10.02.2020 · IWW-Abrufnummer 214025
Finanzgericht Düsseldorf: Urteil vom 29.10.2019 – 10 K 1908/15 H
Diese Entscheidung enhält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand:
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Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids, mit dem der Kläger für Steuerschulden des B (…) in Anspruch genommen wird.
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Der Kläger und B gründeten zum 01.01.1999 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gegenstand der Gesellschaft war der Betrieb einer physiotherapeutischen Praxis. Zum 31.10.1999 wurde die bisherige GbR aufgelöst. Zum 01.11.1999 gründeten der Kläger und die Ehefrau des B, Frau C (…), mit einem Anteil von jeweils 50 % eine neue GbR. Geschäftszweck war weiterhin der Betrieb einer physiotherapeutischen Praxis, und zwar unter der bisherigen Anschrift. Beide Gesellschafter verpflichteten sich, mindestens 30 Stunden für die GbR tätig zu sein. In dem Fragebogen zur Gründung einer Personengesellschaft vom 14.03.2000 wurde als steuerlicher Berater der GbR die Steuerberatungsgesellschaft S GmbH eingetragen, welche in den Feststellungserklärungen 1999 bis 2002 auch als Empfangsbevollmächtigte benannt wurde. Die GbR wurde zum 31.12.2002 beendet.
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Im Jahr 2005 wurde eine Außenprüfung bei der GbR durchgeführt, die zunächst nur das Jahr 2002 betraf und später auf die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2001 erweitert wurde. Die Prüfungsanordnungen wurden der S GmbH bekannt gegeben, welche während der Außenprüfung als Bevollmächtigte der GbR auftrat (u.a. mit Schreiben vom 04.10.2005, 10.10.2005, 12.10.2005 und 15.10.2005). Während der Außenprüfung wurde durch den Kläger eingeräumt, dass Scheinbelege als Betriebsausgaben erfasst worden seien und Einnahmen in erheblichen Umfang nicht verbucht worden seien.
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In dem vorläufigen Betriebsprüfungsbericht vom 20.02.2006 heißt es, dass sowohl der Kläger als auch C der Prüferin als Auskunftspersonen zur Verfügung gestanden hätten. Die Prüferin ermittelte erhebliche Gewinnerhöhungen (rd. 756.000 € in 2000, rd. 1,7 Mio. € in 2001 und rd. 636.000 € in 2002). Die Mehrgewinne rechnete sie dem Kläger und C je zur Hälfte zu.
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Die S GmbH nahm dazu mit Schreiben vom 15.03.2006 wie folgt Stellung: Aufgrund einer Überschuldung des B hätten der Kläger und B beschlossen, die zwischen ihnen bestehende GbR zum 31.10.1999 aufzulösen und die Geschäfte unter neuem Namen weiter zu betreiben. Auch nach dem 31.10.1999 sei B sowohl gegenüber den Mitarbeitern als auch im gesamten Außenverhältnis weiter aufgetreten. Allein B und der Kläger hätten die „schwarzen Abrechnungen“ und die Konten über die „Schwarzeinnahmen“ geführt. C habe für diese Konten keine Vollmacht gehabt und hiervon bis zur Außenprüfung nicht einmal gewusst. Unter Würdigung der Gesamtumstände sei deshalb C lediglich als Treuhänderin und B als Treugeber anzusehen. Letzterem ‒ und nicht C ‒ seien die hälftigen Einkünfte aus der GbR zuzurechnen.
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Die Prüferin folgte dem nicht, sondern erklärte den Betriebsprüfungsbericht mit Schreiben vom 31.05.2006 für endgültig.
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Am 22.06.2006 änderte das Finanzamt Z (Betriebstättenfinanzamt) die Bescheide der GbR für 1999 bis 2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Feststellungsbescheide) entsprechend den Feststellungen des Betriebsprüfungsberichts. In Auswertung dieser Bescheide erließ das Finanzamt Y (Wohnsitzfinanzamt) anschließend am 20.07.2006 geänderte Einkommensteuerbescheide für 1999 bis 2002 gegenüber den zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Eheleuten B/C. Im Einkommensteuerbescheid 2002 wurden bei C neben den Einkünften aus selbständiger Arbeit aus der A & C GbR i.H.v. 367.243 € auch noch Beteiligungseinkünfte aus anderen Gesellschaften erfasst (Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 116.388 €). Die Einkommensteuer 2002 wurde auf 212.088 € festgesetzt (vorher 7.772 €).
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Die S GmbH legte im Namen der GbR gegen die Feststellungsbescheide vom 22.06.2006 Einspruch ein, mit dem erneut beantragt wurde, die gegenüber C festgestellten Einkünfte stattdessen B zuzurechnen. Das Betriebstättenfinanzamt half dem Einspruch nach Anhörung des B mit Änderungsbescheiden vom 22.01.2007 ab. Es erfasste in den Feststellungsbescheiden vom 22.01.2007 sowohl den Kläger als auch B und C als Gesellschafter und rechnete diesen Personen Anteile am Gewinn i.H.v. „050/100“ (Kläger und B) bzw. „0/2“ (C) zu. Die Bescheide wurden ‒ wie auch schon die Vorgängerbescheide ‒ der S GmbH bekannt gegeben.
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Zudem legte die S GmbH auch gegen die gegenüber B und C ergangenen Einkommensteuer-Änderungsbescheide vom 20.07.2006 Einspruch ein, mit dem sie ‒ diesmal im Namen der Ehegatten ‒ wiederum geltend machte, dass die Einkünfte aus der GbR nicht C, sondern B zuzurechnen seien; zugleich wurde eine Aufteilung der Steuerschuld beantragt. Das Finanzamt Y gab dem Einspruch statt und erließ am 04.04.2007 u.a. einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2002, in dem die Einkünfte aus der GbR als Einkünfte des B erfasst sind (festgesetzte Einkommensteuer unverändert 212.088 €). Zudem erließ es am 04.04.2007 einen Aufteilungsbescheid zur Einkommensteuer 2002. Nach letzterem entfielen von der noch offenen Einkommensteuer 160.245 € auf B und 44.071 € auf C (einschließlich Nebenleistungen: 190.686 € für B und 53.919 € für C).
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Gegen den Kläger, B und C wurden Strafverfahren eingeleitet. Die Verfahren gegenüber dem Kläger und gegenüber C wurden nach § 153a StPO eingestellt, und zwar gegen Zahlung von 150.000 € (Kläger) bzw. 75.000 € (C). B wurde rechtskräftig wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Er hat seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt; sein konkreter Aufenthaltsort ist unbekannt.
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Mit Bescheid vom 22.10.2013 nahm der Beklagte den Kläger unter Verweis auf § 71 AO für Steuerschulden des B i.H.v. 250.789,31 € (Einkommensteuer 2002 nebst Nebenleistungen) in Haftung. C wird in dem Bescheid an keiner Stelle erwähnt. Vielmehr heißt es, dass der Kläger neben B Mitgesellschafter der „A und B GbR“ gewesen sei.
