11.04.2018 · IWW-Abrufnummer 200588
Oberlandesgericht Hamburg: Beschluss vom 08.01.2018 – 2 Ws 229/17
Der bis zum 31. Dezember 2017 in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO geregelte Ausschluss der Anfechtung gerichtlicher Entscheidungen über die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung umfasst auch nach der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Neuregelung in § 32f Abs. 3 StPO auch die Anfechtung solcher Entscheidungen durch die Staatsanwaltschaft.
Oberlandesgericht Hamburg
Beschl. v. 08.01.2018
Az.: 2 Ws 229/17
Tenor:
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung der Vorsitzenden der Großen Strafkammer 30 vom 19. Dezember 2017, den Verteidigern des Angeklagten Kopien der Audiodateien von in einer Anlage aufgeführten Aufzeichnungen abgehörter Telefongespräche zur Mitnahme auszuhändigen, wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Angeklagten in diesem entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
I.
Gegen die Angeklagten ist am 30. Oktober 2017 wegen Steuerhinterziehung Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hamburg erhoben worden. Durch Beschluss vom 18.Dezember 2017 hat die Große Strafkammer 30, bei der die Sache anhängig geworden ist, die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Mit Verfügung vom selben Tag hat die Kammervorsitzende die Hauptverhandlung für die Zeit ab dem 19. Januar 2018 anberaumt.
Bereits mit Verfügung vom 24. November 2017 hatte die Kammervorsitzende eine Zusammenfassung von in einer Anlage zu ihrer Verfügung aufgeführten einhundertsiebenundfünfzig in der Anklage aufgeführten Aufzeichnungen von im Ermittlungsverfahren abgehörten Telefonaten auf Datenträgern für die Verteidiger erbeten und diese Verfügung der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern zur Kenntnis zugeleitet. Die Staatsanwaltschaft hat in einer am 27. November 2017 beim Landgericht eingegangenen Stellungnahme vom 25. November 2017 einer Herausgabe von Telefonaufzeichnungen im Original oder in Kopie an die Verteidiger widersprochen. Nach der Eröffnungsentscheidung vom 18. Dezember 2017 hat die Kammervorsitzende mit Verfügung vom 19. Dezember 2017 die Übersendung der Datenträger mit den Kopien der einhundertsiebenundfünfzig abgehörten Telefongespräche an die Verteidiger angeordnet und zugleich verfügt, dass diese der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gebrachte Anordnung erst am 22. Dezember 2017 ausgeführt werden soll.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat am 19. Dezember 2017 Beschwerde gegen die Anordnung der Kammervorsitzenden bezüglich der Herausgabe der Audiodateien an die Verteidiger eingelegt und zugleich Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Verfügung beantragt. Die Kammervorsitzende hat mit Beschluss vom 19. Dezember 2017 der Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht abgeholfen und Aussetzung der Vollziehung der Verfügung vom selben Tag bezüglich der Herausgabe der Audiodateien an die Verteidiger bis zur Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts angeordnet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat unter dem 28. Dezember 2017 beantragt, auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 19. Dezember 2017 die Verfügung der Vorsitzenden der Großen Strafkammer 30 des Landgerichts Hamburg vom selben Tag aufzuheben.
II.
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung der Vorsitzenden der Großen Strafkammer 30 des Landgerichts Hamburg vom 19. Dezember 2017 ist unzulässig. Sie ist bereits nicht statthaft, weil es an einer Beschwerdebefugnis der Staatsanwaltschaft fehlt, da die Anfechtbarkeit hier allgemein und auch für die Staatsanwaltschaft ausgeschlossen ist (§ 32f Abs. 3 StPO in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden n. F., der sachlich dem § 147 Abs. 4 S. 2 StPO in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden a. F. entspricht).
Zur Begründung verweist der Senat auf seine in anderer Sache noch mit Bezug auf die bis zum 31. Dezember 2017 geltende Fassung der Regelung der Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO ergangene Entscheidung vom 27. Mai 2016 (Az.: 2 Ws 88/16; auszugsweise veröffentlicht in NStZ-RR 2016, 282 ff.).
Nicht anders als in der angeführten Senatsentscheidung vom 27. Mai 2016 liegt es sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht, insoweit trotz der zwischenzeitlichen Gesetzesänderung, hier.
