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  • 15.05.2014 · IWW-Abrufnummer 141478

    Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 12.12.2013 – 3 K 28/13

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FINANZGERICHT HAMBURG

    Aktz: 3 K 28/13
    12.12.2013

    Dokumententyp: Urteil - Senat

    Rechtskraft: -

    A. Tatbestand

    Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein Veräußerungsverlust gemäß § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) dem Halbabzugsverbot unterliegt oder in voller Höhe festzustellen ist.

    I.

    1. Der Kläger zu 1. (im Folgenden: der Kläger) war zunächst zu 50 % an der am ... 1999 gegründeten M GmbH (im Folgenden: M-GmbH) mit Sitz in A und mit einem voll eingezahlten Stammkapital von 26.000,00 € beteiligt und später zu 100 %.

    2. Der Kläger gewährte der M-GmbH Darlehen, die sich zum 31.12.2004 auf insgesamt 295.730,00 € beliefen. Diese Darlehen hatten - dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig - eigenkapitalersetzenden Charakter. Darüber hinaus stellte der Kläger für die M-GmbH darlehensweise die erforderliche Mietsicherheit in Höhe von 7.200,00 € (vgl. § 20 des nicht datierten Mietvertrags der M-GmbH mit der B KG, Finanzgerichtsakten -FGA- Bl. 90 f.).

    3. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 07.11.2005 (FGA Anlagenband Bl. 1 ff.) veräußerte der Kläger seine Geschäftsanteile an der M-GmbH an Herrn C und Herrn D. Der Vertrag enthielt u. a. folgende Bestimmungen:

    Präambel
    Die Herren C und D beabsichtigen, die Geschäftsanteile des Herrn E an der M-GmbH mit Wirkung zum ... 2005 zu übernehmen. Als Gegenleistung soll keine Zahlung erfolgen, sondern die Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Höhe von 66.893,97 € werden faktisch durch die Herren C und D übernommen. (...)

    § 4

    Kaufpreis

    1. Der Kaufpreis beträgt € 1,00.

    (...)

    4. Der Verkäufer hat der M-GmbH ausweislich der Jahresabschlüsse Darlehen gewährt. Der Verkäufer bietet den Käufern die Übernahme dieser Darlehensforderungen in je 1/2 zum Preis von € 7.200,00 (zusammen) an. Dieses Angebot wird hiermit durch die Käufer angenommen.

    § 6

    Zusicherungen

    (...)

    2. Der Verkäufer sichert ferner zu, dass (...)

    e) nur die in der Anlage 1 aufgeführten Verbindlichkeiten in einer Summe von € 66.893,97 per ... 2005 bestehen. Darüber hinaus hält der Verkäufer die Gesellschaft/die Käufer von weiteren Ansprüchen frei. (...)

    Bzgl. der in § 6 Abs. 2 Buchst. e des Vertrages genannten Verbindlichkeiten der M-GmbH hatte der Kläger keine persönliche Haftung übernommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.

    4. In der Folgezeit stellten die Erwerber fest, dass es über die in § 6 Abs. 2 Buchst. e des Kaufvertrages genannten Verbindlichkeiten hinaus weitere Verbindlichkeiten der M-GmbH gab. Nach Begleichung dieser Verbindlichkeiten nahmen sie den Kläger mit Schreiben vom 15.08.2006 und vom 24.01.2007 in Höhe der Differenz zwischen diesen zusätzlichen Verbindlichkeiten, die u. a. die Position "Nettolohnauszahlung September € 3.654,54" enthielten, und dem in § 4 Abs. 4 des Vertrages vereinbarten Preis in Anspruch (Akte "§ 17 - Änd. 2005" Bl. 3 und 4). Die Kläger überwiesen den Differenzbetrag in zwei Teilbeträgen am 16. und 17.10.2008 an die M-GmbH (FGA Bl. 58).

    5. Die M-GmbH war zum 31.12.2005 bilanziell überschuldet (vgl. Bilanz zum 31.12.2005, FGA Anlagenband Bl. 30).

    II.

    1. Der Beklagte setzte gegenüber den zusammen veranlagten Klägern die Einkommensteuer für 2005 mit Bescheid vom 16.10.2006 - abgesehen von hier nicht streitgegenständlichen Positionen - entsprechend der am 18.08.2006 eingegangenen Einkommensteuererklärung auf 16.714,00 € fest.

    2. Mit Schreiben vom 25.05.2009 beantragten die Kläger unter Hinweis auf die Veräußerung der Geschäftsanteile an der M-GmbH die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes in Höhe von zunächst 347.194,80 €, später reduziert auf 339.226,08 €.

    3. Der Beklagte erließ am 23.11.2010 einen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für 2005, in dem er einen Veräußerungsverlust in Höhe von insgesamt 18.220,00 € zugrunde legte und die Einkommensteuer auf 10.654,00 € herabsetzte. Die Veräußerungskosten berücksichtigte der Beklagte dabei in Höhe von 17.640,00 € (vgl. Aufstellung Akte "§ 17-Änd. 2005" Bl. 121). Die Berücksichtigung des darüber hinausgehenden Verlustes lehnte der Beklagte mangels Vorlage der erforderlichen Nachweise ab, so auch die von den Klägern bei den Veräußerungskosten geltend gemachte Zahlung an die F in Höhe von 4.000,00 €.

    III.