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Der Kläger legte gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein, mit dem er insbesondere die Ermessensausübung beanstandete. Er räumte ausdrücklich ein, sich wegen einer Steuerhinterziehung in mittäterschaftlicher Begehung mit B strafbar gemacht zu haben. Er verstehe jedoch nicht, warum eine Einkünftezurechnung auf B erfolgt sei; denn schließlich habe er die GbR mit C betrieben und im Betriebsprüfungsbericht seien die Einkünfte aus der GbR auch C zugerechnet worden. Von einem im Anschluss an die Betriebsprüfung durchgeführten Einspruchsverfahren wisse er nichts und auch von den Feststellungsbescheiden vom 22.01.2007 habe er erst anlässlich des Haftungsverfahrens Kenntnis erlangt.
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Dass C lediglich als Treuhänderin ihres Ehemanns gehandelt habe, sei erstmals nach Abschluss der Außenprüfung thematisiert worden. Es handele sich offensichtlich um einen Versuch des B, seine Ehefrau vor einer Strafverfolgung zu schützen. Die Annahme eines Treuhandverhältnisses zwischen C und B sei jedoch völlig fernliegend, zumal er ‒ der Kläger ‒ und C in den Jahren 2001 bzw. 2002 noch an vier weiteren Gesellschaften (zwei GmbHs, zwei GbRs) zu jeweils 50% beteiligt gewesen seien, ohne dass dort Treuhandverhältnisse angenommen worden seien. Ungeachtet dessen habe C von der hier gegenständlichen Steuerhinterziehung gewusst und sei als Mittäterin anzusehen; zumindest habe sie Beihilfe geleistet. Insbesondere sei C Kontoinhaberin des bei der X Bank geführten Schwarzgeldkontos Nr. …1 gewesen und habe auch Kontovollmacht für weitere Konten der GbR gehabt. B habe dagegen für Konten der GbR keine Vollmacht gehabt. Auch sei C im Außenverhältnis für die GbR aufgetreten, wie z.B. im Rahmen der Außenprüfung. Zudem sei sie es gewesen, die die anteiligen Gewinne aus der GbR vereinnahmt habe und hieraus erhebliches Vermögen aufgebaut habe.
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Da es kein Treuhandverhältnis gebe, seien die Einkünfte aus der GbR der C zuzurechnen. Diese sei mithin im Hinblick auf die von ihr als Gesellschafterin hinterzogenen Steuern Primärschuldnerin und nicht nur Haftungsschuldnerin. Sowohl der gegenüber den Ehegatten B / C ergangene ESt-Bescheid 2002 als auch der diesbezügliche Aufteilungsbescheid als auch der Feststellungsbescheid seien insoweit falsch.
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Aber selbst dann, wenn die Einkünfte tatsächlich B zuzurechnen seien und C lediglich Haftungsschuldnerin sei, sei der Haftungsbescheid rechtswidrig. Denn das Auswahlermessen sei nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden. Seien Haftungsschuldner ‒ wie im vorliegenden Fall ‒ gleichrangig an der Tat beteiligt, dann seien grundsätzlich beide Tatbeteiligte in Anspruch zu nehmen. Nur aufgrund einer einzelfallbezogenen Abwägung (Verweis auf den Beschluss des BFH vom 08.06.2007 ‒ VII B 280/06, BFH/NV 2007, 1822) könne es gerechtfertigt sein, nur einen der gleichrangig Haftenden in Anspruch zu nehmen. Im Streitfall falle diese einzelfallbezogene Abwägung eindeutig zu Lasten von C aus. C sei vorrangig in Haftung zu nehmen, da nur sie und nicht der Kläger den finanziellen Vorteil aus der Steuerhinterziehung ihres Ehemanns gezogen habe. Ungeachtet dessen habe der Beklagte allein ihn ‒ den Kläger ‒ in Haftung genommen. Deshalb sei die Ermessensausübung fehlerhaft. Zu beachten sei insoweit auch, dass er ‒ der Kläger ‒ seine eigenen Steuerschulden vollständig beglichen habe und er nunmehr für eine fremde Steuerschuld haften solle, während C, die erhebliches Vermögen besitze und bei der die Früchte aus der Steuerhinterziehung ihres Ehemanns noch vorhanden seien, gar nicht in Anspruch genommen werde.
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Der Beklagte setzte die Haftungsschuld mit Einspruchsentscheidung vom 20.05.2015 auf 162.835,03 € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Die Haftungsschuld wurde wie folgt ermittelt:
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ESt
SolZ
Festgesetzte Steuer lt. Bescheid
vom 04.04.2007
212.088 €,-
11.614,02 €
Steuer bei Ansatz der GbR-Einkünfte
wie vor Bp
57.742 €,-
3.124,99 €
Differenz
154.346 €,-
8.489,03 €
162.835,03 €
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Für die Prüfberechnung wurden die Besteuerungsgrundlagen aus dem Einkommensteuerbescheid 2002 der Eheleute B und C vom 04.04.2007 übernommen mit Ausnahme der für B angesetzten Einkünfte aus selbständiger Arbeit, welche von 367.243 € (Einkünfte aus der GbR nach Bp) auf 49.006 € (erklärte Einkünfte aus der GbR vor Bp) reduziert wurden.
