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  • 20.11.2019 · IWW-Abrufnummer 212332

    Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen: Urteil vom 18.09.2019 – 3d A 86/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberverwaltungsgericht NRW

    3d A 86/18.O

    Tenor:

    Die Berufung wird zurückgewiesen.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.
     
    1

    Tatbestand:

    2

    Der am 27. Februar 1961 in Dreis-Tiefenbach geborene Beklagte trat am 1. Oktober 1979 in den mittleren Polizeivollzugsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Am 29. Februar 1988 wurde er in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen. Im September 1991 bestand er die II. Fachprüfung. Seine letzte Beförderung (Polizeihauptkommissar, Besoldungsgruppe A 12) erfolgte am 3. August 2006.

    3

    Nach Abschluss der Ausbildung im Jahre 1983 wurde er bei verschiedenen Polizeiinspektionen im Wachdienst eingesetzt. Mit seiner Ernennung zum Polizeikommissar am 13. September 1991 tat er zunächst als Wachdienstführer auf der Hauptwache des Schutzbereichs VII des Polizeipräsidiums Köln und später als Dienstgruppenleiter auf der Polizeiwache Weiden seinen Dienst. Im September 1996 wurde er vom Polizeipräsidium Köln zur Bezirksregierung Köln versetzt. Dort wurde er seit dem 2. September 1996 als Dienstgruppenleiter auf der Autobahnpolizeiwache Frechen und ab Oktober 2002 als Dienstgruppenleiter, später Kommissar vom Dienst in der Leitstelle verwendet. Im Juli 2007 wurde er wieder zum Polizeipräsidium Köln versetzt und fand Einsatz als Dienstgruppenleiter bei der Autobahnpolizeiwache Sankt Augustin. Mitte Juni 2015 wurde er seiner Vorgesetztenfunktion enthoben und in die Funktion eines Wachdienstbeamten umgesetzt. Seit der verfügten Umsetzung hat der Beklagte bis zu seiner Suspendierung krankheitsbedingt keinen Dienst mehr geleistet.

    4

    Seine Leistungen und Befähigungen lagen meist im durchschnittlichen Bereich. Die letzte dienstliche (Regel-)Beurteilung vom 14. November 2014 endet mit der Bewertung, Eignung und Befähigung des Beklagten entsprächen voll den Anforderungen.

    5

    Der Beklagte ist seit September 1995 geschieden und hat aus dieser Ehe zwei inzwischen erwachsene Kinder.

    6

    Am 5. März 2012 wurde ihm befristet bis zum 31. März 2015 die Genehmigung zur Ausübung einer Nebentätigkeit bei der Firma xxx Immobilien in Siegburg erteilt. Die Genehmigung erfolgte u.a. mit den Maßgaben, die zeitliche Inanspruchnahme dürfe ein Fünftel der wöchentlichen Arbeitszeit nicht übersteigen, die Nebentätigkeit dürfe ausschließlich in der Freizeit ausgeübt werden und eine Ausübung während einer Erkrankung sei untersagt. Nebeneinkünfte, die 1.200,00 EUR im Jahr überstiegen, seien jährlich anzuzeigen. In seinem Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit für die Firma „xxx Immobilien, xxx“, hatte der Beklagte u.a. versichert, bei der Ausübung der Nebentätigkeit nicht Einrichtungen, Personal oder Material der Behörde in Anspruch zu nehmen. Unter dem 27. Februar 2015 wurde auf einen entsprechenden Antrag des Beklagten hin eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Genehmigung zur Ausübung bei derselben Firma – befristet bis zum 28. Februar 2018 – ausgesprochen.

    7

    Der Beklagte ist abgesehen von den hier in Rede stehenden Verfehlungen straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.

    8

    Am 23. und 24. Oktober 2014 gingen bei der Oberfinanzdirektion in Münster und beim Polizeipräsidium Köln gleichlautende anonyme Schreiben ein, in denen der Beklagte u.a. bezichtigt wurde, während seiner Dienstzeit in den Diensträumen Arbeiten für die Verwaltung eigener und fremder Mietwohnungen in Köln-Porz durchzuführen. Hierunter leide die Dienstausübung. Der Beklagte habe erklärt, die Erträge aus dieser Tätigkeit dem Finanzamt zu verheimlichen. Die Staatsanwaltschaft Köln leitete ein Strafverfahren u.a. wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein und gab dieses insofern zur Durchführung weiterer Ermittlungen an das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Köln ab.

    9

    Die Steuerfahndungsstelle ermittelte, dass der Beklagte in den Einkommensteuererklärungen von 2004 bis 2013 falsche Angaben zu seinen dienstlichen Einsatzorten, zu seinen Einkünften aus einer Tätigkeit als Verwalter von Eigentumswohnungen - zuletzt 22 Objekte - und zu einer Vermietung einer tatsächlich von ihm selbst bewohnten Eigentumswohnung gemacht sowie Einkünfte aus der Vermietung zweier Garagen verschwiegen hatte. Im Rahmen der Ermittlungen kam es am 3. September 2015 u.a. zur Durchsuchung der Wohnungen des Beklagten und seiner Verlobten, Frau xxx. Nachdem der Beklagte hierbei geltend gemacht hatte, die Verwaltung der meisten der in Rede stehenden Wohnungseigentumsobjekte werde durch seine Kinder erledigt, wurden auch deren Wohnungen durchsucht. Der Beklagte räumte die Vorwürfe im Ermittlungsverfahren in allen Punkten ein. Das Ganze habe mit dem Wegfall des Unterhaltsanspruchs seiner Ehefrau im Jahre 2000 begonnen. Nach seinem Wechsel von Frechen nach Köln habe er bei der Einkommensteuererklärung als Dienstort die Wache in Eschweiler angegeben. Mit seiner Wohnung in der xxx-straße 24, die er im Jahr 2003 erworben habe, habe er sich übernommen. Das Geld sei ihm in den Händen zerronnen. Er sei dann auf die Idee gekommen, den oberen Teil der Wohnung als vermietet zu deklarieren. 2009 habe er seine Lebensgefährtin kennen gelernt, die er unterstützt habe. Er habe dann die Wohnungsverwaltung für andere Vermieter übernommen. Im Jahre 2014 habe er 22 Objekte verwaltet. Er habe versucht, seine Einnahmen über seine Kinder zu versteuern. Er habe den Umfang der Einnahmen aus seiner Verwaltungstätigkeit nicht erkannt. Das Ganze sei ihm über den Kopf gewachsen. Die Steuerschuld von etwa 178.000 EUR habe er aus einem Erbe und zusammengeliehenem Geld fast beglichen. Für 2014 habe er die zutreffende Wegstreckenentfernung angegeben, sich aber bei der Anzahl der Arbeitstage verschrieben. Einen Teil der Arbeiten für die Wohnungsverwaltung habe er während der Dienstzeit erledigt. Er habe den Dienstrechner zur Datensicherung benutzt und auch etwas ausgedruckt. Dabei habe er peinlich darauf geachtet, privates Papier zu benutzen. Er habe nur Dienstzeiten genutzt, in denen es „Leerlauf“ gegeben habe. Er habe nie seine Dienstpflichten vernachlässigt. Er habe nie gedacht, durch sein Handeln einen Betrug zu begehen.