    1. Hiergegen legten die Kläger mit Schreiben vom 08.12.2010 Einspruch ein.

    2. Mit Einspruchsentscheidung vom 09.01.2013 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2005 auf 0,00 € herab und wies den Einspruch "gegen die teilweise Ablehnung eines Antrages auf Änderung der Einkommensteuer für 2005 vom 25.05.2009 in Gestalt des geänderten Einkommensteuerbescheides für 2005 vom 23.11.2010" im Übrigen als unbegründet zurück. Bei der Berechnung des Veräußerungsverlustes sei neben dem vereinbarten Preis von 7.201,00 € auch die Verpflichtung der Käufer zur Übernahme der Verbindlichkeiten in Höhe von 66.893,97 € als Gegenleistung und damit als Veräußerungspreis zu berücksichtigen. Die behauptete Nichtzahlung des Kaufpreises sei nicht nachgewiesen worden. Dass die M-GmbH nach der Veräußerung fortgeführt worden sei, spreche dafür, dass der Geschäftsanteil seinerzeit nicht wertlos gewesen sei. Der erzielte Veräußerungspreis unterliege dem Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG, sodass auf den Veräußerungsverlust insgesamt das Halbabzugsverbot gemäß § 3c Abs. 2 EStG anwendbar sei. Danach ergebe sich folgender Veräußerungsverlust:

    Stammkapital 26.000,00 €
    Veräußerungskosten 17.640,00 €
    eigenkapitalersetzende Darlehen 295.730,07 €
    abzgl. Übernahme Verbindlichkeiten 66.893,97 €
    abzgl. Kaufpreis Beteiligung 1,00 €
    abzgl. Kaufpreis Gesellschafterdarlehen 7.200,00 €
    = Veräußerungsverlust 265.275,00 €
    Halbabzugsverbot 132.638,00 €

    Den verbleibenden Verlustvortrag stellte der Beklagte mit Bescheid vom 08.03.2013 zum 31.12.2005 auf 28.196,00 € fest.

    IV.

    Gegen die "Ablehnung des Antrages auf Änderung des Bescheides über Einkommensteuer 2005 vom 29.05.2009" haben die Kläger am 11.02.2013 unter Beifügung der Einspruchsentscheidung nebst Anlage Klage erhoben.

    Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 12.12.2013 eine Teilabhilfe dahingehend zugesagt, dass die nach dem Kaufvertrag bei der M-GmbH verbliebenen Verbindlichkeiten in Höhe von 66.893,97 € nicht mehr als Veräußerungspreis berücksichtigt und der Veräußerungsverlust um 33.447,00 € höher auf 61.643,00 € festgestellt werden sollte.

    Mit Schriftsatz vom 08.03.2013 haben die Kläger vorgetragen, die Klage sei gegen den Einkommensteuerbescheid zu richten, obwohl die Einkommensteuer mit der Einspruchsentscheidung auf 0,00 € herabgesetzt worden sei. Denn nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG wirke der Einkommensteuerbescheid für den Verlustfeststellungsbescheid wie ein Grundlagenbescheid. Dies gelte gemäß § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG auch für den hier erstmals im Jahr 2013 festzustellenden Verlust.

    Ferner tragen die Kläger zur Begründung der Klage vor:

    Das Halbabzugsverbot nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG sei auf den streitgegenständlichen Veräußerungsverlust nicht anzuwenden, weil dem Kläger aus der Beteiligung an der M-GmbH keine Einnahmen zugeflossen seien. Der Kaufpreis in Höhe von 1,00 € sei wegen der Wertlosigkeit der Beteiligung lediglich symbolischer Natur gewesen und nicht als Gegenleistung anzusehen.

    Ebenso wenig sei der Veräußerungspreis für die Darlehensforderung eine Einnahme i. S. des § 3c Abs. 2 EStG. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 18.04.2012 X R 5/10) unterlägen Substanzverluste von im Betriebsvermögen gehaltenen Gesellschafterdarlehen aufgrund von Wertminderungen, wie sie durch Teilwertabschreibungen abgebildet würden, mangels wirtschaftlichen Zusammenhangs mit nach § 3 Nr. 40 EStG hälftig steuerbefreiten Beteiligungserträgen nicht dem Abzugsverbot des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG, und zwar unabhängig von der Frage der Fremdüblichkeit der Darlehensüberlassung und einer etwaigen Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Denn bei der Beteiligung und dem Gesellschafterdarlehen handele es sich um zwei eigenständige Wirtschaftsgüter. Dies müsse umgekehrt auch bei der Frage gelten, ob der Ausfall eines eigenkapitalersetzenden Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten dem Halbabzugsverbot unterliegen könne.

    Für die Darlehensforderung sei ein Kaufpreis von 7.200,00 € vereinbart worden, weil er, der Kläger, der M-GmbH eine Mietkaution in dieser Höhe zur Verfügung gestellt habe, die als werthaltige Position im Vermögen der M-GmbH noch vorhanden gewesen sei (vgl. Schreiben der Rechtsanwälte G/H vom 01.11.2005, Anlage zum Schriftsatz der Kläger vom 06.06.2013, FGA Anlagenband). Obwohl es noch weitere werthaltige Aktivposten gegeben habe, hätten die Vertragsparteien für die Bemessung des Kaufpreises genau den Wert der Kaution abgebildet. Die verkaufte Mietkaution stehe aber nicht in Zusammenhang mit dem Halbeinkünfteverfahren zuzuordnenden Einnahmen. Denn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise hätte er, der Kläger, gegen den Vermieter einen Anspruch auf Rückzahlung der Kaution gehabt. Die wirtschaftliche Übertragung der Kaution auf die Käufer sei nicht anders zu behandeln, als habe er, der Kläger, eine Sicherheit gestellt und sei dann beim Verkauf nicht aus dieser Sicherheit in Anspruch genommen worden.