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Im Übrigen führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung Folgendes aus: Der Kläger sei gem. § 71 AO als Steuerhinterzieher in Haftung genommen worden. Steuerhinterzieher dürften gem. § 219 Satz 2 AO in Haftung genommen werden, ohne dass es darauf ankomme, ob die Primärschuld beigetrieben werden könne. Auch sei in Fällen der Steuerhinterziehung das Entschließungsermessen vorgeprägt, und zwar in Form einer Ermessensreduzierung auf null (Verweis auf BFH, Urteil vom 26.02.1991 ‒ VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504; Beschluss vom 12.06.2004 ‒ VII B 99/13, BFH/NV 2015, 161; Urteil vom 07.03.2006 ‒ X R 8/05, BStBl II 2007, 594). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH seien das Entschließungs- und Auswahlermessen im Falle einer vorsätzlich begangenen Steuerstraftat in der Weise vorgeprägt, dass die Abgaben gegen den Steuerstraftäter festzusetzen seien und es einer besonderen Begründung der Ermessensausübung nicht bedürfe. Als weitere potentielle Haftungsschuldnerin sei C anzusehen. Ob C selbst Steuerschuldnerin sei, ihr die Einkünfte zuzurechnen seien oder sie als Mittäterin anzusehen sei, sei letztlich unerheblich. Denn es sei regelmäßig ermessensfehlerhaft, wenn die Behörde einen Gesamtschuldner, der sich ‒ wie hier der Kläger ‒ einer vorsätzlichen Steuerstraftat schuldig gemacht habe, von seiner abgabenrechtlichen Verpflichtung freistelle. So habe der BFH in dem vom Kläger zitierten Beschluss vom 08.06.2007 ‒ VII B 280/06 festgestellt, dass daran auch der Umstand nichts ändern könne, „dass weitere an der Hinterziehung möglicherweise Beteiligte den Haftungstatbestand in der gleichen Verschuldensform verwirklicht haben können“. Weiter heiße es, „die Nichtberücksichtigung eines weiteren Haftungsschuldners könnte die Ermessensausübung nur dann als fehlerhaft erscheinen lassen, wenn die Einbeziehung dieses Gesamtschuldners in die vorzunehmende Abwägung wahrscheinlich dazu geführt hätte, dass dieser vorrangig in Anspruch zu nehmen gewesen wäre und dass der eigentliche Haupttäter von einer Haftung hätte freigestellt werden müssen“. Im Streitfall hätten ‒ so der Beklagte ‒ die vom Kläger dargestellten Umstände, dass C Verfügungsbefugnis über die Schwarzgeldkonten gehabt habe und zwischen ihr und dem Kläger auch weitere Geschäftsbeziehungen bestanden hätten, selbst bei einer eventuellen Bejahung einer Steuerhinterziehung durch C nicht dazu geführt, dass der Kläger von einer Haftung hätte freigestellt werden müssen, da er zweifelsfrei als Steuerhinterzieher überführt worden sei. Eine Differenzierung nach der Rolle des jeweiligen Beteiligten im Tatgeschehen bzw. nach dem aus der Tat gezogenen Nutzen sei nicht geboten. Ein Steuerhinterzieher könne nicht beanspruchen, dass statt seiner ein gleichrangig haftender Mittäter in Anspruch genommen werde, selbst wenn die Haftungsschuld bei den übrigen Mittätern ebenso schnell und einfach nacherhoben werden könne (Verweis auf BFH, Urteil vom 12.02.2009 ‒ VI R 40/07, BStBl II 2009, 478).
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Der Kläger hat sodann Klage erhoben. Er wiederholt seinen bisherigen Vortrag und vertieft ihn wie folgt:
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Das Finanzamt sei bei Erlass des Feststellungsbescheids vom 22.01.2007 einfach dem Vortrag der S GmbH gefolgt, obwohl dieser Vortrag weder schlüssig gewesen sei noch glaubhaft gemacht worden sei und ohne dass er, der Kläger, auch nur ein einziges Mal angehört worden sei. Stattdessen habe das Betriebstättenfinanzamt den an der Außenprüfung gar nicht beteiligten B angeschrieben. Zu beachten sei auch, dass die S GmbH im Jahr 2006, als sie gegen die nach der Außenprüfung ergangenen Feststellungsbescheide Einspruch eingelegt habe, gar nicht mehr durch ihn, den Kläger, mandatiert gewesen sei. Die Mandatierung habe mit der Erstellung und Abgabe der ursprünglichen Feststellungserklärungen geendet, zumal die GbR am 31.12.2002 beendet worden sei. Zudem sei zu beachten, dass die in der Feststellungserklärung 2002 erteilte Empfangsvollmacht eine ausschließlich zusammen mit C betriebene Gesellschaft betroffen habe, während der Feststellungsbescheid vom 22.01.2007 für eine andere, nämlich eine mit B betriebene Gesellschaft ergangen sei.
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Gesellschafter der GbR seien ab dem 01.11.1999 ausschließlich er selbst und C gewesen. B habe ‒ wenn überhaupt ‒ allenfalls faktischer Geschäftsführer sein können, was an der Zurechnung der Einkünfte auf C jedoch nichts ändere. Diese habe im Jahr 2002 z.B. auch Sonderbetriebsausgaben geltend gemacht und in den Jahren 2001 und 2002 Entnahmen von rd. 97.000 € getätigt. In 2002 seien auf ihrem Konto bei der X Bank (Nr. …1) rd. 109.000 € von der GbR eingegangen. Aus diesen Geldmitteln habe sie sich im Jahr 2002 ein Grundstück in Spanien gekauft. Allein schon dieser Umstand spreche gegen das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses. Denn ein Treuhänder müsse das aus dem Treuhandverhältnis Erlangte an den Treugeber herausgeben und dürfe dieses nicht für eigene Zwecke verwenden. Offensichtlich handele es sich bei den Überlegungen zum Treuhandverhältnis um Gestaltungsüberlegungen, die erst nach der Außenprüfung angestellt worden seien mit dem Ziel, einen Zugriff des Finanzamts auf das Vermögen der C zu verhindern. C habe in einem Gespräch, das am 16.07.2015 im Büro des Prozessbevollmächtigen stattgefunden habe, vor Zeugen bestätigt, dass die vorbezeichnete „Gestaltungsmöglichkeit“ eine Idee ihres damaligen Steuerberaters D gewesen sei, mit der habe bezweckt werden sollen, dass C nicht die Steuerschulden ihres Ehemanns zu begleichen habe.
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Damit habe C an der Steuerhinterziehung eindeutig aktiv teilgenommen, weshalb der zu ihren Gunsten erfolgte ESt-Bescheid 2002 und der Aufteilungsbescheid jeglicher Rechtsgrundlage entbehren würden, was auch den hierauf gestützten Haftungsbescheid rechtswidrig mache.
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Zudem sei die Frist zum Erlass des Haftungsbescheids bereits am 31.12.2012 abgelaufen; die Steuerhinterziehung sei mit Ablauf des 31.12.2002 verwirklicht worden.
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Der Kläger beantragt,
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1. den Haftungsbescheid vom 22.10.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.05.2015 aufzuheben,
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2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Der Beklagte beantragt,
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1. die Klage abzuweisen,
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2. hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Er weist darauf hin, dass es unerheblich sei, ob der Feststellungsbescheid vom 22.01.2007 rechtmäßig sei. Denn jedenfalls sei er bestandskräftig. In den Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen 1999 bis 2002 sei von dem Kläger durch Unterschrift bestätigt worden, dass die S GmbH empfangsbevollmächtigt sei. Zudem enthielten die Erklärungsvordrucke den Hinweis, dass der benannte Empfangsbevollmächtigte im Feststellungsverfahren einspruchs- und klagebefugt sei. Infolgedessen sei der von der S GmbH im Namen der GbR eingelegte Einspruch wirksam und die an den Empfangsbevollmächtigten erfolgte Bekanntgabe der Änderungsbescheide vom 22.01.2007 wirke für und gegen alle Gesellschafter. Darauf, ob der Kläger von dem Einspruchsverfahren bzw. von den Änderungsbescheiden Kenntnis gehabt habe, komme es nicht an.