In tatsächlicher Hinsicht geht es vorliegend, ebenso wie bei dem der Senatsentscheidung vom 27. Mai 2016 zu Grunde liegenden Sachverhalt, nicht um das Einsichtsrecht der Verteidiger in Aktenteile bzw. Beweismittel in Gestalt von Dateien mit Aufzeichnungen von Telefongesprächen als solches; das Einsichtsrecht an sich steht vielmehr - auch - im vorliegenden Fall nicht in Rede. Vielmehr geht es allein um die Frage, ob den Verteidigern Akteneinsicht in Form der Herausgabe von Datenträgern mit Kopien der betreffenden Dateien statt einer Einsichtnahme lediglich in den Räumen des Gerichts gewährt werden darf, also allein um die Frage der Art und Weise bzw. des Wie der Akteneinsichtsgewährung.
In rechtlicher Hinsicht sind die nach Anklageerhebung - und hier zudem erfolgter Zulassung der Anklage sowie Eröffnung des Hauptverfahrens - gemäß unverändert gebliebener Fassung des § 147 Abs. 5 S. 1 StPO von dem bzw. der Vorsitzenden des mit der Sache befassten Gerichts zu treffenden Entscheidungen über das Ob und das Wie der Akteneinsichtsgewährung nach der gesetzlichen Neuregelung von §§ 32f und 147 StPO weiterhin, soweit allein die Art und Weise, also das Wie, der Akteneinsichtsgewährung betroffen ist, allgemein und mithin auch mit Geltung für die Staatsanwaltschaft der Anfechtung entzogen. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 19. Dezember 2017 gegen die Verfügung der Kammervorsitzenden vom selben Tag mit der Anordnung der Herausgabe der für die Verteidiger gefertigten Datenträger mit Kopien der Originale der Beweismitteldateien mit insgesamt einhundertsiebenundfünfzig abgehörten Telefongesprächen war deshalb bereits bei ihrer Einlegung im Dezember 2017, insoweit noch nach § 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F., und ist auch nach der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Neuregelung in § 32f Abs. 3 StPO ausgeschlossen und deshalb unzulässig.
Mit der mit dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 (BGBl I 2017, S. 2206) erfolgten Neuregelung der Formen der Akteneinsicht ist die bisher in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO enthaltene Regelung zur Unanfechtbarkeit der die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung betreffenden Entscheidungen ("Die Entscheidung ist nicht anfechtbar") in § 147 StPO entfallen und in deutlicherer Fassung in den neu eingefügten § 32f StPO in dessen Absatz 3 ("Entscheidungen über die Form der Gewährung von Akteneinsicht nach den Absätzen 1 und 2 sind nicht anfechtbar") übernommen worden. Die Unanfechtbarkeit bezieht sich danach auf Entscheidungen über die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung sowohl mit Bezug auf in Absatz 1 geregelte elektronische Akten als auch mit Bezug auf in Absatz 2 geregelte in Papierform vorliegende Akten, so dass die hier verfahrensgegenständlichen digitalen Kopien elektronisch gespeicherter Originale der Aufzeichnungen der betreffenden abgehörten Telefonate von dem Anfechtungsausschluss grundsätzlich erfasst sind.
Die Gesetzesmaterialien belegen, dass mit der Änderung der die Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung betreffenden Normen eine inhaltliche Änderung und Neubestimmung nicht bezweckt war, sondern die Änderungen lediglich Folge einer mit der Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen einhergehenden umfassenden Neuregelung sind, die naturgemäß auch Fragen der Akteneinsichtsgewährung umfasst. Soweit Änderungen hinsichtlich der Akteneinsichtsgewährung angestrebt worden und erfolgt sind (vgl. dazu Kassebohm in StraFo 2017, 393), betreffen diese nicht die hier verfahrensgegenständliche Frage der Rechtmittelbefugnis gegen Entscheidungen der Gerichte über die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung.