    Wegen der den Kaufpreis für das Darlehen übersteigenden und mit diesem verrechneten Verbindlichkeiten der M-GmbH, die er habe übernehmen müssen, habe er zudem im wirtschaftlichen Ergebnis nicht eine Forderung erworben und eine Verbindlichkeit in übersteigender Höhe begründet, sondern er habe nichts für Beteiligung und Darlehen erhalten. Hätten die Parteien alle Tatsachen von vornherein bedacht, hätten sie sich auf einen Kaufpreis von Null geeinigt. Eine Auswirkung auf die Beteiligungseinkünfte ergebe sich mithin nicht.

    Eine Zuordnung des Kaufpreises zum Darlehen sei zivilrechtlich möglich und steuerlich anzuerkennen. Die Frage der Anwendbarkeit des Halbeinkünfteverfahrens habe sich bei Abschluss des Kaufvertrages noch nicht gestellt. Die Thematik sei erst mit der BFH-Rechtsprechung aus dem Jahr 2009 bekannt geworden.

    Darüber hinaus sei das Halbabzugsverbot nur bei der Erzielung steuerbarer Einnahmen anzuwenden. Gewinne aus der Veräußerung von Kapitalforderungen seien nach der im Streitjahr geltenden Fassung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG (vor Einführung des § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG durch das Unternehmenssteuerreformgesetz 2008) aber nicht steuerbar gewesen.

    Da der Kaufpreis für die Darlehen in Höhe von 7.200,00 € nicht steuerbar sei, sei er von den nachträglichen Anschaffungskosten, den gewährten Darlehen, auch nicht abzuziehen.

    Der zusätzlich zu berücksichtigende Verlust sei somit wie folgt zu ermitteln:

    Stammkapital 26.000,00 €
    zzgl. Veräußerungskosten 17.640,00 €
    zzgl. eigenkapitalersetzende Darlehen 295.730,00 €
    abzgl. Veräußerungspreis 1,00 €
    = Veräußerungsverlust 339.369,00 €
    abzgl. anerkannter Verlust 166.085,00 €
    = zusätzlicher Verlust 173.284,00 €

    Für den Fall, dass die eigenkapitalersetzenden Darlehen doch um den Kaufpreis von 7.200,00 € zu mindern seien, würden hilfsweise folgende zusätzliche Veräußerungskosten in entsprechender Höhe geltend gemacht:

    Zum einen sei er, der Kläger, in Höhe von 3.654,54 € für den Nettolohn der Angestellten der M-GmbH für den Monat September 2005 aufgekommen. Dies ergebe sich aus der Abrechnung der Käufer vom 15.08.2006 über die Verrechnung der Mietkaution (oben I.4.). Zum anderen ergebe sich aus dem Kontoauszug der F und der handschriftlichen Berechnung hierauf (vgl. Anlage zum Schreiben der Kläger an den Beklagten vom 31.05.2010, Akte "§ 17-Änd. 2005" Bl. 101 f., 115), dass er, der Kläger, 4.000,00 € an die F gezahlt habe. Diese Zahlungen erhöhten als rückwirkende Ereignisse den Veräußerungsverlust.

    Die Kläger beantragen,
    den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23.11.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.01.2013 zu verpflichten, den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2005 vom 08.03.2013 in Gestalt der Änderungszusage vom 12.12.2013 dahin zu ändern, dass der festgestellte Verlustvortrag um 173.284,00 € auf 234.927,00 € erhöht wird.

    Der Beklagte beantragt,
    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte nimmt zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung Bezug, die dahingehend zu verstehen sei, dass hiermit auch der Antrag auf Verlustfeststellung zurückgewiesen worden sei.
    Der von den Klägern gezogene Umkehrschluss aus dem BFH-Urteil vom 18.04.2012 (X R 5/10) sei nicht möglich. Der BFH stelle in dieser Entscheidung vielmehr ausdrücklich fest, dass bei Beteiligungen im Privatvermögen i. S. des § 17 EStG Wertminderungen eigenkapitalersetzender Darlehen zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung führen könnten, die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG nur hälftig zu berücksichtigen seien.

    Wie die Kläger selbst vortrügen, sei der Kaufpreis für den vorhandenen Vermögenswert, die Kautionsforderung, bezahlt worden. § 4 Nr. 4 des Kaufvertrages sei daher so auszulegen, dass diese Gegenleistung entsprechend der Überschrift des § 4 als Kaufpreis für den Geschäftsanteil zu verstehen sei. Eine Gegenleistung für ein Darlehen entspreche nicht dem nach dem Vortrag der Kläger Gewollten.

    Hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Zahlung der Nettolöhne für September 2005 als Veräußerungskosten sei nicht ersichtlich, dass diese nicht bereits anerkannt worden seien. In Bezug auf die behauptete Zahlung an die F habe der Kläger nicht nachgewiesen, dass er diese Aufwendungen tatsächlich getragen habe.

    Im Erörterungstermin vom 30.05.2013 hat das Gericht eine Beweisaufnahme durchgeführt durch Zeugenvernehmung der Käufer C und D. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und des weiteren Verlaufs des Erörterungstermins wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (FGA Bl. 37 ff.). Ebenfalls Bezug genommen wird auf die schriftliche Ergänzung der Zeugenaussage durch den Zeugen D mit Schreiben vom 12.08.2013 nebst Anlage (FGA Bl. 57 f.) und auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2013 (FGA Bl. 87 ff.).