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Auch sei die Festsetzungsfrist bei Erlass des Haftungsbescheids am 22.10.2013 noch nicht abgelaufen. Denn diese habe nicht bereits mit Ablauf des Jahres 2002 begonnen, sondern erst mit der Bekanntgabe des unrichtigen Steuerbescheids. Ob dabei auf den Feststellungsbescheid 2002 vom 20.11.2003 oder den ESt-Bescheid der Eheleute A/C vom 30.06.2004 abzustellen sei, sei ohne Bedeutung, da die 10-jährige Festsetzungsfrist in beiden Fällen gewahrt sei.
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Nachrichtlich teilte der Beklagte mit, dass bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung keine Zahlungen auf die Haftungsschuld erfolgt seien.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Steuerakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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I. Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
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Der Haftungsbescheid vom 22.10.2013 ist in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung vom 20.05.2015 gefunden hat, rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
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1) Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist die Entscheidung über die Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners zweigliedrig (vgl. BFH-Urteil vom 20.09.2016 ‒ X R 36/15, BFH/NV 2017, 593 m.w.N.). Das Finanzamt hat zunächst zu prüfen, ob die Personen, die es zur Haftung heranziehen will, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Haftungsvorschrift erfüllen. Dabei handelt es sich um eine vom Gericht voll überprüfbare Rechtsentscheidung. Daran schließt sich die nach § 191 Abs. 1 AO zu treffende Ermessensentscheidung des Finanzamtes an, ob und wen es als Haftungsschuldner in Anspruch nehmen will. Diese auf der zweiten Stufe zu treffende Entscheidung ist gerichtlich nur im Rahmen des § 102 Abs. 1 FGO auf Ermessensfehler (Ermessensüberschreitung, Ermessensfehlgebrauch) überprüfbar. Prüfungsmaßstab hierfür ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Einspruchsentscheidung). Etwaige bei Erlass des Haftungsbescheids unterlaufene Ermessensfehler können im Einspruchsverfahren geheilt werden (vgl. § 121 Abs. 1, § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 AO).
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2) Im Streitfall liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme des Klägers gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 71 AO vor.
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Gemäß § 71 AO haftet, wer eine Steuerhinterziehung begeht oder an einer solchen Tat teilnimmt, für die verkürzten Steuern. Eine Steuerhinterziehung begeht gem. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO insbesondere, wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
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a) Derjenige, der durch unrichtige Angaben in der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO einen Feststellungsbescheid erwirkt hat, in dem den Beteiligten zu niedrige Einkünfte zugerechnet werden, erlangt hierdurch einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil im Sinne von § 370 Abs. 1 AO (BGH, Beschluss vom 10.12.2008 ‒ 1 StR 322/08, NJW 2009, 381). Denn der Feststellungsbescheid ist als Grundlagenbescheid für die Folgebescheide bindend (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO), und zwar ohne dass es darauf ankommt, ob die Feststellungen inhaltlich rechtmäßig sind. Die Bindungswirkung führt dazu, dass das für die Einkommensbesteuerung des jeweiligen Feststellungsbeteiligten zuständige Wohnsitzfinanzamt keine Möglichkeit hat, den Inhalt des Feststellungsbescheids zu überprüfen; vielmehr muss es dessen Inhalt ungeprüft in den jeweiligen Einkommensteuerbescheid übernehmen (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO). Damit aber hat der Täter bereits mit der Wirksamkeit des Grundlagenbescheids einen Vorteil erlangt. Denn er kann sicher sein, dass seine falschen Angaben im Feststellungsverfahren ohne weitere Zwischenschritte in die Festsetzung der Einkommensteuer einfließen werden.
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Vollendet ‒ aber nicht beendet ‒ wird die Tat bereits in dem Zeitpunkt, in dem der unrichtige Feststellungsbescheid wirksam wird. Für den Verjährungsbeginn der Steuerhinterziehung ist dagegen auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die durch die Übernahme der festgestellten unrichtigen Besteuerungsgrundlagen bei der Steuerfestsetzung in den Folgebescheiden bewirkte Steuerverkürzung eintritt. Erst mit der unzutreffenden Steuerfestsetzung, bei der es sich um einen weitergehenden Taterfolg handelt, wird die Tat beendet (BGH, Beschluss vom 10.12.2008 ‒ 1 StR 322/08, NJW 2009, 381).
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b) Unter Berücksichtigung der o.g. Grundsätze hat sich der Kläger einer Steuerhinterziehung i.S.d. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO schuldig gemacht. Denn er hat für die „A /B GbR“ u.a. eine unrichtige Feststellungserklärung für das Jahr 2002 eingereicht, in der erheblich zu niedrige Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt wurden. Dass er insoweit vorsätzlich gehandelt hat, hat der Kläger ausdrücklich eingeräumt. Der Taterfolg ist mit der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids 2002 vom 20.11.2003 eingetreten.
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Zudem sind zu den Zeitpunkten, in denen gegenüber den Feststellungsbeteiligten Einkommensteuerbescheide unter Ansatz der zu niedrig festgestellten Einkünfte ergangen sind, weitere Taterfolge eingetreten. In Bezug auf die Eheleute B / C war dies der Zeitpunkt der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids 2002 vom 30.06.2004. Auch insoweit war der Kläger Täter (und nicht bloß Gehilfe). Zwar mag sein primäres Endziel darauf gerichtet gewesen sein, die eigene Einkommensteuer zu verkürzen. Jedoch war dem Kläger bekannt, dass die Abgabe einer unrichtigen Feststellungserklärung dazu führen würde, dass nicht nur die eigenen Einkünfte, sondern auch die Einkünfte der übrigen Feststellungsbeteiligten zu niedrig festgestellt würden, was wiederum ‒ wie dargestellt ‒ aufgrund des Verhältnisses zwischen Grundlagenbescheid und Folgebescheid die zwangsläufige Folge haben würde, dass auch die Einkommensteuer der übrigen Feststellungsbeteiligten zu niedrig festgesetzt wird. Insoweit handelte er mit dolus directus zweiten Grades, welcher vorliegt, wenn der Taterfolg zwar nicht erstrebt, jedoch als sicher angesehen wird.
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Weitere Täterin (Mittäterin) war C, da diese ebenfalls die Feststellungserklärung 2002 in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit unterschrieben hat und damit den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO in gleichem Maße wie der Kläger verwirklicht hat.
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3) Der Haftungsbescheid vom 22.10.2013 ist innerhalb der Festsetzungsfrist ergangen.
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Gem. § 191 Abs. 3 Satz 2 AO beträgt die Festsetzungsfrist für den Erlass eines Haftungsbescheids in den Fällen des § 71 AO 10 Jahre. Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft (§ 191 Abs. 3 Satz 3 AO). Unter Berücksichtigung der unter 2a) dargestellten Grundsätzen wurde die Tat in Bezug auf die Einkommensteuer 2002 der Eheleute B/ C mit der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids 2002 vom 30.06.2004 beendet. Die Festsetzungsfrist begann mithin mit Ablauf des 31.12.2004 und endete frühestens mit Ablauf des 31.12.2014. Die Festsetzungsfrist ist allerdings auch dann gewahrt, wenn für den Verjährungsbeginn auf die Bekanntgabe des Feststellungsbescheids 2002 vom 20.11.2003 abgestellt würde; denn in diesem Fall wäre frühestens am 31.12.2013 und damit ebenfalls erst nach Erlass des Haftungsbescheids vom 22.10.2013 Verjährung eingetreten.
