15.05.2013 · IWW-Abrufnummer 133506
Finanzgericht München: Urteil vom 31.01.2013 – 10 K 1438/10
1. Aufgrund der Ablaufhemmung endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der Steuerordnungswidrigkeit
verjährt ist.
2. Die Verjährung beginnt mit der Beendigung des Delikts.
3. Beim Kindergeld als Steuervergütung tritt die Beendigung erst mit der letzten unrechtmäßigen Gewährung ein. Da das Kindergeld
monatlich gewährt wird, erfolgt jeden neuen Monat eine weitere unrechtmäßige Gewährung.
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
In der Streitsache
hat der … Senat des Finanzgerichts München durch … ohne mündliche Verhandlung am 31. Januar 2013 für Recht erkannt:
1. Der Bescheid vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird insoweit aufgehoben, als er die Kindergeldfestsetzung
für die Monate Juni 1998 – Juni 2000 aufhebt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 42% und die Beklagte 58%.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in
Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit
in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
Strittig ist die Aufhebung der Festsetzung und Rückforderung von Kindergeld für das Pflegekind V. von Juni 1998 bis Dezember
2001.
I.
Die Klägerin (Kl.) ist die Schwester der mittlerweile verstorbenen V.. V. hatte im Klagezeitraum einen Grad der Behinderung
von 100 % und in ihrem Schwerbehindertenausweis sind zusätzlich die Merkzeichen „G” und „H” (neben weiteren) eingetragen.
V. lebte seit dem Tod ihrer Mutter (der Kl. und von V.) im Frühjahr 1998 bis 18.06.2000 in einem Haus in…. Die Kl. wohnte
in einem sich in unmittelbarer Nähe befindlichen Haus in … Ab 19.06.2000 war V. vollstationär im … untergebracht.
Mit von ihr unterzeichnetem Antrag vom 10.06./15.06.1998 beantragte die Kl. Kindergeld für V.. Die Beklagte (Familienkasse
–FK–) zahlte in der Folge das Kindergeld an die Kl. aus; ein Festsetzungsbescheid erging nicht. Mit Bescheid vom …2007 hob
die FK die Festsetzung von Kindergeld für V. u.a. für den Zeitraum Juni 1998 bis August 2003 auf und forderte das für diesen
Zeitraum überzahlte Kindergeld i.H.v. 8.714,44 EUR zurück (hiervon entfallen auf den Klagezeitraum Juni 1998 – Dezember 2001
5.634,44 EUR). Den Einspruch der Kl. wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom …2010 als unbegründet zurück. Es handle sich
bei V. nicht um ein Pflegekind; eine Haushaltsaufnahme liege nicht vor, da V. in einer eigenen Wohnung lebte.
Mit ihrer Klage macht die Kl. im Wesentlichen geltend, sie habe mit V. örtlich gebunden zusammen gelebt und die Kl. habe V.
im Klagezeitraum durchgängig persönlich betreut und versorgt. Die Häuser in … und … befänden sich in unmittelbarer Nachbarschaft
und gehörten zu demselben landwirtschaftlichen Hof. Das Haus der Kl. sei das Austragshaus und V. habe lediglich nicht dort
übernachten können, weil das Haus für zwei Personen zu klein sei. Sie –die Kl.– habe sich aber täglich um V. gekümmert, Mahlzeiten
für sie gekocht, sie gewaschen und ihr beim Ankleiden geholfen. Die Rückforderung von Kindergeld sei darüber hinaus bis Dezember
2001 nicht mehr möglich, da der Rückforderungsanspruch, selbst wenn eine leichtfertige Steuerverkürzung bejaht werde, innerhalb
von fünf Jahren verjährt sei. Eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist wegen der Begehung einer Steuerordnungswidrigkeit sei
nicht eingetreten, denn die Kl. habe keine Steuerordnungswidrigkeit begangen. Sie habe keine Kenntnis über die Voraussetzungen
des Kindergeldbezugs gehabt. Sie habe zwar den Kindergeldantrag unterzeichnet, die Antragstellung sei allerdings von ihrem
Bruder ausgegangen.
