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  • 17.09.2014 · IWW-Abrufnummer 142689

    Finanzgericht Köln: Beschluss vom 15.07.2014 – 15 V 778/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Köln

    15 V 778/14

    Tenor:

    Der Antrag wird abgelehnt.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

    Gründe

    I.

    Der Antragsteller hatte beim Antragsgegner am 20.9.2013 Rückstände von insgesamt 158.835,08 €. Diese setzen sich zusammen aus Umsatzsteuer für die Jahre 2007 und 2008 nebst Zinsen, fällig seit dem 12.4.2012, und Säumniszuschlägen.

    Mit Verfügung vom 20.9.2013 ordnete der Antragsgegner wegen der o.g. Rückstände gegenüber dem Antragsteller die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 284 AO an. Der Antragsteller erteilte die Vermögensauskunft schließlich am 28.11.2013 und versicherte deren Richtigkeit an Eides statt. Auf Bitten des Antragstellers verzichtete der Antragsgegner zunächst auf die Eintragung der Vermögensauskunft, da der Antragsteller sich eine Finanzierung der rückständigen Steuerschulden durch Beleihung des Objekts A bemühen wollte. Diese kam nicht zu Stande. Mit Verfügung vom 24.2.2014 ordnete der Antragsgegner sodann gemäß § 284 Abs. 9 AO die Eintragung des Antragstellers in das Schuldnerverzeichnis gemäß § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung an. Als Grund gab der Antragsgegner an, die Vollstreckung sei nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet, zu einer vollständigen Befriedigung der Forderung zu führen, wegen der die Vermögensauskunft verlangt worden sei. Weiter führte er aus, die Eintragungsanordnung werde vorbehaltlich des § 284 Abs. 10 S. 3 AO nach Ablauf eines Monats seit Zustellung dem Vollstreckungsgericht übermittelt. Die Zustellung erfolgte am 26.2.2014.

    Dagegen wandte sich der Antragsteller mit seinem Einspruch – beim Antragsgegner eingegangen am 5.3.2014 –, mit dem er zugleich einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stellte. Er begründete den Einspruch im Wesentlichen damit, dass ein Eintragungsgrund nicht vorliege. Entgegen der Annahme des Antragsgegners sei von einer Werthaltigkeit des Schuldnervermögens auszugehen, so dass eine Eintragung nicht geboten sei. Den Aussetzungsantrag begründet er darüber hinaus damit, dass eine unbillige Härte vorliege, da die Veröffentlichung in einem öffentlichen Register eine Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Existenz und der Geschäftstätigkeit besorgen lasse.

    Mit Verfügung vom 14.3.2014 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Zur Begründung verwies auf die Einspruchsentscheidung vom 13.3.2014, mit der er den o.g. Einspruch als unbegründet zurückwies.

    Darin führte der Antragsgegner zur Begründung im Wesentlichen aus, dass die Eintragungsanordnung auf § 284 Abs. 9 Nr. 2 und Nr. 3 AO gestützt werde.

    Die - vom Antragsgegner bereits beantragte - Zwangsversteigerung des Grundvermögens des Antragstellers biete keine alsbaldige Tilgung der dort gesicherten Ansprüche. Dauer und Ausgang des Verfahrens seien völlig ungewiss. Auch seien im vorliegenden Fall lediglich die Rückstände aus der Umsatzsteuer 2008 gesichert. Der Antragsteller habe das Zwangsversteigerungsverfahren zudem durch mehrere Anträge verzögert.

    Nach § 284 Abs. 9 Nr. 3 AO sei die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis anzuordnen, wenn der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft die Forderung vollständig befriedigt habe, wegen der die Vermögensauskunft verlangt worden sei. Zahlungen auf die Steuerrückstände seien jedoch nicht geleistet worden. Die sich durch die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis ergebenden Auswirkungen auf die wirtschaftliche und berufliche Existenz eines Vollstreckungsschuldners habe der Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen. Die drohende Eintragung solle zur Steigerung der Zahlungsmoral des Vollstreckungsschuldners führen; darüber hinaus stelle die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis wegen des damit verbundenen psychologischen Drucks regelmäßig das wirksamste Mittel zur Aufdeckung bisher verborgener Vermögenswerte dar. Das Ermessen sei auch nicht dadurch begrenzt, dass der Antragsteller in seiner Existenz behindert werde. Denn diese Folge sei regelmäßig mit der Eintragung ins Schuldnerverzeichnis verbunden. Auch berufsrechtliche Konsequenzen führten nicht zu einer Ermessensbeschränkung. Ansonsten würde es eine Privilegierung solcher Vollstreckungsschuldner bedeuten, die bei einer Eintragung ins Schuldnerverzeichnis derartige Konsequenzen zu befürchten hätten.

