20.02.2014 · IWW-Abrufnummer 140519
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 12.12.2013 – 3 K 87/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
FINANZGERICHT HAMBURG
3 K 87/13
12.12.2013
Urteil - Senat
Rechtskraft: NZB, Az.: VII B 8/14
A. Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides streitig, mit dem der Beklagte den Kläger für Umsatzsteuerschulden der A GmbH (im Folgenden: A) in Haftung nahm mit der Begründung, diese sei in ein Umsatzsteuerhinterziehungssystem einbezogen gewesen, an dem der Kläger beteiligt gewesen sei.
I.
1. Der Kläger war im Streitjahr 2007 zusammen mit Herrn B Kommanditist der C GmbH & Co. KG mit Sitz in D. Komplementärin war die E GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger war. Mit Vertrag vom 15.08.2007 wurde die KG rückwirkend zum ... 2007 in die C GmbH (im Folgenden: C) umgewandelt. Gesellschafter der C wurden die E GmbH und der Kläger, der auch Geschäftsführer wurde. Zum 31.08.2007 schied Herr B aus der C aus.
2. Ferner war der Kläger Gesellschafter-Geschäftsführer der F GmbH & Co. KG (im Folgenden: F) und der G GmbH (im Folgenden: G), beide ebenfalls mit Sitz in D, die zur sog. C -Gruppe gehörten.
II.
1. a) Das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg führte im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hamburg Ermittlungen gegen den Kläger und 17 weitere Personen wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen Steuerhinterziehung durch organisierte Vorsteuererschleichung in den Jahren 2006 und 2007 durch.
b) Die Staatsanwaltschaft Hamburg erhob am 27.08.2008 Anklage vor dem Landgericht Hamburg gegen den Kläger und die weiteren Beschuldigten H, B, J und K (...). Die Beschuldigten L und M wurden gesondert verfolgt.
2. a) Das Landgericht Hamburg verurteilte den Kläger durch Urteil vom ... 2009 (...) wegen mittäterschaftlich begangener Steuerhinterziehung in 16 Fällen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 1 Abgabenordnung (AO), § 25 Abs. 2, § 53 Strafgesetzbuch (StGB) zu sieben Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe, die der Kläger seit Juni 2011 verbüßt.
Nach den Feststellungen des Landgerichts wirkte der Kläger zusammen mit den anderen Angeklagten in den Veranlagungszeiträumen April 2006 bis September 2007 an einem gut organisierten Umsatzsteuerhinterziehungssystem mit, in das die C einbezogen und das ausschließlich auf die Verkürzung der deutschen Umsatzsteuer in einem erheblichen Umfang ausgerichtet war. Insgesamt hätten der Kläger und die anderen Mittäter einen Betrag von rund 10 Mio. € abgeschöpft. Das Hinterziehungssystem habe aus zwei Rechnungsketten bestanden, die als Quer- und Standardgeschäft bezeichnet worden seien.
Das Quergeschäft, in dem es keine tatsächlichen Lieferungen gegeben habe, habe der eigentlichen Umsatzsteuerhinterziehung gedient. Im Quergeschäft hätten die Angeklagten durch die Konstruktion der Rechnungsketten dafür gesorgt, dass die erste deutsche Firma in der Kette, die keine Umsatzsteuererklärungen habe abgeben sollen (der "missing trader"), der Firmengruppe C nach außen nicht zuzuordnen und ihr insbesondere nicht unmittelbar vorgelagert gewesen sei. Deshalb seien mehrere andere Firmen zwischengeschaltet worden, die die vermeintlich gelieferten Waren jeweils mit einem geringen Aufpreis weiterfakturiert hätten. Die C habe auf der letzten Stufe die Vorsteuerbeträge aus den Eingangsrechnungen der unmittelbar vorgelagerten Firma geltend gemacht. Eigene Umsatzsteuern für die C seien im Quergeschäft nicht angemeldet worden mit der Begründung, die Waren seien umsatzsteuerfrei in die U weiterverkauft worden.
U. a. seien im Quergeschäft folgende Fakturierungsketten installiert worden:
- für die Zeit von Februar bis Mai 2007:
A als "missing trader" - N GmbH (im Folgenden: N; Geschäftsführer: M) - O GmbH (im Folgenden: O) - G (nur bis März) - C - U;
- für die Zeit von April bis Juni 2007:
P GmbH (im Folgenden: P) - Q GmbH (im Folgenden: Q) -C -U
Die erste Firma in der Rechnungskette, die A, habe tatsächlich keinen Handel betrieben und lediglich als angeblicher Aussteller von Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis gedient. Im Handelsregister eingetragener Geschäftsführer sei Herr R gewesen. Die A habe keine eigenen Räumlichkeiten unterhalten, sondern unter der Adresse eines Büroservices firmiert. In der Zeit von Februar bis Mai 2007 seien im Namen der A gegenüber der N zahlreiche Rechnungen ausgestellt worden, ohne dass die hierin benannten Lieferungen ausgeführt worden seien.
Über das Standardgeschäft seien Teile der "Umsatzsteuergewinne" aus dem Quergeschäft verdeckt an die ... Mittäter L und J weitergeleitet worden. Die C habe die Waren (überwiegend Computerteile), die von ... Firmen umsatzsteuerfrei berechnet und geliefert worden seien, umsatzsteuerpflichtig an die F weiterfakturiert, die sie wiederum umsatzsteuerfrei an ... Firmen berechnet und geliefert habe. Bei der Weiterfakturierung an die F sei ein Aufpreis von 16 bzw. 19 % fakturiert worden, der den Vorsteuererstattungen aus dem Quergeschäft entsprochen habe und der über Provisionsrechnungen sog. Offshore-Firmen an die ... Mittäter weitergeleitet worden sei. Die Provisionsvereinbarungen mit den Offshore-Firmen habe überwiegend der Kläger abgeschlossen. Die deutschen Tatbeteiligten seien zu etwa 1/4 hieran beteiligt worden. Sie hätten ihren Anteil über die Aufpreisung um 4,5 % im Verhältnis zwischen der F und den ... Abnehmern erhalten.
Zur Vermeidung von Verlusten hätten die Rechnungsketten im Standard- und Quergeschäft jeweils ungefähr dieselbe Gesamtrechnungshöhe erreichen müssen. Bei der C sei die Umsatzsteuer aus dem Standardgeschäft mit der etwa gleich hohen Vorsteuer aus dem Quergeschäft angemeldet und verrechnet worden. Die Vorsteuer aus dem Standardgeschäft sei dann bei der F steuerlich geltend gemacht und durch das Finanzamt ausgezahlt worden. Auf diese Weise sei das Quergeschäft durch das Standardgeschäft verschleiert worden.
Der C sei dabei eine Schlüsselposition zu gekommen, weil sie sowohl in das Quer- als auch in das Standardgeschäft eingebunden gewesen sei. Bei ihr seien die Vorsteuerbeträge aus dem Quergeschäft zu Unrecht erklärt und vom Finanzamt ausgezahlt worden.
Der Kläger habe in dem Hinterziehungssystem eine Zentralstellung innegehabt. Er habe mit der Firmengruppe C die Unternehmen und jeweils eine bestehende Unternehmensinfrastruktur eingebracht, mit Hilfe derer die Tat überhaupt habe begangen werden können. Er habe zudem die Finanzplanung vorgenommen und die letzte Entscheidungsgewalt für seinen Einflussbereich gehabt. Er sei derjenige gewesen, der die formellen Verträge mit den an dem System beteiligten Unternehmen unterzeichnet habe. Er habe die Verteilung des Umsatzsteuergewinns mit dem anderweitig verfolgten L abgestimmt. Hierfür habe er auch die Rechnungsbeträge des Quer- und Standardgeschäfts sowie die Anmeldung der Vorsteuern überwacht. Auch habe er sich von Anfang an mithilfe des Angeklagten B und dessen Assistenten H um eine buchhalterisch scheinbar ordnungsgemäße Beleglage der Geschäfte gekümmert. Bei den ab Anfang 2006 regelmäßig in S stattfindenden Treffen mit dem Mitangeklagten J und dem anderweitig verfolgten L habe der Kläger die Vorgehensweise, offene Fragen und die Umsatzplanung für die Zukunft abgestimmt.
Durch das Umsatzsteuerhinterziehungssystem habe der Kläger als Geschäftsführer der C im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den Angeklagten J, B und H die Abgabe der unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen der C beim Finanzamt T für den Zeitraum April bis Juni 2006, August 2006 und Oktober 2006 bis September 2007 bewirkt, in denen Vorsteuern aus Eingangsrechnungen der C im Quergeschäft geltend gemacht worden seien, obwohl kein Erstattungsanspruch bestanden habe, weil den Rechnungen kein Leistungsaustausch zu Grunde gelegen habe und diese Teil eines Umsatzsteuerhinterziehungssystem gewesen seien. Dies habe der Kläger nicht nur gewusst, sondern es sei ihm - wie den anderen Mittätern - gerade darauf angekommen.
Das Landgericht Hamburg stützte die Verurteilung u. a. auf folgende Beweismittel:
- das auf dem Schreibtisch des Klägers sichergestellte "U-Handbuch", einer Handlungsanweisung für die Mitarbeiter der C zur Abwicklung des Standardgeschäfts und Abstimmung mit dem Quergeschäft, das der Kläger mit den Mitangeklagten B und H Anfang 2007 erstellt habe;
- Monatsumsatzaufstellungen für Januar bis Oktober 2007, in denen die Umsätze von Quer- und Standardgeschäft verglichen wurden und die Umsatzsteuer aus dem Quergeschäft als "Ergebnis/Auszahlungsbetrag" bezeichnet wurde, aus dem nach Abzug von Gewinn und Kosten (Gewinnanteil C: 4,5 %) der "Auszahlungsbetrag U" ermittelt wurde;
- Liquiditätsliste 2007, in der die tatsächlichen Zahlungen auf die in den Monatsumsatzaufstellungen aufgeführten Gewinne und Kostenanteile festgehalten wurden;
- E-Mail-Verkehr zwischen den Tatbeteiligten (...) und Vermerk des Klägers "Status zum 20.02.2007";
- E-Mail der Q (unterzeichnet von M unter dem Pseudonym "U") an den Kl äger vom 21.08.2007, vom Kläger an die Mitarbeiterin Frau V weitergeleitet am 22.08.2007, nebst Excel-Dateien auf dem sichergestellten PC des Klägers. Angehängt waren Dateien mit Rechnungen der Q an die C, in die Excel-Tabellen eingebettet waren, mit denen man auf der Grundlage der im Tabellenblatt "Lieferschein Ausland" (mit Artikelcodes, Artikelbezeichnungen und Grundpreisen) aufgeführten Lieferungen die Rechnungen der Fakturierungskette P-Q-C mit voreingestellten Aufschlagsätzen fertigen konnte (...).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsbegründung Bezug genommen (...).
b) Die Revision des Klägers und der anderen Angeklagten wurde durch Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom ... 2011 (...) als unbegründet verworfen. Sowohl die Verfahrensrüge als auch die Sachrügen blieben erfolglos. Der BGH führte zur Begründung aus, die Feststellungen des Landgerichts trügen die Schuldsprüche, weil die der C vorgeschalteten Firmen nur Scheinunternehmer gewesen seien und weil dem Kläger bekannt gewesen sei, dass sich die C an Umsätzen beteiligt habe, die in Umsatzsteuerhinterziehungen einbezogen gewesen seien (...).