Die Kl. beantragt,
den Bescheid vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … aufzuheben, soweit darin die Kindergeldfestsetzung für den
Zeitraum Juni 1998 bis Dezember 2001 aufgehoben wurde.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Kl. habe ihre Schwester nicht in ihren Haushalt aufgenommen, da es an einem räumlich gebundenen Zusammenleben in einer
gemeinsamen Familienwohnung fehlte. Außerdem sei zum Zeitpunkt der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung am …2007 die Festsetzungsfrist
noch nicht abgelaufen gewesen. Die Kl. habe eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO)
begangen. Die Verjährungsfrist der Verfolgungsverjährung betrage in diesen Fällen nach § 384 AO fünf Jahre und die Festsetzungsverjährung
laufe nach § 171 Abs. 7 i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO nicht ab, bevor die Verfolgung der Steuerordnungswidrigkeit verjährt
sei. Die Verfolgungsverjährung beginne, sobald die Tat beendet sei. Die Beendigung liege bei – wie im Streitfallkonkludenter
Bekanntgabe der Festsetzung mit der letzten Auszahlung des Kindergeldes vor. Da die letzte Auszahlung des Kindergeldes am
… 2006 erfolgt sei, sei bei Aufhebung der Kindergeldfestsetzung im Juni 2007 die Festsetzungsfrist bezüglich des Jahres 1998
noch nicht abgelaufen gewesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug
genommen.
Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung
– FGO –).
II.
Die Klage ist teilweise begründet.
1. Der Bescheid vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren
Rechten, als er die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Juni 1998 – Juni 2000 aufhebt. Für diesen Zeitraum steht der Klägerin
Kindergeld für V. als Pflegekind zu.
a) Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) können auch Pflegekinder zu einer
Kindergeldberechtigung führen. Pflegekinder sind nach der Legaldefinition des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG Personen, mit denen der
Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken
in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht. Ein familienähnliches
Band ist gegeben, wenn das Kind wie zur Familie gehörig angesehen und behandelt wird. Dies wird dann angenommen, wenn zwischen
dem Steuerpflichtigen und dem Kind ein Aufsichts-, Betreuungsund Erziehungsverhältnis wie zwischen Eltern und leiblichen Kindern
besteht (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 21. April 2005, III R 53/02, BFH/NV 2005, 1547). Ein familienähnliches Band
kann auch mit einem bereits Volljährigen bei dessen Hilflosigkeit und Behinderung begründet werden kann (vgl. BFH-Urteil vom
5. Oktober 2004, VIII R 69/02, BFH/NV 2005, 524, m.w.N.). Auch volljährige, behinderte Geschwister können als Pflegekinder
anerkannt werden (vgl. Schmidt/Loschelder, EStG, 31. Aufl. 2012, § 32 Rz 13; BFH-Urteil vom 24. August 2004 VIII R 50/03,
BFHE 207, 250, BStBl II 2010, 1052; vom 9. Februar 2012 III R 15/09, BFHE 236, 399, BStBl II 2012, 739).
Nach Auffassung des Senats liegt zwischen der Kl. und V. das familienähnliche, auf längere Dauer berechnete Band im Klagezeitraum
vor; nach dem Tod der Mutter besteht das Ob-huts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr. Zwischen der Kl. und V. bestand
das erforderliche Aufsichts- und Betreuungsverhältnis, denn bei V. lag im Klagezeitraum unstreitig ein Grad der Behinderung
von 100 % vor. Da im Schwerbehindertenausweis auch das Merkzeichen „H” (für Hilflosigkeit) angegeben ist, steht zur Überzeugung
des Senats auch fest, dass die V. der Hilfe der Kl. für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen
zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf jeden Tages bedurfte. Nachdem die Mutter von V. im Frühjahr 1998 verstorben
war, hat die Kl. alleine die Betreuung übernommen. So fielen der Kl. alle Funktionen zu, die bisher die Mutter übernommen
hatte. Da V. beim Tod der Mutter bereits über 50 Jahre alt war, war das übernommene Erziehungsverhältnis nur mehr gering ausgeprägt.
Die Kl. hat sich umfassend um das Wohl von V. gekümmert. Dass V. der umfassenden Betreuung bedurfte, zeigt sich ebenso dadurch,
dass sie ab Mitte Juni 2000 dann vollstationär in einem Pflegeheim untergebracht war, nachdem die Kl. die erforderliche Pflege
nicht mehr erbringen konnte (vgl. Schreiben des Bezirk …).
b) Auch das Tatbestandsmerkmal der Haushaltsaufnahme ist im Zeitraum von Juni 1998 bis Juni 2000 erfüllt.
aa) Das Kind muss gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG in den Haushalt der Pflegeeltern aufgenommen worden sein. Dabei sind die Gesamtumstände
des Einzelfalles zu berücksichtigen. Es ist keine enge Auslegung des Haushaltsbegriffes geboten (vgl. Schmidt/Loschelder,
a.a.O., § 32 Rz 15). Haushaltsaufnahme bedeutet die Aufnahme in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs-
und Erziehungsverhältnis familienhafter Art. Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller
Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juni
2001, VI R 224/98, BFHE 195, 564, BStBl II 2001, 713; BFH-Beschluss vom 14. Januar 2011, III B 96/09, BFH/NV 2011, 788). Alle
drei Merkmale müssen vorliegen. Die Merkmale können jedoch in unterschiedlich starker Ausprägung vorliegen. Ein Kind gehört
dann zum Haushalt eines Berechtigten, wenn es dort wohnt, versorgt und betreut wird, so dass es sich in der Obhut des Berechtigten
befindet.
bb) Im Streitfall sind diese Merkmale für den Zeitraum Juni 1998 – Juni 2000 erfüllt. Die Kl. hat zur Überzeugung des Gerichts
dargelegt, dass die Vorraussetzungen materieller Art und immaterieller Art vorliegen; sie hat sich in vollem Umfang um V.
gekümmert, für sie regelmäßig Mahlzeiten zubereitet, die Wäsche gemacht und täglich nach ihr gesehen hat.