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4) Der angefochtene Haftungsbescheid ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
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a) Die Haftung nach § 71 AO erstreckt sich nur auf die verkürzten Steuern. Der Beklagte hat diesem Umstand zutreffend dadurch Rechnung getragen, dass er den Kläger nicht für die gesamte noch offene Einkommensteuer 2002 in Haftung genommen hat, sondern die festgesetzte Einkommensteuer um den Betrag gekürzt hat, der bei Ansatz der erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit (49.006 €) festzusetzen gewesen wäre. Auf diese Weise wurden Haftungsbeträge von 154.346 € (Einkommensteuer) und 8.489,03 € (Solidaritätszuschlag) ermittelt. Diese Beträge sind niedriger als die im Aufteilungsbescheid vom 04.04.2007 für B ausgewiesenen Anteile an den noch rückständigen Steuern (Einkommensteuer 160.245 €, Solidaritätszuschlag 8.810 €), so dass sich der Aufteilungsbescheid auf die Haftungssumme nicht auswirkt. Auch waren die Steuerschulden des B bei Erlass der Einspruchsentscheidung noch in voller Höhe offen.
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b) Mit dem Argument, dass der Einkommensteuerbescheid 2002 der Eheleute B/C falsch sei, insbesondere die Einkünfte aus der GbR dem falschen Ehegatten zugerechnet worden seien, kann der Kläger nicht durchdringen.
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aa) Zwar sind Einwendungen des Klägers gegen Grund und Höhe dieser sog. Primärschuld nicht gemäß § 166 AO ausgeschlossen, da er zu keinem Zeitpunkt berechtigt war, den Einkommensteuerbescheid der Eheleute B/C anzufechten. Die Einwände des Klägers beschränken sich jedoch darauf, dass die Einkünfte aus der GbR nicht B, sondern C zuzurechnen seien. Bei dieser Argumentation übersieht er, dass es für die Höhe der hinterzogenen Steuern ohne Bedeutung ist, ob die Einkünfte C oder B zugerechnet werden. Denn da die Eheleute B und C zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, werden ihre Einkünfte gem. § 26b EStG zusammengerechnet und die Einkommensteuer nach dem Gesamteinkommen festgesetzt. Die so ermittelte Einkommensteuer schulden die Ehegatten als Gesamtschuldner (§ 44 Abs. 1 Satz 1 AO). Daran ändert auch ein Aufteilungsbescheid i.S.d. § 268 AO nichts, da dieser lediglich die Vollstreckungsmöglichkeiten beschränkt, die Gesamtschuldnerschaft als solche jedoch unberührt lässt (vgl. BFH, Urteil vom 07.03.2006 ‒ X R 8/05, BStBl II 2007, 594).
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bb) Zudem besteht im Streitfall die Besonderheit, dass die Einkünfte, die zu der Verkürzung der Einkommensteuer 2002 geführt haben, gesondert und einheitlich festgestellt waren und sich damit einer Überprüfung im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung entziehen. Ein Folgebescheid kann nicht mit dem Argument angefochten werden, dass die in einem Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen falsch seien (§ 351 Abs. 2 AO).
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cc) Ungeachtet dessen kann der Kläger mit seinem Vortrag, dass die Einkünfte aus der GbR nur ihm und C zuzurechnen gewesen seien, im Haftungsverfahren aber auch schon deshalb nicht durchdringen, weil dem die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids vom 22.01.2007 entgegensteht. Durch diesen Bescheid wurde verbindlich festgestellt, dass an der GbR neben dem Kläger auch B und C beteiligt waren und dass auf B ein Anteil an den Gesamteinkünften i.H.v. 367.243 € entfällt und auf C 0 €.
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Der Akteninhalt gibt zwar Grund für die Annahme, dass diese Feststellungen falsch sein könnten. Insbesondere ist nach Aktenlage nichts dafür ersichtlich, dass zwischen B und C ein Treuhandverhältnis bestanden hat. Dies wurde von der S GmbH lediglich behauptet und von dem Betriebstättenfinanzamt weitestgehend ungeprüft übernommen, obwohl ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis nach ständiger Rechtsprechung des BFH nur unter sehr engen Voraussetzungen zu bejahen ist (z.B. Urteile vom 04.12.2007 ‒ VIII R 14/05, BFH/NV 2008, 745 und vom 21.05.2014 ‒ I R 42/12, BStBl II 2015, 4). Auch ein rechtswidriger Feststellungsbescheid entfaltet jedoch Bindungswirkung für und gegen die von ihm betroffenen Feststellungsbeteiligten, sofern und soweit er diesen wirksam bekannt gegeben wurde.
60
Wurde ein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter bestellt, dann kann die Finanzbehörde den Feststellungsbescheid an diesen mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten bekannt geben (vgl. § 183 Abs. 1 Satz 5 AO). Hiervon abweichend bestimmt § 183 Abs. 2 Satz 1 AO, dass grundsätzlich eine Einzelbekanntgabe erforderlich ist, soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass die Gesellschaft oder Gemeinschaft nicht mehr besteht, dass ein Beteiligter ausgeschieden ist oder dass zwischen den Beteiligten ernstliche Meinungsverschiedenheit bestehen. Ungeachtet dessen darf ein Feststellungsbescheid gem. § 183 Abs. 3 AO allerdings weiterhin dem Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung auch für die von § 183 Abs. 2 Satz 1 AO erfassten Beteiligten bekannt gegeben werden, wenn ein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigter bestellt wurde und die Empfangsvollmacht gegenüber der Finanzbehörde nicht widerrufen wurde.
61
Im Streitfall wurde der Feststellungsbescheid der S GmbH bekannt geben, welche in der auch von dem Kläger unterschriebenen Feststellungserklärung 2002 ausdrücklich als „gemeinsamer, von allen Beteiligten bestellter Empfangsbevollmächtigter“ benannt wurde. Dafür, dass diese Empfangsvollmacht zu irgendeinem Zeitpunkt widerrufen wurde, ist nichts ersichtlich. Dies wurde von dem Kläger auch nicht behauptet. Der Kläger leitet eine fehlende Befugnis der GmbH zum Handeln für die GbR im Allgemeinen und zur Entgegennahme von Feststellungsbescheiden im Besonderen vielmehr daraus ab, dass das der S GmbH erteilte Steuerberatungsmandat wegen der zum 31.12.2002 erfolgten Auflösung der GbR mit der Erstellung der Feststellungserklärungen für das Jahr 2002 beendet gewesen sei. Dabei übersieht er jedoch, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Steuerberatungsmandats für die Wirksamkeit einer Empfangsvollmacht i.S.d. § 183 AO ohne Bedeutung ist. Zudem erscheint sein Vortrag, dass die S GmbH nicht mehr zur Vertretung der GbR berechtigt gewesen sei, unschlüssig vor dem Hintergrund, dass die Steuerberatungsgesellschaft während der Außenprüfung weiterhin als Vertreterin der GbR aufgetreten ist und insbesondere den Schriftverkehr mit dem Prüfer geführt hat, und zwar mit Kenntnis sowohl des Klägers als auch der Eheleute B und C.