Zu den die Anfechtbarkeit von die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung betreffenden Entscheidungen hieß es vielmehr bereits in der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 6. Mai 2016 zum im Gesetzentwurf der Bundesregierung noch als Satz 4 jeweils der Absätze 1 und 2 des neuen § 32f StPO vorgesehenen Anfechtungsausschlusses mit Bezug auf die Streichung im bisherigen § 147 Abs. 4 StPO:
"Der bisherige § 147 Absatz 4 StPO, der auf entsprechenden Antrag die Mitgabe der Akten zum Zwecke der Einsichtnahme durch Rechtsanwälte erlaubte, soll durch die allgemeine Regelung in § 32e StPO-E" (gemeint ersichtlich: § 32f; Anmerkung des Senats) "(siehe schon oben Artikel 1 Nummer 2) ersetzt werden" (BR-Drs. 236/16, S. 66) und zur Neuregelung eines Anfechtungsausschlusses in § 32f Absatz 2: "Wie im geltenden Recht soll nach Satz 2 auch weiterhin einem Verteidiger oder Rechtsanwalt die Einsichtnahme durch Übergabe zur Mitnahme oder durch Übersendung der Akten in seine Geschäftsräume auf Antrag gewährt werden. Die Neuregelung übernimmt die bisher für die verschiedenen Beteiligten in den § 147 Absatz 4 Satz 1, § 406e Absatz 3 Satz 1 und § 475 Absatz 3 Satz 2 StPO geregelten Bestimmungen und führt sie an einer Stelle zusammen" (BR-Drs. 236/16, S. 62) sowie "Entscheidungen nach Satz 3 sind dabei aber nicht anfechtbar. Die durch Satz 4 erklärte Unanfechtbarkeit auf Seiten der Akteneinsichtsberechtigten führt nicht zur Verkürzung ihrer Rechte, denn diese haben keinen Anspruch auf eine bestimmte Form der Akteneinsicht, solange die gewährte Form zur effektiven Verteidigung ausreicht" (BR-Drs. 236/16, S. 63). Aus der mit dem letzten Satz erfolgten besonderen Begründung der Unanfechtbarkeit von die Art und Weise der Akteneinsicht betreffenden Entscheidungen mit Bezug auf akteneinsichtsberechtigte Beschuldigte lässt sich nichts dafür herleiten, dass deswegen etwa die Anfechtbarkeit für die Staatsanwaltschaft nicht ausgeschlossen sein sollte. Vielmehr ergibt sich daraus lediglich, dass der Gesetzentwurfsverfasser eine besondere, Grenzen setzende Begründung für den Ausschluss des Anfechtungsrechts sogar für Beschuldigte für angebracht gehalten hat. Nach Stellungnahme des Bundesrates ist außer den Vorschlägen für die entsprechende Neuregelung in § 32f StPO auch die diesbezügliche Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 17. August 2016 unverändert geblieben (vgl. BT-Drs.18/9416, S. 57 und 60).
Ähnliches gilt für die Beschlussempfehlung und den Bericht des federführenden Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, der lediglich die im Regierungsentwurf vorher jeweils einzeln am Ende der Absätze 1 und 2 des § 32f StPO-E in einem Satz 4 vorgesehenen Anfechtungsausschlüsse zu einem umfassenden Anfechtungsausschluss in Absatz 3 zusammengefasst hat (vgl. BT-Drs. 18/12203, S.13), wobei insoweit zur Begründung ausgeführt worden ist: "Der Ausschluss der Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Form der Gewährung von Akteneinsicht war im Regierungsentwurf in Absatz 1 Satz 4 geregelt. Er soll gleichermaßen in den Fällen des Absatzes 2 gelten, so dass die Regelung in den neuen Absatz 3 überführt wurde" (BT-Drs. 18/12203, S. 74). Entsprechend dieser Empfehlung ist der seit dem 1. Januar 2018 geltende neue § 32f Abs. 3 StPO gefasst worden.
Auf der Grundlage dieser Gesetzeshistorie der Neufassung der Regelung der Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht in § 32f Abs. 3 StPO sieht der Senat keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung zur nunmehr entfallenen Fassung der Regelung in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F. (vgl. Beschluss vom 27. Mai 2016, a.a.O.), der weitere Gerichte und Literaturstimmen gefolgt sind bzw. die bereits zuvor auch von anderen Gerichten und Literaturmeinungen geteilt worden ist (vgl. OLG Celle, 1. Strafsenat, Beschluss vom 26. August 2016, Az.: 1 Ws 415/16; OLG Frankfurt in StV 2016, 148; Meyer-Goßner/Schmitt § 147 Rn. 32 m.w.N.; SK-StPO/Wohlers, § 147 Rn. 76; Killinger in StV 2016, 148 ff; vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. Juni 2016, Az.: StB 18/16, betreffend die Beschwerde eines Angeklagten), abzuweichen.
