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  • 08.01.2013 · IWW-Abrufnummer 130118

    Finanzgericht München: Urteil vom 16.10.2012 – 9 K 1226/12

    1. Wird der Familienkasse zwar der Wegzug nach Spanien, aber nicht die drei Jahre später erfolgte Aufgabe des inländischen Wohnsitzes mitgeteilt, stellt der Verstoß gegen § 68 EStG eine leichtfertige Steuerverkürzung da.
    2. Auch bei der konkludenten Bekanntgabe des Kindergeldbescheids gem. § 119 Abs. 2 S. 1 AO tritt entsprechend des im Kindergeldrecht geltenden Monatsprinzips nach § 66 Abs. 2 EStG der Tatbestand der Verkürzung nach Abschluss des jeweiligen Monats ein und auch die Tat i. S. d. § 78a StGB bzw. § 31 Abs. 3 OWiG ist mit jeder monatlichen Auszahlung beendet. Die Verjährung beginnt danach nicht erst mit der letzten Auszahlung des leichtfertig verkürzten Kindergelds, so dass die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 7 AO nicht greift. Eine rechtliche Verklammerung der einzelnen leichtfertigen Taten ist nicht anzunehmen (entgegen Nr. 4.1 Sätze 4 und 5 DA-FamBuStra).


    IM NAMEN DES VOLKES
    Urteil
    In der Streitsache
    hat der 9. Senat des Finanzgerichts München durch … ohne mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2012 für Recht erkannt:
    1. Der Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 19. Juli 2012 wird insoweit aufgehoben, als er den Zeitraum von Juni 2004 bis Dezember 2005 betrifft.
    2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
    3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
    Tatbestand
    Streitig ist, ob für den Zeitraum von Juni 2004 bis einschließlich Dezember 2005 die Verjährung eingetreten ist.
    Mit Schreiben vom 19. und 26. Juli 2001 teilte der Kläger dem damaligen Arbeitsamt P – Familienkasse (Beklagte) mit, dass er nach Spanien ziehe, jedoch eine Wohnung in der A-Str. in M und damit seinen Wohnsitz in Deutschland beibehalte. Die Familienkasse verfügte daraufhin am 2. August 2001 die Weiterzahlung des Kindergeldes für die am 30. Dezember 1997 geborene Tochter des Klägers, L. Mieter der Wohnung war der Vater des Klägers. Aufgrund eines Datenabgleichs mit der Stadt M fand ausweislich eines Aktenvermerks vom 15. Februar 2011, auf den Bezug genommen wird, ein Telefongespräch zwischen der Familienkasse und dem Vater des Klägers statt. Dabei teilte er mit, dass dem Kläger in der angegebenen Wohnung kein Wohnraum zur Verfügung stehe und gab der Familienkasse die aktuelle Adresse in Spanien als Wohnort des Klägers an.
    Die Familienkasse stellte daraufhin die Kindergeldzahlung mit Verfügung vom 16. Februar 2011 ab März 2011 ein, hob im weiteren Verlauf nach der Gewährung rechtlichen Gehörs die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 29. März 2011 ab August 2001 auf und forderte Kindergeld für die Zeit von August 2001 bis einschließlich Februar 2011 einschließlich des Kinderbonusses für 2009 i.H.v. insgesamt 18.270 EUR zurück.
    Nachdem der Kläger im Rahmen einer Stellungnahme mit Schreiben vom 24. Oktober 2011 mitteilte, dass er den Bescheid vom 29. März 2011 nicht erhalten habe, gab die Familienkasse den Bescheid am 8. November 2011 erneut bekannt. Die dagegen beim Finanzgericht erhobene Klage unter dem Az. wurde mit Schreiben vom 17. Februar 2012 als Einspruch an die Familienkasse zurückgegeben, da die Voraussetzungen einer Sprungklage nicht gegeben waren. Die Familienkasse wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 13. März 2012 als unbegründet zurück.
    Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger zunächst begehrte, den Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheid aufzuheben. Im Klageverfahren schränkte die Familienkasse den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 29. März 2011 unter dem Datum vom 19. Juli 2012 auf den Zeitraum Juni 2004 bis einschließlich Februar 2011 ein und reduzierte die Rückforderung auf 13.114 EUR, sodass die Klage für den Zeitraum von August 2001 bis Mai 2004 für erledigt erklärt wurde. Der Kostenbeschluss datiert vom 14. August 2012. Hinsichtlich des Zeitraums Januar 2006 bis einschließlich Februar 2011 nahm der Kläger die Klage mit Schreiben vom 23. September 2011 zurück. Das Verfahren wurde daraufhin mit Beschluss vom 24. September 2012 eingestellt. Der Kläger wendet sich nunmehr nur noch gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeld für die Zeit von Juni 2004 bis einschließlich Dezember 2005. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Verjährungsfrist betrage in dieser Angelegenheit vier Jahre, da er nicht vorsätzlich ihm nicht zustehende Leistungen in Anspruch genommen habe.
    Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 31. März, 7. Mai, 23. und 26. September 2012 Bezug genommen.
    Der Kläger beantragt,
    den Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 19. Juli 2012 insoweit aufzuheben, als er den Zeitraum von Juni 2004 bis Dezember 2005 betrifft.
    Die Beklagte beantragt
    Klageabweisung.
    Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf ihre Einspruchsentscheidung und trägt weiter vor, im Streitfall liege eine leichtfertige Steuerverkürzung vor. Der Kläger habe bereits ab August 2001 keinen Wohnsitz mehr in Deutschland gehabt. Da er der Familienkasse aber mitgeteilt habe, er behalte seinen Zweitwohnsitz bei seinem Vater in M bei, sei eine Aufhebung nicht erfolgt, obwohl sich der Familienkasse hätten Zweifel aufdrängen müssen. Da die Kindergeldzahlung trotz Kenntnis des Sachverhalts weiterhin erfolgte, sei dem Kläger vorsätzliches Handeln nicht anzulasten. Er habe sich jedoch am 1. Juni 2004 nach Spanien abgemeldet und hätte daher zu diesem Zeitpunkt aus seiner subjektiven Sicht von der Aufgabe seines Wohnsitzes in Deutschland ausgehen müssen. Da er auch gewusst habe, dass es für den Kindergeldbezug auf den Wohnsitz in Deutschland ankomme, und dies trotzdem der Familienkasse nicht mitgeteilt habe, läge eine leichtfertige Steuerverkürzung vor.
    Die Fünfjährige Festsetzungsfrist nach § 169 Abs 2 Satz 2 Abgabenordnung (AO) sei zum Zeitpunkt der Aufhebung noch nicht abgelaufen gewesen. Sie habe für 2004 zwar am 1. Januar 2005 begonnen und hätte regulär am 31. Dezember 2009 geendet. Der Ablauf der Frist sei jedoch nach § 171 Abs. 7 AO bis zum Ablauf der Verfolgungsverjährung gehemmt. Die Verfolgungsverjährung trete nach Ablauf von fünf Jahren nach der letzten Kindergeldzahlung ein. Diese sei im Februar 2011 erfolgt, so dass die Aufhebung ab Juni 2004 erfolgen könne.
    Auf die Schriftsätze vom 26. Juli und 27. September 2012 wird ergänzend Bezug genommen.
    Mit Anordnung vom 16. August 2012 wurde der Kläger aufgefordert, die exakten Aufenthaltszeiten in Deutschland im Zeitraum von Juni 2004 bis einschließlich Februar 2011 anzugeben und durch entsprechende Unterlagen und Bescheinigungen nachzuweisen sowie durch Vorlage entsprechender Unterlagen und Beweismittel (vertragliche Vereinbarungen, Nachweise über Mietzahlungen) nachzuweisen, dass er über die Wohnung in der A-Str. in M in der Zeit von Juni 2004 bis einschließlich Februar 2011 i.S.v. § 8 AO verfügungsberechtigt war. Auf die E-Mail vom 13. September 2012 einschließlich der Anlagen wird Bezug genommen.
    Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
    Entscheidungsgründe
    Die Klage ist begründet.
    Zu Unrecht hat die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum von Juni 2004 bis einschließlich Dezember 2005 aufgehoben und Kindergeld i.H.v. (19 × 154 EUR =) 2.926 EUR zurückgefordert.