    10

    Unter dem 4. Mai 2016 erließ das Amtsgericht Köln gegen den Beklagten einen Strafbefehl (584 Cs 165/16 113 Js 2175/15). Es setzte gegen ihn wegen Steuerhinterziehung in 11 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten fest, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte. In dem seit 21. Mai 2016 rechtskräftigen Strafbefehl legte es dem Beklagten zur Last:

    11

    „Die Staatsanwaltschaft Köln beschuldigt Sie, in den Jahren 2010-2015 in Köln durch elf selbstständige Handlungen in den Fällen 1, 2, 3, 4, 5 und 6 gegenüber den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht und in den Fällen 7, 8, 9, 10 und 11 die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch folgende Steuern verkürzt zu haben, wobei es in einem Fall (Fall Nr. 6) beim Versuch blieb:

    12

    Wegen der Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2010 bis 2014 wurde das Finanzamt Köln-Porz pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und dadurch Umsatzsteuer i. H. v. 27.851,34 € verkürzt.

    13

    Wegen Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2009 bis 2014 wurden dem Finanzamt Köln-Porz über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht und dadurch Einkommensteuer i. H. v. 80.531 € verkürzt.

    14

    In den Jahren 2005 [richtig: 2004, siehe folgende Auflistung] bis 2014 betrieben Sie als Nebenerwerb eine Tätigkeit als Hausverwalter von eigenem und fremdem Grundbesitz. Die Tätigkeit unterliegt nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 der Einkommensteuerpflicht. Sie erklärten nur einen Teil der Einnahmen. In den Jahren 2004 bis 2015 kam es insoweit zu Falschangaben in folgender Höhe:

    15
     
    Jahr    Einnahmen/Euro    Ausgaben (15 %) Euro    Gewinn / Euro      
    2004    8.944    1.342    7.602      
    2005    8.933    1.340    7.593      
    2006    13.687    2.053    11.634      
    2007    17.091    2.564    14.527      
    2008    18.802    2.820    15.982      
    2009    24.689    3.703    20.986      
    2010    28.724    4.309    24.415      
    2011    31.831    4.775    27.056      
    2012    36.045    5.407    30.638      
    2013    38.702    5.805    32.897      
    2014    39.134    5.870    33.264    

    16

    Ferner gaben Sie wahrheitswidrig bei der Wegstreckenentfernung an, im Zeitraum vom 01.01.2004 bis zum 19.08.2009 in Eschweiler eingesetzt gewesen zu sein, weshalb Sie die einfache Wegstreckenentfernung mit 69 km angaben. Im Zeitraum vom 20.08.2009 bis zum 31.12.2013 erklärten Sie, bei der Autobahnpolizeiwache in Würselen eingesetzt zu sein. Sie erklärten die einfache Wegstreckenentfernung mit 78 km. Auf diesen Wachen waren Sie nie eingesetzt. Ferner gaben Sie die Krankheitstage falsch an.

    17

    Insgesamt wurden die Werbungskosten falsch wie folgt erklärt:

    18
     
    Jahr    Werbungskosten erklärt / Euro    Werbungskosten It. Prüfung / Euro    Korrektur laut Prüfung / Euro      
    2004    4.388,40    1.017,60    - 3.370,80      
    2005    4.616,10    993,60    - 3.622,50      
    2006    4.719,60    1.094,40    - 3.625,20      
    2007    4.761,00    1.154,70    - 3.606,30      
    2008    4.823,10    1.328,10    - 3.495,00      
    2009    4.890,60    1.168,50    - 3.722,10      
    2010    5.428,80    1.145,70    - 4.283,10      
    2011    5.569,20    1.254,00    - 4.315,20      
    2012    5.288,40    1.060,20    - 4.228,20      
    2013    5.194,80    1.202,70    - 3.992,10      
    2014    1.350,00    786,60    - 563,40    

    19

    In den Jahren 2004-2014 machten Sie darüber hinaus erhebliche Verluste i. H. v. 54.266,00 Euro steuerlich geltend, indem Sie wahrheitswidrig angaben, dass ein Teil Ihrer Wohnung vermietet sei. U.a. verschwiegen Sie, seit Dezember 2016 [richtig: 2012] zwei Garagen zu je monatlich 50,00 Euro vermietet zu haben. Es kam somit zu folgenden Verkürzungen:

    20
     
    Fall    Steuerart    Zeitraum    Abgabe am    Verkürzung (€)    Vollendung      
    1    Einkommensteuer    2009    12.04.2010    10.154,00    23.06.2010      
    2    Einkommensteuer    2010    26.08.2011    10.352,00    07.12.2011      
    3    Einkommensteuer    2011    27.08.2012    16.880,00    23.10.2012      
    4    Einkommensteuer    2012    07.09.2013    14.712,00    01.02.2014      
    5    Einkommensteuer    2013    07.08.2014    15.265,00    19.12.2014      
    6    Einkommensteuer    2014    24.08.2015    13.168,00           -      
    7    Umsatzsteuer    2010           -      4.586,22    01.06.2011      
    8    Umsatzsteuer    2011           -      5.082,31    01.06.2012      
    9    Umsatzsteuer    2012           -      5.755,10    01.06.2013      
    10    Umsatzsteuer    2013           -      6.179,37    01.06.2014      
    11    Umsatzsteuer    2014           -      6.248,34    01.06.2015      
        Gesamtverkürzung            108.382,34        

    21

    Hinsichtlich des Falles 6 liegt eine versuchte Steuerhinterziehung vor.“

    22

    Die Strafe ist seit dem 15. Juli 2018 erlassen.

    23

    Wegen des Verdachts, der Beklagte gehe während der Dienstzeit in erheblichem Umfang seiner Nebentätigkeit als Hausverwalter nach, waren Anfang Mai 2015 der Outlook-Account und das persönliche H-Laufwerk des Beklagten im dienstlichen Netzwerk des Polizeipräsidiums überprüft worden. Hierbei war festgestellt worden, dass sich in dem Ordner „eigene Dateien“ insgesamt 674 Dateien in 166 Unterordnern befanden, die nach Datei- bzw. Ordnernamen im Zusammenhang mit seiner Nebentätigkeit standen. Im „Outlook-Postfach“ befanden sich 70 E-Mails mit offensichtlichem Bezug zur Nebentätigkeit . Eine Recherche in den polizeilichen Datenbanken hatte zu einer Anzeige des Beklagten wegen fahrlässiger Brandstiftung gegen einen Nachbarn geführt, in der der Beklagte als ausgeübten Beruf „Wohnungsverwalter“ angegeben hatte. Eine daraufhin erfolgte Nachfrage bei der Gewerbeaufsicht hatte ergeben, dass der Beklagte im Juni 2006 ein Hausverwaltungsgewerbe auf seinen Namen angemeldet hatte. Aufgrund dieser Erkenntnisse war am 13. Mai 2015 gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden wegen des Verdachts, er habe dienstliche Mittel für die Ausübung seiner Nebentätigkeit eingesetzt und seine Arbeitszeit zum überwiegenden Teil für die nebenberuflichen Tätigkeiten genutzt. Das Verfahren war mit dem o.g. Verfahren wegen Steuerhinterziehung  verbunden und das Ermittlungsverfahren bezüglich des gegen den Beklagten gerichteten Betrugsvorwurfs sodann vor dem Strafbefehlsantrag nach § 154 StPO eingestellt worden.

