses in der Zeit vom … 1. Juli 1999 bis zum 31. Dezember 2003 (= letzter Tag des letzten Streitjahres im Klageverfahren) zur Überzeugung des erkennenden Gerichts nicht gelungen ist, insbesondere der Beweis, dass Frau … das Haus in X. tatsächlich als Zweitwohnung innegehabt hat. Zum Innehaben einer Wohnung gehört ganz wesentlich, dass der jeweilige Wohnungsinhaber den tatsächlichen Besitz an den Wohnräumen in der Weise ausübt, dass er z. B. auch dem (familienangehörigen) Vermieter gegenüber jederzeit von seinem Hausrecht uneingeschränkt Gebrauch machen und ihn aus den gemieteten Räumen weisen kann. Dies war im vorliegenden Fall im fraglichen Zeitraum nach der Überzeugung des erkennenden Senats bei Frau … als formal benannter Mieterin gegenüber ihrem Sohn, dem Kläger, nicht der Fall.
    Unstreitig hatten in jenem Zeitraum der formalen Geltung des streitgegenständlichen Mietvertrages sowohl Frau … als auch der Kläger ständig die Möglichkeit des uneingeschränkten Zugangs zum Grundstück in X. und dem darauf befindlichen Haus, so dass sie sich jederzeit unabhängig voneinander dort aufhalten konnten. Dies unterscheidet den vorliegenden Sachverhalt grundlegend vom typischen Sachverhalt bei Abschluss eines Mietvertrages zwischen fremden Dritten (bei fremden Dritten darf der Vermieter während der Zeit der Geltung eines Wohnungsmietvertrages von in seinem Besitz befindlichen Schlüsseln, die den Zugang zur Mietsache ermöglichen, ohne vorherige einzelfallbezogene Erlaubnis des Mieters grundsätzlich nur dann Gebrauch machen, wenn Gefahr im Verzug ist, z. B. ein Brand in der Wohnung ausgebrochen oder ein anderer akuter Schadensfall, z. B. eindringendes Wasser, eingetreten ist, um die von diesem Schadensfall ausgehende Gefahr für die Mietsache zu bekämpfen). Die Mitbenutzung der Mietsache durch den Vermieter ist deshalb nach ständiger BFH-Rechtsprechung ein ganz gewichtiges Argument für die steuerrechtliche Nichtanerkennung eines Mietverhältnisses zwischen nahen Angehörigen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 4. August 2003 IX R 25/02, BFH/NV 2004, 38 sowie BFH-Beschlüsse vom 18. Mai 2004 IX B 112/03; BFH/NV 2004, 1262 und vom 7. Dezember 2006 IX B 17/06, BFH/NV 2007, 444).
    Bereits die erste vom Senat vernommene Zeugin A. hat bei ihrer Vernehmung glaubhaft ausgesagt, dass der Kläger das streitgegenständliche Grundstück von der örtlichen evangelischen Gemeinde gepachtet habe, um es „am Wochenende für sich und seine Mutter zu nutzen”. Seine Mutter sei dabei zu keinem Zeitpunkt als Mieterin des Grundstücks identifizierbar gewesen. Die Zeugin A. konnte nicht bestätigen, dass Frau … auf dem Grundstück auch übernachtet habe (wie es für den Inhaber einer Wohnung typisch wäre). Ferner hat die Zeugin beobachtet, dass der Kläger selbst die „übrigen Gartenarbeiten, wie etwa das Rasen- und Heckenschneiden” (ohne Einschränkungen in zeitlicher Hinsicht und entgegen den Vereinbarungen im schriftlichen Mietvertrag) selbst vorgenommen hab…
    Die zweite Zeugin, Frau R., hat zwar ausgesagt, dass Frau … in dem Haus … im fraglichen Zeitraum auch übernachtet hab… Auf der anderen Seite hat sie aber auch bekundet, dass der Kläger das Grundstück in jener Zeit ebenfalls zu Übernachtungen genutzt habe und zwar „wegen seiner Arbeit eher nur am Wochenende”. Unter der Woche sei er hauptsächlich dorthin gefahren, „um den Garten zu bewässern”.
    Die Zeugin F. hat ebenfalls bestätigt, dass sich der Kläger öfters auf dem vermieteten Grundstück (in den Jahren 2002 ff. durchschnittlich zehnmal pro Jahr) aufgehalten habe.