3. Durch Urteil vom ... 2009 (...) verurteilte das Landgericht Hamburg den Angeklagten L als Mittäter neben den gesondert Verfolgten J, B, H, K und dem Kläger wegen Steuerhinterziehung in 16 Fällen und versuchter Steuerhinterziehung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren. Dem Urteil, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, lag ein Geständnis des Angeklagten L zugrunde.
4. Der Angeklagte M wurde durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2012 (...) wegen Steuerhinterziehung in elf Fällen und versuchter Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Er habe u. a. im Umsatzsteuerhinterziehungssystem C zunächst den "missing trader" in Gestalt der W GmbH zur Verfügung gestellt und später untergeordnete Gesellschaften für das Quergeschäft beschafft und ihr Zusammenspiel koordiniert. Die Urteilsfeststellungen beruhten auf einem Geständnis des Angeklagten.
5. Der unter Berufung auf eine Zeugenaussage des Herrn M als neues Beweismittel gestellte Antrag des Angeklagten ...-K (geb. K) vom 29.06.2012 auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens (oben 2.) wurde durch Beschluss des Landgerichts Hamburg vom ... 2012 als unzulässig verworfen. Das Hanseatische Oberlandesgericht verwarf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde durch Beschluss vom ... 2012 ebenfalls (...).
6. Am ... 2009 erließ das Amtsgericht Hamburg (Az. ...) gegen den Geschäftsführer der A, Herrn R, einen Strafbefehl wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung, in dem eine Freiheitsstrafe von zwölf Monaten festgesetzt wurde (...). Das Amtsgericht stellte hierin fest, dass der Angeklagte R die A zum Schein gegründet und diesen Organisationsrahmen anderen zur Verfügung gestellt hatte, damit diese im Namen der A Rechnungen, denen keine Leistungen zugrunde lagen, mit Umsatzsteuerausweis ausstellen und die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen konnten. Herr R habe die sich aus den Rechnungen ergebende Umsatzsteuer trotz der entsprechenden Verpflichtung vorsätzlich nicht angemeldet, sodass es u. a. aufgrund der Nichtabgabe der am 10.07.2007 fälligen Umsatzsteuervoranmeldung für das zweite Quartal 2007 zu einer Steuerverkürzung von 4.862.602,56 € gekommen sei. Der Strafbefehl beruhte auf einem Geständnis des Angeklagten und ist seit dem ... 2009 rechtskräftig.
III.
1. a) Das Finanzamt Hamburg-1 erließ am 29.09.2011 einen Haftungsbescheid gegenüber dem Kläger, in dem es diesen für die Umsatzsteuerschulden der Q in Haftung nahm. Hiergegen erhob der Kläger Klage beim Finanzgericht Hamburg (Az. 2 K 232/11). In dem Klageverfahren wurde der Kläger persönlich angehört und u. a. Herr M als Zeuge vernommen. Das Gericht wies die Klage durch Urteil vom 06.09.2012 ab (2 K 232/11, juris; FGA 2 K 232/11 Bl. 141 ff.) und führte zur Begründung aus, der Kläger hafte wegen mittäterschaftlich begangener Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung für den von der Q geschuldeten Umsatzsteuerbetrag aus den Rechnungen an die Firma C in den Monaten Juni bis September 2007. Das Gericht nahm dabei auf die Feststellungen und die Beweiswürdigung des Landgerichts Hamburg (oben II.2.a)) Bezug. Die Aussage des Zeugen M, der Kläger habe von dem wahren Hintergrund der Geschäfte nichts wissen dürfen und auch nichts gewusst, entlastete den Kläger nach Auffassung des Gerichts nicht. Es handele sich um einen Zeugen vom Hörensagen, dessen Aussage ein ohnehin nur geringer Beweiswert für die Kenntnis des Klägers vom wahren Hintergrund der Geschäfte - einer inneren Tatsache - zukomme. Zudem sei der Zeuge erst ab Mitte März 2007 mit Herrn L in Kontakt gekommen, also lange nach Beginn des Umsatzsteuerhinterziehungssystems im April 2006. Insgesamt sei die Aussage schließlich auch nicht glaubhaft. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen (FGA 2 K 232/11 Bl. 123 ff.) und wegen der weiteren Urteilsbegründung auf das Urteil.
b) Die gegen dieses Urteil eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wies der BFH durch Beschluss vom 25.04.2013 als unbegründet zurück (VII B 190/12, FGA 2 K 232/11 Bl. 185 ff.). Es sei nicht zu beanstanden, dass das Finanzgericht seine Überzeugung über das Vorliegen der haftungsbegründenden Umstände aus den umfangreichen Feststellungen in den strafgerichtlichen Entscheidungen gewonnen habe. Der Kläger habe im finanzgerichtlichen Verfahren nicht aufgezeigt, welche der strafgerichtlichen Feststellungen durch eine eigene Beweiserhebung des Gerichts hätten korrigiert werden müssen oder was zu seiner, des Klägers, Entlastung noch aufzuklären sei. Im Übrigen habe das Gericht seine Überzeugung durch Einsicht in die Verfahrensakten und in die Akten der Strafverfahren sowie durch Vernehmung zweier Zeugen und Befragung des Klägers selbst untermauert.
c) Die vom Kläger hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde vom 26.04.2011 nahm das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom ... 2011 nicht zur Entscheidung an (Az. ...).
2. Der Kläger trägt vor, er habe am ... 2012 beim Landgericht X die Wiederaufnahme des durch Urteil des Landgerichts Hamburg abgeschlossenen Strafverfahrens (oben II.2.a)) beantragt. Der Antrag sei mittlerweile unter dem Az. ... beim Landgericht Hamburg anhängig. Nach Auskunft des Landgerichts Hamburg ist der Wiederaufnahmeantrag des Klägers dort am 10.12.2013 eingegangen.
Zur Begründung des Wiederaufnahmeantrags verwies der Kläger auf die Beschlüsse des FG BW vom ... 2011 (...), mit denen die Vollziehung der gegenüber der C und der G ergangenen Umsatzsteuerbescheide für 2006 und 2007 zum Teil ausgesetzt wurde, und auf die Aussage des Zeugen M im Finanzgerichtsprozess (2 K 232/11) und dessen eidesstattliche Versicherung vom 27.06.2011 (...). Die detailreichen Bekundungen des Zeugen, die vom Finanzgericht unzutreffend gewürdigt worden seien, belegten genauestens, dass er, der Kläger, durch Herrn L als gutgläubiges Werkzeug instrumentalisiert worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsbegründung vom 22.10.2012 (...) und die weitere Begründung vom 22.10.2013 (...) Bezug genommen.
IV.
1. a) Die A gab für das erste Vierteljahr 2007 eine Umsatzsteuervoranmeldung ab, in der sie steuerpflichtige Umsätze in Höhe von 41.700,00 € erklärte, und für das zweite Vierteljahr 2007 keine Voranmeldung.
b) Mit Umsatzsteuerbescheid für 2007 vom 06.05.2010 setzte der Beklagte gegenüber der A die Umsatzsteuer auf 7.253.909,00 € fest. Dabei legte er die in der Anlage 4 zur Anklageschrift (oben II.1.b)) zusammengestellten, in den Rechnungen der A für das erste bis dritte Quartal 2007 ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge zugrunde.
2. a) Gegenüber dem Kläger erließ der Beklagte am 06.12.2010 einen Haftungsbescheid, mit dem er ihn für diese Umsatzsteuerschulden der A für das erste und zweite Quartal 2007 in Höhe von 5.589.637,00 € nebst Zinsen in Höhe von 363.324,00 € in Haftung nahm. Der Kläger sei Mittäter eines Umsatzsteuerkarussells gewesen und habe sich als einer der übergeordneten, planenden Hintermänner daran beteiligt, dass die A als "missing trader" keine bzw. keine zutreffenden Umsatzsteuervoranmeldungen für das erste und zweite Vierteljahr 2007 abgegeben habe. Er hafte daher gemäß § 191 Abs. 1 i. V. m. § 71 AO. Die Inanspruchnahme des Klägers sei nicht ermessensfehlerhaft. Die übrigen Mittäter und Gehilfen seien ebenfalls in Haftung genommen worden.
b) Hiergegen legte der Kläger am 10.12.2010 Einspruch ein.
c) Mit Bescheid vom 29.04.2011 nahm der Beklagte den Haftungsbescheid vom 06.12.2010 in Bezug auf die Zinsen in Höhe von 363.324,00 € zum Teil zurück.
V.
1. Der Kläger hat am 14.10.2011 Klage erhoben, zunächst als Untätigkeitsklage.
2. Mit der daraufhin am 14.11.2011 erlassenen Einspruchsentscheidung hat der Beklagte den Haftungsbescheid zum Teil zurückgenommen und die Haftungssumme auf 2.475.466,53 € herabgesetzt und den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.
Dass der Tatbestand des § 71 AO erfüllt sei, ergebe sich aus der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Klägers wegen vorsätzlicher Steuerhinterziehung in 16 vollendeten Fällen, jeweils in einem besonders schweren Fall. Der Kläger habe gegen die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen im Strafurteil keine substantiierten Einwendungen erhoben. Er, der Beklagte, schließe sich daher den Feststellungen des Landgerichts Hamburg und des BGH an.
Danach habe der Kläger aus der Unternehmensgruppe C heraus in mittäterschaftlicher Weise zu der Umsatzsteuerhinterziehung beigetragen, indem er regelmäßig an den Treffen in S teilgenommen und dort die Vorgehensweise abgestimmt, die formellen Verträge mit den am System beteiligten Unternehmen unterzeichnet, die Abrechnungsketten der Standard- und Quergeschäfte geschaffen und den Geldfluss in Gang gesetzt habe. Er habe als bestimmender Hintermann die Anweisungen zu den Taten gegeben und als Mitautor das sog. U-Handbuch erstellt und die Rechnungsstellung im Standardgeschäft für die Mitarbeiter vorgegeben. Durch bewusstes und gewolltes Zusammenwirken mit den anderen Mittätern habe der Kläger daraufhin gewirkt, dass der "missing trader", die A, der Pflicht zur Abgabe (zutreffender) Umsatzsteuervoranmeldungen nicht nachgekommen sei. Die Einbindung der A in die Rechnungskette ergebe sich insbesondere aus der auf dem Laptop des Klägers sichergestellten E-Mail vom 21.08.2007 und den angehängten Excel-Tabellen, aber auch aus den Belegjournalen Februar bis Mai 2007 der G, dem Kassenbuch für Februar bis Mai 2007 sowie den Ein- und Ausgangsrechnungen der C. Das vorsätzliche Handeln des Klägers werde außer durch die genannte E-Mail durch die von ihm gefertigte Bestandsaufnahme "Status zum 20.02.2007", die Monatsumsatzaufstellungen sowie Feststellungen und Analysen hierzu und die Liquiditätsliste 2007 dokumentiert.
Das Entschließungsermessen bedürfe bei vorsätzlichem Handeln keiner weiteren Begründung. Das Auswahlermessen sei korrekt ausgeübt worden, weil die übrigen Teilnehmer der Steuerhinterziehung ebenfalls durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen worden seien.