62
Der Kläger kann auch nicht mit seinem Vortrag durchdringen, dass die von ihm erteilte Empfangsvollmacht eine ausschließlich zusammen mit C betriebene Gesellschaft betroffen habe, während der Feststellungsbescheid vom 22.01.2007 eine andere ‒ nämlich eine mit B betriebene ‒ Gesellschaft betreffe. Der Kläger übersieht dabei, dass die in der Feststellungserklärung 2002 erteilte Empfangsvollmacht für die unter der Steuernummer …/ ...1/ …1 und der Anschrift F Str. in Z geführte GbR erteilt wurde und die S GmbH mithin ‒ worauf im Erklärungsvordruck ausdrücklich hingewiesen worden war ‒ gem. § 352 Abs. 2 Satz 1 AO berechtigt war, für eben diese Gesellschaft Einspruch einzulegen. Dass B als weiterer Feststellungsbeteiligter erfasst wurde, hatte seine Ursache ausschließlich darin, dass die S GmbH in ihrer Eigenschaft als gemeinsame Empfangsbevollmächtigte in dem gegen den Feststellungsbescheid vom 22.06.2006 geführten Einspruchsverfahren mitgeteilt hatte, dass die bislang C zugerechneten Einkünfte wirtschaftlich dem B zuzurechnen seien. Da ein gemeinsamer Empfangsbevollmächtigte für alle Gesellschafter handelt, erfolgte der Vortrag der S GmbH nicht nur für C, sondern auch im Namen und in Vertretung des Klägers, weshalb dieser entgegen seiner Auffassung von dem Betriebstättenfinanzamt zu dem vorgetragenen Sachverhalt nicht gesondert zu befragen war. Vielmehr hat das Betriebstättenfinanzamt lediglich den bislang nicht am Verfahren beteiligten B angeschrieben und, nachdem dieser den vorgetragenen Sachverhalt bestätigt hatte, B als Gesellschafter der von dem Einspruchsverfahren betroffenen, unter der Steuernummer …/…1/ …1 betriebenen GbR erfasst. Eine Identität zwischen der GbR, für die in der Feststellungserklärung ein Empfangsbevollmächtigter bestellt worden ist, und der GbR, für die der Feststellungsbescheid vom 22.01.2007 ergangen ist, ist mithin gegeben.
63
Da für diese GbR ein Empfangsbevollmächtigter bestellt war und die Empfangsvollmacht nicht widerrufen worden ist, war das Betriebstättenfinanzamt berechtigt, den Feststellungsbescheid 2002 vom 22.01.2007 an die S GmbH mit Wirkung für alle Feststellungsbeteiligten bekannt zu geben, obwohl die GbR nicht mehr bestand. „Mit Wirkung für alle Feststellungsbeteiligten“ bedeutet, dass der Bescheid bereits mit seiner Bekanntgabe beim Empfangsbevollmächtigten wirksam wird, ohne dass es darauf ankommt, wann bzw. ob überhaupt die einzelnen Feststellungsbeteiligten von der Existenz des Bescheids oder von dessen Inhalt Kenntnis erlangen. Folglich ist es für den Ausgang des Klageverfahrens letztlich unerheblich, ob der Kläger ‒ was nach Aktenlage durchaus wahrscheinlich erscheint ‒ sowohl von dem Einspruchsverfahren gegen den Feststellungsbescheid 2002 vom 22.06.2006 als auch von dem diesbezüglich ergangenen Abhilfebescheid vom 22.01.2007 erstmals anlässlich des Haftungsverfahrens Kenntnis erlangt hat. Sofern und soweit die S GmbH durch ihren Vortrag im Einspruchsverfahren bzw. durch die Nichtunterrichtung des Klägers über den geänderten Feststellungsbescheid die ihr gegenüber dem Kläger obliegenden Pflichten verletzt hat, sind die hieraus resultierenden Folgen rein zivilrechtlicher Art. Steuerrechtlich bleibt es dabei, dass der Feststellungsbescheid vom 22.01.2007 wegen der erteilten und nicht widerrufenen Empfangsbevollmächtigung auch dann für und gegen den Kläger wirkte, wenn er von dem Bescheid zeitnah keine Kenntnis erlangt hatte und diesen infolgedessen auch nicht anfechten konnte.
64
Für den Ausgang des Klageverfahrens spielt es auch keine Rolle, ob der Feststellungsbescheid 2002 von der S GmbH ‒ wie vom Kläger vorgetragen ‒ durch unlautere Mittel erwirkt worden ist und nach § 172 Abs. 1 Nr. 2c) AO änderbar gewesen wäre. Denn maßgeblich ist allein, dass der Feststellungsbescheid 2002 vom 22.01.2007 weiter gültig ist, d.h. gerade nicht geändert worden ist.
65
5) Der Beklagte war für den Erlass des Haftungsbescheids auch örtlich zuständig. Da die AO für Verwaltungsakte in Haftungssachen wie den Erlass des Haftungsbescheides keine besondere Vorschrift über die örtliche Zuständigkeit enthält, ist gemäß § 24 AO diejenige Finanzbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Anlass für die Amtshandlung hervortritt. Für den Erlass eines Haftungsbescheides ist das wegen des Sachzusammenhanges regelmäßig die für den Steuerschuldner ‒ hier die Eheleute B/C ‒ zuständige Finanzbehörde (vgl. BFH, Urteil vom 23.07.1998 ‒ VII R 141/97, BFH/NV 1999, 433). Der Beklagte ist der Rechtsnachfolger des inzwischen aufgelösten Finanzamts Y.
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6) Die Ermessensausübung hält der gerichtlichen Überprüfung stand.
67
a) Hat jemand als Täter oder Teilnehmer eine vorsätzliche Steuerstraftat begangen, so ist es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Regelfall billig und gerecht, wenn ihn die Finanzbehörde für den Steuerschaden in Anspruch nimmt. Sie würde vielmehr ermessensfehlerhaft handeln, wenn sie den Betreffenden von der Inanspruchnahme freistellen würde. Die Ermessensentscheidung ist im Fall vorsätzlicher Steuerstraftaten derart vorgeprägt, dass es einer besonderen Begründung der Ermessensbetätigung nicht bedarf (BFH, Urteil vom 02.12.2003 ‒ VII R 17/03, BFH/NV 2004, 597 m.w.N.).
