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  • 13.01.2014 · IWW-Abrufnummer 140084

    Landgericht Bochum: Urteil vom 27.11.2013 – 3 O 276/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Bochum

    3 O 276/13

    Tenor:

    Es wird festgestellt, dass die in den Vollstreckungsbescheiden des Amtsgerichts Hagen vom

    - 14.08.2012, Az. 12-2248181-0-9 (Mieten Juni + Juli 2012)

    - 31.08.2012, Az. 12-2315046-0-8 (Miete August 2012)

    - 21.11.2012, Az. 12-2531834-0-3 (Mieten September + Oktober 2012)

    - 30.11.2012, Az. 12-2580914-0-4 (Miete November 2012)

    - 20.04.2013, Az. 13-1864849-0-2 (Schadenersatz aus Mietvertrag)

    sowie

    in dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Herne vom 26.10.2012, Az. 20 C 138/12 (Verfahrenskosten der Räumungsklage)

    titulierten Zahlungsansprüche auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung der Beklagten gegen den Kläger beruhen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10 % und die Beklagte zu 90 %, wobei festgestellt wird, dass auch die in diesem Verfahren dem Kläger entstandenen Kosten eine Folge der unerlaubten Handlung sind.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % der jeweils zur Vollstreckung anstehenden Forderung abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    T a t b e s t a n d :

    Der Kläger erwarb gegen die Beklagte mehrere vollstreckungsfähige Titel im August und November 2012 sowie im April 2013. Es handelt sich um die in Kopie als Anlage zur Klage beigehefteten Vollstreckungsbescheide des Klägers gegen die Beklagte, die sich über die Zahlungsverpflichtung der Beklagten an den Kläger aus einem Mietverhältnis zu den Monaten Juni bis November 2012 verhalten bzw. in einem Fall über eine Nutzungsentschädigung für die Monate Dezember 2012 und Januar 2013 sowie um einen Kostenfestsetzungsbeschluss im Verfahren 20 C 138/12 Amtsgericht Herne vom Oktober 2012. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage zur Klageschrift verwiesen. Mit dem Klageantrag zu 1) begehrt der Kläger eine privilegierte Vollstreckungsposition nach § 850 f Abs. 2 ZPO. Dies ist Gegenstand der Versäumnisentscheidung im gegenständlichen Urteil.

    Darüber hinaus versucht der Kläger mit dem Klageantrag zu 2) die Beklagte zur Mitwirkungshandlung zu verpflichten, damit er eine von ihm mit erhobenen Daten vorbereitete Steuererklärung über die Einkünfte der Beklagten im Kalenderjahr 2012 einschließlich der Anlage N über Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit und Anlage Vorsorgeaufwand sowie mit weiteren notwendigen Angaben beim Finanzamt einreichen kann bzw. damit die Beklagte selbst die Erklärung beim Finanzamt anbringen kann. Zu diesem Zwecke ist die Steuererklärung von der Beklagten zu unterschreiben. Dazu soll sie verurteilt werden und dazu, die Erklärung beim zuständigen Finanzamt einzureichen, wobei sie berechtigt sein soll, die Erklärungsdaten zu prüfen und, soweit sie dieses für nötig erachtet, zu korrigieren oder zu ergänzen.