Die Haftung sei allerdings auf 2.475.466,53 € zu begrenzen, weil die gegenüber der A festgesetzte Umsatzsteuer nur im Zeitraum Februar bis Mai 2007 Rechnungen betreffe, die schließlich bei der C zu Vorsteuererstattungen geführt hätten.
3. Der Kläger trägt zur Begründung der Klage vor, Beklagter und Finanzgericht seien nicht an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des Strafurteils gebunden. Anzuwenden seien die Grundsätze über die steuerliche Feststellungslast des Beklagten.
Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die A bzw. deren Geschäftsführer eine Umsatzsteuerhinterziehung begangen habe. Das Strafurteil beinhalte keine Feststellungen zu einer Umsatzsteuerhinterziehung der A. Die dort angenommene Vorsteuerhinterziehung bei der C setze die vom Beklagten bei der A unterstellte Umsatzsteuerhinterziehung in keiner Weise voraus. Die C habe im fraglichen Zeitraum (Februar bis Mai 2007) ausschließlich Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen der O und der G geltend gemacht. Der gegen den Geschäftsführer der A, R, ergangene Strafbefehl beziehe sich nur auf die Umsatzsteuerhinterziehung durch die Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen für das zweite und dritte Quartal 2007, nicht jedoch auf eine Steuerhinterziehung hinsichtlich des ersten Quartals 2007. Der Beklagte habe hinsichtlich dieses Voranmeldungszeitraums ebenfalls keine Steuerhinterziehung festgestellt, sondern widersprüchliche Feststellungen getroffen. Während er im Haftungsbescheid von einer Nichtabgabe der Voranmeldung gesprochen habe, sei er in der Einspruchsentscheidung von einer inhaltlich falschen Voranmeldung ausgegangen.
Ferner habe der Beklagte seine Behauptung, in den inländischen Lieferketten habe nie ein Warenfluss stattgefunden, nicht belegt. Er, der Kläger, könne demgegenüber den Warenfluss und die Verfügungsmacht über die Waren nachweisen, weil die Zollabfertigung und der Transport durch von ihm beauftrage Speditionen und Zollagenturen durchgeführt worden seien. Immerhin habe das für die C zuständige Finanzamt T bei ihr zwei Umsatzsteuersonderprüfungen durchgeführt, die zu keinerlei Beanstandungen geführt hätten.
Darüber hinaus sei die Vollziehung sowohl der gegenüber der G ergangenen Umsatzsteuerbescheide für 2006 und 2007 zum Teil wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit zum Teil ausgesetzt worden (vgl. Beschluss des FG BW vom ... 2011 ...) als auch die Vollziehung des gegenüber der C ergangenen Umsatzsteuerbescheides für 2006 (vgl. Beschluss des FG BW vom ... 2011 ...). Das FG BW habe die Voraussetzungen f ür die Versagung des Vorsteuerabzuges nicht als erwiesen angesehen, weil das Landgericht Hamburg in seinem Urteil ausdrücklich offen gelassen habe, ob Warenlieferungen stattgefunden hätten. Zudem sei im Strafurteil nicht hinreichend zwischen den Firmen C, G und F sowie den im norddeutschen Raum befindlichen Firmen unterschieden worden.
Selbst wenn eine Steuerhinterziehung des Geschäftsführers der A vorläge, wäre er, der Kläger, aber jedenfalls nicht Täter oder Teilnehmer dieser Steuerhinterziehung gewesen. Dass er, der Kläger, nicht planender und leitender Kopf der Umsatzsteuerhinterziehung gewesen sei, werde durch das Zeugnis des Herrn M bestätigt. Herr M, Herr B und Herr L hätten genau darauf geachtet, ihn, den Kläger, und Herrn K nicht von den übrigen Firmen in Kenntnis zu setzen (Beweis: Zeugnis M).
Eine Täterschaft durch Unterlassen komme schon im Hinblick darauf nicht in Betracht, dass er, der Kläger, nicht zur Umsatzsteuervoranmeldung für die A verpflichtet gewesen sei. Aber auch die Voraussetzungen einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung lägen nicht vor. Weder ein eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung begründender Tatbeitrag sei bisher in irgendeiner Form dargelegt worden noch das Vorliegen des erforderlichen (doppelten) Gehilfenvorsatzes bzgl. Haupttat und Gehilfenbeitrag.
Die allgemeinen - und unzutreffenden - Feststellungen des Strafurteils zu seiner, des Klägers, angeblich zentralen Rolle und seinen wichtigen Mitwirkungshandlungen im vermeintlichen Umsatzsteuerkarussell genügten nicht für die Begründung eines Gehilfenbeitrags. Eigene Feststellungen hierzu habe der Beklagte nicht getroffen.
Er, der Kläger, habe in keiner irgendwie gearteten Verbindung zur A gestanden. Er habe zu dieser Firma weder Lieferbeziehungen unterhalten noch deren Geschäftsführung gekannt. Nach der ausdrücklichen Feststellung im Strafurteil habe er nur Kenntnis gehabt vom Austausch der Firma Y durch die O, nicht jedoch vom Austausch der W GmbH durch die A. Gekannt habe er, der Kläger, lediglich die unmittelbaren Vorlieferanten. Dies werde belegt durch das Protokoll über die Vernehmung des Geschäftsführers der N, des Herrn Ö, vom 05./07.12.2006 (...), woraus sich ergebe, dass dieser versucht habe, die C durch den An- und Verkauf von LCD-Fernsehern zu betrügen. Auf einen Teil der Bezahlung für diese Lieferung habe er, der Kläger, verzichten müssen. Die Unterhaltung von Lieferbeziehungen zu einem solchen Unternehmen sei unwahrscheinlich. Kenntnis von der A und der N habe vielmehr Herr B gehabt, der die C wegen Zerwürfnissen mit ihm, dem Kläger, im August 2007 verlassen habe und seit dem Frühjahr 2007 nicht mehr für die C tätig geworden sei.
Lieferbeziehungen der C hätten nur zu der Q und der O bestanden. Daher seien die Feststellungen im Urteil des FG Hamburg vom 06.09.2012 (2 K 232/11) zu seiner, des Klägers, Haftung für die Umsatzsteuerschulden der Q nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Während es sich bei der Q um die der C unmittelbar vorgeschaltete Firma gehandelt habe, die er, der Kläger, unstreitig gekannt habe, habe zur A keine Geschäftsbeziehung bestanden, weshalb sowohl der objektive als auch der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung im Hinblick auf die A völlig anders zu beurteilen sei.
Erst recht habe er, der Kläger, keinen Einfluss auf die Geschäftsführung der A ausgeübt dahingehend, dass diese ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommen solle. Wenn das Amtsgericht Hamburg die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer täterschaftlichen Steuerhinterziehung durch Unterlassen durch die Nichtanmeldung der Umsatzsteuer für das zweite Quartal 2007 bejaht habe, sei das im Hinblick auf Herrn R sicherlich zutreffend, für ihn, den Kläger, jedoch rechtlich unmöglich. Er sei weder faktischer Geschäftsführer noch Täter oder Gehilfe einer Unterlassungshandlung gewesen, weil er Herrn R nicht gekannt habe (Beweis: Zeugnis R).
Die E-Mail vom 22.08.2007 sei als Beweismittel für den vom Beklagten unterstellten Gehilfenvorsatz ungeeignet. Zum einen habe er, der Kläger, diese E-Mail nicht geöffnet (Beweis: Sachverständigengutachten). Zum anderen habe das Landgericht dieser E-Mail ausdrücklich keinerlei Bedeutung für seine, des Klägers, Strafbarkeit beigemessen und deshalb den diesbezüglichen Beweisantrag abgelehnt (...).
Das U-Handbuch sei von Herrn B verfasst worden. Außerdem sei es fernliegend anzunehmen, dass ein Steuerhinterzieher eine Betriebsanleitung für ein Umsatzsteuerhinterziehungssystem schreibe. Grund für die Statusverfassung vom 20.02.2007 seien Liquiditätsprobleme der C gewesen aufgrund nicht erfüllter Forderungen gegenüber ... Abnehmern, die in Gesprächen in der U geregelt worden seien.
Selbst wenn man die Feststellungen des Strafurteils für ausreichend erachtete, um seine, des Klägers, Beteiligung an der Steuerhinterziehung der A zu begründen, dürfe das Gericht sich diese Feststellungen aufgrund seiner substantiierten Einwendungen nicht zu eigen machen. Das Strafurteil sei fehlerhaft. Es werde daher mit dem Wiederaufnahmeantrag vom 02.01.2012 (oben III.2.) angegriffen. Auf die dortigen Ausführungen und Beweisanträge werde Bezug genommen.
Den Beklagten treffe die Feststellunglast für den objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung. Ein "non liquet" gehe daher zu seinen Lasten. Darüber hinaus gelte der Grundsatz "in dubio pro reo" auch im Bereich des § 71 AO, sodass eine Haftung schon dann nicht in Betracht komme, wenn Zweifel an der Beihilfe bestünden.
Es sei kein kausaler Steuerschaden entstanden. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die N die Vorsteuer aus den Ausgangsrechnungen der A gezogen habe und die Vorsteuer an die N ausgezahlt bzw. mit deren Umsatzsteuerschuld verrechnet worden sei; ob die Vorsteuer durch die N später an das Finanzamt zurückgezahlt worden sei, entziehe sich ebenfalls seiner, des Klägers, Kenntnis.
Ferner entfalle die erforderliche Kausalität der Steuerhinterziehung für den Schaden des Fiskus, wenn der Fiskus die Umsatzsteuer auch bei richtiger Anmeldung nicht erhalten hätte, weil beim Steuerschuldner keine entsprechenden Mittel vorhanden gewesen wären. Die damalige Zahlungsfähigkeit der A werde mit Nichtwissen bestritten.
Der Haftungsbescheid sei ermessensfehlerhaft, denn er verstoße gegen das Verbot der Überkompensation. Eine Haftung für die von vorgelagerten Firmen nicht abgeführte Umsatzsteuer komme nur in Betracht, wenn der dem Fiskus entstandene Umsatzsteuerschaden nicht über die Versagung der Vorsteuer auszugleichen sei. Dies ergebe sich aus der eigens für Konstellationen wie die (vermeintlich) vorliegende geschaffenen Vorschrift des § 25d Umsatzsteuergesetz (UStG). Da hierdurch die systemimmanente Balance zwischen dem Vorsteuerabzugsrecht für in Rechnung gestellte Umsatzsteuer und der Abführung der Umsatzsteuer an den Fiskus wiederhergestellt werden solle, hafte der Empfänger in einer Lieferkette für eine vorangegangene Umsatzsteuerhinterziehung; der Vorsteuerabzug werde jedoch nicht eingeschränkt. Demgegenüber hafte der Rechnungsempfänger in Fällen des § 14c UStG nicht nach § 25d UStG, weil hier das Einstehen desselben durch die Verwehrung des Vorsteuerabzugs gesichert sei (Abschn. 25d.1 Abs. 3 UStAE). Dieser Grundsatz gelte auch bei der Haftung nach § 71 AO.