    Der Zeuge W. hat als Angestellter in der Krankengymnastik-Praxis des Klägers sogar glaubhaft ausgesagt, dass dieser „gelegentlich” mit ihm auf dem vermieteten Grundstück an Wochenenden „praxisbezogene Gespräche” geführt hab… Es ist unter Fremden Dritten aber vollkommen unüblich, dass der Vermieter berufliche Besprechungen mit einem seiner Angestellten in der Wohnung der Mieterin abhält.
    Die Aussage der Zeugin B. vor dem FG ist für das Beweisthema unergiebig gewesen.
    Das schriftlich fixierte Mietverhältnis ist auch insoweit nicht tatsächlich durchgeführt worden als Frau … nach den Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung entgegen der Vereinbarung in § 3 Nr. 3 des Mietvertrages zu Beginn des Mietverhältnisses und auch später keine Kautionszahlung geleistet und auch nicht die in der Anlage Blatt 1 zum Mietvertrag vereinbarten Arbeiten zur Instandhaltung der Gartenanlage (u. a. Freihalten der Platten bei Zufahrt und Terrasse von Unkraut) erbringen musst… Die vereinbarte Mieterhöhung zum 1. Juli 2002 wurde ebenfalls nicht eingehalten. Vielmehr überwies die Mieterin erstmalig am 17. Januar 2003 die geforderten 612,42 EUR. Ferner ist das Mietverhältnis auch noch in einem weiteren schwerwiegenden Punkt nicht wie vereinbart tatsächlich durchgeführt worden: Entgegen der bisherigen Darstellung des Klägers geht der Senat aufgrund der glaubhaften Aussage der Zeugin R. vor dem FG davon aus, dass der Kläger die vermietete Wohnung auf eigene Kosten mit neuen Möbeln ausgestattet hat. Allein schon dieser Gesichtspunkt ist nach Auffassung des BFH ein tragender Grund, dem Mietverhältnis die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen. Denn es ist zwischen fremden Dritten nicht üblich, eine möblierte Wohnung aufgrund eines Mietvertrages zu überlassen, der eine leere Wohnung betrifft. In einem solchen Fall ist nach Auffassung des BFH zumindest vertraglich klarzustellen, ob die Möblierung unentgeltlich oder gegen ein zusätzliches Entgelt überlassen wird (vgl. dazu BFH-Urteile vom 31. März 1992 IX R 299/87, BFH/NV 1992, 656 und vom 27. Juni 1995 IX R 90/93, BFH/NV 1996, 29).
    Hat der Kläger aber das neu errichtete Haus … gemäß der Aussage der Zeugin R. ganz überwiegend auf eigene Kosten mit neuen Möbeln ausgestattet, ist es umso unverständlicher, dass er – wie oben bereits angeführt – unstreitig von der tatsächlichen Erhebung einer Kautionszahlung von seiner Mutter abgesehen hat, was ein weiterer Grund ist, das Mietverhältnis als nicht fremdüblich einzustufen.
    Bei der Gesamtwürdigung ist auch zu berücksichtigen, dass die Mutter des Klägers wegen ihres starken Hüftleidens nur eingeschränkt und unter Schmerzen über die steile Treppe im Haus ins Obergeschoss gelangen konnte, weshalb ein fremder Dritter wohl von einem Mietvertrag Abstand genommen hätte Ein offenbar im Frühjahr 1999 errichtetes Schwimmbecken mit Saunabereich ist im Mietvertrag gleichfalls nicht erwähnt.
    dX.) Die Festsetzungsfristen für die vom Beklagten auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheide betr. Einkommensteuer 1998 und 1999 waren im Zeitpunkt des Erlasses dieser Bescheide (jeweils am … Juni 2006) noch nicht abgelaufen, da nach der Überzeugung des erkennenden Senats in der Person des Klägers die objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen von (mehrfachen) Steuerhinterziehungen i. S. von § 370 Abs. 1 AO gegeben sind, die zu einer Verlängerung der Festsetzungsfristen auf jeweils zehn Jahre führen (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).
    Gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO begeht eine Steuerhinterziehung, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt (vgl. § 153 AO) und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Gemäß Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift sind Steuern namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden.