Auch das Merkmal der Haushaltsaufnahme sieht das Gericht als erfüllt an. V. lebte zwar nicht mit der Kl. direkt in dem Haus
in …, sondern die Kl. wohnte in einem sich in unmittelbarer Nähe … zum Haus der V. befindlichen und zum selben landwirtschaftlichen
Hof gehörigen Austragshaus. V. übernachtete deshalb nicht bei der Kl., weil das Austragshaus nur Platz für eine Person bot.
Das „örtlich gebundene Zusammenleben” ist in dieser besonderen Konstellation trotzdem gegeben, da es sich zwar um zwei Gebäude
handelt, die jedoch in direkter Nähe zueinander stehen. Es macht hier keinen Unterschied, ob die Kl. V. innerhalb eines –
möglicherweise auch weitläufigen-Hauses oder innerhalb zweier nahe beieinander liegenden Häuser auf einem Grundstück umsorgt.
Ausschlaggebend ist vielmehr die direkte Nähe als Ausgangssituation für die regelmäßige Sorge. Diese unmittelbare räumliche
Nähe machte für die Kl. die tägliche, engmaschige Betreuung der V. möglich (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 2. April 2010 6 K
1539/2008, unter 1.c), rkr., juris; BFH-Beschluss vom 31. Januar 2011 III B 86/10, BFH/NV 2011, 805).
2. Die Klage ist unbegründet, soweit die FK die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Juli 2000 – Dezember 2001 aufgehoben
hat. Insoweit ist der Aufhebungsbescheid (§ 70 Abs. 2 EStG i.V.m. § 155 Abs. 4 AO) rechtmäßig und die Kl. nicht in ihren Rechten
verletzt.
a) Mit der vollstationären Aufnahme der V. am 19.06.2000 in … endete die nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG für den Kindergeldanspruch
notwendige Haushaltsaufnahme bei der Kl.. Ab diesem Zeitpunkt fehlte es aufgrund der Entfernung an einem örtlich gebundenen
– Zusammenleben als Ausgangslage für eine intensive Betreuung der V. durch die Kl. V. war nunmehr in die tägliche Pflege des
… eingebunden.
b) Die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung am …2007 war auch noch möglich, da zu diesem Zeitpunkt Festsetzungsverjährung noch
nicht eingetreten war.
aa) Die Festsetzungsfrist beträgt im Streitfall nach § 155 Abs. 4 i.V.m. §§ 170 Abs. 1 i.V.m. 169 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 i.V.m.
§ 378 AO fünf Jahre, da die Kl. eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen hat.
Nach § 378 Abs. 1 AO handelt ordnungswidrig, wer u.a. als Steuerpflichtiger eine der in § 370 Abs. 1 AO bezeichneten Taten
leichtfertig begeht. Dabei handelt leichtfertig, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen
des Falles und seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen verpflichtet und imstande ist, obwohl sich ihm hätte aufdrängen
müssen, dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten wird (Klein/Jäger, AO, 11. Aufl., § 378 Rz. 20).
Die Kl. hat nach dem Umzug der V. im Juni 2000 in das … ihre im Rahmen des Kindergeldrechtsverhältnisses bestehende Mitwirkungspflicht
verletzt. Gemäß § 68 Abs. 1 EStG hat derjenige, der Kindergeld beantragt oder erhält, Änderungen in den Verhältnisses, die
für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich
der zuständigen FK mitzuteilen. Der Umzug von V. war eine erhebliche Veränderung der Verhältnisse in diesem Sinne. Auf dem
Vordruck zur Erklärung der Haushaltsaufnahme war der Hinweis angebracht, dass Kindergeld für ein Pflegekind u.a. nur dann
gezahlt werden kann, wenn das Kind in dem Haushalt des Berechtigten lebt. Mit dem Umzug der V. und der nunmehr dauerhaften
vollstationären Heimunterbringung musste sich auch der Kl. als Laien aufdrängen, dass V. nun nicht mehr in ihrem Haushalt
lebte. Insbesondere im alltäglichen Sprachgebrauch wird mit dem Begriff „Haushalt” eine räumlich zusammenlebende Bedarfsgemeinschaft
verstanden. Wusste die Klägerin, wie sie selbst vorträgt, nicht über die Voraussetzungen des Kindergeldbezugs, hätte sie sich
rechtskundig machen müssen. Dass sie nach eigenen Angaben „blind” den durch ihren Bruder ausgefüllten Antrag unterschrieben
hat, stellt sie deshalb nicht von dem Vorwurf frei, dass sie die vollstationäre Heimunterbringung der V. ab 19.06. 2000, die
nach § 68 Abs. 1 Satz1 Alt. 2 EStG eine Änderung in den tatsächlichen Lebensverhältnissen darstellte, der FK nicht mitteilte
und dadurch leichtfertig bewirkte, dass Kindergeld zu Unrecht weitergezahlt wurde.