68
Der Beklagte hat auf die vorgenannte Rechtsprechung ausdrücklich Bezug genommen und bereits dadurch sein Entschließungsermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
69
b) Die Ausübung des Auswahlermessens ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
70
Das Auswahlermessen der Finanzbehörde ist nach der ständigen Rechtsprechung des BFH im Falle einer vorsätzlich begangenen Steuerstraftat ebenfalls in der Weise vorgeprägt, dass die Abgaben gegen den Steuerstraftäter festzusetzen sind und dass es einer besonderen Begründung dieser Ermessensentscheidung nicht bedarf (BFH, Beschluss vom 08.06.2007 ‒ VII B 280/06, BFH/NV 2007, 1822). Denn auch bei der Existenz mehrerer Täter oder Teilnehmer würde es sich regelmäßig als ermessensfehlerhaft darstellen, wenn die Behörde einen Gesamtschuldner, der sich eine vorsätzliche Steuerstraftat hat zu Schulden kommen lassen und damit einen Steuertatbestand verwirklicht hat, von seiner abgabenrechtlichen Verpflichtung freistellen würde (BFH, Urteil vom 02.12.2003 ‒ VII R 17/03, BFH/NV 2004, 597). Haben sich mehrere Personen einer vorsätzlichen Steuerstraftat schuldig gemacht, stehen diese bei der Ausübung des Auswahlermessens grundsätzlich gleichrangig nebeneinander. Eine Differenzierung nach der Rolle der jeweiligen Beteiligten im Tatgeschehen und dem aus der Tat gezogenen Nutzen ist regelmäßig nicht geboten (BFH, Beschluss vom 04.03.2005 ‒ VII B 154/04, BFH/NV 2005, 1240). Der jeweils betroffene Abgabenschuldner kann in der Regel nicht beanspruchen, dass die Finanzbehörde bei der Ermessensausübung in einer Weise differenziert, dass andere Gesamtschuldner abgabenrechtlich in Anspruch genommen werden, er selbst hingegen nicht (BFH, Urteil vom 02.12.2003 ‒ VII R 17/03, BFH/NV 2004, 597). Denn auf die Heranziehung eines vorsätzlich an einer Steuerstraftat Beteiligten kann grundsätzlich nicht verzichtet werden (BFH, Urteil vom 12.02.2009 ‒ VI R 40/07, BStBl II 2009, 478).
71
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger zitierten Beschluss des BFH vom 08.06.2007 ‒ VII B 280/06, BFH/NV 2007, 1822. Im dortigen Streitfall enthielt die Ermessensentscheidung des Finanzamts keine Ausführungen zur Existenz und Inanspruchnahme weiterer potentieller Steuerstraftäter. Ungeachtet dessen hat der VII. Senat die Ermessensentscheidung für ordnungsgemäß befunden. Denn wegen der Vorprägung des Ermessens könne die Nichtberücksichtigung eines weiteren Haftungsschuldners die Ermessensausübung nur dann als fehlerhaft erscheinen lassen, wenn die Einbeziehung dieses Gesamtschuldners in die vorzunehmende Abwägung wahrscheinlich dazu geführt hätte, dass dieser vorrangig in Anspruch zu nehmen gewesen wäre und dass der eigentliche Haupttäter von einer Haftung hätte freigestellt werden müssen. Dies sei im dortigen Streitfall nicht der Fall gewesen.
72
Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze hat der Beklagte sein Auswahlermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Insbesondere hat er auf Seite 5 der Einspruchsentscheidung ausdrücklich ausgeführt, dass C als weitere potentielle Haftungsschuldnerin anzusehen sei. Er sah hierin unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH jedoch keinen Grund, den Kläger, der zweifelsfrei als Steuerhinterzieher überführt worden sei, von der Haftung freizustellen. Insbesondere sei es unerheblich, wer den Nutzen aus der Tat gezogen habe und welche Rolle der jeweilige Tatbeteiligte im Tatgeschehen gespielt habe.
73
Diese Entscheidung hält der gerichtlichen Überprüfung stand. Ermessensfehlerhaft wäre sie nur dann, wenn eine Ermessenreduzierung auf null vorliegen würde dergestalt, dass der Kläger zwingend von der Haftung freizustellen gewesen wäre. Eine Ermessensreduzierung auf null ist bei einer täterschaftlichen Begehung einer Steuerhinterziehung jedoch kaum denkbar und im Streitfall auch nicht gegeben. Gründe, die es zwingend gebieten würden, ausschließlich C in Anspruch zu nehmen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist es unerheblich, dass die Vorteile aus der Steuerstraftat C zugeflossen sein mögen und diese hieraus noch vorhandenes Vermögen gebildet haben mag. Der Kläger übersieht insoweit, dass eine Steuerhinterziehung gem. § 370 AO auch zugunsten eines Dritten begangen werden kann. Dabei sind die Begehung der Tat zu eigenen Gunsten und zu Gunsten eines Dritten gleichwertig, d.h. es gibt kein Rangverhältnis dergestalt, dass derjenige, der die Vorteile aus der Tat einem anderen hat zukommen lassen, weniger schuldhaft gehandelt hat als derjenige, der selbst in den Genuss der verkürzten Steuern gekommen ist. Infolgedessen ist es auch nicht geboten ‒ geschweige denn zwingend erforderlich ‒ lediglich denjenigen in Haftung zu nehmen, dem die Vorteile aus der Tat zu Gute gekommen sind, sondern vielmehr kann ‒ bzw. grundsätzlich muss ‒ auch derjenige in Haftung genommen werden, der dieser Person die Steuervorteile bewusst und gewollt verschafft hat.
74
Auch kann der Kläger nicht damit gehört werden, dass im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen sei, dass der Feststellungsbescheid vom 22.01.2007 falsch sei, die Einkünfte aus der GbR richtigerweise C zuzurechnen seien, C daher die Steuerschuldnerin der hinterzogenen Einkommensteuer sei, sie ausreichendes Vermögen zur Tilgung der Steuerschulden besitze und es deshalb bei richtiger Bescheidung gar kein Bedürfnis für den Erlass eines Haftungsbescheids gegeben hätte. Zwar mag es ‒ wie unter 4 b) cc) dargestellt ‒ zutreffend sein, dass die anteiligen Einkünfte aus der GbR richtigerweise C zuzurechnen gewesen sein mögen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass aufgrund des bestandskräftigen Feststellungsbescheids vom 22.01.2007 verbindlich feststeht, dass B im Jahr 2002 aus der GbR Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 367.243 € erzielt hat. Der Beklagte war nicht berechtigt, sich über die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids hinwegzusetzen und bei seiner Ermessensausübung einen Sachverhalt zu Grunde zu legen, der im Widerspruch zu der von den Feststellungen des Feststellungsbescheids ausgehenden Tatbestandswirkung steht.
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6) Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Beklagte es pflichtwidrig unterlassen habe, C ebenfalls in Haftung zu nehmen.