Die Begründungen von Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft sowie die darin in Bezug genommenen Entscheidungen (insbesondere HansOLG, 3. Strafsenat, in NStZ 2016, 695; OLG Celle, 2. Strafsenat, Beschluss vom 24. Juli 2015, Az.: 2 Ws 116/15) begründen ein Abrücken des Senats von seiner bisherigen Rechtsprechung aus den bereits in der Senatsentscheidung vom 27. Mai 2016 (a.a.O.) ausgeführten Gründen nicht.
Vielmehr erscheint eines der die Entscheidung des OLG Celle, 2. Strafsenat, vom 24. Juli 2015 tragenden Argumente in Folge der Neuregelung des Anfechtungsrechts in § 32f Abs. 3 StPO n.F. als zusätzlich geschwächt bzw. entfallen. Soweit darin zur Begründung der angenommenen Differenzierung des Anfechtungsausschluss nach vom Ausschluss betroffenem Verteidiger einerseits und - vermeintlich - nicht erfasster Staatsanwaltschaft andererseits in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F. auf einen dahin gehenden systematischen Zusammenhang des Anfechtungsausschlusses in Satz 2 zu dem vorangestellten Satz 1 abgestellt worden ist, dass sich aus dem in Satz 1 geregelten Erfordernis eines Antrags des Verteidigers auf Mitgabe der Akten ergeben haben soll, dass der in Satz 2 vorgesehene Ausschluss einer Anfechtung darauf ergangener Entscheidungen allein für die Seite des Beschuldigten bestehen soll, besteht ein solcher Zusammenhang nach der Neuregelung erst recht nicht mehr, nachdem der nunmehr in § 32f Abs. 3 StPO n.F. vorgesehene Anfechtungsausschluss sich unterschiedslos auf alle über die Form der Gewährung von Akteneinsicht getroffenen Entscheidungen "nach den Absätzen 1 und 2" bezieht und damit sowohl auf durch einen Antrag eines Verteidigers veranlasste Entscheidungen ebenso wie auf Entscheidungen, die auf Antrag sonstiger Beteiligter oder von Amts wegen ergangen sind.
III.
Da die Beschwerde der Staatsanwaltschaft von Anfang an unstatthaft war, ergeht die Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.
Beschl. v. 08.01.2018
Az.: 2 Ws 229/17
Tenor:
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung der Vorsitzenden der Großen Strafkammer 30 vom 19. Dezember 2017, den Verteidigern des Angeklagten Kopien der Audiodateien von in einer Anlage aufgeführten Aufzeichnungen abgehörter Telefongespräche zur Mitnahme auszuhändigen, wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die den Angeklagten in diesem entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
I.
Gegen die Angeklagten ist am 30. Oktober 2017 wegen Steuerhinterziehung Anklage zur Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hamburg erhoben worden. Durch Beschluss vom 18.Dezember 2017 hat die Große Strafkammer 30, bei der die Sache anhängig geworden ist, die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Mit Verfügung vom selben Tag hat die Kammervorsitzende die Hauptverhandlung für die Zeit ab dem 19. Januar 2018 anberaumt.
Bereits mit Verfügung vom 24. November 2017 hatte die Kammervorsitzende eine Zusammenfassung von in einer Anlage zu ihrer Verfügung aufgeführten einhundertsiebenundfünfzig in der Anklage aufgeführten Aufzeichnungen von im Ermittlungsverfahren abgehörten Telefonaten auf Datenträgern für die Verteidiger erbeten und diese Verfügung der Staatsanwaltschaft und den Verteidigern zur Kenntnis zugeleitet. Die Staatsanwaltschaft hat in einer am 27. November 2017 beim Landgericht eingegangenen Stellungnahme vom 25. November 2017 einer Herausgabe von Telefonaufzeichnungen im Original oder in Kopie an die Verteidiger widersprochen. Nach der Eröffnungsentscheidung vom 18. Dezember 2017 hat die Kammervorsitzende mit Verfügung vom 19. Dezember 2017 die Übersendung der Datenträger mit den Kopien der einhundertsiebenundfünfzig abgehörten Telefongespräche an die Verteidiger angeordnet und zugleich verfügt, dass diese der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis gebrachte Anordnung erst am 22. Dezember 2017 ausgeführt werden soll.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat am 19. Dezember 2017 Beschwerde gegen die Anordnung der Kammervorsitzenden bezüglich der Herausgabe der Audiodateien an die Verteidiger eingelegt und zugleich Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Verfügung beantragt. Die Kammervorsitzende hat mit Beschluss vom 19. Dezember 2017 der Beschwerde der Staatsanwaltschaft nicht abgeholfen und Aussetzung der Vollziehung der Verfügung vom selben Tag bezüglich der Herausgabe der Audiodateien an die Verteidiger bis zur Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts angeordnet. Die Generalstaatsanwaltschaft hat unter dem 28. Dezember 2017 beantragt, auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 19. Dezember 2017 die Verfügung der Vorsitzenden der Großen Strafkammer 30 des Landgerichts Hamburg vom selben Tag aufzuheben.