    Dem Gericht haben je ein Band Einkommensteuer- und Rechtsbehelfsakten sowie ein Band Akten "§ 17 - Änd. 2005" (St.-Nr. .../.../...) vorgelegen.

    B. Entscheidungsgründe

    Die Klage ist zulässig und begründet.

    I.

    Die Klage ist zulässig.

    1. Die Klage ist auf Verpflichtung des Beklagten zur Änderung des nach Erlass der Einspruchsentscheidung und Klageerhebung ergangenen Verlustfeststellungsbescheides vom 08.03.2013 in Gestalt der Änderungszusage vom 12.12.2013 gerichtet.

    2. Der Umstand, dass die Kläger nach dem Wortlaut der am 08.02.2013 bei Gericht eingegangenen Klageschrift und des Schriftsatzes vom 08.03.2013 die Verpflichtung des Beklagten zur Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2005 begehrt haben, führt nicht dazu, dass mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Verpflichtungsantrag bzgl. des Verlustfeststellungsbescheides eine Klageänderung gemäß § 67 Finanzgerichtsordnung (FGO) verbunden und das neue Klagebegehren mangels Einhaltung der Klagefrist (§ 47 Abs. 1 Satz 1 FGO) unzulässig wäre.

    a) aa) Eine Klageänderung i. S. des § 67 FGO ist die Änderung des Streitgegenstands. Sie liegt vor, wenn mit der Verpflichtungsklage der Erlass oder die Änderung eines anderen Verwaltungsaktes begehrt wird als zunächst angegeben (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 67 FGO Rz. 2).

    bb) Bei der Ermittlung des Klagebegehrens ist das Gericht an die Fassung der Anträge nicht gebunden (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Prozesserklärungen sind in entsprechender Anwendung des § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) so auszulegen, dass der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z. B. BFH-Beschluss vom 24.07.2012 XI B 87/11, BFH/NV 2012, 1981; BFH-Urteil vom 27.11.2008 IV R 16/06, BFH/NV 2009, 783, jeweils m. w. N.). Dabei können auch außerhalb der Erklärung liegende weitere Umstände berücksichtigt werden. Auf die Wortwahl und die Bezeichnung kommt es nicht entscheidend an, sondern auf den gesamten Inhalt der Willenserklärung (BFH-Beschluss vom 31.07.2013 V B 66/12, juris). Die Auslegung einer Prozesserklärung darf aber nicht zur Annahme eines Erklärungsinhalts führen, für den sich in der (verkörperten) Erklärung selbst keine Anhaltspunkte mehr finden lassen (BFH-Beschluss vom 29.12.2008 X B 153/08, juris).

    cc) Im Zweifel ist als gewollt anzunehmen, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Erklärenden entspricht (BFH-Urteil vom 01.04.2009 IX R 5/08, BFH/NV 2009, 1081). Die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger von einem Rechtsanwalt oder Steuerberater vertreten wird, schließt eine Rechtsschutz gewährende Auslegung nicht aus (BFH-Beschluss vom 19.07.2005 XI B 206/04, BFH/NV 2006, 68, m. w. N.). Nur wenn die Prozesserklärung klar und eindeutig ist und offensichtlich dem bekundeten Willen des Beteiligten entspricht, besteht grundsätzlich kein Raum für eine gegenteilige Auslegung (BFH-Beschluss vom 31.07.2013 V B 66/12, juris). Ein offenkundiges Versehen bei der Bezeichnung des anzufechtenden Verwaltungsakts, das der Adressat der Verfahrenserklärung als Versehen hätte erkennen können, ist für die Bestimmung des Erklärungsinhalts auch dann irrelevant, wenn es auf einem Rechtsirrtum beruht (BFH-Beschluss vom 02.11.2004 X B 59/04, BFH/NV 2005, 209).

    b) Der recht verstandenen Interessenlage der Kläger entspricht es, eine Verpflichtungsklage bzgl. des Verlustfeststellungsbescheides zu erheben.

    aa) Die Anfechtung eines Einkommensteuerbescheides, in dem die Steuer auf 0,00 € festgesetzt wurde, ist mangels Beschwer (§ 40 Abs. 2 FGO) grundsätzlich unzulässig (BFH-Beschluss vom 23.02.2007 VIII B 106/06, BFH/NV, 1164; BFH-Urteil vom 15.02.2001 III R 10/99, BFH/NV 2001, 1125).

    bb) Ausnahmsweise kann zwar auch ein auf null lautender Steuerbescheid eine Beschwer enthalten, so wenn eine hierin enthaltene Besteuerungsgrundlage für ein anderes Verfahren bindend ist (Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 40 FGO Rz. 58).