    Versuche einer Vollstreckung mit weniger belastenden Mitteln hätten nicht zum Erfolg führt. Sodann habe er – der Antragsgegner – im Rahmen seines Ermessens die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis angeordnet. Für weitere Einzelheiten der Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

    Darauf hat der Antragsteller am 21.3.2014 den vorliegenden Antrag gestellt und am 11.4.2014 Klage erhoben, die unter dem Az. 15 K 1007/14 anhängig ist. Der Antragsteller begründet seinen Antrag im Wesentlichen – u.a. wiederholend - damit, dass das vorhandene Schuldnervermögen, insbesondere das zur Versteigerung anstehende Objekt, die Forderung des Antragsgegners deutlich übersteige. Die vollständige Befriedigung der Forderungen werde eintreten, sobald die Zwangsversteigerung durchgeführt worden sei. Die vollständige Befriedigung werde also lediglich aufgeschoben. Im Übrigen sei die Antragsgegnerin deutlich übersichert. Durch die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis werde er – der Antragsteller – seiner geschäftlichen Aktivitäten beraubt, da die Eintragung ins öffentliche Schuldnerverzeichnis jegliche Kreditfähigkeit und Bonität zerstöre und er selbst Geschäftsabschlüsse im Rahmen seiner Maklertätigkeit nicht werde realisieren können. Diese wiederum stellten die einzige Möglichkeit dar, liquide Mittel zu beschaffen. Für weitere Einzelheiten der Begründung wird auf die Antragsschrift ergänzend Bezug genommen.

    Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

    die Vollziehung der Eintragungsanordnung vom 24.2.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.3.2014 bis einen Monat nach Bekanntgabe einer Entscheidung über die anhängige Klage 15 K 1007/14 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

    Der Antragsgegner beantragt,

    den Antrag abzuweisen.

    Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung. Nach wie vor seien auf die Steuerrückstände keine Zahlungen erbracht worden.

    Nach telefonischer Auskunft des Antragsgegners vom heutigen Tage sind die oben genannten Steuerrückstände unverändert offen; die Zwangsversteigerung hat bisher nicht stattgefunden. Mit Beschluss vom 15.7.2014 hat der Senat den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen.

    II.

    Der – zulässige – Antrag ist unbegründet. Die Eintragungsanordnung ist nicht von der Vollziehung auszusetzen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen.

    Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Keine dieser beiden Voraussetzungen liegt hier vor.

    1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit sind gegeben, wenn bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Frage der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen kann (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23.2.2007 IX B 222/06, BFH/NV 2007, 1351).

    a) Nach diesen zutreffenden Grundsätzen liegen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Eintragungsanordnung nicht vor. Für die Rechtmäßigkeit einer Eintragungsanordnung ist nämlich erforderlich, dass eine der Voraussetzungen des § 284 Abs. 9 S. 1 Nrn. 1-3 AO tatbestandlich vorliegt und die Vollstreckungsbehörde ihr Ermessen beim Erlass derselben fehlerfrei ausgeübt hat. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also der Einspruchsentscheidung.

    aa) Demnach kommt es hier nicht auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage an, ob die Voraussetzung des § 284 Abs. 9 S. 1 Nr. 2 AO erfüllt ist, also eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung derjenigen Forderung zu führen, wegen der die Vermögensauskunft verlangt worden ist.

    bb) Denn die Voraussetzungen für die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis gemäß § 284 Abs. 9 S. 1 Nr. 3 S. 1 AO liegen vor. Nach dieser Norm kann die Vollstreckungsbehörde die Eintragung ins Schuldnerverzeichnis anordnen, wenn der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft die Forderung vollständig befriedigt, wegen der die Vermögensauskunft verlangt worden ist. Bei der Nr. 3 des § 284 Abs. 9 S. 1 AO geht es nämlich darum, dass die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft im Ergebnis insofern erfolglos war, als sie nicht den gewünschten Druck auf den Schuldner ausgeübt hat. Zwar hat diese Auskunft dann womöglich ein Vermögen ergeben, aus dem möglicherweise die Forderung mittels Vollstreckung vollständig befriedigt werden kann. Trotzdem hat der Vollstreckungsschuldner die Forderung nicht von sich aus erfüllt (Brockmeyer in: Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 284, Rz. 45), was der Gesetzgeber vom Vollstreckungsschuldner erwartet.