    Ein entsprechender Hinweis, dass die Beklagte Daten überprüft hat, befindet sich in der Unterschriftsrubrik des vorbereiteten Erklärungsvordruckes, worauf verwiesen wird. Der mit Daten ausgefüllte, noch nicht unterschriebene Vordruck soll der Beklagten im Verurteilungsfalle mit dem Urteil zwecks Unterschrift übermittelt werden. Der Kläger erhofft sich, dass die Beklagte nach seiner Berechnung eine Steuererstattung bekommen wird, auf die er nach bereits ausgebrachter Pfändung von Einkommenssteuererstattungsansprüchen für das Jahr 2012 durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 15.01.2013 Zugriff nehmen will. Er verweist insoweit auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, 7. Zivilsenat, vom 27.03.2008 – VII ZB 70/06 -, Beschluss veröffentlicht BGHZ 176, 79 = WM 2008, 931 = NJW 2008, 1675 = MDR 2008, 765 = Rpfl 2008, 372 und hat dazu im Termin erklärt, an diesem Verfahren selbst mitgewirkt zu haben. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte aufgrund des durch den Pfändungsbeschluss begründeten Sonderschuldverhältnisses zwischen ihm als Gläubiger und der Beklagten als Schuldnerin verpflichtet ist, zur Geringhaltung seines Vollstreckungsschadens an der Realisierung der Steuererstattungsansprüche der Beklagten gegen den Fiskus mitzuwirken. Dazu hat er ausgeführt, dass er im Rahmen des Verfahrens zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch die Beklagte die notwendigen Auskünfte erlangt habe, um die Erklärung für sie zu erstellen, und zwar in der vorliegenden komprimierten Form. In dieser Form könne sie beim Finanzamt eingereicht werden. Die Beklagte habe bisher auf sein Anliegen nicht reagiert. Daher sei die Klageerhebung notwendig. Nach Angaben des Klägers soll sich ein Steuererstattungsbetrag von 595,40 € ergeben.

    Die Beklagte ist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.11.2013 nicht erschienen, obgleich sie ordnungsgemäß geladen worden war. Der Kläger hat daraufhin den Erlass eines Versäumnisurteils wie folgt beantragt:

    Es wird festgestellt, dass die in den Vollstreckungsbescheiden des Amtsgerichts Hagen vom

    - 14.08.2012, Az. 12-2248181-0-9 (Mieten Juni + Juli 2012)

    - 31.08.2012, Az. 12-2315046-0-8 (Miete August 2012)

    - 21.11.2012, Az. 12-2531834-0-3 (Mieten September + Oktober 2012)

    - 30.11.2012, Az. 12-2580914-0-4 (Miete November 2012)

    - 20.04.2013, Az. 13-1864849-0-2 (Schadenersatz aus Mietvertrag)

    sowie

    in dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Herne vom 26.10.2012, Az. 20 C 138/12 (Verfahrenskosten der Räumungsklage)

    titulierten Zahlungsansprüche auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung der Beklagten gegen den Kläger beruhen.

    Zum Antrag 2) hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

    die Einkommenssteuererklärung für das Kalenderjahr 2012 zu prüfen, soweit sie dies für nötig erachte zu korrigieren oder zu ergänzen, zu unterzeichnen und beim zuständigen Finanzamt Herne einzureichen (Antrag vom 19.09.2013), sprachlich abgeändert mit Schriftsatz vom 22.11.2013 in der Form, dass die Verurteilung der Beklagten verlangt wird,die ESt-Erklärung für das Kalenderjahr 2012 zu unterzeichnen und beim zuständigen FA Herne einzureichen. Sie sei berechtigt, diese zu prüfen und soweit sie dies für nötig erachte, zu korrigieren oder zu ergänzen.

    Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung und schon vorbereitend in einem Hinweis vom 18.11.2013 auf seine Bedenken im Hinblick auf den Klageantrag zu 2) hingewiesen, worauf verwiesen wird. Es hat zu erkennen gegeben, dass es wahrscheinlich den Klageantrag zu 2) abweisen wird, so dass eine stattgebende Entscheidung durch Versäumnisurteil nur in Bezug auf den Klageantrag 1) dann in Frage kommen würde.

    E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

    (Die Begründung dieser Entscheidung bezieht sich nur auf den Klageantrag zu 2) mit Streitwert in Höhe von 300,00 €.)

    Die Klage zu 2) ist abzuweisen, da nach dem eigenen Vortrag des Klägers das Klagebegehren nicht gerechtfertigt ist.