Soweit die Vorsteuerrückforderung gegenüber der C erfüllt worden sei, würde ein Ersatz der zu Unrecht nicht abgeführten Umsatzsteuer demzufolge zu einer Überkompensation führen. Über das Vermögen der C sei das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das zuständige Finanzamt habe eine Forderung von insgesamt 3.205.591,57 € zur Tabelle angemeldet. Mittlerweile sei die C im Handelsregister gelöscht. Es sei durch Beiziehung der Akten des Finanzamts Z zu klären, inwiefern die im maßgeblichen Zeitraum entstandene Umsatzsteuerschuld der C im Wege des Vergleichs oder in anderer Weise erloschen sei.
Schließlich habe der Beklagte das Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt. Der pauschale Hinweis auf die Inanspruchnahme der anderen Mittäter oder Gehilfen genüge nicht; vielmehr müssten alle anderen in Betracht kommenden Haftungsschuldner namentlich aufgeführt werden. Dies folge aus der anderenfalls bestehenden Gefahr der Überkompensation des Schadens.
Der Kläger beantragt,
den Haftungsbescheid vom 06.12.2010, zum Teil zurückgenommen durch Bescheid vom 29.04.2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.11.2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verweist zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, sämtliche vom Kläger vorgebrachten Einwände seien bereits durch das vorliegende Beweismaterial der Steuerfahndung, die Beweiswürdigung im landgerichtlichen Verfahren und durch die Ausführungen des BGH widerlegt worden.
So spreche die vom Kläger angeführte angebliche betrügerische Absicht seitens der N gerade nicht gegen, sondern für das Bestehen geschäftlicher Kontakte zu dieser Firma.
Das vom Kläger angeführte Zerwürfnis mit Herrn B könne in keinerlei Zusammenhang mit der angeblichen Unkenntnis des Klägers von den Vorlieferanten gebracht werden. Auch ohne Herrn B habe der Kläger von Juni bis September 2007 die weitere Lieferkette P-Q-C aufbauen können.
Die Behauptung des Klägers, die der E-Mail vom 22.08.2007 angehängten Excel-Dateien nicht geöffnet zu haben, sei weltfremd; das Landgericht Hamburg habe den diesbezüglichen Beweisantrag des Klägers zu Recht abgelehnt.
Das U-Handbuch, in dem die Zahlungskreisläufe im Quer- und Standardgeschäft dargestellt und in Zusammenhang gebracht und Abrechnungsabläufe festgelegt worden seien, sei auf dem Schreibtisch des Klägers sichergestellt worden. Der Kläger und Herr B hätten dieses Handbuch erstellt und weiterentwickelt, wie sich aus dem sichergestellten E-Mail-Verkehr zwischen ihnen ergebe.
Aus der E-Mail des Herrn B an Herrn Sch vom 31.01.2007 sei ersichtlich, dass der Kläger an der Sitzung in der U teilgenommen und welchen Inhalt dieses Treffen gehabt habe.
Der Kläger habe auch selbst das tatsächliche Funktionieren der Fakturierungsketten sichergestellt, etwa indem er seine Mitarbeiterin Frau St angewiesen habe, für einen ständigen Ausgleich der Summen zwischen Standard- und Quergeschäft zu sorgen (...).
Dass es, wie der Kläger vortrage, tatsächliche Warenlieferungen der C und eine ohne Beanstandungen verlaufene Umsatzsteuersonderprüfung gegeben habe, werde nicht bestritten. Diese Lieferungen im Standardgeschäft hätten gerade der Verschleierung der durchgeschleusten Vorsteuerbeträge im Quergeschäft gedient.
Der vom Kläger benannte Zeuge M sei erst im Jahr 2007 in Kontakt zur U getreten, als die Kontakte des Klägers dorthin längst bestanden hätten. Hierüber habe Herr M nach seiner eigenen Aussage auch keine Kenntnisse.
Die Umsatzsteuerschuld der A bestehe nach wie vor und belaufe sich auf insgesamt 7.218.110,43 €. Vollstreckungsversuche in deren Vermögen seien im Jahr 2009 unternommen worden, aber erfolglos verlaufen. Die A sei am ... 2010 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht worden.
4. Auf die Sitzungsniederschrift des Erörterungstermins vom 29.08.2013 (...) wird Bezug genommen.
5. Das Gericht hat am 30.10.2013 mündliche Verhandlung auf den 12.12.2013 um 11.00 Uhr anberaumt und den Kläger und seinen damaligen Prozessbevollmächtigten, der in diversen Schriftsätzen zur Sache vorgetragen und am Erörterungstermin teilgenommen hatte, hierzu geladen. Mit Schriftsatz vom 11.11.2013 hat die jetzige Prozessbevollmächtigte mitgeteilt, die Prozessvertretung des Klägers übernommen zu haben und über die Terminsanberaumung unterrichtet zu sein. Die neue Prozessbevollmächtigte hat mehrfach Akteneinsicht genommen und mit Schriftsätzen vom 26.11.2013 und 06.12.2013 zur Sache vorgetragen.
6. Mit Schriftsatz vom 11.12.2013 hat sie mitgeteilt, dass sie das Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt habe. Da sie den Kläger in der mündlichen Verhandlung daher nicht vertreten werde, beantrage sie - noch in Vertretung für den Kläger - Terminsverlegung. In einem Telefonat mit dem Senatsvorsitzenden am selben Tag hat die bei der Prozessbevollmächtigten für die Vertretung des Klägers im hiesigen Verfahren zuständige Rechtsanwältin erklärt, die Gründe für die Mandatsniederlegung könne sie nicht mitteilen.
7. Der Senatsvorsitzende hat die beantragte Verlegung der mündlichen Verhandlung mit Verfügung vom 11.12.2013 - der Prozessbevollmächtigten per Fax und E-Mail am selben Tag um 17.32 Uhr übersandt - abgelehnt und darauf hingewiesen, dass ein Vollmachtswiderruf gegenüber dem Gericht erst mit Anzeige durch den Vertretenen oder den neuen Bevollmächtigten wirksam werde und dass eine Mandatsniederlegung nur dann ein Verlegungsgrund sei, wenn sie nicht durch den Kläger zurechenbar verschuldet sei; die Gründe hierfür seien nachprüfbar darzulegen und unaufgefordert glaubhaft zu machen (...).
8. Der Kläger hat daraufhin ohne anwaltliche Vertretung an der mündlichen Verhandlung teilgenommen und in erster Linie
beantragt,
die Verhandlung zu vertagen
im Hinblick auf die Mandatsniederlegung seiner zuletzt mandatierten Prozessbevollmächtigten. Wegen des weiteren Inhalts der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2013 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (...).
9. Dem Gericht haben je ein Band Haftungs- und Rechtsbehelfsakten zur St.-Nr. .../.../... sowie je ein Band Steuerfahndungs- und Haftungsakten und ein Aktenordner "A - Landgerichtsurteil" zur St.-Nr. .../.../... vorgelegen.
Ferner hat das Gericht die Finanzgerichtsakten zum Az. 2 K 232/11 und zum Az. ... (betreffend Aussetzung der Vollziehung des streitgegenständlichen Haftungsbescheides) sowie die Akten des Strafverfahrens gegen Herrn R (...) beigezogen.
B. Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Der Haftungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der Beklagte hat den Kläger zu Recht gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 71 AO für die Umsatzsteuerschulden der A in Haftung genommen.
Nach § 71 AO haftet für die verkürzten Steuern und die zu Unrecht gewährten Steuervorteile sowie für die Zinsen nach § 235 AO, wer eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt. Der Haftungsschuldner kann gem. § 191 Abs. 1 Satz 1 AO durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden.
1. Die A schuldet die dem Haftungsbescheid zugrunde gelegte Umsatzsteuer.
a) Gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG schuldet derjenige, der wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt, den ausgewiesenen Betrag. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit - also eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen - selbständig ausübt.
b) Der A fehlte die Unternehmereigenschaft. Auch hat sie die der N berechneten Lieferungen nicht tatsächlich durchgeführt. Nach den Urteilsfeststellungen des Landgerichts Hamburg (oben A.II.2.a)) handelte es sich bei der A um eine bloße Scheinfirma ohne eigene Räumlichkeiten, die nie geschäftlich tätig geworden ist und insbesondere nie Lieferungen an die N oder die P durchgeführt hat. Der BGH hat dies mit Beschluss vom ... 2011 (oben A.II.2.b)) gestützt und ausgeführt, dass die Aufgabe der der C vorgeschalteten Firmen und damit auch der A darin bestanden habe, Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer zu erstellen. Hierfür sei ihnen keinerlei Umsetzungsspielraum eingeräumt worden. Sie seien daher keine Unternehmer i. S. von § 2 Abs. 1 UStG gewesen, sondern lediglich Strohpersonen.
c) Die A hat in der Zeit von Februar bis Mai 2007 gegenüber der N Rechnungen ausgestellt und hierin Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen, und zwar für das erste Vierteljahr 2007 in Höhe von insgesamt 765.577,95 € und für das zweite Vierteljahr 2007 in Höhe von insgesamt 1.717.811,58 €. Auf die Aufstellung der Staatsanwaltschaft Hamburg (...) wird insoweit Bezug genommen.
d) Der Kläger hat weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass die A überhaupt einer gewerblichen Tätigkeit nachgegangen wäre, und erst recht nicht, dass sie eine der in den Rechnungen aufgeführten Lieferungen tatsächlich ausgeführt hätte. Im Übrigen hätte sie die Umsatzsteuer dann ebenfalls geschuldet.
e) Der Beklagte hat die Umsatzsteuer für 2007 gegenüber der A mit Bescheid vom 06.05.2010 in Höhe von 7.253.909,00 € festgesetzt. Hierin enthalten ist die Umsatzsteuerschuld für das erste und zweite Quartal 2007, für die der Kläger in Haftung genommen wurde. Die Umsatzsteuerschuld wurde nicht beglichen. Vollstreckungsmaßnahmen blieben erfolglos.
f) Zwar kann der nach § 14c Abs. 2 Sätze 1 und 2 UStG geschuldete Steuerbetrag gemäß § 14c Abs. 2 Sätze 3 bis 5 UStG berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens dadurch beseitigt worden ist, dass der Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemacht Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist (vgl. hierzu FG Hamburg, Urteil vom 06.12.2012 3 K 96/12, EFG 2013, 1537). Die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids, für die es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung ankommt, wird durch diese Möglichkeit einer späteren Berichtigung jedoch nicht berührt (BFH-Urteil vom 26.09.2012 VII R 3/11, BFH/NV 2013, 337).
2. Die gegenüber der A festgesetzte Steuer wurde in Höhe von 2.475.466,53 € verkürzt. Der Kläger erfüllte den Tatbestand einer vorsätzlichen Steuerhinterziehung bzgl. der Umsatzteuer für das erste Vierteljahr 2007 gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO als Mittäter nach § 25 Abs. 2 StGB (a)) und bzgl. der Umsatzsteuer für das zweite Vierteljahr gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO als Gehilfe nach § 27 Abs. 1 StGB (b)).