    24

    Mit Verfügung vom 29. Juni 2016 wurde gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Ihm wurde wegen des dem Strafbefehl zugrunde liegenden Verhaltens ein Verstoß gegen die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht zur Last gelegt (Teilsachverhalt 1). Ferner wurde ihm – unter Hinweis auf in seinem Dienstcomputer auf dem Home-Laufwerk im Unterordner „Eigene Dateien“ aufgefundene 674 Dateien in 166 Unterordnern sowie in Outlook festgestellte 70 E-Mails mit Bezug zu seiner Nebentätigkeit – vorgeworfen, im Dienst in seiner damaligen Funktion als Dienstgruppenleiter dienstpflichtwidrig seiner Nebentätigkeit als Hausverwalter unter Nutzung des dienstlichen Rechners und Druckers nachgegangen zu sein. Dies begründe den Verdacht einer Verletzung der Pflichten zu innerdienstlichem Wohlverhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG), zur Uneigennützigkeit (§ 34 S. 2 BeamtStG) und zum vollen persönlichen Einsatz (§ 34 S. 1 BeamtStG) (Teilsachverhalt 2). Schließlich habe er am 28. Oktober 2014 einen Freund während der Dienstzeit mit dem Streifenwagen vom Bahnhof Siegburg abgeholt, anschließend mit zur Wache genommen und den Mitarbeiter PKH Seifer zur „Übernahme“ der Fahrt veranlasst. Auch hierdurch habe er gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verstoßen (Teilsachverhalt 3).

    25

    Mit Verfügung vom 20. Juli 2016 wurde das Disziplinarverfahren auf weitere vier Teilsachverhalte ausgedehnt. Dem Beklagten wurde zusätzlich zur Last gelegt, gegen seine Dienstpflichten verstoßen zu haben, indem er von 2004 bis Anfang 2012 einer genehmigungspflichtigen Nebentätigkeit ohne Genehmigung nachgegangen sei (Teilsachverhalt 1), indem er in den Jahren 2011 bis 2014 keine Aufstellung über die Einnahmen aus der Nebentätigkeit vorgelegt habe, obwohl diese die nicht meldepflichtige Summe von 1.200 Euro deutlich überstiegen hätten (Teilsachverhalt 2), indem er entgegen den Angaben in seinen Anträgen sowie den Auflagen in den am 5. März 2012 und 27. Februar 2015 erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen der Nebentätigkeit während der Dienstzeit nachgegangen sei (Teilsachverhalt 3) und indem er entgegen der erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung am 12. März 2015 – ungeachtet einer Krankmeldung bei der Dienststelle – eine Eigentümerversammlung der xxx-straße 27-29 in Köln geleitet habe (Teilsachverhalt 4).

    26

    Mit Verfügung vom 22. August 2016 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben. Mit Schreiben vom 23. März 2017 wurde ihm das Ergebnis der Ermittlungen vom 22. März 2017 übersandt. Auf seinen Antrag wurde der Personalrat beteiligt. Dieser teilte unter dem 11. Mai 2017 mit, zur beabsichtigten Erhebung einer Disziplinarklage keine Stellungnahme abzugeben.

    27

    Mit Verfügung vom 6. November 2017 wurde die Einbehaltung von 30 % der monatlichen Dienstbezüge des Beklagten angeordnet. Der hiergegen gerichtete Aussetzungsantrag des Beklagten blieb in zweiter Instanz erfolglos (Beschluss des VG Düsseldorf vom 7. Dezember 2017 – 35 L 5558/17.O –, Beschluss des Senats vom 9. Oktober 2018 – 3d B 16/18.O –).

    28

    Der Kläger hat bereits am 9. Juni 2017 Disziplinarklage erhoben. Er wirft dem Beklagten unter Zugrundelegung des vom Strafbefehl des Amtsgerichts Köln vom 4. Mai 2016 – Az. 584 Cs 165/16 – erfassten Sachverhalts und der weiteren in der Einleitungsverfügung vom 29. Juni 2016 und der Ausdehnungsverfügung vom 20. Juli 2016 beschriebenen weiteren sechs Teilsachverhalte vor, vorsätzlich und schuldhaft gegen seine Pflichten zum inner- und außerdienstlichen Wohlverhalten, zur uneigennützigen Amtsführung, zum vollen persönlichen Einsatz, zum Gehorsam, zur Gesunderhaltung und Genesung sowie gegen die Wahrheitspflicht aus §§ 34, 35 BeamtStG, gegen §§ 49 und 53 LBG sowie gegen § 15 NtV verstoßen zu haben und damit ein schwerwiegendes Dienstvergehen im Sinne des § 47 BeamtStG begangen zu haben. Hierdurch habe er das Vertrauen des Dienstherrn verloren. Wegen der Einzelheiten wird auf die Disziplinarklageschrift vom 6. Juni 2017 [Bl. 1 – 23 der Gerichtsakte] Bezug genommen.

    29

    Der Kläger hat beantragt,

    30

    den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.

    31

    Der Beklagte hat beantragt,

    32

    die Klage abzuweisen.

    33

    Er hat geltend gemacht, die Klageschrift leide an wesentlichen Mängeln im Sinne des § 54 Abs. 1 LDG NRW, weil sie nicht sämtliche für die Maßnahmebemessung erheblichen Gesichtspunkte und Beweismittel aufführe. Die erhobenen Vorwürfe seien zutreffend. Der Sachverhalt tue ihm unendlich leid. Die finanziellen Ausmaße seiner Nebentätigkeit seien ihm nicht bewusst gewesen; das Ganze sei ihm über den Kopf gewachsen. Er könne allerdings nicht nachvollziehen, dass das Vertrauensverhältnis zu seinem Dienstherrn zerstört sei. Eine Steuerhinterziehung, die als schwerste ihm vorgeworfene Dienstpflichtverletzung Ausgangspunkt der Maßnahmebemessung sei, führe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei fehlendem Dienstbezug erst bei einem siebenstelligen Eurohinterziehungsbetrag zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Dieser Schwellenwert sei nicht erreicht. Zu seinen Gunsten sei weiter zu berücksichtigen, dass er sich bei der Aufklärung stets kooperativ gezeigt habe, sofort geständig gewesen sei und den Schaden ausgeglichen habe. Hierfür habe er seine Wohnung verkauft und ein Darlehn aufgenommen. Die von Kollegen mitgehörten Telefonate hätten nicht immer der Wohnungsverwaltung gedient, sondern vielfach im Zusammenhang mit der Renovierung seiner eigenen Wohnungen gestanden. Auch die auf dem Dienstrechner aufgefundenen Dateien bezögen sich teilweise auf seine privat genutzte Wohnung. Er habe nie seine Dienstpflichten vernachlässigt. Er habe viele Jahre in verantwortungsvoller Position unbeanstandet seinen Dienst verrichtet. Es sei nicht zu erkennen, dass er untragbar geworden sei.

    34

    Das Verwaltungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2017 das Disziplinarverfahren gemäß § 55 Abs. 1 LDG NRW durch Ausscheiden des Vorwurfs beschränkt, der Beklagte habe einen Freund mit einem Dienstwagen vom Bahnhof abgeholt (Teilsachverhalt 3 der Einleitungsverfügung). Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, hat es den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

    35

    Der Beklagte hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 6. Dezember 2017 zugestellte Urteil am 29. Dezember 2017 Berufung eingelegt und diese innerhalb der antragsgemäß verlängerten Begründungsfrist am 1. Februar 2018 mit an das Verwaltungsgericht gerichtetem Schriftsatz wie folgt begründet:

    36

    Der in Rede stehende Steuerhinterziehungsbetrag in nicht verjährter Zeit von 108.382,34 EUR sei entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht als außergewöhnlich hoch zu bewerten. Er sei weit von dem vom Bundesverwaltungsgericht für maßgeblich gehaltenen siebenstelligen Betrag entfernt und befinde sich am ganz unteren Rand des sechsstelligen Bereichs. Ein erheblich gesteigerter Unrechtsgehalt lasse sich auch nicht daraus herleiten, dass er steuererhebliche Tatsachen nicht lediglich verschwiegen, sondern auch falsche Tatsachen angegeben habe. Eine solche Gemengelage von Verschweigen und unzutreffendem Vorbringen steuerrechtlich erheblicher Umstände liege in der Mehrzahl steuerstrafrechtlicher Delikte vor. Die strafrechtliche Sanktionierung seines Handelns liege mit acht Monaten Gesamtfreiheitsstrafe zudem deutlich unterhalb des Strafmaßes von einem Jahr, bei dem das Beamtenverhältnis bereits kraft Gesetzes geendet hätte. Dies spreche eher dafür, dass von seiner Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könne. Beim Blick auf den zehn Jahre überschreitenden Zeitraum der Tatbegehung sei die nicht besonders bedeutende Höhe der jährlichen Hinterziehungsbeträge zu berücksichtigen. Zu Recht habe das Verwaltungsgericht bei Fehlen anerkannter Milderungsgründe als entlastende Aspekte seines Persönlichkeitsbildes sein sofortiges Geständnis nach Tatentdeckung und seine Kooperation im Straf- und Disziplinarverfahren als Belege für seine Bereitschaft, Verantwortung für sein Tun zu übernehmen, sowie den Ausgleich der Steuerschuld berücksichtigt. In den Blick zu nehmen sei darüber hinaus seine über Jahrzehnte dauernde beanstandungsfreie Dienstausübung. Er habe sich ausschließlich das streitgegenständliche Fehlverhalten zu Schulden kommen lassen. Die strafrechtliche Sanktionierung und das Disziplinarverfahren hätten ihn persönlich stark betroffen. Es sei sich der Tragweite seiner Verfehlung bewusst, die nicht zu entschuldigen oder zu relativieren sei. Gleichwohl ergebe die Abwägung der für ihn sprechenden Umstände mit dem Gewicht des Dienstvergehens, dass von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Abstand genommen werden könne und allenfalls eine Zurückstufung auszusprechen sei.

    37

    Der Beklagte beantragt,

    38

    das angefochtene Urteil zu ändern und die Disziplinarklage abzuweisen, hilfsweise, auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

    39

    Der Kläger beantragt,

    40

    die Berufung zurückzuweisen.

    41

    Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht geltend: Vorliegend sei von einer außergewöhnlichen Höhe des Steuerhinterziehungsbetrages auszugehen. Dies sei nach der Rechtsprechung bereits bei einem Betrag im fünf- bis sechsstelligen DM-Bereich der Fall. Ungeachtet dessen, dass ein siebenstelliger Betrag nicht erreicht sei, sei der Beklagte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil in seinem Fall zusätzliche erschwerende Gesichtspunkte bestünden. Die Pflichtverletzung weise einen Dienstbezug auf. Auch habe der Beklagte steuerlich erhebliche Tatsachen aktiv bewusst falsch vorgetragen. Für die Schwere des Vergehens spreche bereits, dass das Strafgericht gegen ihn als Ersttäter eine Freiheitsstrafe verhängt habe.

    42

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die in dem Protokoll der mündlichen Verhandlung im Einzelnen bezeichneten Beiakten, wie sie dem Senat vorgelegen haben, Bezug genommen.

    43

    Entscheidungsgründe:

    44

    Die Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht aus dem Beamtenverhältnis entfernt.

    45

    I. In tatsächlicher Hinsicht trifft der Senat hinsichtlich der dem Beklagten zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen, soweit sie nach der durch das Verwaltungsgericht vorgenommenen Beschränkung noch Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind, dieselben Feststellungen wie das Verwaltungsgericht und verweist insofern auf Seite 8, Absätze 2 bis 6 des angefochtenen Urteils, die dort – mit zwei Korrekturen von offenkundigen Fehlern – in Bezug genommenen tatsächlichen Feststellungen im Strafbefehl des Amtsgerichts Köln vom 4. Mai 2016 – 584 Cs 165/16 –, Beiakte 11, Blatt 245 bis 246, sowie die Schilderungen zum tatsächlichen Geschehen auf den Seiten 8, zweiter Absatz, bis 9, dritter Absatz, und 10, zweiter Absatz, bis 12, erster Absatz, der Disziplinarklageschrift vom 6. Juni 2016, auf die das Verwaltungsgericht ebenfalls verwiesen hat. Der Beklagte hat die Richtigkeit der erhobenen Tatvorwürfe ohne Einschränkung eingeräumt. Auch unter Berücksichtigung des Inhalts der vorliegenden Akten bestehen hieran keine Zweifel.

    46

    II. Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht auch in seiner Bewertung, dass der Beklagte ein teils außer-, teils innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des zu den Tatzeitpunkten jeweils geltenden § 83 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LBG NRW in der bis zum 31. März 2009 geltenden Fassung – LBG NRW a.F. – bzw. danach § 47 Abs. 1, Sätze 1 und 2 BeamtStG begangen hat, indem er vorsätzlich und schuldhaft gegen seine Pflichten zu inner- und außerdienstlichem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten (§ 57 Satz 3 LBG NRW a.F., § 34 Satz 3 BeamtStG), zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 57 Satz 1 LBG NRW a.F., § 34 Satz 1 BeamtStG), zur Wahrhaftigkeit in dienstlichen Angelegenheiten (§§ 57 Satz 3 i.V.m. 58 Satz 1 LBG NRW a.F., §§ 34 Satz 3, 35 Satz 1 BeamtStG) verstoßen und die Vorschriften über die Genehmigung von Nebentätigkeiten (§ 68 Abs. 1 LBG NRW a.F., § 49 Abs. 1 LBG NRW) und die Meldung und Aufstellung von Nebeneinnahmen (§ 71 LBG NRW a.F., § 53 LBG NRW und § 15 NtV) verletzt hat. Insoweit wird auf dessen Ausführungen auf S. 9, zweiter Absatz, bis Seite 10, vorletzter Absatz, des angefochtenen Urteils verwiesen, denen sich der Senat aufgrund eigener Überzeugungsbildung anschließt. Zu ergänzen ist, dass die Ausübung der Nebentätigkeit im Dienst unter Nutzung dienstlicher Mittel gegen § 70 Abs. 1 Satz 1 LBG a.F., § 52 Abs. 1 Satz 1 LBG sowie die Verpflichtung zur Uneigennützigkeit (§ 57 Satz 2 LBG NRW a.F. § 34 Satz 2 BeamtStG) verstieß und dem Inhalt der erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen zuwider lief, sodass der Beklagte insofern seine Gehorsams- bzw. Folgepflicht (§ 58 Satz 2 LBG NRW a.F, § 35 S. 2 BeamtStG) verletzte.

    47

    III. Wegen dieses Dienstvergehens hat das Verwaltungsgericht den Beklagten zu Recht aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Bei einer prognostischen Gesamtwürdigung sämtlicher be- und entlastenden Umstände des Falles ist er im Beamtenverhältnis untragbar; er hat das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit unwiederbringlich verloren (§ 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW).

    48

    1. Die Auswahl der im Einzelfall erforderlichen Disziplinarmaßnahme richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 Sätze 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 LDG NRW nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Dazu sind die genannten Bemessungskriterien mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht zu ermitteln und in die Entscheidung einzustellen, um dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) zu genügen. Die Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.

    49

    Vgl. entsprechend zu § 13 BDG BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 – 2 C 63.11 –, BVerwGE 147, 229 = juris Rn. 13 m.w.N.

    50

    Gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn er das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Dies ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen. Je schwerer das Dienstvergehen wiegt, desto näher liegt eine derartige Prognose.

    51

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 31 m.w.N.