    1. Hinsichtlich des Zeitraums von Juni 2004 bis einschließlich Dezember 2005 ist Festsetzungsverjährung eingetreten.
    a) Auf das im laufenden Kalenderjahr monatlich als Steuervergütung gezahlte Kindergeld sind (vgl. § 31 Satz 3 Einkommensteuergesetz – EStG) die für die Steuerfestsetzung geltenden Vorschriften, und damit auch die Vorschriften der AO, sinngemäß anzuwenden (§§ 1 Abs. 1, 155 Abs. 4 AO). Gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist im Regelfall vier Jahre. Sie beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist (Satz 2). Nach § 171 Abs. 7 AO endet in den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist. Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten verjähren fünf Jahre nach ihrer Beendigung, §§ 78 Abs. 3 Nr. 4, 78a Strafgesetzbuch – StGB – i.V.m. §§ 369 Abs. 2, 370 Abs. 1 AO bzw. § 31 Abs. 3 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten – OWiG – i.V.m. §§ 377 Abs. 2, 378 Abs. 2, 384 AO. Tritt der Erfolg erst später ein, beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt (§§ 78a StGB, 31 Abs. 3 OWiG).
    Eine Steuerhinterziehung begeht nach § 370 Abs. 1 AO u.a., wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht (Nr. 1), bzw. die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt (Nr. 2) und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Der Versuch ist strafbar (Abs. 2). Eine leichtfertige Steuerverkürzung begeht nach § 378 Abs. 1 AO, wer eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichneten Taten leichtfertig begeht. Leichtfertig bedeutet einen erheblichen Grad an Fahrlässigkeit. Ein derartiges Verschulden liegt demnach vor, wenn ein Steuerpflichtiger nach den Gegebenheiten des Einzelfalls und seinen individuellen Fähigkeiten in der Lage gewesen wäre, den aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen sich im konkreten Fall ergebenden Sorgfaltspflichten zu genügen (Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – 25. Juni 1997 VIII B 35/96, BFH/NV 1998, 8).
    Nach § 119 Abs. 2 Satz 1 AO kann ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise, also auch durch konkludentes Verhalten erlassen werden (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 119 AO, Rz. 241). Nach § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung kann von der Erteilung eines schriftlichen Bescheids abgesehen werden, wenn dem Antrag entsprochen wird.
    b) Bei Anwendung dieser Grundsätze kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Festsetzungsfrist für den Streitzeitraum abgelaufen ist.
    aa) Der objektive Tatbestand der Steuerverkürzung ist gegeben. Im Streitfall wurde für den Zeitraum Juni 2004 bis einschließlich Dezember 2005 Kindergeld zu Unrecht ausbezahlt, da ein Anspruch des Klägers nicht bestanden hat. Die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 EStG liegen nicht vor.
    Nach § 62 Abs. 1 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung hat für Kinder im Sinne des § 63 EStG Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer u.a. im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
    Der Wohnsitzbegriff i.S. von § 8 AO in der in den Streitjahren geltenden Fassung setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Betreffende tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – aufsucht. Der Wohnsitz im Inland muss zwar nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen darstellen. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken oder ein Aufenthalt, der nur Besuchscharakter hat, reichen jedoch nicht aus. Insofern dient die Sechs-Monats-Regelung des § 9 AO als Anhaltspunkt. Die polizeiliche Meldung ist nicht ausschlaggebend (BFH-Urteile vom 22. August 2007 III R 89/06, BFH/NV 2008, 351 und vom 23. November 2000 VI R 107/99, BStBl II 2001, 294 jeweils m.w.N.; vgl. auch Schmidt/Heinicke, EStG, 31. Aufl., § 1 Rz. 23; Felix in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 62 Rdnrn. B 15 ff.; Seewald/Felix, Kindergeldrecht, § 62 EStG Rz. 15 ff.; Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, § 62 Rz. 16). Bei Ehegatten, die nicht dauernd getrennt leben, spricht eine Vermutung dafür, dass sie ihren Wohnsitz dort haben, wo sich die Familie befindet (Birk in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 8 AO Rz. 36 m.w.N.).