    Nach § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 2010 vom 08.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) kommt dem Einkommensteuerbescheid zwar die Wirkung eines Grundlagenbescheides entsprechend § 171 Abs. 10 AO mit Bindungswirkung für den Verlustfeststellungsbescheid auf den Schluss desselben Veranlagungszeitraums entsprechend § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu. Jedoch ist diese Vorschrift gemäß § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG erstmals anwendbar auf Verluste, für die nach dem 13.12.2010 eine Feststellungserklärung abgegeben wurde. Vorliegend haben die Kläger den streitgegenständlichen Verlust aber bereits mit dem Antrag vom 29.05.2009 erklärt (oben A.II.2.).

    c) Das Interesse der Kläger ergibt sich trotz des abweichenden Wortlauts mit hinreichender Klarheit aus der Klageschrift.

    aa) Ein für die Auslegung unbeachtlicher Rechtsirrtum kann nach der Rechtsprechung des BFH, der der erkennende Senat folgt, insbesondere dann vorliegen, wenn ein Rechtsbehelf nach seinem Wortlaut gegen einen auf null lautenden Steuerbescheid gerichtet ist, sich aus dem Vorbringen des (auch rechtskundig vertretenen) Steuerpflichtigen aber ergibt, dass er die Anerkennung weiterer Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben und damit den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides begehrt (BFH-Beschluss vom 06.07.2005 XI B 45/03, BFH/NV 2005, 2029).

    bb) So verhält es sich im Streitfall. Aus der der Klageschrift beigefügten Einspruchsentscheidung wird deutlich, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes gemäß § 17 EStG in Höhe von 132.638,00 € auf 0,00 € festgesetzt wurde und die Kläger die Berücksichtigung eines darüber hinausgehenden Verlustes begehren. Die Ausführungen der Kläger dazu, dass dem Einkommensteuerbescheid die Wirkung eines Grundlagenbescheides zukomme, beruhen ersichtlich auf einem Rechtsirrtum und ändern nichts daran, dass das eigentliche Klagebegehren, die Änderung des Verlustfeststellungsbescheides, von Anfang an hinreichend deutlich zum Ausdruck kam.

    2. Das Vorverfahren ist erfolglos geblieben (§ 44 Abs. 1 FGO).

    Das Schreiben der Kläger vom 29.05.2009 (oben A.II.2.) beinhaltet bei rechtsschutzgewährender Auslegung (s. oben 1.a.cc)) den Antrag auf Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides. Diesen Antrag lehnte der Beklagte im Änderungsbescheid vom 23.11.2010 (oben A.II.3.) ab. Der Einspruch der Kläger vom 08.12.2010 (oben A.III.1.) ist wiederum so auszulegen, dass er sich gegen die Ablehnung der Verlustfeststellung richtet. Den so verstandenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 09.01.2013 (oben A.III.2.) als zum Teil unbegründet zurück. Zwar ist als Gegenstand der Entscheidung die "teilweise Ablehnung eines Antrages auf Änderung der Einkommensteuer für 2005" bezeichnet. Nach dem Vortrag des Beklagten soll die Entscheidung aber dahin zu verstehen sein, dass im Übrigen auch der Antrag auf Verlustfeststellung zurückgewiesen wurde. Dies haben die Kläger auch so aufgefasst.

    II.

    Die Klage hat in der Sache Erfolg. Die Ablehnung der weitergehenden Verlustberücksichtigung ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 101 FGO). Der Beklagte ist zur Feststellung eines Verlustes aus der Veräußerung der Geschäftsanteile an der M-GmbH in der tenorierten Höhe verpflichtet.

    Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn oder Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft zu mindestens 1 % unmittelbar oder mittelbar beteiligt war.

    1. Der Kläger war innerhalb der fünf Jahre vor der Veräußerung der Geschäftsanteile zunächst zu 50 und später zu 100 v. H. an der M-GmbH beteiligt.

    2. Ein Veräußerungsverlust i. S. von § 17 Abs. 1 und 2 EStG ist der Betrag, um den die Veräußerungskosten und die Anschaffungskosten den Veräußerungspreis übersteigen. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) zählt auch der Verlust eigenkapitalersetzender Darlehen oder anderer Finanzierungshilfen (BFH-Urteil vom 04.03.2008 I X R 80/06, BFHE 220, 451, BStBl II 2008, 577).

    a) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass sich der Veräußerungspreis auf 1,00 € belief und dass der Kläger der M-GmbH eigenkapitalersetzende Darlehen in Höhe von 295.730,07 € gewährt hatte. Ebenfalls unstreitig ist der bei den nachträglichen Anschaffungskosten zu berücksichtigende Verlust des Stammkapitals (26.000,00 €).

    b) Des Weiteren ist unstreitig, dass der Kaufpreis für die von den Käufern übernommenen Gesellschafterdarlehen in Höhe von 7.200,00 € durch Verrechnung mit den vom Kläger zu tragenden Verbindlichkeiten erfüllt wurde (oben A.I.4.). Unabhängig davon, ob dieser Betrag steuerbar ist oder nicht (dazu unten unter 3.b)dd)ccc)), haben sich durch die Erfüllung dieser Forderung die nachträglichen Anschaffungskosten des Klägers in entsprechender Höhe gemindert. Der Sachverhalt ist nicht anders zu beurteilen, als wenn die Darlehensforderung des Klägers vor Abtretung an die Käufer in dieser Höhe erfüllt worden wäre.

    c) Der Beklagte hat in der Änderungszusage vom 12.12.2013 Veräußerungskosten in Höhe von 17.640,00 € berücksichtigt. Da die Vergütung für die Abtretung der Darlehensforderungen nach Auffassung des erkennenden Senats die nachträglichen Anschaffungskosten mindert (s. oben b)), ist über die von den Klägern hilfsweise geltend gemachten zusätzlichen Veräußerungskosten zu entscheiden.