    52

    Für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme im Sinne des § 5 Abs. 1 LDG NRW ist die Schwere des Dienstvergehens nach § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW maßgebendes Bemessungskriterium. Bei der Auslegung des Begriffs "Schwere des Dienstvergehens" ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) und unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (z.B. materieller Schaden). Das Dienstvergehen ist nach der festgestellten Schwere einer der im Katalog des § 5 LDG NRW aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist.

    53

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 29 m.w.N.

    54

    2. Das von dem Beklagten begangene Dienstvergehen wiegt so schwer, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis indiziert ist.

    55

    Setzt sich ein Dienstvergehen aus mehreren Dienstpflichtverletzungen zusammen, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung.

    56

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 08.09.2004 – 1 D 18.03 –, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 = juris Rn. 47.

    57

    Das ist hier ungeachtet ihrer außerdienstlichen Begehung und des erheblichen Gewichts der innerdienstlichen Pflichtenverstöße des Beklagten bei Ausübung seiner Nebentätigkeit die durch das Amtsgericht Köln durch Strafbefehl mit einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe belegte Steuerhinterziehung. Diese wiegt schon für sich genommen so schwer, dass die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis nahe liegt. Unter Berücksichtigung der zusätzlichen Verfehlungen ist das Fehlverhalten insgesamt von einer Schwere, die die Verhängung der Höchstmaßnahme indiziert.

    58

    a) Zur disziplinaren Maßnahmebemessung hat sich bei einem außerdienstlichen Dienstvergehen, das – wie hier – ein strafbares Verhalten zum Gegenstand hat, die Zuordnung zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von § 5 Abs. 1 LDG NRW in einer ersten Stufe am gesetzlichen Strafrahmen zu orientieren, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert eines Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat. Der Beklagte hat außerdienstlich Einkommensteuer- und Umsatzsteuerhinterziehungen begangen. Dabei handelt es sich um Straftaten, die das Gesetz mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (§ 370 Abs. 1 AO) bedroht. Die disziplinarrechtliche Ahndung bis hin zur disziplinaren Höchstmaßnahme ist damit eröffnet.

    59

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.12.2015 – 2 C 50.13 –, NVwZ-RR 2016, 421 = juris Rn. 15 und 22.

    60

    b) Zur Bestimmung der Schwere des begangenen Dienstvergehens kann im Falle einer außerdienstlich begangenen Straftat auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von den Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden. Dies folgt aus § 51 Abs. 1 Nr. 1 LBG NRW a.F. bzw. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, die direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpfen. Unterhalb der in diesen Vorschriften genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar regelmäßig keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von Bedeutung ist.

    61

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.2015 – 2 C 9.14 –, BVerwGE 152, 228 = juris Rn. 37.

    62

    Die strafrechtliche Sanktionierung spricht hier für die Bewertung des Fehlverhaltens als schwerwiegendes Dienstvergehen, bei dessen disziplinarrechtlicher Ahndung die Höchstmaßnahme in den Blick zu nehmen ist. Das Amtsgericht Köln hat den Beklagten wegen der Steuerhinterziehungsdelikte mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten belegt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Damit hat es bei einer fehlenden Vorbelastung des Beklagten ein ganz erhebliches strafrechtliches Sanktionsbedürfnis zum Ausdruck gebracht. Auch wenn das Strafmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe, das nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LBG NRW a.F. bzw. § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG schon kraft Gesetztes zur Beendigung des Beamtenverhältnisses führt, um vier Monate unterschritten ist, dokumentiert sich bereits hierin eine ganz erhebliche Schwere seines außerdienstlichen strafbaren Tuns.

    63

    c) Die konkreten Einzelumstände der Steuerhinterziehungstaten des Beklagten untermauern die Bewertung als sehr schwerwiegende außerdienstliche Verfehlungen.

    64

    Eine Steuerhinterziehung hat schon für sich genommen Gewicht. Dies zeigt die in § 370 AO vorgesehene Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Begeht ein Beamter eine derartige Tat, fällt ihm zur Last, dass er durch kriminelles Verhalten den staatlichen Steueranspruch mindert, obwohl er durch öffentliche Mittel alimentiert wird. Das beeinträchtigt in erheblichem Maß sein eigenes und das Ansehen der Beamtenschaft insgesamt, auf das der freiheitliche Rechtsstaat in besonderem Maße angewiesen ist, wenn er die ihm gegenüber der Allgemeinheit obliegenden Aufgaben sachgerecht erfüllen will. Zugleich führt es zu erheblichen Zweifeln an der Vertrauenswürdigkeit des Beamten.

    65

    Für die Auswahl der Disziplinarmaßnahme kommt es bei außerdienstlich begangenen Steuerhinterziehungen ohne dienstlichen Bezug wegen der großen Variationsbreite der möglichen Verfehlungen, insbesondere wegen der sehr unterschiedlichen Hinterziehungsbeträge, auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an.

    66

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 34.

    67

    Ein Grundsatz des Inhalts, dass die disziplinare Höchstmaßnahme von vornherein ausschiede, wenn die hinterzogenen Steuern nicht wenigstens einen siebenstelligen Euro-Betrag erreichten, besteht dabei nicht. Eine solche Regel lässt sich auch dem vorgenannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht entnehmen. Zum einen betraf das Urteil außerdienstliche Steuerhinterziehungen ohne jeden Dienstbezug. Weder ließen sie nachteilige Rückschlüsse auf die Erfüllung der Dienstpflichten zu noch waren sie geeignet, die für die Amtsführung unabdingbare Autorität zu beeinträchtigen. Ihre disziplinarrechtliche Relevanz folgte aus dem erheblichen Ansehensschaden, den der seinerzeitige Beklagte durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hatte.

    68

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 25; sowie Beschluss vom  27.12.2017 – 2 B 18.17 –, juris Rn.12, 23.

    69

    Hierum geht es im Streitfall, in dem einem Polizeivollzugsbeamten vorsätzliche Straftaten zur Last fallen, schon im Ansatz nicht. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in dem vom Beklagten angesprochenen Urteil ausgeführt hat, die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts kämen in Betracht, wenn der Hinterziehungsbetrag einen siebenstelligen Euro-Betrag erreiche, folgt daraus nicht etwa im „Umkehrschluss“, dass die disziplinare Höchstmaßnahme bei geringeren Hinterziehungsbeträgen ungeachtet der weiteren Umstände des Falles ausgeschlossen wäre. Vielmehr kann auch bei geringeren Hinterziehungsbeträgen die Höchstmaßnahme gerechtfertigt sein, wenn im Einzelfall erschwerende Gesichtspunkte hinzutreten.

    70

    Vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Juli 2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 34, und vom 26. November 1997 – 1 D 57.97 –, BVerwGE 113, 166 = juris Rn. 17 ff.

    71

    Insbesondere in Fällen, in denen eine außerdienstliche Steuerhinterziehung einen dienstlichen Bezug aufweist, kommt der Höhe der hinterzogenen Steuern für die Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens keine ausschlaggebende Bedeutung zu.

    72

    Vgl. Beschluss vom  27.12.2017 – 2 B 18.17 –, juris Rn.12.

    73

    Hier sind sowohl eine ganz erhebliche Deliktsschwere als auch ein Dienstbezug festzustellen.

    74

    Festzuhalten ist zunächst, dass der dem Beklagten im Strafbefehl des Amtsgerichts Köln zur Last gelegte – unverjährte – Steuerschaden sich – einschließlich einer lediglich versuchten Einkommensteuerverkürzung i.H.v. 13.168,00 EUR für 2014 – auf mehr als 108.000,00 EUR beläuft, also ungeachtet der fehlenden Siebenstelligkeit des Schadensbetrages außergewöhnlich hoch ist. Schon bei einem sechsstelligen DM-Betrag hat das Bundesverwaltungsgericht eine "außergewöhnliche Höhe" des Hinterziehungsbetrags angenommen.