    Dem Kläger ist allerdings zuzugeben, dass nach allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Erwägungen zwischen Gläubiger und Schuldner, durch die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens (hier Pfändungsbeschluss) bedingt, besondere Sonderrechtsbeziehungen entstehen, die auch schuldrechtlichen Inhalt haben können. Mit den im Vollstreckungsverfahren existierenden besonderen Gegebenheiten wird man möglicherweise auch den Schuldner für verpflichtet halten können, von einer bewussten Schädigung des Gläubigers Abstand zu nehmen. Wie sich aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Beschluss vom 27.03.2008 – VII ZB 70/06 -, BGHZ 176, 79 (weitere Fundstellen oben im Tatbestand) ergibt, hat in früherer Zeit der IXa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem obiter dictum in einem Beschluss vom 12.12.2003 – IXa ZB 115/03, BGHZ 157, 195, ausgeführt, dass unter bestimmten Voraussetzungen eine Ersatzvornahme bei den Verfahrenshandlungen des Steuerpflichtigen im Festsetzungsverfahren erfolgen könne, da die Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz es erfordere, dass eine effektive Zwangsvollstreckung auch in Einkommenssteuererstattungsansprüche von Lohnsteuerzahlungen möglich bleibe. Der IXa. Zivilsenat ist dabei davon ausgegangen, dass ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Gläubiger und Schuldner begründet, zu dem die entsprechend § 836 Abs. 3 Satz 2 und 3 ZPO vollstreckbare Verpflichtung gehöre, den überwiesenen Steuererstattungsanspruch durch Festsetzung der Einkommenssteuer zu betreiben. Die weiteren Erwägungen sind in der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs, VII. Zivilsenat, wiedergegeben (veröffentlicht bei Juris zu Tz. 9 ff.). Darauf wird verwiesen. Der VII. Zivilsenat hat zu Tz. 12 allerdings auch ausgeführt, dass er an dieser Auffassung, nach der in dem von ihm zu entscheidenden Fall die beantragte Ermächtigung der Gläubigerin in Betracht zu ziehen gewesen sei, im entscheidenden Punkt nicht festhalte. Dabei hat er offen gelassen, ob das besondere Rechtsverhältnis zwischen Vollstreckungsgläubiger und Vollstreckungsschuldner einen materiell-rechtlichen Anspruch der Gläubigerin begründen könne, das Steuerfestsetzungsverfahren zu betreiben. In dem von dem VII. Zivilsenat zu entscheidenden Fall bestand die Besonderheit, dass kein Vollstreckungstitel bestand, auf den die Gläubigerin die begehrte Zwangsvollstreckung eines solchen Anspruchs durch Ermächtigung zur Ersatzvornahme stützen konnte. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss stellte eine solche geeignete Vollstreckungsgrundlage nicht dar. Dies hat den Kläger dazu veranlasst, im vorliegenden Verfahren die Beklagte zur Unterschrift unter einen Steuererklärungsvordruck zu verpflichten, damit aufgrund dessen ein Einkommenssteuererstattungsanspruch festgesetzt werden kann.

    Das erkennende Gericht hat indessen Bedenken, ob Inhalt des zwischen Gläubiger und Schuldner bestehenden gesetzlichen Rechtsverhältnisses sein kann, dass die Beklagte, die Vollstreckungsschuldnerin, zur Unterzeichnung des Steuererklärungsvordrucks verpflichtet werden kann. Das Gericht hat dabei nicht nur zu berücksichtigen, dass ein Gläubiger zur Realisierung seiner Ansprüche einer möglichst effektiven Zwangsvollstreckung bedarf, was sich aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz ergibt, es hat auch auf das Recht des Schuldners auf persönliche Freiheit und Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 Grundgesetz Rücksicht zu nehmen. Die vom Kläger begehrte Mitwirkung der Beklagten als Steuerpflichtige steht im Spannungsgeld zwischen den Wirkungsbereichen dieser beiden Grundrechte, wobei die gegensätzlichen Schutzrichtungen kollidieren und eine Güterabwägung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes stattzufinden hat. Das Gericht ist bei der hoheitlichen Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch durch Urteil zur Beachtung der Grundrechte und ihrer Auswirkungen sowie Schutzwirkungen verpflichtet. Die Abwägung darf das Gericht nicht nach ungebundenem, willkürlich eigenem Ermessen durchführen. Es hat dabei gesetzgeberische Wertungen, sofern sie für die Frage aussagekräftig sind, zu beachten und zu respektieren und die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen zu verarbeiten.

