13.06.2013 · IWW-Abrufnummer 131867
Oberlandesgericht Bamberg: Beschluss vom 15.01.2013 – 2 Ss OWi 897/12
Auskunftsverweigerungsrecht nach dem Schwarzarbeitsgesetz
Das in § 5 I 3 SchwarzArbG eingeräumte Auskunftsverweigerungsrecht steht einer Verfolgung des Verpflichteten wegen einer Ordnungswidrigkeit der Verletzung von Mitwirkungspflichten nach § 8 II Nr. 3a SchwarzArbG (hier: Verletzung der Auskunftspflicht nach § 5 I 1 SchwarzArbeitG) nur dann entgegen, wenn die zur Verweigerung von Auskünften berechtigte Person unter ausdrücklicher Berufung auf ihr Auskunftsverweigerungsrecht von diesem Recht Gebrauch macht. Eine allgemeine Rechtspflicht der Verfolgungsbehörde, den Auskunftspflichtigen auf sein Verweigerungsrecht nach § 5 I 3 SchwarzArbG hinzuweisen, ist jedenfalls gesetzlich nicht vorgeschrieben.
OLG Bamberg
15.01.2013
2 Ss OWi 897/12
Tatbestand
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Das Hauptzollamt legte dem Betr. mit Bußgeldbescheid vom 18.08.2011 zur Last, vorsätzlich seine Mitwirkungspflicht nach § 5 I SchwarzArbG verletzt zu haben und setzte deshalb gegen ihn wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 8 II Nr. 3a SchwarzArbG eine Geldbuße in Höhe von 500 € fest. Auf seinen Einspruch sprach das AG den Betr. mit Urteil vom 25.01.2012 mit der Begründung frei, dass nicht auszuschließen sei, dass der Betr. Sozialleistungen bezogen habe und durch die Offenbarung eines Beschäftigungsverhältnisses und der Form seiner Beschäftigung sich der Gefahr, wegen einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat verfolgt zu werden, ausgesetzt hätte, so dass er gemäß § 5 I 3 SchwarzArbG zur Auskunftsverweigerung berechtigt gewesen sei. Hiergegen wendet sich die StA mit ihrer Rechtsbeschwerde, deren Zulassung sie beantragt; sie rügt die Verletzung materiellen Rechts.
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Die vom Einzelrichter gemäß §§ 79 I 2, 80 I Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts zugelassene und dem Bußgeldsenat des OLG in der Besetzung mit drei Richtern zur Entscheidung übertragene Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das AG.
Gründe
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1. Das Urteil kann keinen Bestand haben, weil das AG zu Unrecht die Verletzung der Mitwirkungspflicht des Betr. nach § 5 I 1 SchwarzArbG wegen eines Auskunftsverweigerungsrechtes gemäß § 5 I 3 SchwarzArbG verneint hat.
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a) Den äußeren Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 8 II Nr. 3a SchwarzArbG erfüllt u.a., wer entgegen § 5 I 1 SchwarzArbG als Zugehöriger zu einer der dort genannten Personengruppen (Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, Auftraggeber und Dritte) bei einer Prüfung nach § 2 I SchwarzArbG nicht mitwirkt, insbesondere für die Prüfung erhebliche Auskünfte nicht erteilt. Nach den Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils wurde der Betr. anlässlich einer Überprüfung durch das zuständige Hauptzollamt gemäß § 2 SchwarzArbG im Eingangsbereich des "Club M." in A. beim Bedienen der Kasse und bei der Ausgabe von Stempeln angetroffen. Es handelte sich bei ihm zumindest um einen Dritten i.S.d. § 5 I 1 SchwarzArbG, der bei der Überprüfung durch das Hauptzollamt angetroffen wurde und der daher mitwirkungspflichtig i.S.d. § 5 I 1 SchwarzArbG war.
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b) Dass es sich bei der von der Zeugin L. dem Betr. gestellten Frage nach einem Beschäftigungsverh ältnis (beim "Club M.") und der Form seiner Beschäftigung um eine Frage handelte, die auf die Erteilung erheblicher Auskünfte gerichtet war (§ 5 I 1 SchwarzArbG), liegt angesichts der von der Zeugin geschilderten Aktivitäten des Betr. (Bedienung der Kasse im Eingangsbereich, Stempelausgabe) auf der Hand und bedarf keiner näheren Erörterung.
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2. Nach § 5 I 3 SchwarzArbG handelt nicht entgegen § 5 I 1 SchwarzArbG, wer Auskünfte verweigert, die ihn oder eine ihm nahestehende Person der Gefahr aussetzen, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
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a) Eine solche Berechtigung zur Auskunftsverweigerung hat das AG hier angenommen, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Betr. Sozialleistungen bezogen und sich durch die Offenbarung eines Beschäftigungsverhältnisses der Gefahr ausgesetzt hätte, wegen einer Ordnungswidrigkeit oder Straftat verfolgt zu werden.
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b) Allerdings muss der Auskunftspflichtige dann, wenn er von seinem Verweigerungsrecht gemäß § 5 I 3 SchwarzArbG Gebrauch machen will, sich ausdrücklich hierauf berufen (Erbs/Kohlhaas/Ambs Strafrechtliche Nebengesetze [Stand: September 2012] § 3 SchwarzArbG Rn. 5; BayObLG GewA 1969, 41; vgl. auch KG, Beschluss vom 16.10.2000 - 2 Ss 236/00 [bei [...]]). Dies ist - so die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils - seitens des Betr. nicht geschehen. Er hat vielmehr lediglich nach Angabe seiner Personalien erklärt, (weiter) nichts sagen zu wollen. Da der Betr. somit die Beantwortung der Frage nach einem Beschäftigungsverhältnis und der Form seiner Beschäftigung lediglich schlicht abgelehnt hat, sich aber offenbar nicht darauf berufen hat, die Auskunft auf diese Frage zu verweigern, weil er sich durch deren Beantwortung der Gefahr aussetze, wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden, war er - bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen - seiner Auskunftspflicht nach § 5 I 1 SchwarzArbG nicht enthoben.
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c) Da das AG dies verkannt hat, kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben.
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3. Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass eine Rechtspflicht der die Prüfung nach § 2 SchwarzArbG durchführenden Zollbehörden gegenüber dem Auskunftspflichtigen, diesen auf sein Verweigerungsrecht nach § 5 I 3 SchwarzArbG hinzuweisen, gesetzlich nicht vorgeschrieben ist. Mag eine solche Belehrung, die im Gegensatz zu der in § 55 StPO getroffenen Regelung auch in den Fällen des § 384 ZPO nicht vorgesehen ist, unter rechtstaatlichen Gesichtspunkten auch empfehlenswert sein, so ist die Tatsache allein, dass der Auskunftspflichtige nicht über sein Verweigerungsrecht aus § 5 I 3 SchwarzArbG belehrt worden ist, nicht geeignet, ihn beim Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen seiner Auskunftspflicht zu entheben (vgl. Erbs/Kohlhaas/Ambs a.a.O.; BayObLG a.a.O.).
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4. Aufgrund des aufgezeigten sachlich rechtlichen Mangels ist auf die Rechtsbeschwerde der StA das Urteil des AG mit den Feststellungen aufzuheben (§§ 337, 353 StPO, 79 III 1 OWiG) und die Sache an das AG zurückzuverweisen (§ 79 VI OWiG).