    75

    Vgl. BVerwG, Urteile vom 08.09.2004 – 1 D 18.03 –, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 = juris Rn. 47, und vom 28.07.2011 – 2 C 16.10 –, BVerwGE 140, 185 = juris Rn. 34.

    76

    Bei einem Steuerschaden im fünf- bis sechsstelligen Bereich, hat das Bundesverwaltungsgericht schon wegen der Schadenshöhe die Verhängung einer Dienstgradherabsetzung für angemessen erklärt.

    77

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 08.09.2004 – 1 D 18.03 -, Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 = juris Rn. 47 m.w.N. -.

    78

    Der Unrechtsgehalt eines Steuerdelikts wird zudem nicht allein durch die nominelle Höhe des Hinterziehungsbetrages gekennzeichnet. Eine schematische, quasi „tarifmäßige“ Betrachtung gestaffelt nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages ist nicht möglich.

    79

    Vgl. für das Strafrecht BGH, Urteil vom 02.12.2008 – 1 StR 416/08 –, BGHSt 53, 71 =

    80

    juris Rn. 24, zur Strafzumessung nach § 46 StGB.

    81

    Hier wird der bereits aufgrund der außergewöhnlichen Höhe des Hinterziehungsbetrages erhebliche Unrechtsgehalt der Taten dadurch gesteigert, dass der Beklagte es nicht lediglich pflichtwidrig unterlassen hat, den Finanzbehörden steuerlich erhebliche Tatsachen mitzuteilen, um dem Fiskus entstandene Steuern vorzuenthalten. Der Beklagte hat vielmehr zusätzlich falsche Tatsachen erklärt, nämlich zum einen das Bestehen eines Mietverhältnisses über einen Teil seiner selbst genutzten Wohnung vorgetäuscht und zum anderen falsche Dienstorte behauptet, um überhöhte Werbungskosten geltend machen zu können. Dies weist gegenüber dem Fall des bloßen Verschweigens steuerlich erheblicher Tatsachen einen deutlich höheren Unrechtsgehalt auf.

    82

    Vgl. BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08 –, BGHSt 53, 71 = juris Rn. 37 ff.

    83

    Mit den Falschangaben zu den Dienstorten instrumentalisierte der Beklagte zudem dienstliche Zusammenhänge.

    84

    Den Beklagten belastet weiterhin, dass sich sein steuerliches Fehlverhalten nicht nur auf eine Tat beschränkte. Fehlerhafte Angaben zu seinen Einkünften aus der Wohnungsverwaltung machte er bezogen auf elf Jahre (2004 bis 2014), wobei der Strafbefehl nur Steuerverkürzungen bezogen auf die Jahre 2009 bis 2014 ahndet. In den zwischen den jeweiligen Tathandlungen liegenden Zeiträumen hätte er ausreichend Gelegenheit gehabt, sich des Unrechts seines Verhaltens bewusst zu werden und von seinem rechtswidrigen Tun Abstand zu nehmen. Diese Gelegenheit hat er nicht genutzt.

    85

    Vgl. BVerwG, Urteile vom 28.11.2000 – 1 D 56.99 –, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr 23 = juris Rn. 30, und vom 09.09.1997 – 1 D 1.97 –, juris Rn. 26.

    86

    Den Beklagten belastet zudem, wie bereits ausgeführt, nachhaltig, dass die Steuerhinterziehungen einen Dienstbezug aufweisen. Er hat diese Delikte begangen, obwohl es seine Aufgabe als Polizist ist, Straftaten zu verhindern und aufzuklären. Diese wiederholte und langjährige Missachtung von Strafgesetzen begründet nachhaltige Zweifel an seiner Bereitschaft, seinen dienstlichen Aufgaben jederzeit gerecht zu werden. Insofern ist es nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass er zuletzt lange Jahre bei der Autobahnpolizei im Einsatz war. Abzustellen ist insofern auf das Statusamt des Beamten, nicht auf seine konkrete Funktion.

    87

    d) Mögen die vorgenannten Gesichtspunkte insgesamt für sich genommen die Steuerhinterziehungen des Beklagten möglicherweise als Grenzfall erscheinen lassen, in dem von einer Dienstentfernung noch abgesehen werden könnte, so verleihen jedenfalls die im Zusammenhang mit seiner Hausverwaltertätigkeit verbundenen innerdienstlichen Pflichtverstöße dem Dienstvergehen insgesamt ein derartiges Gewicht, dass allein die Verhängung der Höchstmaßnahme als Ausgangspunkt für die Maßnahmebemessung in Betracht kommt. Von besonderer Bedeutung ist hierbei, dass der Beklagte nicht nur seine Nebentätigkeit zunächst jahrelang ohne Genehmigung betrieb, später falsche Angaben über ihren Umfang machte und zu keinem Zeitpunkt seine Nebeneinnahmen ordnungsgemäß angab, sondern diese Nebentätigkeit auch noch in nennenswertem Umfang während seiner Dienstzeit und unter Nutzung dienstlicher Mittel ausübte. Diesen Umfang belegen die auf dem Dienstrechner aufgefundenen mehreren hundert Dateien in mehr als hundert Unterverzeichnissen, von denen viele die Bezeichnung von vom Beklagten verwalteten Immobilien tragen. Diese Verfolgung eigener Erwerbsinteressen unter Nutzung dienstlicher Mittel in Zeiten, in denen er sich ausschließlich seinen dienstlichen Aufgaben zu widmen hatte, verleiht auch der Ausübung der Nebentätigkeit durch den Beklagten ein besonderes Gewicht. Das zeigt sich unter anderem daran, dass der Gesetzgeber es für erforderlich hielt, die Ausübung von Nebentätigkeiten, deren Übernahme nicht auf dienstlicher Veranlassung beruhte, innerhalb der Arbeitszeit ausdrücklich zu verbieten (§ 70 Abs. 1 Satz 1 LBG a.F., § 52 Abs. 1 Satz 1 LBG). In diesem Zusammenhang ist im Blick zu behalten, dass für die Ahndung ungenehmigter Nebentätigkeiten ebenfalls der gesamte Maßnahmenkatalog zur Verfügung steht, wobei u.a. die Ausübung in Zeiten einer Krankschreibung oder Beeinträchtigungen der Erfüllung dienstlicher Aufgaben von Bedeutung sind.

    88

    Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.2018 – 2 B 4.18 –, DVBl 2018, 1556 = juris Rn. 20.