    Eine für die Zielsetzung eines Gläubigers, dem es um die Realisierung der ihm zustehenden Ansprüche geht, mit der Situation des Klägers hier vergleichbare Situation ergibt sich für den Finanzfiskus, wenn er den Anspruch auf die zu zahlende Steuer realisieren will. Auch er ist dabei auf die Mitwirkung des Steuerpflichtigen angewiesen, der grundsätzlich eine Steuererklärung auszufüllen und abzugeben hat und dabei auch eine Unterschrift leisten muss, die üblicherweise in den verwendeten Erklärungsvordrucken einen Passus enthält, der den Steuerpflichtigen zu einer sorgfältigen Überprüfung der abgegebenen Daten anhält und zur Konsequenz hat, dass der Steuerpflichtige ggf. bei unzutreffenden Angaben etwa aus dem Gesichtspunkt einer Steuerverkürzung in Anspruch genommen werden kann, was soweit geht, dass sich ein Strafverfahren anschließen kann. Die Situationen sind vergleichbar. Dem Kläger geht es um die Realisierung eines Steuererstattungsanspruchs der Beklagten, auf den er, wenn er besteht, im Vollstreckungsweg Zugriff nehmen kann, so dass er teilweise Befriedigung wegen der ihm zustehenden Forderungen erhält. Dazu bedarf es der Mitwirkung der Beklagten in Form einer Unterschrift unter einer Steuererklärung (und Prüfung der Daten in der Steuererklärung). Das vom Kläger vorbereitete Formular einer ausgefüllten Erklärung enthält bei der Unterschrift den Zusatz, dass der Unterzeichner versichere, die Daten überprüft und nach der elektronischen Übermittlung auf diesem Vordruck einschließlich der Anlagen keine Änderungen vorgenommen zu haben.

    Dem Finanzfiskus geht es um die Realisierung eines Steuerzahlungsanspruches, zu dem er der Mitwirkung des Steuerpflichtigen bedarf. Die Mitwirkungshandlung des Steuerpflichtigen ist in dem einen wie in dem anderen Fall kein schlichter Realakt der Unterzeichnung. Die Unterschrift bedingt Folgen. Zum Einen erklärt der Unterzeichnende, dass die von ihm unterzeichnete Erklärung von ihm herrührt (Urkundencharakter), zum Anderen (die jeweils bezeichneten Prüfvermerke), dass er für die abgegebenen Daten die Verantwortung übernimmt. Soweit der Kläger im Termin darauf hingewiesen hat, dass die elektronische Datenverarbeitung sich immer weiter in eine Richtung entwickle, dass eigentlich die Daten automatisch übermittelt würden (jedenfalls in den vereinfachten Verfahren), so dass es eigentlich (de lege ferenda) der Unterschrift des Steuerpflichtigen gar nicht mehr bedürfe, ist das für den gegenwärtigen Stand des Verfahrens bedeutungslos. Derzeit ist es noch so, dass der Steuerpflichtige mit der Unterzeichnung des Erklärungsvordrucks die Verantwortung übernimmt und sich daran auch festhalten lassen muss. Sind die Datenangaben falsch, kann es zu einer Steuerverkürzung kommen und er hat ggf. strafrechtlich die Verantwortung dafür zu tragen. Das ist auch der Sinn jener Prüfungsvermerke auf Steuererklärungen. Außerdem erfüllen sie eine Warnungsfunktion. Dies macht nur Sinn, wenn man davon ausgehen kann, dass der Steuerpflichtige mit der Unterzeichnung auch die entsprechende Verantwortung tatsächlich übernimmt und sich dessen bewusst ist.

    Die Abgabe der Unterschrift der Beklagten im vorliegenden Fall wird ebenso wie die Abgabe der Unterschrift eines jeden Steuerpflichtigen in Bezug auf einen Steuererklärungsvordruck zum Gegenstand der freien Willensentschließung des Steuerpflichtigen, die durch Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz geschützt wird. Grundsätzlich kann der Steuerpflichtige sich frei entscheiden, ob er tatsächlich vom Fiskus eine Steuererstattung in Anspruch nehmen will oder nicht. Der Bund der Steuerzahler weist fast jährlich darauf hin, dass die Steuerpflichtigen etliche Summen an Geldern verschenken, wenn sie von ihrem Recht, Steuererstattungsansprüche geltend zu machen, keinen Gebrauch machen. Die Motive dafür können unterschiedlich sein, Gleichgültigkeit, Unwissenheit oder Überforderung in Bezug auf die zumindest subjektiv wahrgenommene Kompliziertheit von Steuerfestsetzungsvorgängen.