    Diese tatbestandliche Voraussetzung ist vorliegend unstreitig erfüllt. Denn die Vermögensauskunft wurde wegen der rückständigen Umsatzsteuer 2006 2007 nebst Zinsen und Säumniszuschlägen angeordnet, die unstreitig weder innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft, also bis zum 23.12.2013, noch bis zum Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung – und nach telefonischer Auskunft des Antragstellers vom heutigen Tage sogar noch bis heute – nicht getilgt worden sind.

    cc) Auf der Grundlage des Vorliegens dieser tatbestandlichen Voraussetzung hat der Antragsgegner bei der Entscheidung über den Erlass der Eintragungsanordnung eine Ermessensentscheidung (§ 5 AO) zu treffen (vergleiche bereits dem Wortlaut der Norm; amtliche Begründung in der BT-Drs. 16/10069, S. 46, rechte Spalte; Brockmeyer in: Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 284, Rz. 30), die von den Gerichten nur in den von § 102 FGO gezogenen Grenzen überprüft werden kann. Nach dieser Vorschrift ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

    Dies zugrundegelegt, hat der Antragsgegner beim Erlass der Eintragungsanordnung in Gestalt der Einspruchsentscheidung von seinem Ermessen in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Zutreffend hat der Antragsgegner in seiner Einspruchsentscheidung insbesondere die Dauer und Höhe der Rückstände und die Erfolglosigkeit bisheriger Vollstreckungsmaßnahmen einschließlich der beantragten Zwangsversteigerung des unbeweglichen Vermögens abgewogen und ein Ergebnis gefunden, das nicht mit Ermessensfehler behaftet ist. Insbesondere hat der Antragsgegner zutreffend den Gesetzeszweck berücksichtigt. Eine Gefährdung der wirtschaftlichen oder persönlichen Existenz des Vollstreckungsschuldners wird nämlich vom Gesetzgeber in Kauf genommen, um das Ziel der Eintragung ins Schuldnerverzeichnis als Druckmittel zur Steigerung der Zahlungsmoral zu erreichen (Brockmeyer in: Klein, AO, 12. Aufl. 2014, § 284, Rz. 40 mit Nachweisen der Rechtsprechung zur vergleichbaren bisherigen Rechtslage zur Anordnung der eidesstattlichen Versicherung). Ein ebenfalls wichtiger, vom Antragsgegner berücksichtigter Gesichtspunkt ist zudem die Höhe der rückständigen Steuer (Brockmeyer in: Klein, AO, 12. Aufl. 2014, Rz. 41), die hier nicht unbeträchtlich ist.

    b) Die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ist schließlich nicht wegen unbilliger Härte gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO auszusetzen. Eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne dieser Vorschriften liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes Nachteile drohen, die nur schwer gutzumachen sind, oder wenn die Vollziehung zu einer Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (st. Rspr., vgl. nur BFH-Beschlüsse vom 21. Februar 1990 II B 98/89, BStBl II 1990, 510; und vom 5. März 1998 VII B 36/97, BFH/NV 1998, 1325). Einer Prüfung der Billigkeitsfrage bedarf es nicht, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach der erforderlichen summarischen Prüfung jedenfalls zurzeit offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat; denn dann ist die Aussetzung der Vollziehung in jedem Fall zu versagen (BFH-Beschluss vom 24. November 1988 IV S 1/86, BFH/NV 1990, 295 m.w.N.). Sind Zweifel nämlich fast ausgeschlossen, ist eine Aussetzung der Vollziehung selbst dann nicht zulässig, wenn die Vollziehung eine unbillige Härte zur Folge hätte (vgl. Beschluss des BFH vom 21.12.1967 V B 26/67, BFH 90, 318, BStBl II 1968, 84).

    aa) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Eintragungsanordnung liegen hier ‑ wie ausgeführt - nicht vor, so dass eine unbillige Härte bereits deshalb zu verneinen ist.

    bb) Darüber hinaus können die vom Antragsgegner angeführten Gründe der Gefährdung seiner konkreten beruflichen Existenz als Makler dem grundsätzlich vom Gesetzgeber bezweckten Druck auf alle Vollstreckungsschuldner zur freiwilligen Zahlung der Steuerrückstände (vergleiche oben) nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden.

    2. Da der Antrag abzuweisen war, folgt die Kostenentscheidung aus § 135 Abs. 1 FGO.