    aa) Ein Veräußerungsgewinn oder -verlust gemäß § 17 EStG ist auf den Zeitpunkt der Veräußerung zu ermitteln. Entstehen hierbei zu berücksichtigende Anschaffungs- oder Veräußerungskosten erst nach der Veräußerung, wirkt dies auf den Stichtag der Ermittlung des Veräußerungsverlustes zurück. Auf die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO kommt es dabei nicht an, wenn die rückwirkenden Ereignisse bei Erlass des Einkommensteuer- oder Verlustfeststellungsbescheides für das Jahr der Veräußerung bereits hätten berücksichtigt werden können (Urteil des FG-Baden-Württemberg vom 26.05.2008 8 K 232/04, EFG 2008, 1258). Anschaffungs- und Veräußerungskosten entstehen nicht erst im Zeitpunkt des Abflusses, sondern mit Bestehen der Schuld (BFH-Urteil vom 03.06.1993 VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 17 Rz. 131 m. w. N.).

    bb) Dass der Kläger aufgrund der Verpflichtung aus § 6 Abs. 2 Buchst. e des Kaufvertrages die Lohnauszahlung für September 2005 in Höhe von 3.654,54 € getragen hat, ergibt sich unmittelbar aus der Verrechnung der Käufer vom 15.08.2006 (oben A.I.4.). Diese Kosten sind in den vom Beklagten berücksichtigten Veräußerungskosten (oben A.II.3.) noch nicht enthalten. Bei Erlass des Verlustfeststellungsbescheides vom 08.03.2013 waren diese Kosten entstanden und hätten berücksichtigt werden können.

    cc) Ebenfalls nicht in den vom Beklagten berücksichtigten Veräußerungskosten enthalten ist die vom Kläger übernommene Verbindlichkeit gegenüber der F in Höhe von 4.000,00 €. Aus dem handschriftlichen Vermerk der Erwerber auf dem Kontoauszug der F (Akte "§ 17-Änd. 2005" Bl. 115) ergibt sich, dass der Kläger diese Verbindlichkeit - jedenfalls im Innenverhältnis zu den Erwerbern - übernommen hat. Da Veräußerungskosten, wie dargelegt, mit Entstehen der Schuld entstehen, kommt es auf die vom Beklagten bezweifelte Bezahlung dieser Schuld durch den Kläger nicht an. Anhaltspunkte dafür, dass die Schuld anders als durch Erfüllung erloschen sein könnte, gibt es im Übrigen nicht.

    dd) Die Kläger haben die Geltendmachung dieser zusätzlichen Veräußerungskosten betragsmäßig auf 7.200,00 € beschränkt. Das Gericht kann über den Klageantrag nicht hinausgehen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO).

    d) Der zusätzlich zu berücksichtigende Veräußerungsverlust beläuft sich somit auf:

    Veräußerungspreis 1,00 €
    abzgl. Stammkapital 26.000,00 €
    abzgl. Veräußerungskosten
    vom Beklagten anerkannt 17.640,00 €
    zusätzlich 7.200,00 €
    24.840,00 €
    abzgl. eigenkapitalersetzende Darlehen
    295.730,00 €
    abzgl. Vergütung 7.200,00 €
    288.530,00 €
    = Veräußerungsverlust 339.369,00 €
    bereits anerkannt 166.085,00 €
    zusätzlich zu berücksichtigen 173.284,00 €

    3. Der Veräußerungsverlust ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur zur Hälfte, sondern in voller Höhe zu berücksichtigen, weil das Halbeinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG und das Halbabzugsverbot nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG, jeweils in der Fassung vom 19.10.2002 (BGBl I 2002, 4210), nicht anwendbar sind.

    a) aa) Gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG a. F. ist die Hälfte des Veräußerungspreises i. S. von § 17 Abs. 2 EStG steuerfrei. Die hiermit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Aufwendungen sind nur zur Hälfte abzuziehen; denn nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG a. F. dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den § 3 Nr. 40 EStG a. F. zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zur Hälfte abgezogen werden. Bei steuerfreien Einnahmen soll kein doppelter steuerlicher Vorteil durch den zusätzlichen Abzug von unmittelbar mit diesen Einnahmen zusammenhängenden Aufwendungen erzielt werden (BFH-Urteil vom 06.07.2005 XI R 61/04, BFHE 210, 332, BStBl II 2006, 163).

    bb) Fallen allerdings keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen an, kommt eine hälftige Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG a. F. nicht in Betracht. Folgerichtig tritt die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG a. F. maßgebende Bedingung dafür, entsprechenden Aufwand nur zur Hälfte zu berücksichtigen, nicht ein. Denn dieser steht nicht - wie dies § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG a. F. schon dem Wortlaut nach für die hälftige Kürzung verlangt - in wirtschaftlichem Zusammenhang mit lediglich zur Hälfte anzusetzenden Einnahmen. Fließen keine Einnahmen zu, kommt § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG a. F. nicht zur Anwendung; mithin ist der Erwerbsaufwand in vollem Umfang abziehbar. Dies entspricht dem Gesetzeszweck des Halbabzugsverbots, eine Doppelbegünstigung auszuschließen (BFH-Urteile vom 06.04.2011 IX R 40/10, BFHE 233, 442, BStBl II 2011, 785; vom 25.06.2009 IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220).

    cc) Zwar hat der Gesetzgeber - in Reaktion auf diese Rechtsprechung (vgl. BTDrucks 17/2249, S. 50) - durch das Jahressteuergesetz 2010 vom 08.10.2010 (BGBl I 2010, 1768) in § 3c Abs. 2 EStG einen neuen Satz 2 eingefügt, wonach für die Anwendung des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG die Absicht zur Erzielung von Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen i. S. des § 3 Nr. 40 EStG ausreichend ist. Er hat jedoch in § 52 Abs. 8a EStG zugleich ausdrücklich angeordnet, dass diese Regelung erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2011 anzuwenden ist. Für die Veranlagungszeiträume bis 2010 hat die dargestellte Rechtsprechung danach weiterhin Geltung (BFH-Urteil vom 28.02.2013 IV R 49/11, BFHE 240, 333, DStR 2013, 953).

