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  • 15.01.2015 · IWW-Abrufnummer 143649

    Verwaltungsgerichtshof Bayern: Beschluss vom 05.11.2014 – 22 ZB 14.2221

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Verwaltungsgerichtshof Bayern

    Beschl. v. 05.11.2014

    Az.: 22 ZB 14.2221

    In der Verwaltungsstreitsache
    xxxxx-xxxxxxxxx xxxxxxx,
    xxxxxxx. xx, xxxxx xxxxxxxxxxxxx,
    - xxxxxx -
    xxxxxxxxxxxxxx:
    xxxxxxxxxxxxx xxxxxx xxxx xxx xxxxxxxx,
    xxxxxxxxxxx. xx, xxxxx xxxxxxxxxxxxx,
    gegen
    Freistaat Bayern,
    vertreten durch die Landesanwaltschaft Bayern,
    Ludwigstr. 23, 80539 München,
    - Beklagter -
    wegen
    Widerrufs der Maklererlaubnis und Gewerbeuntersagung;
    hier: Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 27. August 2014,
    erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat,
    durch
    den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk,
    den Richter am Verwaltungsgerichtshof Demling,
    den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz
    ohne mündliche Verhandlung am 5. November2014
    folgenden
    Beschluss:
    Tenor:

    I.

    Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
    II.

    Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
    III.

    Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

    Gründe

    I.
    1

    Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Landratsamts Axxxxxxxxxxxx vom 30. Juli 2013. Darin wurden ihm u.a. die Erlaubnis zur Ausübung des Gewerbes "Vermittlung des Abschlusses und Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, Wohnräume, gewerbliche Räume, Vermittlung des Abschlusses und Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Verträgen über Darlehen" widerrufen (Ziffer 1 des Bescheids), ihm die Fortsetzung dieses Gewerbes untersagt (Ziffer 2) und er zur Vorlage des Erlaubnisbescheids innerhalb von zwei Wochen nach Unanfechtbarkeit des Widerrufsbescheids verpflichtet (Ziffer 3). Außerdem wurde ihm nach § 35 GewO die Ausübung des Gewerbes "Vermittlung von Bausparverträgen, Verkauf von Photovoltaikanlagen" und darüber hinaus die Ausübung aller anderen Gewerbe sowie die Tätigkeit eines Vertretungsberechtigten eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person ab sofort untersagt (Ziffer 4). Das Landratsamt stützte den Bescheid u.a. auf unterlassene bzw. verspätet abgegebene Steueranmeldungen und Steuererklärungen sowie aufgelaufene Steuerschulden des Klägers. Den Akten ist hierzu zu entnehmen:
    2

    1. Schreiben des Finanzamts Axxxxxxxxxxxx vom 19. Dezember 2011 an den Kläger:
    Rückständige Einkommensteuer des Jahres 2009 und Umsatzsteuer der Jahre 2010 und 2011 in Höhe von 12.769,04 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 14.409,54 Euro.
    Vollstreckungsaussetzung hinsichtlich der Rückstände unter der Bedingung von Teilzahlungen von monatlich 500 Euro ab dem 31. Januar 2012, pünktlicher Erfüllung der laufenden steuerlichen Erklärungs- und Anmeldungs- sowie Zahlungspflichten und Übermittlung der ausstehenden Umsatzsteuervoranmeldungen für Oktober und November 2011 bis zum 31. Dezember 2011.
    3

    2. Mitteilung des Finanzamts Axxxxxxxxxxxx vom 29. Januar 2013 an das Landratsamt:
    4

    Rückständige Einkommensteuer und Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von 21.053,40 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 25.017,17 Euro.
    Der Grundbesitz des Klägers sei mit Rechten Dritter derart belastet, dass eine Vollstreckung aussichtslos erscheine. Ratenzahlungen seien nicht eingehalten worden, die Besteuerungsgrundlagen seien für die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer des Jahres 2010 geschätzt worden. Die Jahressteuererklärung für das Jahr 2011 und die Umsatzsteuervoranmeldung für das vierte Quartal 2012 stünden aus; die letzte Zahlung des Klägers sei am 27. Juni 2012 aus einer Forderungspfändung in Höhe von 9.653,74 Euro erfolgt.
    5