Nach § 370 Abs. 1 AO begeht eine Steuerhinterziehung, wer den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht (Nr. 1) oder die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt (Nr. 2) und dadurch Steuern verkürzt.
a) aa) Indem die A für das erste Vierteljahr 2007 eine Umsatzsteuervoranmeldung abgab, in der sie steuerpflichtige Umsätze in Höhe von lediglich 41.700,00 € netto erklärte (Umsatzsteuer: 7.923,00 €), obwohl sie aufgrund der unberechtigten Steuerausweise in den Rechnungen aus Februar und März 2007 tatsächlich Umsatzsteuer in Höhe von 765.577,95 € schuldete, wurde die Umsatzsteuer in Höhe von 757.654,95 € durch unrichtige Angaben verkürzt.
bb) Diese Steuerverkürzung ist dem Kläger als Mittäter des von ihm mit geplanten und initiierten Umsatzsteuerhinterziehungssystems zuzurechnen. Nach § 25 Abs. 2 StGB wird, wenn mehrere eine Straftat gemeinschaftlich begehen, jeder als Täter (Mittäter) bestraft. Jedem Mittäter werden die Tatbeiträge der übrigen Mittäter zugerechnet (BGH-Urteil vom 27.03.2013 2 StR 115/12, StraFo 2013, 295).
aaa) Das Gericht nimmt zur Begründung auf die tatsächlichen Feststellungen und die Beweiswürdigung im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2009 (oben A.II.2.a)) Bezug.
Darüber hinaus nimmt das Gericht Bezug auf die Feststellungen und die Beweiswürdigung im ebenfalls rechtskräftigen Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 06.09.2012 (oben III.1.).
(1) Das Finanzgericht ist bei Vorgängen, die sowohl in strafrechtlicher als auch in abgabenrechtlicher Hinsicht zu ermitteln und zu würdigen sind, an die tatsächlichen Feststellungen einer vorangegangenen strafgerichtlichen Entscheidung nicht gebunden. Es ist grundsätzlich jedoch nicht gehindert, sich die tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts zu eigen zu machen, wenn nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) diese Feststellungen zutreffend sind und wenn keine substantiierten Einwendungen hiergegen erhoben und keine entsprechenden Beweisanträge gestellt werden (BFH-Urteile vom 30.06.2010 II R 20/09, BFH/NV 2010, 2003; vom 07.03.2006 X R 8/05, BFHE 212, 398, BStBl II 2007, 594; BFH-Beschluss vom 01.10.2012 V B 9/12, BFH/NV 2013, 387). Zur Übernahme der vom Finanzgericht für zutreffend erachteten Feststellungen und Beweiswürdigungen des Strafgerichts besteht besonders dann Anlass, wenn die strafgerichtliche Entscheidung bereits rechtskräftig geworden ist (BFH-Beschluss vom 25.10.2004 VII B 69/04, juris).
(2) Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen von Normen des materiellen Strafrechts - hier des § 370 AO - bei der Anwendung steuerrechtlicher Vorschriften wie § 169 Abs. 2 Satz 2 AO oder § 71 AO von den Finanzbehörden und den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit festzustellen, sind verfahrensrechtlich die Vorschriften der AO und der FGO maßgebend und nicht die Strafprozessordnung (StPO). Indessen ist auch im Besteuerungs- und Finanzgerichtsverfahren der strafverfahrensrechtliche Grundsatz "in dubio pro reo" zu beachten (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 05.03.1979 GrS 5/77, BFHE 127, 140, 145, BStBl II 1979, 570, 573). Dies lässt sich daraus ableiten, dass die Finanzbehörde (der Steuergläubiger) im finanzgerichtlichen Verfahren die objektive Beweislast (Feststellungslast) für steueranspruchsbegründende Tatsachen trägt. Es ist bezüglich des Vorliegens einer Steuerhinterziehung indes kein höherer Grad von Gewissheit erforderlich als für die Feststellung anderer Tatsachen, für die das Finanzamt die Feststellungslast trägt (BFH-Urteil vom 07.11.2006 VIII R 81/04, BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364).
bbb) Zwar bezieht sich das Urteil des Landgerichts Hamburg nicht auf die durch die unzutreffende Umsatzsteuervoranmeldung der A eingetretene Steuerverkürzung, sondern auf die Steuerhinterziehung durch die unberechtigte Geltendmachung von Vorsteuererstattungen der C. Aus den tatsächlichen Feststellungen des Urteils ergibt sich aber, dass auch in Bezug auf die Umsatzsteuerschuld der A die Voraussetzungen einer mittäterschaftlichen Steuerhinterziehung durch den Kläger vorliegen.
Der Kläger hat nach den Feststellungen des Landgerichts Hamburg und des Finanzgerichts Hamburg in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit den übrigen Mittätern (L, J, B, H und ...-K) ein aufwändiges Umsatzsteuerhinterziehungssystem errichtet, bei dem die im Quergeschäft auf der letzten Stufe, der C, erschlichenen Vorsteuererstattungen durch die Vorschaltung mehrerer "Buffer" und eines "missing traders", der A, durch die Schaffung einer einwandfreien Beleglage und v. a. durch tatsächliche Lieferungen in dem über eine andere Lieferkette organisierten Standardgeschäft verschleiert und die "Umsatzsteuergewinne" gleichzeitig über das Standardgeschäft auf die Mittäter verteilt wurden.
Der Tatbeitrag des Klägers bestand nach den Urteilsfeststellungen darin, dass er mit der Firmengruppe C die Unternehmen und jeweils eine bestehende Unternehmensinfrastruktur einbrachte, mit Hilfe derer die Taten überhaupt begangen werden konnten, dass er zudem die Finanzplanung vornahm und die letzte Entscheidungsgewalt für seinen Einflussbereich hatte, die Verträge mit den an dem System beteiligten Unternehmen unterzeichnete, die Verteilung des Umsatzsteuergewinns mit dem Mittäter L abstimmte, die Rechnungsbeträge des Quer- und Standardgeschäfts sowie die Anmeldung der Vorsteuern überwachte, sich gemeinsam mit den Mittätern B und H um eine buchhalterisch scheinbar ordnungsgemäße Beleglage der Geschäfte kümmerte und bei den ab Anfang 2006 regelmäßig in S stattfindenden Treffen mit den Mittätern J und L die Vorgehensweise, offene Fragen und die Umsatzplanung für die Zukunft abstimmte.
Für die Mittäterschaft des Klägers in Bezug auf die unrichtige Umsatzsteuervoranmeldung für das erste Quartal 2007 kommt es nicht darauf an, ob der Geschäftsführer der A, Herr R, diesbezüglich vorsätzlich handelte, was der Kläger bestreitet. Es genügte, wenn einer der Mittäter des Klägers aufgrund des gemeinsamen Tatplans für die unrichtige Voranmeldung gesorgt hätte.
ccc) Der Kläger hat gegen diese Feststellungen keine substantiierten Einwendungen erhoben:
(1) Zur Widerlegung dieser Feststellungen beruft der Kläger sich vor allem auf die Aussage des Zeugen M in der mündlichen Verhandlung des finanzgerichtlichen Verfahrens (2 K 232/11). Der Zeuge bekundete, er habe die W GmbH und später die Q für Herrn B beschafft, über die die Umsatzsteuerhinterziehung habe abgewickelt werden sollen, und ab Juni/Juli 2007 die Rechnungen geschrieben und den Kontakt zu Herrn L gehalten. Den Kläger habe er nicht gekannt. Es habe der Interessenlage von Herrn L entsprochen, dass er, der Zeuge, keinen Kontakt zu den Exporteuren unterhalte. Der Kläger habe nichts mitbekommen sollen. Dessen hohe Strafe sei für ihn, den Zeugen, unerfindlich.
Der 2. Senat des Finanzgerichts hat im Urteil vom 06.09.2012 nachvollziehbar begründet, dass diese Aussage nicht genügt, um die Kenntnis des Klägers vom Umsatzsteuerhinterziehungssystem und seine Mitwirkung dabei in Frage zu stellen. Das Finanzgericht weist zutreffend darauf hin, dass der Zeuge insoweit nicht über eine eigene, unmittelbare Wahrnehmung verfügte und dass er erst ab Mitte März 2007 in die Geschäfte einbezogen wurde, während der Kläger das gesamte System bereits Anfang April 2006 mit aufgebaut hatte und betrieb. Wegen des von dem Zeugen nicht nachvollziehbar geschilderten Hintergrunds für die Einbeziehung der Q und seines offenkundigen Bemühens, den Kläger zu exkulpieren, hatte das Finanzgericht zudem durchgreifende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen.
Gegen diese Würdigung hat der Kläger weder im hiesigen Verfahren, noch in dem beim Landgericht Hamburg anhängigen Wiederaufnahmeantrag (oben A.III.2.) substantiierte Einwendungen erhoben. Dort wird lediglich vorgetragen, der Zeugenaussage komme eine Indizwirkung zu, es sei auch nur der Zeitraum ab Frühjahr 2007 Verfahrensgegenstand gewesen, dem Zeugen sei in dem gegen ihn gerichteten Strafurteil (oben A.II.4.) Glauben geschenkt worden und der Zeuge habe das Strafmaß in Bezug auf den Kläger als logische Folge des Umstands als unangemessen betrachtet, dass der Kläger im guten Glauben gehandelt habe.
Diese Ausführungen vermögen die Beweiswürdigung des Finanzgerichts indes nicht zu erschüttern. Dabei können die Behauptungen des Zeugen, er habe den Kläger nicht gekannt und es sei Herrn L daran gelegen gewesen, den Kontakt zwischen den einzelnen Mitwirkenden so gering wie möglich zu halten, als wahr unterstellt werden, weil dies keinen Einfluss auf die Tatbeiträge des Klägers und auf dessen Kenntnis vom gesamten System hätte. Sofern die Wertung des Zeugen, das Strafmaß für den Kläger sei unangemessen hoch, entsprechend dem Vortrag des Klägers auf der Auffassung beruhte, der Kläger sei lediglich ein gutgläubiges Werkzeug gewesen, handelte es sich um eine reine Spekulation des Zeugen, die durch keinerlei konkrete Tatsachen belegt wird. Diese Wertung widerspricht, worauf der 2. Senat des Finanzgerichts zutreffend hingewiesen hat, den zahlreichen gegen den Kläger vorliegenden und im Strafurteil genannten Beweismitteln (v. a. dem U-Handbuch, den Monatsumsatzaufstellungen, den Liquiditätslisten, der E-Mail vom 22.08.2007 und dem sonstigen Schriftverkehr zwischen den Tatbeteiligten) sowie ferner der Aussage des Herrn L selbst in seinen Vernehmungen am 02. und 03.07.2008 (..., oben A.II.1.b)).
(2) Die Behauptungen des Klägers, er habe die E-Mail vom 22.08.2007 nicht geöffnet und es seien für die A keine Werte hinterlegt gewesen, führen nicht zu einem anderen Ergebnis. Dass für die von der A an die P zu stellenden Rechnungen in der Datei "Fakturierung A" tatsächlich Werte hinterlegt waren, ergibt sich aus dem Ausdruck dieser Datei (...). Darauf, ob der Kläger tatsächlich sämtliche der E-Mail angehängten Dateien geöffnet hat oder nicht, kommt es nicht an, sodass die vom Kläger beantragte Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unterbleiben konnte. Denn dass der Kläger die E-Mail, die Herr M unter dem Pseudonym "U" an ihn geschrieben hatte mit dem Text: "anbei übersende ich Ihnen die Proforma Rechnungen für den LKW ( ...) 15.08.07, bitte teilen Sie uns mit welche wir ändern sollen", mit der Bemerkung "die Originale kommen per Post" an die Mitarbeiterin Frau V weiterleitete, lässt zur Überzeugung des Gerichts darauf schließen, dass der Kläger den Inhalt der Rechnungen in irgendeiner Weise überprüft hat und ihm dieser bekannt war und dass er für die nachfolgende Übersendung in Papierform Sorge getragen hat. Dem Kl äger war ebenfalls bekannt, mit welchen Aufschlagsätzen für die tatsächlich nicht ausgeführten Lieferungen auf den einzelnen Stufen der Lieferkette fakturiert werden sollte. Auf die tatsächliche Öffnung jeder angehängten Datei kommt es daher nicht an.