    dd) Werden durch die Beteiligung zwar keine laufenden Einnahmen erzielt, aber bei der Anteilsveräußerung veräußerungsbedingte Einnahmen (in Form eines Veräußerungspreises), sind Halbeinkünfteverfahren und Halbabzugsverbot indes anzuwenden (BFH-Urteil vom 06.04.2011 IX R 40/10, BFHE 233, 442, BStBl II 2011, 785).

    ee) Veräußerungsbedingte Einnahmen liegen jedoch nicht vor, wenn objektiv wertlose Anteile aus buchungstechnischen Gründen zu einem symbolischen Kaufpreis (z. B. von 1,00 €) veräußert werden. Vom bloß symbolisch angesetzten Kaufpreis zu unterscheiden sind Fälle, in denen Veräußerungseinnahmen erzielt werden, auch wenn diese von geringer Höhe sind, und der Veräußerer insgesamt einen Verlust erleidet. Hier sind Halbeinkünfteverfahren und Halbabzugsverbot anzuwenden (BFH-Urteile vom 06.04.2011 IX R 61/10, BFHE 233, 446; vom 06.04.2011 IX R 40/10, BFHE 233, 442, BStBl II 2011, 785).

    ff) Diese typisierende Verknüpfung ist verfassungsgemäß (BFH-Urteil vom 19. Juni 2007 VIII R 69/05, BFHE 218, 251, BStBl II 2008, 551), und zwar auch mit Blick auf die systematische Grundentscheidung des Halbeinkünfteverfahrens, Veräußerungsvorgänge den laufenden Gewinnausschüttungen gleichzustellen (BFH-Urteil vom 06.04.2011 IX R 40/10, BFHE 233, 442, BStBl II 2011, 785).

    b) Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergibt, dass der Kläger aus den Geschäftsanteilen an der M-GmbH weder laufende noch veräußerungsbedingte Einnahmen erzielt hat.

    aa) Dass der Kläger aus der Beteiligung an der M-GmbH keine laufenden Einkünfte erzielt hat, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

    bb) Zwischen den Beteiligten ist ebenfalls unstreitig, dass der vereinbarte Preis in Höhe von 1,00 € für die Geschäftsanteile an der M-GmbH wegen der Überschuldung der M-GmbH und der Wertlosigkeit der Anteile lediglich symbolischen Charakter hatte.

    cc) Der Umstand, dass die M-GmbH im Zeitpunkt der Veräußerung der Geschäftsanteile Verbindlichkeiten in Höhe von 66.893,97 € hatte, die der Kläger nicht übernahm, führt ebenso wenig zur Annahme eines Veräußerungspreises. Denn der Kläger haftete für diese Verbindlichkeiten nicht persönlich und wurde durch die Regelung in § 6 Abs. 2 Buchst. e des Kaufvertrages nicht von eigenen Verbindlichkeiten befreit.

    dd) Aber auch der nach § 4 Abs. 4 des Kaufvertrages (oben A.I.2.) vereinbarte Preis von 7.200,00 € ist keine veräußerungsbedingte Einnahme im dargelegten Sinne.

    aaa) Dem Halbeinkünfteverfahren unterliegt gemäß § 3 Nr. 40 Buchst. c EStG a. F. der Veräußerungspreis i. S. des § 17 Abs. 2 EStG. Der Veräußerungspreis umfasst alles, was der Veräußerer vom Erwerber als Gegenleistung für die Anteile erhält (BFH-Urteile vom 20.07.2010 IX R 45/09, BFHE 230, 380, BStBl II 2010, 969; vom 07.03.1995 VIII R 29/93, BFHE 178, 116, BStBl II 1995, 693; FG Hamburg, Urteil vom 21.02.2013 3 K 69/12, juris). Nicht Teil des Veräußerungspreises ist etwa das Entgelt für einen zusammen mit den Anteilen abgetretenen, durch Ausschüttungsbeschluss bereits entstandenen Gewinnauszahlungsanspruch (Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 32. Aufl., § 17 Rz. 135).

    bbb) Der Preis von 7.200,00 € wurde nicht als Entgelt für die Übertragung der Geschäftsanteile vereinbart, sondern als Gegenleistung für die Abtretung der Darlehensforderungen des Klägers gegenüber der M-GmbH, und ist deshalb nicht Teil des Veräußerungspreises.

    (1) Auch wenn die Vereinbarung über die Zahlung von 7.200,00 € im Kaufvertrag (oben A.I.3.) unter der Überschrift "§ 4 Kaufpreis" getroffen wurde, ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Absatzes 4 dieser Vereinbarung, dass die Zahlung eine Gegenleistung (nur) für die Abtretung der Darlehensforderungen an die Käufer sein sollte und nicht im Synallagma zu der Geschäftsanteilsübertragung steht.

    (2) Der Umstand, dass dieses Entgelt aus Anlass der Anteilsveräußerung und in derselben Vertragsurkunde vereinbart wurde, genügt für die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens und Halbabzugsverbots nicht. Wie dargelegt (oben aaa)), zählt etwa auch das Entgelt für einen zusammen mit den Anteilen abgetretenen Gewinnauszahlungsanspruch nicht zum Veräußerungspreis für die Anteile.