II.
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Anordnung der Vorsitzenden der Großen Strafkammer 30 des Landgerichts Hamburg vom 19. Dezember 2017 ist unzulässig. Sie ist bereits nicht statthaft, weil es an einer Beschwerdebefugnis der Staatsanwaltschaft fehlt, da die Anfechtbarkeit hier allgemein und auch für die Staatsanwaltschaft ausgeschlossen ist (§ 32f Abs. 3 StPO in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden n. F., der sachlich dem § 147 Abs. 4 S. 2 StPO in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden a. F. entspricht).
Zur Begründung verweist der Senat auf seine in anderer Sache noch mit Bezug auf die bis zum 31. Dezember 2017 geltende Fassung der Regelung der Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO ergangene Entscheidung vom 27. Mai 2016 (Az.: 2 Ws 88/16; auszugsweise veröffentlicht in NStZ-RR 2016, 282 ff.).
Nicht anders als in der angeführten Senatsentscheidung vom 27. Mai 2016 liegt es sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht, insoweit trotz der zwischenzeitlichen Gesetzesänderung, hier.
In tatsächlicher Hinsicht geht es vorliegend, ebenso wie bei dem der Senatsentscheidung vom 27. Mai 2016 zu Grunde liegenden Sachverhalt, nicht um das Einsichtsrecht der Verteidiger in Aktenteile bzw. Beweismittel in Gestalt von Dateien mit Aufzeichnungen von Telefongesprächen als solches; das Einsichtsrecht an sich steht vielmehr - auch - im vorliegenden Fall nicht in Rede. Vielmehr geht es allein um die Frage, ob den Verteidigern Akteneinsicht in Form der Herausgabe von Datenträgern mit Kopien der betreffenden Dateien statt einer Einsichtnahme lediglich in den Räumen des Gerichts gewährt werden darf, also allein um die Frage der Art und Weise bzw. des Wie der Akteneinsichtsgewährung.
In rechtlicher Hinsicht sind die nach Anklageerhebung - und hier zudem erfolgter Zulassung der Anklage sowie Eröffnung des Hauptverfahrens - gemäß unverändert gebliebener Fassung des § 147 Abs. 5 S. 1 StPO von dem bzw. der Vorsitzenden des mit der Sache befassten Gerichts zu treffenden Entscheidungen über das Ob und das Wie der Akteneinsichtsgewährung nach der gesetzlichen Neuregelung von §§ 32f und 147 StPO weiterhin, soweit allein die Art und Weise, also das Wie, der Akteneinsichtsgewährung betroffen ist, allgemein und mithin auch mit Geltung für die Staatsanwaltschaft der Anfechtung entzogen. Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft vom 19. Dezember 2017 gegen die Verfügung der Kammervorsitzenden vom selben Tag mit der Anordnung der Herausgabe der für die Verteidiger gefertigten Datenträger mit Kopien der Originale der Beweismitteldateien mit insgesamt einhundertsiebenundfünfzig abgehörten Telefongesprächen war deshalb bereits bei ihrer Einlegung im Dezember 2017, insoweit noch nach § 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F., und ist auch nach der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Neuregelung in § 32f Abs. 3 StPO ausgeschlossen und deshalb unzulässig.