Der Einwand des Klägers, das Landgericht habe dieser E-Mail keine Bedeutung beigemessen, wie sich aus dem Beschluss vom ... 2009 ergebe (...), geht schon deshalb fehl, weil sich der abgelehnte Beweisantrag auf eine andere E-Mail, nämlich eine E-Mail vom 06.02.2007, bezog.
(3) Soweit der Kläger behauptet, die der C bzw. G unmittelbar vorgeschalteten Firmen hätten tatsächlich Lieferungen durchgeführt, und insoweit auf die Beschlüsse des FG BW vom ... 2011 Bezug nimmt, durch die das Gericht die Vollziehung der gegenüber der G und der C ergangenen Umsatzsteuerbescheide für 2006 bzw. 2007 zum Teil ausgesetzt hat, kann ihm dies nicht zum Erfolg verhelfen. Das FG BW ist in diesen Beschlüssen bei summarischer Prüfung vielmehr zu dem Ergebnis gekommen, dass die G und die C zu Unrecht Vorsteuererstattungen geltend gemacht hätten, weil die jeweiligen Lieferungen tatsächlich nicht durchgeführt worden seien. Lediglich in Bezug auf einen Teilbetrag der gesamten Vorsteuer sei eine eindeutige Zuordnung zu der G - anstelle der C - bzw. umgekehrt nicht möglich. Weitere Beweise für die angeblichen Lieferungen hat der Kläger nicht vorgelegt.
(4) Zu der vom Kläger ins Feld geführten Vernehmung des Geschäftsführers der N, Herrn Ö, weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass dessen vom Kläger behaupteter Versuch, den Kläger bei der Lieferung von LCD-Fernsehern zu betrügen, gerade auf eine Geschäftsbeziehung zwischen der N und der C und der Kenntnis des Klägers hiervon schließen lässt.
(5) Die Behauptung des Klägers, er habe das U-Handbuch nicht verfasst, widerspricht der Behauptung des Herrn B in seinen Vernehmungen am 13. und 28.11.2007 (...). Die Behauptung des Klägers ist aber auch nicht erheblich. Entscheidend ist, dass er den Inhalt des auf seinem eigenen Schreibtisch sichergestellten Handbuchs kannte und dafür Sorge trug, dass die dort beschriebenen Handlungsanweisungen von seinen Mitarbeitern befolgt wurden, etwa indem er die Mitarbeiterin Frau St anwies, für einen ständigen Ausgleich des Standard- und des Quergeschäfts Sorge zu tragen (...).
(6) Dass die bei der C durchgeführte Umsatzsteuersonderprüfung nicht zu Beanstandungen führte, ist in Anbetracht des vom Landgericht Hamburg festgestellten Umstands, dass der Kläger und die übrigen Tatbeteiligten für eine lückenlose Beleglage sorgten, wenig verwunderlich und kann die Behauptung des Klägers, es seien tatsächlich Lieferungen durchgeführt worden, nicht belegen.
(7) Die Behauptung des Kläger, die in seinem "Status zum 20.02.2007" erwähnten Liquiditätsprobleme seien durch nicht erfüllte Forderungen gegenüber den ... Abnehmern entstanden, wird u. a. durch seine eigene E-Mail vom 05.02.2007 an Herrn L widerlegt, in der er darlegt, die C und die F hätten bis dahin kein Geld aus dem Kreislauf genommen, aber alle Kosten getragen und mehr als 500.000,00 € Kredit im Zahlungskreislauf investiert. Der Liquiditätsengpass hänge damit zusammen, dass ca. 1,3 Mio. € Steuerrückzahlung erst Ende Februar vom Finanzamt ausgezahlt würden (Urteil des Landgerichts Hamburg vom ... 2009, ...).
ddd) Der Kläger handelte auch vorsätzlich, und zwar ungeachtet der Frage, ob ihm die Firma des "missing traders" oder jede für diese Firma handelnde Person bekannt war oder nicht. Das Umsatzsteuerhinterziehungssystem, das der Kläger mit errichtete und zu dem er laufend Beiträge leistete, war darauf ausgelegt, dass auf der letzten Stufe Vorsteuererstattungen geltend gemacht wurden, während auf der ersten Stufe ein "missing trader" eingesetzt wurde, der die in den von ihm ausgestellten Rechnungen, die Grundlage für die Vorsteuererstattung wurden, ausgewiesene Umsatzsteuer nicht anmeldete und nicht abführte. Anders wäre es nicht zu einen "Umsatzsteuergewinn" auf der letzten Stufe gekommen.
b) aa) Hinsichtlich der für die A nicht abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldung für das zweite Vierteljahr 2007 (Umsätze April und Mai 2007) kommt eine täterschaftliche Steuerhinterziehung durch den Kläger nicht in Betracht. Denn Täter (auch Mittäter) einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO kann nur sein, wer selbst zur Aufklärung steuerlich erheblicher Tatsachen besonders verpflichtet ist, wer also die rechtliche Erklärungspflicht für die Voranmeldungen und die Jahreserklärungen zu erfüllen hat (BGH-Urteil vom 09.04.2013 1 StR 586/12, DStR 2013, 1177; BFH-Urteil vom 05.08.2010 V R 13/09, BFH/NV 2011, 81). Das ist der gesetzliche Vertreter gemäß § 34 Abs. 1 AO, aber auch der Verfügungsberechtigte nach § 35 AO, d. h. jeder, der nach dem Gesamtbild der Verhältnisse rechtlich und wirtschaftlich über Mittel, die einem anderen zuzurechnen sind, verfügen kann und als solcher nach außen auftritt (BGH-Urteil vom 09.04.2013 1 StR 586/12, DStR 2013, 1177). Der Kläger war jedoch nicht Geschäftsführer und damit gesetzlicher Vertreter der A. Anzeichen dafür, dass er als faktischer Geschäftsführer gehandelt hätte oder dass ihm eine Verfügungsbefugnis über das Vermögen der A eingeräumt worden wäre, liegen nicht vor.
bb) Jedoch ist dem Kläger in Bezug auf die nicht abgegebene Umsatzsteuervor-anmeldung für das zweite Vierteljahr 2007 eine Beihilfe zu einer Steuerhinterziehung zur Last zu legen. Hierdurch wurde die Umsatzsteuer um 1.717.811,58 € verkürzt.
aaa) Beihilfe begeht nach § 27 Abs. 1 StGB, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet. Als Hilfeleistung in diesem Sinne ist dabei grundsätzlich jede Handlung anzusehen, welche die Herbeiführung des Taterfolges des Haupttäters objektiv fördert, ohne dass sie für den Erfolg selbst ursächlich sein muss (BGH-Urteil vom 01.08.2000 5 StR 624/99, NJW 2000, 3010, BStBl II 2001, 79). Wird als Haftender in Anspruch genommen, wer an der von einem anderen begangenen Steuerhinterziehung als Helfer teilgenommen hat, müssen nicht nur die objektiven und subjektiven Voraussetzungen einer strafrechtlichen Beihilfe in der Person des Haftenden vorliegen, sondern auch diejenigen der Haupttat, zu welcher der Haftende Beihilfe geleistet haben muss, in der Person des Haupttäters (BFH-Beschluss vom 16.07.2009 VIII B 64/09, BFHE 226, 30, BStBl II 2010, 8). Anders als bei der Frage einer täterschaftlichen Unterlassung (oben aa)) ist es für eine Beihilfe zu einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen nicht erforderlich, dass den Gehilfen selbst eine Erklärungspflicht trifft (BFH-Beschluss vom 27.05.1986 VII S 5/86, BFH/NV 1987, 10).
bbb) Der Geschäftsführer der A, Herr R, hat eine vorsätzliche und rechtswidrige Steuerhinterziehung begangen. Das Gericht nimmt insoweit auf die Feststellungen in dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Hamburg vom ... 2009 (oben A.II.6.) Bezug. Das Finanzgericht kann seine Entscheidung auch auf die Feststellungen aus einem in Rechtskraft erwachsenen Strafbefehl stützen, soweit hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben werden (BFH-Urteil vom 07.03.2006 X R 8/05, BFHE 212, 398, BStBl II 2007, 594).
Als Geschäftsführer der A war Herr R gemäß § 14c Abs. 2 Satz 2, § 18 Abs. 1, 3, 4b UStG, § 34 Abs. 1 AO zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung für das zweite Vierteljahr 2007 verpflichtet. Dieser Verpflichtung ist er vorsätzlich nicht nachgekommen. In dem Strafbefehl, der auf einem Geständnis des Angeklagten basierte, wurde insoweit festgestellt, dass Herr R die sich aus den im Namen der A ausgestellten Rechnungen ergebenden Umsatzsteuerbetr äge wissentlich nicht mit der Umsatzsteuervoranmeldung für das zweite Vierteljahr 2007 angemeldet und die hierdurch verursachte Steuerverkürzung zumindest billigend in Kauf genommen hatte. Der Kläger hat gegen diese Feststellungen keine substantiierten Einwendungen erhoben, sondern im Gegenteil vorgetragen, die Feststellungen seien sicherlich zutreffend.
ccc) Zu dieser vorsätzlichen und rechtswidrigen Tat hat der Kläger vorsätzlich Hilfe geleistet, indem er die Rechnungsstellungen der in die Lieferkette eingebundenen Firmen steuerte und überwachte.
(1) Dem steht die Behauptung des Klägers, er habe Herrn R nicht gekannt und auf die Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen keinen Einfluss gehabt, nicht entgegen. In objektiver Hinsicht ist nicht erforderlich, dass der Gehilfe unmittelbar mit dem Täter zusammenwirkt oder diesen beeinflusst. Es genügt vielmehr die Vornahme einer Handlung, die die Haupttat in irgendeiner Weise fördert. Ist der Haftungsschuldner in ein Umsatzsteuerhinterziehungssystem integriert, wirkt sich dies, wenn er von den in der Lieferkette nachfolgenden Geschäften Kenntnis hatte, in der strafrechtlichen Beurteilung nicht nur auf die von ihm selbst abgegebenen Steuererklärungen aus. Vielmehr fördert er dann mit seinem Beitrag innerhalb der Lieferkette auch jeweils eine Umsatzsteuerhinterziehung der anderen Mitglieder, die an den auf Hinterziehung der Umsatzsteuer gerichteten Geschäften beteiligt waren (BGH-Beschluss vom 11.12.2002 5 StR 212/02, NStZ 2003, 268; Nöhren, Die Hinterziehung von Umsatzsteuer, S. 277). Entsprechendes gilt nach Auffassung des Senats für die in der Kette vorgelagerten Geschäfte und Erklärungen.