    Der Kläger hat ab Juni 2004 seinen Wohnsitz nach Spanien verlegt. Dies ergibt sich aus der Aussage des Vaters anlässlich des Telefonats am 15. Februar 2011 mit der Beklagten. Der bloße Vortrag des Klägers, der Vater habe die Aussage, es habe dem Kläger in der A-Str. in M kein Wohnraum zur Verfügung gestanden, als fast 80-Jähriger getätigt, der gerade eine Radio- und Chemotherapie hinter sich gehabt habe, ändert daran nichts. Denn hinzu kommt, dass der Kläger trotz der Anordnung des Gerichts vom 16. August 2012 auch nicht durch Vorlage entsprechender Unterlagen und Beweismittel (vertragliche Vereinbarungen, Nachweise über Mietzahlungen) nachgewiesen hat, dass er über die Wohnung in der A-Str. in M in der Zeit von Juni 2004 bis einschließlich Februar 2011 i.S.v. § 8 AO verfügungsberechtigt war. Er teilte vielmehr mit, dass er eine schriftliche Vereinbarung mit seinem Vater nie getroffen habe. Damit steht für das Gericht fest, dass der Kläger im Streitzeitraum keinen Wohnsitz im Inland hatte.
    Der Kläger hat ebenfalls nicht nachgewiesen, dass er im Streitzeitraum seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat nach § 9 AO jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt, wobei als gewöhnlicher Aufenthalt stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen ist; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Dies gilt nicht, wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht länger als ein Jahr dauert.
    Auf die Anordnung des Gerichts vom 16. August 2012, die exakten Aufenthaltszeiten in Deutschland im Zeitraum von Juni 2004 bis einschließlich Februar 2011 anzugeben und durch entsprechende Unterlagen und Bescheinigungen nachzuweisen, hat der Kläger dem Gericht mit E-Mail vom 13. September 2012 drei veröffentlichte Aufsätze zugeleitet. Daraus ergeben sich jedoch die exakten Aufenthaltszeiten in Deutschland nicht. Im Übrigen betreffen die Aufsätze die Jahre 2007, 2010 und 2012, also nicht den Streitzeitraum. Aus den Aufsätzen ergibt sich weder, dass sie in Deutschland verfasst wurden, soweit sie den Kläger betreffen, noch ob bzw. wann er dafür in Deutschland gearbeitet hat. Schließlich weist der Aufsatz aus 2010 die Abhandlung als Ergebnis einer Studie des Zentrums in Spanien aus, an dem der Kläger zu diesem Zeitpunkt tätig war.
    Damit liegt objektiv eine Steuerverkürzung hinsichtlich des im Streitzeitraum bezogenen Kindergeldbetrags i.H.v. 2.926 EUR vor.
    bb) In subjektiver Hinsicht geht auch die Beklagte zu Recht davon aus, dass es sich bei der Verkürzungshandlung nicht um eine vorsätzliche Steuerhinterziehung handelt. Denn der Kläger hat der Familienkasse im Jahr 2001 von seinem Wegzug nach Spanien informiert. Die Familienkasse hat jedoch aufgrund der Angaben des Klägers, er behalte seinen Wohnsitz in Deutschland bei, das Kindergeld weitergezahlt. Der Kläger hat der Familienkasse allerdings entgegen seiner Mitteilungspflicht nach § 68 EStG nicht mitgeteilt, dass er sich zum 1. Juni 2004 nach Spanien abgemeldet hat. Ihm musste aber bewusst sein, dass dieser Umstand möglicherweise Auswirkungen auf die Kindergeldberechtigung haben kann, da er auch im Jahr 2001 beim Umzug nach Spanien die Mitteilungsbedürftigkeit derartiger Tatsachen erkannte. Er verletzte damit seine nach den Gegebenheiten des Streitfalls bestehenden und ihm bekannten Sorgfaltspflichten in erheblichem Maße, so dass er die Steuerverkürzung nach der Überzeugung des Gerichts leichtfertig begangen hat.
    c) Allerdings war zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids am 8. November 2011 die Festsetzungsfrist für den Streitzeitraum bereits abgelaufen.