Mit der mit dem Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 (BGBl I 2017, S. 2206) erfolgten Neuregelung der Formen der Akteneinsicht ist die bisher in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO enthaltene Regelung zur Unanfechtbarkeit der die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung betreffenden Entscheidungen ("Die Entscheidung ist nicht anfechtbar") in § 147 StPO entfallen und in deutlicherer Fassung in den neu eingefügten § 32f StPO in dessen Absatz 3 ("Entscheidungen über die Form der Gewährung von Akteneinsicht nach den Absätzen 1 und 2 sind nicht anfechtbar") übernommen worden. Die Unanfechtbarkeit bezieht sich danach auf Entscheidungen über die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung sowohl mit Bezug auf in Absatz 1 geregelte elektronische Akten als auch mit Bezug auf in Absatz 2 geregelte in Papierform vorliegende Akten, so dass die hier verfahrensgegenständlichen digitalen Kopien elektronisch gespeicherter Originale der Aufzeichnungen der betreffenden abgehörten Telefonate von dem Anfechtungsausschluss grundsätzlich erfasst sind.
Die Gesetzesmaterialien belegen, dass mit der Änderung der die Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung betreffenden Normen eine inhaltliche Änderung und Neubestimmung nicht bezweckt war, sondern die Änderungen lediglich Folge einer mit der Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen einhergehenden umfassenden Neuregelung sind, die naturgemäß auch Fragen der Akteneinsichtsgewährung umfasst. Soweit Änderungen hinsichtlich der Akteneinsichtsgewährung angestrebt worden und erfolgt sind (vgl. dazu Kassebohm in StraFo 2017, 393), betreffen diese nicht die hier verfahrensgegenständliche Frage der Rechtmittelbefugnis gegen Entscheidungen der Gerichte über die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung.
Zu den die Anfechtbarkeit von die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung betreffenden Entscheidungen hieß es vielmehr bereits in der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung vom 6. Mai 2016 zum im Gesetzentwurf der Bundesregierung noch als Satz 4 jeweils der Absätze 1 und 2 des neuen § 32f StPO vorgesehenen Anfechtungsausschlusses mit Bezug auf die Streichung im bisherigen § 147 Abs. 4 StPO:
"Der bisherige § 147 Absatz 4 StPO, der auf entsprechenden Antrag die Mitgabe der Akten zum Zwecke der Einsichtnahme durch Rechtsanwälte erlaubte, soll durch die allgemeine Regelung in § 32e StPO-E" (gemeint ersichtlich: § 32f; Anmerkung des Senats) "(siehe schon oben Artikel 1 Nummer 2) ersetzt werden" (BR-Drs. 236/16, S. 66) und zur Neuregelung eines Anfechtungsausschlusses in § 32f Absatz 2: "Wie im geltenden Recht soll nach Satz 2 auch weiterhin einem Verteidiger oder Rechtsanwalt die Einsichtnahme durch Übergabe zur Mitnahme oder durch Übersendung der Akten in seine Geschäftsräume auf Antrag gewährt werden. Die Neuregelung übernimmt die bisher für die verschiedenen Beteiligten in den § 147 Absatz 4 Satz 1, § 406e Absatz 3 Satz 1 und § 475 Absatz 3 Satz 2 StPO geregelten Bestimmungen und führt sie an einer Stelle zusammen" (BR-Drs. 236/16, S. 62) sowie "Entscheidungen nach Satz 3 sind dabei aber nicht anfechtbar. Die durch Satz 4 erklärte Unanfechtbarkeit auf Seiten der Akteneinsichtsberechtigten führt nicht zur Verkürzung ihrer Rechte, denn diese haben keinen Anspruch auf eine bestimmte Form der Akteneinsicht, solange die gewährte Form zur effektiven Verteidigung ausreicht" (BR-Drs. 236/16, S. 63). Aus der mit dem letzten Satz erfolgten besonderen Begründung der Unanfechtbarkeit von die Art und Weise der Akteneinsicht betreffenden Entscheidungen mit Bezug auf akteneinsichtsberechtigte Beschuldigte lässt sich nichts dafür herleiten, dass deswegen etwa die Anfechtbarkeit für die Staatsanwaltschaft nicht ausgeschlossen sein sollte. Vielmehr ergibt sich daraus lediglich, dass der Gesetzentwurfsverfasser eine besondere, Grenzen setzende Begründung für den Ausschluss des Anfechtungsrechts sogar für Beschuldigte für angebracht gehalten hat. Nach Stellungnahme des Bundesrates ist außer den Vorschlägen für die entsprechende Neuregelung in § 32f StPO auch die diesbezügliche Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 17. August 2016 unverändert geblieben (vgl. BT-Drs.18/9416, S. 57 und 60).