Dem steht der vom Kläger zitierte BGH-Beschluss vom 14.11.2012 (3 StR 403/12, wistra 2013, 97) nicht entgegen. Danach sind, wenn ein Täter an einzelnen Taten anderer Täter nicht mitwirkt, sondern sich seine Tatbeiträge hierzu im Aufbau und in der Aufrechterhaltung eines auf Straftaten ausgerichteten Geschäftsbetriebs erschöpfen, diese Tathandlungen als uneigentliches Organisationsdelikt zu einer einheitlichen Tat i. S. des § 52 Abs. 1 StGB zusammenzufassen, ohne dass die Annahme einer banden- und gewerbsmäßigen Begehung dadurch berührt würde (ebenso BGH-Beschluss vom 09.01.2008 5 StR 572/07, wistra 2008, 181). Die Frage, ob der Kläger die Beihilfe zur Steuerverkürzung auf der Ebene der A in Tateinheit oder Tatmehrheit zu den anderen Taten verübt hat, ist für die Haftung nach § 71 AO indes ohne Belang.
Wie dargelegt, basierte das Umsatzsteuerhinterziehungssystem darauf, dass auf der ersten Stufe ein "missing trader" eingesetzt wurde, der die in den von ihm ausgestellten Rechnungen, die Grundlage für die Vorsteuererstattung wurden, ausgewiesene Umsatzsteuer nicht anmeldete und nicht abführte. Indem der Kläger dieses System mit errichtete und kontrollierte und laufend Beiträge hierzu leistete, unterstützte und förderte er auch die Umsatzsteuerhinterziehung der A auf der ersten Stufe.
(2) Der Kläger handelte auch vorsätzlich. Gehilfenvorsatz liegt vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern; Einzelheiten der Haupttat braucht er nicht zu kennen. Es genügt, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern, und der Hilfeleistende dies weiß (BFH-Urteil vom 07.03.2006 X R 8/05, BFHE 212, 398, BStBl II 2007, 594).
Für die Annahme eines Gehilfenvorsatzes kommt es nicht darauf an, ob der Haupttäter dem Gehilfen persönlich bekannt ist. Zwar ist zweifelhaft, welche Auswirkungen es für die Haftung des mutmaßlichen Gehilfen hat, wenn der mutmaßliche Haupttäter nicht ermittelt werden kann und wenn folglich nicht individuell festgestellt werden kann, ob eine Haupttat überhaupt begangen und welche Steuer dadurch konkret hinterzogen worden ist (BFH-Beschluss vom 16.07.2009 VIII B 64/09, BFHE 226, 30, BStBl II 2010, 8). Steht die Begehung der Haupttat - wie im Streitfall - hingegen fest, genügt es für die Annahme eines Gehilfenvorsatzes, wenn der Gehilfe weiß, dass es eine Haupttat gibt und er, der Gehilfe, diese durch seine Gehilfenhandlung fördert, ohne dass der Gehilfe den Haupttäter konkret kennen müsste (vgl. FG Hamburg, Urteil vom 06.09.2012 2 K 232/11, BB 2013, 150, rechtskräftig).
Der Kläger wusste und wollte, dass der Strohmann-Geschäftsführer des "missing traders", der A, die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer nicht anmelden würde. Hierauf basierte das gesamte System. Dass der Strohmann-Geschäftsführer dabei zumindest bedingt vorsätzlich handeln würde, musste der Kläger zumindest für möglich halten und nahm er zur Überzeugung des Senats zumindest billigend in Kauf.
(3) Da es aus den genannten Gründen auf die vom Kläger aufgestellte Behauptung, er habe Herrn R nicht gekannt, nicht ankommt, war die vom Kläger beantragte Beweiserhebung durch Vernehmung des Herrn R als Zeugen nicht erforderlich.
3. Die Steuerhinterziehung des Klägers war für den eingetretenen Schaden in Gestalt der Haftungsschuld kausal (vgl. zur Kausalität FG Hamburg, Beschluss vom 26.10.2010 3 V 85/10, EFG 2011, 1111).
a) Bei der Haftung des Lieferers in einem Umsatzsteuerkarussell besteht der Vermögensschaden des Fiskus grundsätzlich in den verkürzten (vorsätzlich nicht angemeldeten) nominalen Steuerbeträgen für die Lieferungen und nicht in den beim Leistungsempfänger zu dessen Gunsten unberechtigt verrechneten oder an diesen ausgezahlten Vorsteuerbeträgen (BFH-Urteil vom 05.08.2010 V R 13/09, BFH/NV 2011, 81). Als Haftungsschaden ist daher vorliegend die durch die A nicht angemeldete Umsatzsteuer zugrunde zu legen und nicht die an die C zu Unrecht erstattete Vorsteuer. Es kommt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht darauf an, ob und ggf. in welcher Höhe die N aus den Ausgangsrechnungen der A Vorsteuer gezogen hat.
b) Der Umstand, dass die A die ausgewiesene Umsatzsteuer mangels Zahlung der entsprechenden Beträge an sie möglicherweise nicht hätte abführen können, steht der Haftung des Klägers in voller Höhe der nicht angemeldeten Umsatzsteuer nicht entgegen.
aa) Zwar entfällt die Haftung gem äß § 71 AO, wenn derselbe Vermögensschaden für den Fiskus auch bei steuerehrlichem Verhalten eingetreten wäre. Die Haftung ist im Fall der Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Nichtentrichtung fälliger Steuerbeträge daher grundsätzlich auf den Betrag begrenzt, der bei rechtzeitiger Abgabe und Zahlung unter gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger hätte getilgt werden können (BFH-Urteil vom 05.08.2010 V R 13/09, BFH/NV 2011, 81; BFH-Beschluss vom 22.10.2009 V B 108/08, BFH/NV 2010, 170).
bb) Jedoch ist anerkannt, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Verletzung der Steuererklärungspflicht und dem eingetretenen Steuerausfall dann besteht, wenn der Haftende den Steuerschuldner schon zu einem früheren Zeitpunkt schuldhaft außerstande gesetzt hat, die vorhersehbare Steuerschuld tilgen zu können (BFH-Urteil vom 05.03.1991 VII R 93/88, BFHE 164, 203, BStBl II 1991, 678). Das gilt insbesondere in einem Falle der Hinterziehung, in dem die pflichtwidrige Abgabe der unzutreffenden Umsatzsteuervoranmeldungen (bzw. deren Nichtabgabe) nach dem Tatplan des Geschäftsführers und des Gehilfen dazu dienen sollte, den aus der vorangegangenen vorsätzlichen Entziehung der zur Begleichung der tatsächlich verwirklichten Umsatzsteuerschuld notwendigen und bei deren Vereinnahmung auch vorhandenen Gelder erlangten Vorteil sicherzustellen (BFH-Beschluss vom 11.02.2002 VII B 323/00, BFH/NV 2002, 891). Dieser rechtliche Gesichtspunkt muss auch zum Tragen kommen, wenn die zur Begleichung der Umsatzsteuerschuld erforderlichen Gelder der Schuldnerin nicht erst zur Verfügung gestellt und anschließend entzogen werden, sondern ihr vorsätzlich von vornherein nicht zur Verfügung gestellt werden, obwohl sie im Geldkreislauf insgesamt, d. h. auf den nachgelagerten Fakturierungsstufen, vorhanden waren (FG Hamburg, Urteil vom 06.09.2012 2 K 232/11, BB 2013, 150, rechtskräftig).
So verhält es sich im Streitfall: Die Entgelte für die vermeintlichen Lieferungen und vor allem für die Begleichung der Umsatzsteuer waren in dem gesamten Kreislauf vorhanden. Sie wurden der A aber vorsätzlich nicht zur Verfügung gestellt, sondern nach den Feststellungen im Strafurteil (oben A.II.2.a)) über das sog. Standardgeschäft auf die Mittäter verteilt, um nach deren Tatplan den Vorteil aus der pflichtwidrigen Abgabe bzw. Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen auf Dauer sicherzustellen.
cc) Ferner greift der haftungsbegrenzende Grundsatz der anteiligen Tilgung nicht ein, wenn der Haftungsschuldner seine steuerlichen Pflichten gemäß § 34 AO dadurch verletzt, dass er in Kenntnis des Fehlens vorhandener Mittel in dem von ihm verwalteten Vermögen einem anderen eine Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer erteilt, ohne dazu berechtigt zu sein (BFH-Urteil vom 21.06.1994 VII R 34/92, BFHE 175, 198, BStBl II 1955, 230). Dies muss im Rahmen einer Haftung gemäß § 71 AO für einen Mittäter bzw. Gehilfen ebenso gelten, und erst recht, wenn die Mittel sogar absichtlich vorenthalten werden, um den mithilfe der unberechtigten Rechnungserteilung auf einer späteren Ebene geltend gemachten Vorsteuererstattungsanspruch und den hieraus entstehenden Vermögensvorteil zu sichern.
c) Der Einwand des Klägers, seine Inanspruchnahme führe zu einer Überkompensation des Schadens, soweit die Vorsteuerrückforderung gegenüber C erloschen sei, greift nicht durch.
aa) Der Erlass eines Haftungsbescheides ist auch dann rechtmäßig, wenn feststeht, dass bei einer Gesamtschau der Scheingeschäfte an den Fiskus ein höherer Betrag an Umsatzsteuer abgeführt als an Vorsteuer in Anspruch genommen worden ist. So wird der von der Haftung umfasste Steuerschaden durch die unberechtigte Geltendmachung der Vorsteuerbeträge aus einer Eingangsrechnung nicht kompensiert durch die Entrichtung der in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer durch den Lieferanten. Denn der Steuerhinterzieher haftet in Höhe der aufgrund seiner Tat verkürzten bzw. hinterzogenen Beträge. Eine etwaige Überkompensation hätte - läge sie vor - ihre Ursache nicht im Haftungs-, sondern im Umsatzsteuerrecht und müsste mit den dort vorgesehenen Instrumentarien korrigiert werden (BFH-Urteil vom 26.09.2012 VII R 3/11, BFH/NV 2013, 337).
bb) Aus der vom Kl äger angeführten Vorschrift des § 25d Abs. 1 Satz 1 UStG folgt nichts anderes. Danach haftet der Unternehmer für die Steuer aus einem vorangegangenen Umsatz, soweit diese in einer nach § 14 UStG ausgestellten Rechnung ausgewiesen wurde, der Aussteller der Rechnung entsprechend seiner vorgefassten Absicht die ausgewiesene Steuer nicht entrichtet und der Unternehmer bei Abschluss des Vertrages über seinen Eingangsumsatz davon Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen.