    aa) Die Festsetzungsfrist begann beim antragsgebundenen Kindergeld (§ 67 EStG) nach §§ 155 Abs. 4, 170 Abs. 2 Nr. 1 AO für das Jahr 2004 mit Ablauf des Jahres 2004 am 1. Januar 2005 und für 2005 entsprechend am 1. Januar 2006. Sie endete im vorliegenden Fall der leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO am 31. Dezember 2009 für das Jahr 2004 bzw. am 31. Dezember 2010 für das Jahr 2005. Richtigerweise stellt die Beklagte zwar fest, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 7 AO bis zum Ablauf der Verfolgungsverjährung gehemmt ist. Diese beträgt jedoch ebenfalls fünf Jahre und endete jeweils zum gleichen Zeitpunkt.
    bb) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die Tat auch bei der im Streitfall gegebenen und möglichen konkludenten Bekanntgabe des Bescheids nach § 119 Abs. 2 Satz 1 AO durch interne Kindergeldverfügung und anschließender Auszahlung des Kindergeldes nicht erst mit der letzten Auszahlung beendet. Vielmehr stellt jede Auszahlung für sich eine beendete Tat dar. Dies ergibt sich aus dem im Kindergeldrecht geltenden Monatsprinzip des § 66 Abs. 2 EStG, wonach das Kindergeld monatlich vom Beginn des Monats an gezahlt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, bis zum Ende des Monats, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen. Kindergeld wird also für jeden Monat gewährt, in dem wenigstens an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Damit hat die Familienkasse den Anspruch grundsätzlich jeden Monat gesondert zu prüfen und über die Festsetzung zu entscheiden. Das Monatsprinzip wurde auch nicht durch die bis einschließlich 2012 geltende Jahresfreigrenze des § 32 Abs. 4 Sätze 2, 7, 8 EStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung aufgehoben (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 3. März 2011 III R 11/08, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2011, 722 und BFH-Beschluss vom 8. März 2002 VIII B 185/01, BFH/NV 2002, 1289; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 31. Aufl., § 66 Rz. 4, § 70 Rz. 1; DA 66.2 und 66.3 Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs). Bestenfalls ließe sich im Übrigen daraus ein Jahresprinzip ableiten, das jedoch an der Tatsache der Verjährung des streitigen Anspruchs nichts ändern würde.
    cc) Auch die Tatsache, dass es sich bei der Kindergeldfestsetzung um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, bei dem durch die monatliche Zahlung des Kindergeldes die ursprüngliche Festsetzung jeweils konkludent bestätigt wird (BFH in BStBl II 2011, 722), führt zu keinem anderen Ergebnis. Es handelt sich insoweit um eine aus den Bedürfnissen des Kindergeldrechts und aus Gründen der Verwaltungsökonomie bestehende Verfahrensvereinfachung. Damit resultierend hat der Steuerpflichtige aus Gründen einer gerechten und gleichmäßigen Vollziehbarkeit eine entsprechende Mitwirkungspflicht bezüglich der Mitteilung von Änderungen (§ 68 EStG). Diesen Gedanken verfolgt auch die Regelung hinsichtlich der Änderung der Kindergeldfestsetzung nach § 70 EStG, die zusätzlich zu den bestehenden Änderungsmöglichkeiten nach der AO eingeführt wurde, um den Besonderheiten des Kindergeldrechts Rechnung zu tragen. Es verbleibt trotzdem beim Monatsprinzip mit der Folge, dass die Anspruchsvoraussetzungen jeden Monat gesondert zu prüfen sind. Der zum Tatbestand gehörende Erfolg der Verkürzung tritt damit nach Abschluss des jeweiligen Monats ein. Die Tat ist damit auch jeweils beendet i.S. des § 78a StGB bzw. des § 31 Abs. 3 OWiG. Denn der Festsetzungsbescheid aktualisiert sich mit jedem Monat der Kindergeldauszahlung auf der Grundlage des ursprünglich gestellten Antrags, der in der Festsetzung fortwirkt. Im Hinblick auf den Dauerverwaltungsaktscharakter kann der Fall nicht anders beurteilt werden, als wenn jeden Monat ein neuer Antrag gestellt und daraufhin das Kindergeld festgesetzt würde. Die Ausgestaltung der Festsetzung als Dauerverwaltungsakt führt also nicht dazu, dass sich die Erklärungspflichten des Antragstellers auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Antragstellung beschränken, was sich auch aus § 68 EStG ergibt (vgl. auch Finanzgericht – FG – Düsseldorf Urteil vom 18. Juni 2009 15 K 37/09 Kg, EFG 2009, 1519 und FG Köln Urteil vom 17. September 2009 10 K 4058/08, EFG 2010, 380).