Ähnliches gilt für die Beschlussempfehlung und den Bericht des federführenden Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, der lediglich die im Regierungsentwurf vorher jeweils einzeln am Ende der Absätze 1 und 2 des § 32f StPO-E in einem Satz 4 vorgesehenen Anfechtungsausschlüsse zu einem umfassenden Anfechtungsausschluss in Absatz 3 zusammengefasst hat (vgl. BT-Drs. 18/12203, S.13), wobei insoweit zur Begründung ausgeführt worden ist: "Der Ausschluss der Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Form der Gewährung von Akteneinsicht war im Regierungsentwurf in Absatz 1 Satz 4 geregelt. Er soll gleichermaßen in den Fällen des Absatzes 2 gelten, so dass die Regelung in den neuen Absatz 3 überführt wurde" (BT-Drs. 18/12203, S. 74). Entsprechend dieser Empfehlung ist der seit dem 1. Januar 2018 geltende neue § 32f Abs. 3 StPO gefasst worden.
Auf der Grundlage dieser Gesetzeshistorie der Neufassung der Regelung der Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht in § 32f Abs. 3 StPO sieht der Senat keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung zur nunmehr entfallenen Fassung der Regelung in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F. (vgl. Beschluss vom 27. Mai 2016, a.a.O.), der weitere Gerichte und Literaturstimmen gefolgt sind bzw. die bereits zuvor auch von anderen Gerichten und Literaturmeinungen geteilt worden ist (vgl. OLG Celle, 1. Strafsenat, Beschluss vom 26. August 2016, Az.: 1 Ws 415/16; OLG Frankfurt in StV 2016, 148; Meyer-Goßner/Schmitt § 147 Rn. 32 m.w.N.; SK-StPO/Wohlers, § 147 Rn. 76; Killinger in StV 2016, 148 ff; vgl. auch BGH, Beschluss vom 30. Juni 2016, Az.: StB 18/16, betreffend die Beschwerde eines Angeklagten), abzuweichen.
Die Begründungen von Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft sowie die darin in Bezug genommenen Entscheidungen (insbesondere HansOLG, 3. Strafsenat, in NStZ 2016, 695; OLG Celle, 2. Strafsenat, Beschluss vom 24. Juli 2015, Az.: 2 Ws 116/15) begründen ein Abrücken des Senats von seiner bisherigen Rechtsprechung aus den bereits in der Senatsentscheidung vom 27. Mai 2016 (a.a.O.) ausgeführten Gründen nicht.
Vielmehr erscheint eines der die Entscheidung des OLG Celle, 2. Strafsenat, vom 24. Juli 2015 tragenden Argumente in Folge der Neuregelung des Anfechtungsrechts in § 32f Abs. 3 StPO n.F. als zusätzlich geschwächt bzw. entfallen. Soweit darin zur Begründung der angenommenen Differenzierung des Anfechtungsausschluss nach vom Ausschluss betroffenem Verteidiger einerseits und - vermeintlich - nicht erfasster Staatsanwaltschaft andererseits in § 147 Abs. 4 S. 2 StPO a.F. auf einen dahin gehenden systematischen Zusammenhang des Anfechtungsausschlusses in Satz 2 zu dem vorangestellten Satz 1 abgestellt worden ist, dass sich aus dem in Satz 1 geregelten Erfordernis eines Antrags des Verteidigers auf Mitgabe der Akten ergeben haben soll, dass der in Satz 2 vorgesehene Ausschluss einer Anfechtung darauf ergangener Entscheidungen allein für die Seite des Beschuldigten bestehen soll, besteht ein solcher Zusammenhang nach der Neuregelung erst recht nicht mehr, nachdem der nunmehr in § 32f Abs. 3 StPO n.F. vorgesehene Anfechtungsausschluss sich unterschiedslos auf alle über die Form der Gewährung von Akteneinsicht getroffenen Entscheidungen "nach den Absätzen 1 und 2" bezieht und damit sowohl auf durch einen Antrag eines Verteidigers veranlasste Entscheidungen ebenso wie auf Entscheidungen, die auf Antrag sonstiger Beteiligter oder von Amts wegen ergangen sind.
III.
Da die Beschwerde der Staatsanwaltschaft von Anfang an unstatthaft war, ergeht die Kostenentscheidung nach § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.
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