    89

    Nach den unbestrittenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts fällt dem Beklagten in einem Fall zur Last, eine Eigentümerversammlung an einem Tag geleitet zu haben, für den er sich krank gemeldet hatte. Ferner liegt auf der Hand, dass die Ausübung der Nebentätigkeit in den Diensträumen während der Dienstzeit unter Inanspruchnahme dienstlicher Mittel die dienstliche Aufgabenerfüllung beeinträchtigte: Er stand in dieser Zeit für den Dienst nicht zur Verfügung. Dabei entlastet den Beklagten nicht durchgreifend sein Vorbringen, seiner Nebentätigkeit in so genannten "Leerlaufzeiten" nachgegangen zu sein. Er war verpflichtet, seine Dienstzeiten – ausschließlich - für die Wahrnehmung dienstlicher Aufgaben zu nutzen. Im Falle der Unterforderung hätte es ihm oblegen, freie Kapazitäten für eine Effektivierung der Aufgabenerfüllung der von ihm geleiteten Dienstgruppe oder der Autobahnpolizeiwache zu nutzen oder sich um die Übertragung zusätzlicher Dienstaufgaben zu bemühen, statt in dieser Zeit die Alimentation, die der Dienstherr ihm für die geschuldete volle Hingabe an sein Amt gewährte, durch entgeltliche Erwerbstätigkeit "aufzubessern". Auch sein Versuch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, die Ausübung seiner Nebentätigkeit während der Dienstzeit herunterzuspielen, führt zu keiner wesentlich milderen Betrachtung. Sofern eine private Festplatte einen Defekt aufgewiesen haben sollte, hätte nichts näher gelegen, als diese zu ersetzen, statt zur "Datensicherung" auf dienstliche Geräte zuzugreifen. Die geringen Kosten für ein derartiges Gerät stehen zu den Erträgen aus seiner ungenehmigten Nebentätigkeit in keinem Verhältnis. Außerdem erklärt dieser angebliche Zweck ebenso wenig die von dem Beklagten eingeräumte Nutzung des dienstlichen Druckers, wie er mit der

    90

    – ebenso eingestandenen – Ausnutzung dienstlicher "Leerlaufzeiten" vereinbar ist.

    91

    3) Hat das Dienstvergehen des Beklagten hiernach insgesamt ein solches Gewicht, dass seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Disziplinarmaßnahme indiziert ist, so kommt es für die Bestimmung der im konkreten Einzelfall zu verhängenden Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild des Beklagten und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung nach § 13 Abs. 2 Satz 2 und 3 LDG NRW derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere indizierte Maßnahme geboten ist.

    92

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 63.11 –, BVerwGE 147, 229 = juris Rn. 17 m.w.N., sowie Beschluss vom 01.03.2012 – 2 B 140.11 –, USK 2012, 164 = juris Rn. 9.

    93

    Das ist nicht der Fall.

    94

    a) Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor, bei und nach Tatbegehung. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder ob es etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder psychischen Ausnahmesituation davon abweicht.

    95

    Vgl. BVerwG, Urteile vom 20.10.2005 – 2 C 12.04 –, BVerwGE 124, 252 = juris Rn. 25, und vom 29.05.2008 – 2 C 59.07 –, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 = juris Rn. 14; Beschlüsse vom 20.12.2013 – 2 B 35.13 –, NVwZ-RR 2014, 314 = juris Rn. 6, und vom 28.06.2010 – 2 B 84.09 –, juris Rn. 14.

    96

    aa) Von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte persönlichkeitsbezogene Milderungsgründe, die zum Absehen von der Höchstmaßnahme führten, liegen nicht vor. Für eine Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten, ein Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage, ein einmaliges persönlichkeitsfremdes Handeln in einer besonderen Versuchungssituation, eine schockartig ausgelöste psychische Ausnahmesituation oder eine schwierige, zwischenzeitlich überwundene negative Lebensphase, die den Beklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung „aus der Bahn geworfen“ hatte, sprechen keinerlei Anhaltspunkte.

    97

    Auch der Milderungsgrund einer freiwilligen Offenbarung des Dienstvergehens vor Tatentdeckung ist nicht gegeben. Der Beklagte hat das Dienstvergehen erst nach Aufdecken seiner Straftaten und im Angesicht einer erdrückenden Beweislage eingeräumt.

    98

    bb) Stehen dem Beklagten demnach keine in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts „anerkannten“ Milderungsgründe zur Seite, bedeutet dies allerdings nicht, dass die entlastenden Aspekte seines Persönlichkeitsbildes bei der Maßnahmebemessung unberücksichtigt bleiben dürften. Sie sind vielmehr auch dann, wenn sie keinen der anerkannten Milderungsgründe verwirklichen, insgesamt mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen.

    99

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2013 – 2 C 63.11 –, BVerwGE 147, 229 = juris Rn. 25; Beschlüsse vom 20.12.2013 – 2 B 35.13 –, NVwZ-RR 2014, 314 = juris Rn. 21, und vom 23.02.2012 – 2 B 143.11 –, juris Rn. 13.

    100

    Dabei bieten die anerkannten Milderungsgründe Vergleichsmaßstäbe für die Bewertung, welches Gewicht entlastenden Gesichtspunkten in der Summe zukommen muss, um eine Fortsetzung des Beamtenverhältnisses in Betracht ziehen zu können. Generell gilt, dass deren Gewicht umso größer sein muss, je schwerer das Dienstvergehen im Einzelfall wiegt.

    101

    Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 – 2 C 63.11 –, BVerwGE 147, 229 = juris Rn. 25; Beschluss vom 20.12.2013 – 2 B 35.13 –, NVwZ-RR 2014, 314 = juris Rn. 21.

    102

    Für den Beklagten spricht, dass er im Ermittlungsverfahren mit dem Finanzamt kooperiert, die ihm vorgeworfenen Straftaten im Straf- und Disziplinarverfahren eingeräumt und auch seine innerdienstlichen Verfehlungen zugestanden hat, wenngleich die Beweislage gegen ihn ohnehin erdrückend war. Dies zeigt seine Bereitschaft, im Ergebnis die Verantwortung für sein Fehlverhalten zu übernehmen. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens vermögen ihn diese Kooperation und die nach Entdeckung der Taten erfolgte geständige Einlassung indes nicht durchgreifend zu entlasten.

    103

    Die Begleichung der Steuerschulden spricht ebenfalls in gewissem Maße für den Beklagten. Auch hierzu war er jedoch rechtlich verpflichtet.

    104

    Auch die fehlende strafrechtliche und disziplinare Vorbelastung, die langjährige unbeanstandete Dienstausübung und die positiven Leistungsbeurteilungen des Beklagten haben weder für sich genommen noch in der Gesamtschau mit den bereits angesprochenen Gesichtspunkten ein anderes Abwägungsergebnis zur Folge. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die für Beamte generell Geltung beanspruchen (sollten). Dass ein Beamter nicht straffällig oder disziplinar auffällig wird und im Dienst ordentliche Leistungen erbringt, dürfen sowohl der Dienstherr als auch die Allgemeinheit als selbstverständliches Bemühen erwarten. Eine langjährige beanstandungsfreie Dienstleistung fällt jedenfalls bei gravierenden Dienstpflichtverletzungen, wie sie hier in Rede stehen, neben der Schwere des Dienstvergehens in aller Regel nicht durchgreifend mildernd ins Gewicht. Denn jeder Beamte ist verpflichtet, dauerhaft bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz der Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Die langjährige Erfüllung dieser Verpflichtung kann nicht dazu führen, dass die Anforderungen an das inner- und außerdienstliche Verhalten abgesenkt werden

    105

    Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.01.2013

    106

    – 2 B 63.12 –, juris Rn. 13 m.w.N.

    107

    Die guten Leistungen des Beklagten haben im Übrigen zu seiner Beförderung in sein zuletzt innegehabtes Statusamt der Besoldungsgruppe A 12 geführt.

    108

    Den Beklagten entlastet nicht, dass er sich bei dem Erwerb seiner Eigentumswohnungen, die er baulich zu einer Wohneinheit umgebaut hat, nach dem Wegfall des Unterhaltsanspruch seiner früheren Ehefrau wirtschaftlich "übernommen" haben will, wie er erklärt hat. Nach Erkenntnis dessen wäre es ihm möglich gewesen, sich wieder von den fraglichen Wohnungen zu trennen und etwa in eine seiner übrigen Eigentumswohnungen zu ziehen, statt sich für erforderlich gehaltene Finanzmittel durch Straftaten wie das Vortäuschen eines Mietverhältnisses gegenüber dem Finanzamt zu beschaffen.