    Eine rechtliche Verklammerung der Taten scheidet folglich schon aus diesem Grunde aus. Die von der Familienkasse in Ziffer 4.1 Sätze 4 und 5 der Dienstanweisung zur Durchführung von Steuerstraf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren im Zusammenhang mit dem steuerlichen Familienleistungsausgleich nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamBuStra) vertretene Auffassung, bei konkludenter Bekanntgabe der Festsetzung beginne die Verjährung mit der letzten Auszahlung des Kindergeldes, so dass auch Taten verfolgt werden könnten, die weit mehr als fünf Jahre zurücklägen, ist daher abzulehnen (vgl. auch Forchhammer in Leopold/Madle/Rader, AO, § 171 Rz 48). Sie lässt sich nur mit dem Rechtsinstitut des Fortsetzungszusammenhangs begründen, das der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch mit der Entscheidung des Großen Senats vom 3. Mai 1994 GSSt 2/93 und 3/93 (BGHSt 40, 138) aufgegeben hat. Einer der gewichtigsten Gründe für die Abkehr von der Rechtsfigur des Fortsetzungszusammenhangs waren dabei die nachteiligen Folgen des Täters im Recht der Strafverfolgungsverjährung (unter III 1. c) hh) der Entscheidung). Die Rechtsfigur führte letztendlich dazu, dass die gesetzlichen Regelungen der Verjährungsfristen faktisch außer Kraft gesetzt sind. Dies ist nach der Entscheidung des BGH trotz des Gedankens, dass Verjährung in solchen Fällen unverdient sei, nicht hinnehmbar (s. auch Lackner/Kühl, StGB, 27. Aufl., Vor § 52 Rz. 12 f.; Fischer, StGB, 59. Aufl., Vor § 52 Rz. 47 ff.; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rdnrn. 874 f. jeweils m.w.N.). Genau die Folge einer faktisch endlosen Hinauszögerung des Verjährungsbeginns würde aber durch Ziffer 4.1 der DA-FamBuStra wieder eingeführt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Institut des Fortsetzungszusammenhangs einen fortgesetzten Vorsatz bezüglich der Gesamttat voraussetzte und damit auf die leichtfertige Steuerverkürzung, die eine leichtfertige, also fahrlässige Begehung fordert, ohnehin nicht anwendbar war (vgl. dazu Rüping in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, AO/FGO, § 378 AO Rz. 70).