    Der vergleichsweise hinzugezogene Fall, dass der Steuerpflichtige verpflichtet ist, jährlich eine Steuererklärung abzugeben, aufgrund derer Steuern gegen ihn festgesetzt werden, unterscheidet sich von dem hier streitgegenständlichen Fall darin, dass es nicht im Belieben des Steuerpflichtigen steht, ob er die Erklärung abgibt oder nicht. Er ist dazu gesetzlich verpflichtet, beispielsweise bei der Erklärung zur Einkommenssteuer, zu der auch die Festsetzung der Steuer im Lohnsteuerverfahren gehört (streitgegenständlich hier berührt). Selbst in diesem Fall, dass der Steuerpflichtige die Erklärung zwingend abgeben muss, hat der Steuergesetzgeber nur verhältnismäßig moderate Mittel gewählt, die einen (mittelbaren) Zwang auf den Steuerpflichtigen ausüben, die Steuererklärung abzugeben. Dazu gehört, wenn der Steuerpflichtige Abgabefristen versäumt, die Festsetzung eines Säumniszuschlags (§ 240 Abgabenordnung – AO –), die Verzinsung von Steuerforderungen (§ 233 AO in Verbindung mit Vorschriften in den einzelnen Steuergesetzen, soweit Verzinsung vorgesehen) und schließlich – aus Sicht des erkennenden Gerichts entscheidend – die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen, soweit die Finanzbehörde Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann (§ 162 AO), wozu auch der Fall gehört, dass beispielsweise ein Steuerpflichtiger sich hartnäckig weigert, eine Erklärung abzugeben. Von diesen Mitteln der Ausübung von Zwang auf den Steuerpflichtigen kann die Finanzbehörde unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Gebrauch machen. Die Verhängung eines Zwangsgeldes, wie § 888 ZPO es im Fall der zivilrechtlichen Vollstreckung vorsieht, hat der Steuergesetzgeber ebenso wenig vorgesehen, wie die Verhängung von Zwangshaft für den Fall, dass das Zwangsgeld nicht beigetrieben werden kann. Daraus entnimmt das erkennende Gericht, dass selbst in dem Fall, in dem der Steuerpflichtige zur Abgabe einer Steuererklärung und zur Mitwirkung bei der Steuerfestsetzung des gegen ihn gerichteten Steuerzahlungsanspruchs verpflichtet ist, die verhältnismäßig massiv wirkenden Mittel von Zwangsgeld und Zwangshaft vom Gesetzgeber nicht in Erwägung gezogen worden sind. Diese gesetzliche Wertung ist entscheidend und zu berücksichtigen. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in der zitierten Entscheidung (unter Tz. 16 f. bei Juris) darauf hingewiesen, dass die Abgabe einer Einkommenssteuererklärung und sonstige Verfahrenshandlungen des Steuerschuldners im Steuerfestsetzungsverfahren unvertretbare Handlungen sind, da sie nicht durch einen Dritten vorgenommen werden können, sondern vom Willen des Schuldners abhängen. Es handelt sich um unvertretbare Handlungen im Sinne von § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Dies ist, soweit erkenntlich, von niemand in Zweifel gezogen worden. Es erklärt sich auch nach den vorangegangenen Ausführungen zur Bedeutung der Unterschrift unter einer Steuererklärung. Daraus folgt für die zivilrechtliche Vollstreckung, wie sie sich hier im Falle einer Verurteilung nach dem Klageantrag zu 2) anschließen würde, dass bei der Vollstreckung einer unvertretbaren Handlung konsequenterweise die Beklagte durch Zwangsgeld und für den Fall, dass das nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft anzuhalten wäre. Wie der Bundesgerichtshof ist das erkennende Gericht der Ansicht, dass als effektives Mittel die Festsetzung von Zwangshaft übrig bleibt, denn die Beklagte hat bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Die Verhängung von Zwangsgeld ist sinnlos und produziert nur weitere Vollstreckungsforderungen gegen die Beklagte, die nicht effektiv sein können. Im Falle einer Vollstreckung des Klageantrags zu 2) bliebe deshalb bei zweckgerechter sinnvoller Auslegung der Vorschriften über die Zwangsmittel nur die Verhängung von Zwangshaft übrig. Das würde bedeuten, dass die Beklagte, wenn sie sich beispielsweise aus Gleichgültigkeit weiter untätig verhalten würde, in Zwangshaft genommen werden müsste. Ein solches Ergebnis steht nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum erstrebten Erfolg. Die Abwägung der widerstreitenden Grundrechte kann nicht dazu führen, dass die Freiheit der Willensentschließung der Beklagten durch Zwangshaft gebrochen werden muss.