    Der Kläger hat nach der Überzeugung des erkennenden Senats sowohl den objektiven als auch den subjektiven Tatbestand von Steuerhinterziehungen für die Streitjahre 1998 und 1999 erfüllt, in dem er im Rahmen der am … August 2000 bzw. am … April 2001 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärungen 1998 und 1999 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks … in X. erklärt hat, obwohl er wusste, dass das Mietverhältnis mit seiner Mutter aus den oben genannten Gründen in vielerlei
    Hinsicht einem Fremdvergleich nicht standhalten würde und insbesondere in zahlreichen Punkten nicht so durchgeführt worden ist wie es schriftlich vereinbart worden war (keine Überlassung einer leeren Wohnung, sondern Überlassung einer vom Vermieter mit neuen Möbeln ausgestatteten Wohnung, Mitbenutzung der Wohnung durch den Vermieter, entgegen der schriftlichen Vereinbarung im Mietvertrag keine Einforderung einer Kaution, entgegen der schriftlichen Vereinbarung im Mietvertrag (Anlage Blatt 1) keine Instandhaltung der Gartenanlage durch seine Mutter, entgegen der schriftlichen Vereinbarung im Mietvertrag keine Anforderung von Miet-Nebenkosten). Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes einer Steuerhinterziehung genügt dolus eventualis i. S. von § 15 des Strafgesetzbuches. Danach ist es ausreichend, wenn der Steuerpflichtige – wie hier der Klägersich über die Steuerrechtslage im Unklaren ist und es ihm möglich erscheint, dass seine Steuererklärung bei zutreffender Anwendung der Steuergesetze unrichtig oder unvollständig ist, und er diese mögliche Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit seiner Steuererklärungen billigend in Kauf nimmt (vgl. zuletzt Urteil des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 16. Dezember 2009 1 StR 491/09, BFH/NV 2010, 1071; Hellmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. AufW., § 370 AO Rz. 223 ff., 225, jeweils m. w. N.).
    Hierbei ist wiederum zu beachten, dass gemäß § 16 StGB derjenige nicht vorsätzlich handelt, der bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört (Tatbestandsirrtum). Ein Tatbestandsirrtum liegt u. a. dann vor, wenn der Täter annimmt, dass die steuerliche Behandlung einer Angelegenheit richtig gewesen ist (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2008 VIII R 28/07, BStBl II 2009, 842). Das Vorliegen eines solchen Tatbestandsirrtums hat der bei der Erstellung seiner Einkommensteuererklärungen langjährig durch Angehörige der steuerberatenden Berufe unterstützte Kläger aber selbst erst gar nicht behauptet.
    b.) Der Beklagte hat ferner bei der Durchführung der Einkommensteuerveranlagungen 1998 bis 2003 auch zu Recht keine Abzugsbeträge für Herstellungskosten des Hauses … a i. S. von § 7 Abs. 1 FördG („Abzugsbetrag bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden”) steuermindernd berücksichtigt, weil diese Vorschrift schon nach ihrem Wortlaut (Aufwendungen „an” einem Gebäude) nur Herstellungskosten bezüglich eines bereits vorhandenen, d.h. fertiggestellten Gebäudes, nicht aber – wie hier gegeben – Aufwendungen für die der Fertigstellung des Gebäudes dienende Baumaßnahmen betrifft (vgl. BFH-Urteil vom 5. September 2001 X R 50/99, BStBl II 2002, 14 unter II. b) m. w. N.; Stuhrmann, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 7 FördG Rz. 12).
    2. Wegen der weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 105 Abs. 5 FGO auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten in dessen beiden Einspruchsentscheidungen vom … Dezember 2007 verwiesen.
    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 sowie (hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung fallen gelassenen zweiten Streitpunktes „Erhöhung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit für die Streitjahre 1999 bis 2003 durch die Außenprüfung”) auf § 136 Abs. 2 FGO analog.
    3. Der erkennende Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil kein Revisionszulassungsgrund i. S. von § 115 Abs. 2 FGO gegeben ist.

    VorschriftenAO § 41 Abs. 2, AO § 85, AO § 88, AO § 169 Abs. 2 S. 2, AO § 370 Abs. 1 Nr. 1, AO § 370 Abs. 1 Nr. 2, EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG § 12 Nr. 1, StGB § 15