Aus dem vom Kläger angeführten Umstand, dass bei einer derartigen Haftung der Vorsteuerabzug auf der anderen Seite nicht eingeschränkt wird, lässt sich jedoch nicht schließen, dass bei einer Versagung des Vorsteuerabzuges umgekehrt keine Haftung für die Umsatzsteuer in Betracht komme. Denn wegen des ausdrücklichen Verweises auf Rechnungen i. S. des § 14 UStG ist eine Haftung des Leistungsempfängers für Rechnungen i. S. des § 14c Abs. 1 und 2 UStG nach § 25d Abs. 1 Satz 1 UStG ausgeschlossen (Zugmaier/Kaiser in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 25d Rz. 29; Nieskens in Rau/Dürr-wächter/Flick/Geist, UStG, § 25d Rz. 42; Leonard in Bunjes, UStG, 11. Aufl., § 25d Rz. 7). Im Bereich des § 14c UStG gibt es die vom Kläger angeführte Balance zwischen dem Vorsteuerabzugsrecht für die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer und der Abführung der Umsatzsteuer an den Fiskus nicht. Solange die Rechnung, in der die Umsatzsteuer zu Unrecht ausgewiesen ist, nicht gemäß § 14c Abs. 2 S ätze 3 und 4 UStG berichtigt und die Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens beseitigt ist, schuldet der Rechnungsaussteller den ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag, ohne dass der Empfänger die Vorsteuer abziehen könnte (BFH-Beschluss vom 26.07.2013 V B 21/12, juris). Es bleibt daher bei den oben (unter aa)) dargelegten Grundsätzen.
cc) Da somit eine etwaige Tilgung des Vorsteuererstattungsanspruchs des Fiskus gegenüber der C nicht zu einer Reduzierung des auf der vorgelagerten Stufe des "missing traders", der A, durch dessen unrichtige bzw. unterlassene Umsatzsteuervoranmeldungen für die aus § 14c Abs. 2 Satz 2 UStG resultierende und ohne Rechnungsberichtigung fortbestehende Steuerschuld führte, muss nicht geklärt werden, ob und ggf. inwieweit die Vorsteuerrückforderung tatsächlich erloschen ist.
4. Ermessensfehler im Sinne von § 102 FGO bei der Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 71 AO liegen nicht vor.
a) Der Beklagte weist in der Einspruchsentscheidung vom 14.11.2011 zutreffend darauf hin, dass das Entschließungsermessen im Falle einer vorsätzlich begangenen Steuerstraftat in der Weise vorgeprägt ist, dass die Abgaben gegen den Steuerstraftäter festzusetzen sind. Einer besonderen Begründung der Ermessensbetätigung bedarf es in diesen Fällen nicht (vgl. BFH-Urteil vom 12.02.2009 VI R 40/07, BStBl II 2009, 478; BFH-Beschluss vom 14.02.2006 VII B 119/05, BFH/NV 2006, 1246).
b) Da der Beklagte alle in Betracht kommenden Haftungsschuldner in Anspruch genommen und im Haftungsbescheid hierauf hingewiesen hat, stellt sich die Frage einer sachgerechten Betätigung des Auswahlermessens nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 14.02.2006 VII B 119/05, BFH/NV 2006, 1246; zum Auswahlermessen FG Hamburg, Beschluss vom 26.10.2010 3 V 85/10, EFG 2011, 1111). Aus diesem Grunde war es zur ordnungsgemäßen Begründung der Haftungsinanspruchnahme des Klägers auch nicht erforderlich, sämtliche anderen Haftungsschuldner namentlich zu bezeichnen, wie der Kläger meint.
Im Übrigen hätte der Beklagte, selbst wenn die namentliche Bezeichnung der übrigen Haftungsschuldner zur ordnungsgemäßen Begründung der Ermessensentscheidung erforderlich gewesen wäre, diese Begründung im finanzgerichtlichen Verfahren gemäß § 102 Satz 2 FGO in zulässiger Weise ergänzt. Danach kann die Finanzbehörde bereits an- und dargestellte Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren vertiefen, verbreitern und verdeutlichen. Nicht zulässig ist es hingegen, Ermessenserwägungen im finanzgerichtlichen Verfahren erstmals anzustellen oder die Ermessensgründe auszuwechseln (BFH-Urteil vom 11.03.2004 VII R 52/02, BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579; FG Hamburg, Urteil vom 07.08.2003 VII 124/00, EFG 2004, 74). Der Beklagte hat die übrigen Haftungsschuldner mit Schriftsatz vom 06.12.2013 (...) namentlich benannt und hierdurch die getroffene Ermessensentscheidung lediglich näher erläutert, ohne neue Ermessenserwägungen anzustellen oder auszutauschen.
II.
1. Der Senat konnte auf die mündliche Verhandlung vom 12.12.2013 entscheiden, ohne das Recht des Klägers auf rechtliches Gehör und anwaltliche Prozessvertretung zu verletzen, und musste daher weder dem am Tag vor der mündlichen Verhandlung gestellten Verlegungsantrag noch dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Vertagungsantrag des Klägers (oben A.V.4.) entsprechen.
a) Gemäß § 227 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1, 2. Halbsatz der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 155 FGO kann ein Termin aus erheblichen Gründen verlegt oder die mündliche Verhandlung vertagt werden. Ein erheblicher Grund in diesem Sinne liegt vor, wenn kurz vor der mündlichen Verhandlung in einer Sache, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, ein Wechsel der Prozessbevollmächtigten stattfindet, den der Kläger nicht verschuldet hat oder der zumindest auf schutzwürdigen Gründen beruht (BFH-Beschlüsse vom 21.07.2011 IV B 99/10, BFH/NV 2011, 1904; vom 04.05.2011 IX S 1/11, BFH/NV 2011, 1381). Entsprechendes gilt bei einer vom Kläger unverschuldeten Mandatsniederlegung durch den Prozessbevollmächtigten (BFH-Beschluss vom 12.06.2009 IX B 57/09, BFH/NV 2009, 1453). Der Kläger muss die Gründe für die Mandatsniederlegung durch seinen Bevollmächtigten substantiiert vortragen, weil nur so beurteilt werden kann, ob ihn ein Verschulden an der Mandatsniederlegung und dem damit verbundenen Wechsel der Prozessbevollmächtigten trifft (BFH-Beschlüsse vom 31.01.2012 IV B 22/11, BFH/NV 2012, 766; vom 27.01.2004 VII B 66/03, BFH/NV 2004, 796; vom 18.08.2003 X S 5/03 (PKH), BFH/NV 2004, 66). Die Notwendigkeit der nachprüfbaren Darlegung besteht erst recht bei einem erst am Nachmittag vor dem Termin eingereichten Antrag (BFH-Beschluss vom 27.01.2004 VII B 66/03, BFH/NV 2004, 796). Gemäß § 227 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 155 FGO sind die Gründe außerdem glaubhaft zu machen, und zwar bei einem erst kurz vor dem Termin gestellten Antrag nicht erst auf Verlangen des Gerichts, sondern unaufgefordert (FG München, Urteile vom 26.04.2010 14 K 1808/08, DStRE 2011, 1466; 14 K 3220/07, Juris).
b) Ein erheblicher Grund für eine Verlegung bzw. Vertagung lag nicht vor.
aa) Der Kläger war auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch anwaltlich vertreten. Das Erlöschen einer Prozessvollmacht wird erst durch Anzeige des Vollmachtswiderrufs durch den Vertretenen oder den neuen Bevollmächtigten wirksam (BFH-Beschlüsse vom 21.11.2012 X B 181/12, BFH/NV 2013, 242; vom 11.02.2011 V K 2/09, BFH/NV 2011, 828; vom 20.12.2010 V B 9/09, BFH/NV 2011, 623; vom 02.06.2010 V B 139/08, BFH/NV 2010, 2085; FG Hamburg, Urteil vom 12.04.2002 IV 246/99, Juris; Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 62 FGO Rz. 24 f.). Der Bevollmächtigte kann so lange für den Beteiligten handeln, bis dieser für die Wahrnehmung seiner Rechte in anderer Weise gesorgt hat (§ 87 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 155 FGO).
Der Kläger hat die Prozessvollmacht nicht widerrufen, sondern den Widerruf in der mündlichen Verhandlung sogar ausdrücklich abgelehnt.
bb) Die Ladung zur mündlichen Verhandlung, die der zweiten Prozessbevollmächtigten nach eigenem Bekunden bekannt gewesen ist, verliert ihre Wirkung nicht durch die Anzeige der Mandatsniederlegung (BFH-Beschluss vom 15.04.2003 X B 20/03, BFH/NV 2003, 1085). Wegen des entsprechenden Hinweises in der Ladung konnte trotz des Ausbleibens der Prozessvertreterin in der mündlichen Verhandlung verhandelt und entschieden werden (§ 91 Abs. 2 FGO).
cc) Die Mitteilung der Mandatsniederlegung durch die Prozessbevollmächtigte ist kein erheblicher Grund für eine Verlegung oder Vertagung der mündlichen Verhandlung.
aaa) Der Kläger hat den Grund für die Mandatsniederlegung weder über seine Prozessbevollmächtigte darlegen lassen, noch selbst hierzu vorgetragen. Er hat in der mündlichen Verhandlung lediglich erklärt, dass Vorschüsse für Reisekostenerstattungen möglicherweise nicht rechtzeitig bei der Prozessbevollmächtigten eingegangen seien. Abgesehen davon, dass der Kläger insoweit keine nachprüfbaren Tatsachen vorgetragen, sondern lediglich eine Vermutung geäußert hat, hätte er die Mandatsniederlegung auch verschuldet, wenn diese Vermutung zuträfe. Denn seit der Terminsladung vom 30.10.2013 hätte der Kläger ausreichend Zeit gehabt, für eine rechtzeitige Bezahlung der Prozessbevollmächtigten Sorge zu tragen.
bbb) Der weitere Hinweis des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe in der Justizvollzugsanstalt nur eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten, beinhaltete auch dann keine konkrete Darlegung eines fehlenden Verschuldens seinerseits, wenn man ihn so verstünde, dass dem Kläger die Gründe für die Mandatsniederlegung nicht bekannt seien. Da er über die Mandatsniederlegung informiert war, muss zwischen ihm und der Prozessbevollmächtigten irgendein Kontakt stattgefunden haben. Es ist davon auszugehen, dass die Gründe für die Mandatsniederlegung hierbei erörtert wurden. Jedenfalls aber hätte der Kläger vor oder während der Anreise zum Termin oder unmittelbar davor ausreichend Gelegenheit gehabt, mit der Prozessbevollmächtigten Kontakt aufzunehmen und über die Gründe für die Mandatsniederlegung zu sprechen.
dd) Da es an einer nachvollziehbaren Darlegung der Gründe für die Mandatsniederlegung fehlt, kommt es auf weitere bei dem Verlegungsantrag zu prüfende Gesichtspunkte nicht mehr an (vgl. BFH-Beschluss vom 12.06.2009 IX B 57/09, BFH/NV 2009, 1453); auch nicht auf die Frage einer dem Mandanten zuzurechnenden Mandatsniederlegung zur Unzeit (vgl. BGH-Beschluss vom 24.01.1985 I ZR 113/84, VersR 1985, 542).
ee) Im Übrigen hat der Kläger in dem seit dem 14.10.2011 anhängigen Klageverfahren bis zur mündlichen Verhandlung am 12.12.2013 ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, die Sach- und Rechtslage durch seine beiden Prozessbevollmächtigten prüfen und hierzu durch beide vortragen zu lassen, und hiervon auch ausgiebig Gebrauch gemacht.
2. Die Verhandlung war nicht gemäß § 74 FGO im Hinblick auf den beim Landgericht Hamburg anhängigen Wiederaufnahmeantrag des Klägers (oben A.III.2.) auszusetzen, weil, wie dargelegt, ein Strafverfahren und damit auch ein Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 359 StPO für das finanzgerichtliche Verfahren nicht vorgreiflich ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
4. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.