    3. Mitteilung des Finanzamts Axxxxxxxxxxxx vom 17. Juni 2013 an das Landratsamt:
    Rückständige Einkommensteuer und Umsatzsteuer der Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von 23.411,94 Euro, einschließlich Nebenforderungen: insgesamt Steuerschulden von 28.409,71 Euro.
    Die Steuererklärungen bis einschließlich 2012 seien vorgelegt worden; durch die Jahressteuererklärungen der Jahre 2010 und 2011 habe sich der Rückstand erhöht; ein Antrag des Klägers auf Vollstreckungsaufschub sei abgelehnt worden, weil bei den vom Kläger angebotenen Ratenzahlungen von 250 Euro der Tilgungszeitraum voraussichtlich mehr als neun Jahre betrage und die Zahlungsvereinbarungen zuletzt vom 5. Juli 2012 bereits nicht eingehalten worden seien.
    6

    4. Mitteilung des Finanzamts Axxxxxxxxxxxx vom 26. August 2013 an den Kläger:
    Die durch seine damalige Steuerberaterin vorgenommene sachlich falsche Umsatzsteueranmeldung vom 18. Januar 2011 habe zu einer unberechtigten Erstattung an den Kläger von 20.326,95 Euro geführt, wovon rd. 14.500 Euro an ihn und 5.500 Euro an seine Steuerberaterin ausgezahlt worden seien. Ein Verschulden seiner Steuerberaterin für eine Falschangabe sei dem Kläger zuzurechnen. Aktuell betrügen die Steuerschulden 28.291 Euro.
    7

    5. Mitteilung des Finanzamts Axxxxxxxxxxxx vom 10. Oktober 2013 an das Landratsamt:
    Die Steuerschulden des Klägers seien von 14.521 Euro zum 30. Dezember 2011 über 18.535 Euro zum 31. Dezember 2012 auf 28.500 Euro zum 10. Oktober 2013 trotz Zahlungen angestiegen. Anträge auf monatliche Ratenzahlungen von 250 Euro bzw. 200 Euro seien abgelehnt worden, weil bei den vom Kläger angebotenen Ratenzahlungen der Tilgungszeitraum voraussichtlich mehr als neun Jahre betrage und bereits monatliche Säumniszuschläge von 221 Euro anfielen, die Raten also zur Rückführung der Steuerschulden nicht ausreichten.
    8

    6. Weiter enthalten die Akten eine Mitteilung der Verwaltungsgemeinschaft Sxxxxxxxxxxxx vom 7. März 2013 über Gewerbesteuerrückstände des Klägers von 9.099 Euro, zu der eine Stundungsverfügung vom 12. September 2013 mit einer Ratenzahlung von monatlich 300 Euro ab dem 15. Juli 2017 ergangen ist.
    9

    7. Weiter enthalten die Gerichtsakten eine Mitteilung des Finanzamts Axxxxxxxxxxxx vom 19. November 2013 an das Landratsamt:
    Gegenüber der letzten Stellungnahme vom 10. Oktober 2013 hätten sich keine Änderungen ergeben. Der Gesamtrückstand habe sich durch Säumniszuschläge auf insgesamt 28.948,53 Euro erhöht. Eine Zahlungsvereinbarung bestehe nicht.
    10

    Der Kläger hat gegen den Bescheid Anfechtungsklage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 27. August 2014 unter Verweis auf die aktuell auf 28.173,71 Euro bezifferten Steuerrückstände des Klägers abgewiesen hat.
    11

    Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
    12

    Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

    II.
    13

    Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) ergibt sich nicht, dass einer der geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO) vorliegt.
    14

    1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.
    15

    Solche Zweifel bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m.w.N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).
    16

    Der Kläger hat in seiner Antragsbegründung weder einen einzelnen tragenden Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts benannt und auch keine schlüssigen Gegenargumente vorgetragen, mit denen ein solcher Rechtssatz oder eine solche Tatsachenfeststellung in Frage gestellt werden könnte. Auch der übrige Vortrag des Klägers lässt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nicht hervortreten.
    17