    Der Kläger hat im Termin darauf hingewiesen, dass im Falle einer Verurteilung nicht unbedingt die Betreibung des Vollstreckungsverfahrens nachfolgen müsse. Diese Argumentation ist nicht stichhaltig. Wenn ein Gericht einen Anspruch tituliert, muss es immer damit rechnen, dass später der Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung weiter verfolgt wird. Das ist der Sinn der Titulierung von Ansprüchen. Letztendlich geht es darum, für den Gläubiger ein effektives Vollstreckungsergebnis zu realisieren. Deshalb kann das Gericht Erwägungen zur Festsetzung von Zwangshaft im vorliegenden Fall nicht außer Acht lassen. Der gesetzgeberischen Wertung des Steuergesetzgebers entnimmt das Gericht, dass die Vollstreckung gegen Steuerpflichtige soweit nicht betrieben werden soll. Für den vorliegenden Fall, in dem es um die Realisierung eines Steuererstattungsanspruchs der Beklagten geht, kann nichts anderes gelten. Die Verhängung von Zwangshaft ist unverhältnismäßig und verletzt die Beklagte in ihren Grundrechten, auch wenn es dem Kläger nicht sinnvoll erscheint, dass ein aus seiner Sicht offensichtlich bestehender Steuererstattungsanspruch nicht eingesetzt wird, um seine Forderungen realisieren zu können. Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in der zitierten Entscheidung auch darauf hingewiesen, dass sich letztendlich jeder Gläubiger damit abfinden muss, die vollstreckungsrechtliche und wirtschaftliche Situation bei seinem Schuldner so hinzunehmen, wie sie sich tatsächlich präsentiert. Das, was tatsächlich festzustellen ist, ist, dass die Beklagte die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat und nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, die Ansprüche des Gläubigers zu befriedigen. Ein möglicher Anspruch auf Gewährung eines effektiven Zwangsvollstreckungserfolges kann nicht so weit gehen, dass der Schuldner in Haft genommen wird, wenn er an der Realisierung von Chancen, Einkommen oder Vermögen zu erwerben, auf das der Gläubiger dann Zugriff nehmen will, nicht mitwirkt. Das gilt nach Ansicht des Gerichts jedenfalls für den hier zur Entscheidung anstehenden Fall, in der die Möglichkeit besteht, durch eine Parallelwertung und durch einen Vergleich mit den Vorgängen im Steuerfestsetzungsverfahren den gesetzlichen Willen zu derartigen Vorgängen zu ermitteln. Ob es in Ausnahmefällen zu anderen Ergebnissen kommen könnte, wenn nicht Steuererstattungsansprüche in Frage stehen, kann offen bleiben. Die vorbeschriebene Güterabwägung zwischen den wechselseitig, grundrechtlich geschützten Interessen ist in jedem Fall eine Einzelfallbewertung, bei der sämtliche Umstände des zu entscheidenden Falles mit zu berücksichtigen sind. Generalisierende Aussagen lassen sich insoweit im Vorhinein nicht treffen.

    Der Klageantrag zu 2) war daher mit den Nebenentscheidungen aus den §§ 92, 708 Nr. 11, 711 als unbegründet abzuweisen.