    dd) Allerdings hilft im Zusammenhang mit § 378 AO auch das Institut des sog. Dauerdelikts bzw. der Dauerordnungswidrigkeit nicht weiter. Danach soll eine rechtliche Verklammerung einzelner leichtfertiger Taten als fahrlässige Dauertat möglich sein, wenn eine fortbestehende Nachlässigkeit gegenüber steuerlichen Pflichten ohne weiteres Zutun zu wiederholten Gesetzesverletzungen führt. Für die Verjährung soll hier die Beendigung des rechtswidrigen Zustandes maßgeblich sein (Rüping a.a.O. Rz 70, 73, 90 m.w.N.). Nach der Entscheidung des BGH vom 7. August 1996 3 StR 318/96 (BGHSt 42, 215) sind als Dauerdelikt nur solche Straftaten anzusehen, bei denen der Täter den von ihm in deliktischer Weise geschaffenen rechtswidrigen Zustand willentlich aufrechterhält oder die deliktische Tätigkeit ununterbrochen fortsetzt, so dass sich der strafrechtliche Vorwurf sowohl auf die Herbeiführung als auch auf die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes bezieht. Dies hat das Reichsgericht bezüglich der Nichtabgabe von Umsatzsteuer(USt)-Voranmeldungen und aufeinanderfolgender Termine zur Vorauszahlung innerhalb eines Veranlagungszeitraums bejaht (Urteil vom 22. Januar 1925 II 819/24, RGSt 59, 53). Nach dem Urteil des BGH vom 3. März 1989 3 StR 552/88 (Neue Juristische Wochenschrift 1989, 2140) ist die USt-Hinterziehung für den Fall der Wiederholung unrichtiger Angaben aus den USt-Voranmeldungen in der USt-Jahreserklärung mit dem Eingang der Jahreserklärung bei der Finanzbehörde beendet. Auch das Bayerische Oberste Landesgericht hat das Vorliegen einer Dauerordnungswidrigkeit für den Fall der Abgabe unrichtiger ESt- und USt-Erklärungen für mehrere Jahre verneint (Beschluss vom 2. Dezember 1980 4 St 168/80, Der Betrieb 1981, 874) und in seiner Entscheidung vom 11. Mai 1993 3 ObOWi 16/93 (BayObLGSt 1993, 69) das Institut der Dauerordnungswidrigkeit mit Rücksicht auf die Verjährungsproblematik bereits auf den Fall der Unterlassung beschränkt. Doch auch für den Fall einer Unterlassung kann im Hinblick auf die Verjährungsproblematik nichts anderes gelten. Andernfalls würde gerade im mildesten Fall einer Steuerverkürzung durch Unterlassen dem Täter die Anwendung der gesetzlichen Regelungen zu den Verjährungsfristen verwehrt, die ihm in schwereren Fällen, nämlich bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung oder bei leichtfertiger Steuerverkürzung durch aktive Falschangabe, aufgrund der Verneinung einer rechtlichen Verklammerung der Taten im Rahmen eines Fortsetzungszusammenhangs oder einer Dauerordnungswidrigkeit durch aktives Tun zukäme. Die Erwägung, dass die Verjährung in solchen Fällen unverdient sei, liefert daher auch im Fall einer Dauerordnungswidrigkeit durch Unterlassen keine befriedigende Erklärung. Denn der Gedanke trifft umso mehr in den Fällen der vorsätzlichen Steuerhinterziehung zu, bei der man aus eben dem Grund der nachteiligen Wirkungen im Recht der Strafverfolgungsverjährung das Institut hat fallen lassen.
    Eine rechtliche Verklammerung der Einzeltaten scheidet im Hinblick auf das Recht der Verfolgungsverjährung daher auch dann aus, wenn man im Streitfall entgegen dem geltenden Monatsprinzip und der aus der monatlichen Aktualisierung der Festsetzung folgenden Beendigung der jeweiligen Taten von einer Dauerordnungswidrigkeit durch fortgesetzte Verletzung der Mitteilungspflicht des Klägers nach § 68 EStG ausgehen wollte.
    ee) Ob der Verwaltungsakt dabei wie im Streitfall entsprechend der bis einschließlich 2006 geltenden Rechtslage nach § 70 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG in der im Streitzeitraum geltenden Fassung i.V.m. § 119 Abs. 2 Satz 1 AO konkludent erlassen wurde oder wie nach § 70 EStG in der ab 2007 geltenden Fassung immer durch Bescheid festgesetzt wird, ist insoweit unerheblich. Denn die für die Frage der Verjährung im Streitfall maßgebliche Bekanntgabe findet in beiden Fällen statt.
    2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
    3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.

    VorschriftenAO § 169 Abs. 2 S. 2, AO § 171 Abs. 7, AO § 370 Abs. 1, AO § 170 Abs. 2 Nr. 1, AO § 8, AO § 119 Abs. 2 S. 1, AO § 377 Abs. 2, AO § 378, AO § 384, StGB § 78 Abs. 3 Nr. 4, StGB § 78a, EStG 2002 § 70 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, EStG 2002 § 66 Abs. 2, EStG 2002 § 62 Abs. 1, EStG 2002 § 68, OWiG § 31 Abs. 3