    Sowohl der Widerruf der Maklererlaubnis des Klägers nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG i.V.m. § 34c Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GewO als auch die erweiterte Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GewO begegnen keinen durchgreifenden Bedenken. Wegen der Einzelheiten wird auf den in gleicher Sache ergangenen Beschluss über Prozesskostenhilfe verwiesen (BayVGH, B.v. 2.6.2014 - 22 C 14.738 - Rn. 14-30) und ergänzend zum Zulassungsvorbringen des Klägers ausgeführt:
    18

    a) Entgegen der Auffassung des Klägers haben der Beklagte und das Verwaltungsgericht zu Recht für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit des Klägers nicht berücksichtigt, dass er möglicherweise durch das Verschulden seiner damaligen Steuerberaterin eine unberechtigte Steuererstattung erhalten hat und sich nach Klärung der Sach- und Rechtslage einer umso höheren Steuerforderung ausgesetzt sah. Zum Einen hat die Gewerbebehörde ihre Unzuverlässigkeitsprognose nicht allein auf die Steuerrückstände gestützt, zu deren Entstehung auch seine frühere Steuerberaterin beigetragen haben mag, sondern ebenso tragend auf die Nichtzahlung derjenigen aufgelaufenen Steuerschulden abgestellt, für welche der Kläger allein verantwortlich ist. Eine Mitverursachung der wirtschaftlichen Misere des Klägers durch Fehler seiner Steuerberaterin ist schon deswegen im vorliegenden Fall gewerberechtlich nicht ausschlaggebend. Abgesehen davon sind hohe Steuerrückstände, deren Tilgung unabsehbar ist, auch dann ein Beleg für wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit und gewerberechtliche Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden, wenn er ohne eigenes Verschulden in eine solche Lage geraten ist. Denn es ist grundsätzlich unerheblich, ob den Gewerbetreibenden ein Verschulden an seiner Situation trifft und welche Ursachen zu einer Überschuldung oder wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit geführt haben (BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m.w.N.; BayVGH, B.v. 27.6.2012 - 22 ZB 12.605 - NVwZ-RR 2012, 803; BayVGH, U.v. 27.01.2014 - 22 BV 13.260 - Rn. 15 jew. m.w.N.). Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf deren Ursachen seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m.w.N.). Ein solches Konzept fehlt hier jedoch.
    19

    b) Wie ausgeführt, genügen die - erfolglosen - Bemühungen des Klägers um eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Finanzamt nicht für die Annahme einer positiven Prognose, weil ihnen kein durchdachtes und Erfolg versprechendes Sanierungskonzept zu Grunde liegt (vgl. dazu BayVGH, B.v. 2.5.2011 - 22 ZB 11.184 - NJW 2011, 2822/2823 Rn. 14 f. m.w.N.). Auch ein ernsthaftes Bemühen um eine Schuldentilgung und eine Abtretung von Forderungen gegen Dritte reichen nicht aus, um Zuverlässigkeitsbedenken auszuräumen, die in anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit wurzeln, wenn - wie hier - diese Forderungen erst noch realisiert werden müssen und die Abtretung als Surrogat die Steuerschulden nicht mindern kann.
    20

    2. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend macht, hat er nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, welche Rechtsfrage vorliegend erstens entscheidungserheblich, zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (zum Erfordernis des kumulativen Vorliegens dieser Voraussetzungen vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 35 bis 40).
    21

    Die vom Kläger aufgeworfene Frage, inwieweit von einer gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit eines Steuerschuldners wegen Steuerschulden ausgegangen werden kann, wenn diese durch das Verschulden eines Dritten - vorliegend eines Steuerberaters - entstanden sind, ist nicht klärungsbedürftig. An der Verantwortlichkeit eines Gewerbetreibenden für die Tilgung ihm zurechenbarer Steuerschulden ändert ein etwaiges Mitverschulden dritter Personen an deren Entstehung nichts, denn die Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit setzt nicht notwendig ein Verschulden des Gewerbetreibenden voraus, so dass auf die Nichtzahlung als solche die Annahme seiner wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit und damit seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit gestützt werden kann. Ebenso ist es allein seine Sache, in Zusammenarbeit mit seinen Gläubigern - wie hier dem Finanzamt - ein tragfähiges Sanierungskonzept zu entwickeln und durch pünktliche Steuerzahlung auch umzusetzen, will er die Annahme seiner gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit widerlegen und seine gewerberechtliche Zuverlässigkeit wiedererlangen (vgl. BVerwG, U.v. 2.2.1982 - 1 C 146.80 - BVerwGE 65, 1/4 m.w.N.).
    22

    Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.
    23

    Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (wie Vorinstanz).

    RechtsgebietGewOVorschriften§ 34c Abs. 1 GewO; § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO; § 35 Abs. 1 S. 1 GewO