    109

    Ebenso wenig kann der Beklagte sich mit Erfolg darauf berufen, nicht gewusst zu haben, wie er auf den Weg rechtmäßigen Verhaltens hätte zurückkehren sollen, nachdem er gegenüber dem Finanzamt einmal unrichtige Angaben gemacht hatte. Es hätte ihm jederzeit frei gestanden, sich der strafrechtlichen Verfolgung wegen früher begangener Steuerhinterziehungen vor Aufdeckung seiner Taten durch Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige gemäß § 371 AO zu entziehen.

    110

    Die vom Beklagten reklamierte Unkenntnis von der Höhe seiner im Laufe der Zeit aufgelaufenen, durch Steuerhinterziehung erlangten Vermögensvorteile sowie seine geltend gemachte Überforderung führen ebenfalls nicht zu einer durchgreifenden Milderung. Es ist nicht erkennbar, was etwa einer schlichten Aufsummierung seiner verschwiegenen Einnahmen entgegengestanden hätte. Auch die Steuervorteile aus unzutreffend geltend gemachten Aufwendungen sind unschwer zu ermitteln. Angesichts des Umfangs der Verwaltertätigkeiten, die der Beklagte im Tatzeitraum offenbar mit Erfolg ausgeübt hat, ist auch nicht nachvollziehbar, womit er im Zusammenhang mit der Abgabe zutreffender Erklärungen gegenüber dem Finanzamt überfordert gewesen sein sollte.

    111

    Die vom Beklagten angestellten Vermutungen zu Kollegen, die nach den von ihm im Jahr 2007 begonnenen Änderungen in der Dienstgruppe mit ihm noch "Rechnungen offen" gehabt hätten, führen zu keiner Entlastung. Für die ihm vorgeworfene Steuerhinterziehung wäre etwas Derartiges schon im Ansatz ohne Belang. Auch die ungenehmigte Nebentätigkeit als solche und deren Ausübung in den Diensträumen während der Dienstzeit stellt der Beklagte nicht in Abrede. Dass seine Verfehlungen dem Dienstherrn und der Steuerverwaltung im Wege anonymer Schreiben bekannt geworden sind, entlastet ihn nicht. Die Angaben in diesen Schreiben waren im Kern zutreffend. Hiermit verwirklichte sich ein Risiko, das er mit der Begehung dieser Dienstpflichtverletzungen selbst begründete.

    112

    b) Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 LDG NRW erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

    113

    Vgl. BVerwG, Urteile vom 29.05.2008 – 2 C 59.07 –, Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 = juris Rn. 15, und vom 20.10.2005 – 2 C 12.04 –, BVerwGE 124, 252 = juris Rn. 26.

    114

    Ob und gegebenenfalls inwieweit eine Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Entscheidend ist nicht die subjektive Einschätzung des jeweiligen Dienstvorgesetzten, sondern die Frage, inwieweit der Dienstherr bei objektiver Gewichtung des Dienstvergehens auf der Basis der festgestellten belastenden und entlastenden Umstände noch darauf vertrauen kann, dass der Beamte in Zukunft seinen Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen wird. Entscheidungsmaßstab ist ferner, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn die Gesamtwürdigung der bedeutsamen Gesichtspunkte ergibt, dass der Beamte auch zukünftig seinen Dienstpflichten nicht nachkommen wird oder die Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei seinem Verbleiben im Beamtenverhältnis nicht wiedergutzumachen ist.

    115

    Vgl. BVerwG, Urteile vom 22.06.2006 – 2 C 11.05 –, DokBer 2006, 310 = juris Rn. 24, und vom 20.10.2005 – BVerwG 2 C 12.04 – NVwZ 2006, 469 = juris Rdn. 26.

    116

    Die Würdigung aller Umstände unter Beachtung auch dieses Kriteriums führt bei prognostischer Beurteilung zu der Bewertung, dass der Dienstherr und die Allgemeinheit dem Beklagten nach dem von ihm begangenen sehr schweren Dienstvergehen kein Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung mehr entgegenbringen können und die von ihm zu verantwortende Ansehensschädigung des Berufsbeamtentums bei einem Fortbestehen seines Beamtenverhältnisses nicht wieder gutzumachen ist.

    117

    Der Beklagte hat als aus öffentlichen Mitteln alimentierter Polizeibeamter in Steuererklärungen für die Einkommensteuer betreffend sechs Veranlagungsjahre unwahre Angaben zu Einkünften und Werbungskosten gemacht, die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen unterlassen und hierdurch strafbar Einkommen- und Umsatzsteuern in Höhe von mehr als 108.000,00 EUR hinterzogen bzw. zu hinterziehen versucht. Auch in den fünf Jahren zuvor hatte er seine Einkünfte aus seiner Hausverwaltung bei seinen Einkommensteuererklärungen verschwiegen. Seine Nebentätigkeit als Hausverwalter hat er jahrelang ohne die dienstrechtlich erforderliche Nebentätigkeitsgenehmigung und nach Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen in unzulässigem Umfang ausgeübt, ohne jemals seine Nebeneinkünfte ordnungsgemäß anzugeben. Dabei erbrachte er die Tätigkeiten in nennenswertem Umfang während seiner Arbeitszeit und nutzte hierfür dienstliche Mittel wie Computer und Drucker.

    118

    Die demgegenüber in Betracht zu ziehenden entlastenden Gesichtspunkte, namentlich die Kooperation mit der Finanzverwaltung, die geständigen Einlassungen in Straf- und Disziplinarverfahren, die Begleichung der Steuerschuld und das im Übrigen beanstandungsfreie dienstliche und außerdienstliche Verhalten des Beklagten wiegen das ganz erhebliche Gewicht seines Fehlverhaltens nicht in einem Maße auf, dass die herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums auch bei Fortsetzung des Beamtenverhältnisses wieder gutgemacht und von dem Fortbestand eines Rests an Vertrauen in den Beklagten bei Dienstherrn und Allgemeinheit ausgegangen werden könnte. Vielmehr hat der Beklagte bei objektiver Betrachtung das Vertrauen seines Dienstherrn in eine zukünftige pflichtgemäße Berufsausübung als Polizeibeamter endgültig verspielt. Auch das Vertrauen der Allgemeinheit in seine Zuverlässigkeit und in seine korrekte Dienstausübung hat er verloren. Gründe, ihm einen Rest an Vertrauen zuzubilligen, sind nicht erkennbar. Er ist für den öffentlichen Dienst untragbar geworden.

    119

    3. Die Verhängung der Höchstmaßnahme verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Entfernung eines Beamten aus dem Dienst als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung den Zweck der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels hinreichender Milderungsgründe das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, zukünftig Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderlich und geeignet, um den aufgezeigten Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis - wie hier - endgültig und grundlegend zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen.

    120

    Vgl. BVerwG, Urteile vom 14.10.2003 – 1 D 2.03 –, ZBR 2004, 256 = juris Rn. 49, und vom 08.03.2005 – 1 D 15.04 –, Buchholz 232 § 77 BBG Nr. 24 = juris Rn. 49.

    121

    Die darin liegende Härte für den Beamten ist nicht unverhältnismäßig. Sie beruht auf dem ihm zurechenbaren vorangegangenen Fehlverhalten, wobei es für ihn vorhersehbar war, was er damit aufs Spiel setzte.

    122

    IV. Zu einer Abänderung des Unterhaltsbeitrags (§ 10 Abs. 3 Sätze 2 und 3 LDG NRW) besteht kein Anlass.

    123

    VI. Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs. 1 LDG NRW, § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 3 Abs. 1 LDG NRW, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

    124

    Ein Grund, die Revision zuzulassen, besteht nicht.