bb) Die fünfjährige Festsetzungsverjährungsfrist war nach Auffassung des Senats bei Aufhebung der Kindergeldfestsetzung am
06.06.2007 aufgrund der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 7 AO auch noch nicht abgelaufen (vgl. hierzu auch Lindwurm in AO – Steuerberater
– AO-StB-11/2012, 339 ff. m.w.N.):
In den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder der
Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist. Bei der leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit.
Bei dieser beginnt nach § 31 Abs. 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) die Verjährung, sobald die Handlung beendet
ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt (vgl. auch
4.1 der Dienstanweisung zur Durchführung von Steuerstraf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren im Zusammenhang mit dem steuerlichen
Familienleistungsausgleich vom 31.05.2012 – DA-FamBuStra–, Bundeszentralamt für Steuern, BStBl I 2012, 696). Die Steuerhinterziehung
und die leichtfertige Steuerverkürzung werden als strafrechtliches Erfolgsdelikt betrachtet (Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht,
§ 376 AO Rz. 68 (Juni 2009); Rolletschke in Rolletschke/Kemper, Steuerverfehlungen, § 370 AO Rz. 11 (Mai 2012); Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 7. Februar 1984 – 3 StR 413/83, wistra 1984, 142). Bei vollendeten Erfolgsdelikten liegt die Beendigung
vor und beginnt die Verfolgungsverjährung, sobald der tatbestandsmäßige Erfolg eingetreten ist und der Täter sein rechtsverneinendes
Tun insgesamt abgeschlossen hat. Setzt sich das strafbare Verhalten aus mehreren Teilakten zusammen bzw. ist der Schaden durch
verschiedene Ereignisse bedingt oder vergrößert er sich durch sie nach und nach, dann beginnt die Verjährung mit dem letzten
Akt bzw. mit der letzten Schadensvergrößerung (Saliger in NK-StGB, 3. Aufl. 2010, § 78a Rz. 10). Besteht der Taterfolg nicht
in der Verkürzung einer Steuer (§ 370 Abs. 4 Satz 1), sondern in der Erlangung eines nicht gerechtfertigten Vorteils (§ 370
Abs. 4 Satz 2 AO), ist die Tat erst mit der Erlangung des Vorteils vollendet und beendet (Rolletschke, a.a.O, § 376 AO Rz.
14). Daher tritt beim Kindergeld als Steuervergütung die Beendigung erst mit der letzten unrechtmäßigen Gewährung ein und
da das Kindergeld monatlich gewährt wird, erfolgt jeden neuen Monat eine weitere unrechtmäßige Gewährung (Lindwurm, AO-StB
2012, S. 342; a.A. FG München, Urteil v. 16.10.2012 9 K 1226/12; n.v., juris; Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt,
Az. III B 146/12).
Dies zugrunde gelegt, ist alle steuerliche Festsetzungsfrist nicht abgelaufen. Im Streitfall wurde die Kindergeldfestsetzung
konkludent durch die regelmäßige Auszahlung ab Juni 1998 bekanntgegeben. Damit wurde dem Kindergeldantrag der Kl. vom …1998
entsprochen; der Erteilung eines schriftlichen Bescheides bedurfte es nach § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.F. bis 31.12.2006 nicht.
Die leichtfertige Steuerverkürzung endete daher erst mit der letzten Auszahlung des Kindergeldes am …2006 (vgl. DA-FamBuStra
4.1 Satz 4). Die fünfjährige Verjährungsfrist für die Verfolgungsverjährung (§ 384 AO), die mit der Beendigung der leichtfertigen
Steuerverkürzung zu laufen begann, war daher bei Aufhebung der Kindergeldfestsetzung am …2007 offensichtlich noch nicht abgelaufen.
Damit konnte auch die steuerliche Festsetzungsfrist nicht abgelaufen sein, da die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 7 AO zu diesem
Zeitpunkt noch wirksam war.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs.1 Satz 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich
der Kosten folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
4. Die Revision wird zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2 FGO).