    (3) Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Erwägung, dass die Vertragsparteien mit einer entsprechenden Begründung einen Veräußerungspreis in gleicher Höhe für die Geschäftsanteile hätten vereinbaren können, weil kein zwingender Grund dafür bestand, den in der Mietkaution verkörperten Wert den Darlehensforderungen statt den Geschäftsanteilen zuzuordnen. Zivilrechtlich stand es den Vertragsparteien frei, eine Vergütung nur für die Darlehensforderungen zu vereinbaren. Anhaltspunkte dafür, dass die Vereinbarung nur zum Schein getroffen worden und eigentlich eine Vergütung für die Geschäftsanteile gewollt gewesen wäre (§ 41 Abs. 2 Satz 2 AO), gibt es nicht.

    (4) Ebenso wenig liegt ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 42 Abs. 2 AO vor. Die Vereinbarung einer Vergütung für Darlehensforderungen ist gegenüber einer Vergütung für Geschäftsanteile keine unangemessene rechtliche Gestaltung. In wirtschaftlicher Hinsicht lag es sogar näher, den Anspruch der M-GmbH auf Rückgewähr der Kaution nach Beendigung des Mietverhältnisses als Vermögenswert den Darlehensforderungen des Klägers zuzuordnen als dem Wert des Geschäftsanteils, weil der Kläger der M-GmbH die Kaution darlehensweise zur Verfügung gestellt hatte. Schließlich hätte sich der Kläger vor der Veräußerung der Geschäftsanteile und der Darlehensforderungen die Rückzahlungsforderung der M-GmbH bzgl. der Mietkaution mit demselben wirtschaftlichen Ergebnis auch abtreten lassen können, ohne dass dies zur Anwendung des Halbabzugsverbotes geführt hätte. Im Übrigen weisen die Kläger zutreffend darauf hin, dass die Rechtsprechung des BFH zur Nichtanwendung des Halbabzugsverbotes bei einnahmelosen Beteiligungen (s. oben a)bb)) im Streitjahr noch nicht existierte, sodass in steuerlicher Hinsicht keine Veranlassung bestand, die Vergütung den Darlehensforderungen statt den Geschäftsanteilen zuzuordnen.

    ccc) Da die Vergütung von 7.200,00 € für die Abtretung der Darlehensforderungen gezahlt wurde, ist die Anwendung des Halbabzugsverbotes nach dem Sinn und Zweck der Regelung nicht geboten. Der Gesetzeszweck des Halbabzugsverbots, eine Doppelbegünstigung auszuschließen, gebietet dessen Anwendung, wie dargelegt, nur, wenn dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende Einnahmen erzielt werden.

    Die vereinbarte Vergütung für die Darlehensforderungen ist jedoch nicht steuerbar und unterliegt deshalb nicht dem Halbeinkünfteverfahren. Denn die Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i. d. F. vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912), wonach zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung sonstiger Kapitalforderungen jeder Art i. S. des Abs. 1 Nr. 7 gehört, ist gemäß § 52a Abs. 10 Satz 6 EStG erstmals auf nach dem 31.12.2008 zufließende Kapitalerträge aus der Veräußerung sonstiger Kapitalforderungen anzuwenden. Von der im Streitjahr 2005 geltenden Regelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG waren Einnahmen aus der Veräußerung einfacher Kapitalforderungen hingegen nur insoweit erfasst, als sie verborgene Nutzungserträge enthielten (FG Köln, Urteil vom 16.05.2012 10 K 712/10, EFG 2012, 1743; Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 26. Aufl., § 20 Rz. 182). Da Darlehenszinsen nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) aber ebenfalls nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlagen, sondern in voller Höhe steuerpflichtig waren, kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob in der nach der vom Kläger gestellten Mietkaution bemessenen Vergütung für die vom Kläger abgetretenen Darlehensforderungen ein Zinsanteil enthalten war oder nicht. Die Vergütung wäre ggf. z. T. nicht steuerbar und z. T. in voller Höhe steuerpflichtig gewesen, hätte aber insgesamt nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlegen.

    ddd) Schließlich steht diesem Ergebnis auch nicht das Urteil des FG Düsseldorf vom 16.05.2013 (12 K 2963/12 E, BB 2013, 2070; Revision anhängig unter IX R 19/13) entgegen. Nach dieser Entscheidung führt die Rückzahlung von Stammkapital anlässlich der Liquidation einer GmbH zu dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Buchst. c Satz 2 EStG unterliegenden Einnahmen und damit zur Anwendung des Halbabzugsverbots auf die Anschaffungskosten. Daraus folgt aber nicht, dass auch im Veräußerungsfall jede Zahlung, die der Veräußerer anlässlich der Veräußerung erhält, dem Halbeinkünfteverfahren unterläge. Die Entscheidung des FG Düsseldorf wird vielmehr auf die entsprechende Anwendung des § 3 Nr. 40 Buchst. c Satz 1 EStG auf Liquidationsfälle gestützt (nach Satz 2 der Vorschrift) und ändert nichts an dem dargelegten Verständnis des Veräußerungspreises.

    3. Der Veräußerungsverlust von 339.369,00 € ist somit in voller Höhe zu berücksichtigen. Abzüglich des bereits anerkannten Verlustes von 166.085,00 € ergibt sich ein zusätzlicher Betrag von 173.284,00 €, um den der festgestellte Verlust von 61.043,00 € zu erhöhen ist.

    III.

    1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

    3. Gründe, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen, liegen nicht vor.