76
Dem Kläger ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass C den Tatbestand des § 71 AO ebenfalls erfüllt hat und daher ‒ was nicht geschehen ist ‒ in Haftung hätte genommen werden können und müssen. Insbesondere stand der Umstand, dass C auch nach der Aufteilung der Steuerschuld Gesamtschuldnerin der Einkommensteuer 2002 geblieben war, einer Haftungsinanspruchnahme nicht entgegen. Denn der Grundsatz, dass Steuer- und Haftungsschuldner nicht identisch sein können, gilt nur dann, wenn derjenige, der als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden soll, dieselbe Abgabe als Steuerschuldner zu entrichten hat. Nach Aufteilung der Steuerschuld nach §§ 268, 278 AO trägt jeder Gesamtschuldner (Ehegatte) "seine" Steuerschuld allerdings allein, sodass es zu keiner doppelten Inanspruchnahme ein und desselben Steuerpflichtigen aus Gründen der Haftung und der Steuerschuld kommen kann (vgl. BFH, Urteil vom 07.03.2006 ‒ X R 8/05, BStBl II 2007, 594).
77
Der Umstand, dass die Durchsetzung des Haftungsanspruchs gegenüber einem anderen an der Tat beteiligten Steuerstraftäter (hier der C) unterblieben ist, führt jedoch nicht dazu, dass die Haftungsinanspruchnahme der übrigen an der Tat beteiligten Steuerstraftäter (hier des Klägers) rechtswidrig oder ermessenswidrig wird. Denn die unterlassene Haftungsinanspruchnahme ändert nichts daran, dass der in Haftung genommene Tatbeteiligte in seiner Person den Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO verwirklicht hat und damit für sämtliche durch seine Tat hinterzogene Steuern haftet. Der Nichterlass von Haftungsbescheiden gegenüber anderen potentiellen Haftungsschuldnern wirkt sich vielmehr nur im Rahmen des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB aus. Nach dieser Vorschrift sind Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander grundsätzlich zu gleichen Anteilen verpflichtet. Werden mehrere Personen für dieselbe Steuerschuld in Haftung genommen, sind sie Gesamtschuldner i.S.d. § 44 AO mit der Folge, dass derjenige, der auf die Haftungsschuld zahlt, nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB anteiligen Ausgleich von den anderen Gesamtschuldnern verlangen kann. Dabei muss derjenige, der sich auf § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB beruft, auch den Nachweis erbringen, dass tatsächlich eine Gesamtschuldnerschaft vorliegt. Dieser Nachweis wird erheblich erschwert oder auch ganz unmöglich gemacht, wenn andere potentiell haftende Personen nicht durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen wurden. Für einen Haftungsschuldner ist es daher durchaus von Bedeutung, dass die Finanzbehörde andere Personen, die in Bezug auf dieselben Steuern ebenfalls einen Haftungstatbestand verwirklicht haben, ebenfalls in Haftung nimmt. Allerdings ändert das Vorhandensein weiterer Haftungsschuldner nichts an seiner eigenen Haftungsschuld, die sich gem. § 71 AO auf alle durch seine Tat hinterzogenen Steuern erstreckt. Ob und in welcher Höhe der Haftungsschuldner die von ihm auf die Haftungsschuld gezahlten Beträge anteilig über § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückerlangen kann, spielt für das „Ob“ der Haftungsinanspruchnahme keine Rolle. Auch hat der BFH bereits ausdrücklich entschieden, dass dem Umstand, dass ein Haftungsschuldner möglicherweise Schwierigkeiten haben könnte, die weiteren Gesamtschuldner zivilrechtlich in Regress zu nehmen, für die Frage des Auswahlermessens keine Bedeutung zukommt (BFH, Beschluss vom 04.03.2005 ‒ VII B 154/04, BFH/NV 2005, 1240).
78
Eine Bedeutung könnte der Nichtinanspruchnahme anderer Haftungsschuldner damit allenfalls bezüglich der Höhe der Haftungsinanspruchnahme zukommen. So hatte das Finanzgericht Baden-Württemberg im Urteil vom 27.01.2005 ‒ 3 K 40/02 (EFG 2005, 662) einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem gegenüber dem Haupttäter kein Haftungsbescheid erlassen worden war und aufgrund Verjährung auch nicht mehr erlassen werden konnte. Es vertrat die Auffassung, dass bei der Haftungsinanspruchnahme des Klägers als bloßem Teilnehmer an der Steuerstraftat zu dessen Gunsten zu berücksichtigten sei, dass dessen Möglichkeit, im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs für an das Finanzamt geleistete Zahlungen einen Ausgleich aus dem Vermögen des Haupttäters erlangen zu können, beeinträchtigt worden sei.
79
Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Denn es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH (z.B. Urteil vom 21.01.2004 ‒ XI R 3/03, BStBl II 2004, 919), dass die Ermessensentscheidung bei vorsätzlichen Steuerstraftaten auch hinsichtlich der Höhe der Haftungsinanspruchnahme vorgeprägt ist, nämlich dergestalt, dass derjenige, der eine Steuerhinterziehung begeht oder hierzu Beihilfe leistet, für die verkürzte Steuer in voller Höhe haftet. Dies wird damit begründet, dass § 71 AO seiner Rechtsnatur nach Schadensersatzcharakter hat. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, eine Haftung desjenigen zu begründen, der nicht zum eigenen, sondern zum Vorteil des Steuerschuldners eine Steuerhinterziehung als Täter oder Teilnehmer begangen habe. Es sollte ein selbständiger Verpflichtungsgrund für die Zahlung der verkürzten, hinterzogenen Steuereinnahmen geschaffen werden und für denjenigen, der eine unerlaubte Handlung begangen hat, eine Schadensersatzpflicht in Höhe der verkürzten, hinterzogenen Beträge begründet werden. Deshalb kann eine den Zweck des § 71 AO berücksichtigende und an § 5 AO orientierte Ermessensausübung nur dazu führen, dass die Höhe des Haftungsanspruchs durch die Verwirklichung des Tatbestandes des § 71 AO vorgegeben ist, die Finanzbehörde also keine Überlegungen zur Höhe anstellen muss.
80
Damit erübrigen sich jedoch auch sämtliche Überlegungen des Finanzamts dazu, ob der Haftungsschuldner später erfolgreich einen Gesamtschuldnerausgleich durchführen mag. Das zwischen dem Haftenden und der Finanzbehörde bestehende Steuerschuldverhältnis wird durch die Frage, in welchen Umfang es dem Haftenden gelingt, von anderen Gesamtschuldnern einen zivilrechtlichen Ausgleich zu erhalten, nicht berührt. Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zu dem bei der Ermessensausübung stets zu beachtenden Übermaßverbot. Denn der Höhe nach kommen für die Haftung nach § 71 AO ohnehin nur die Beträge in Betracht, auf die sich der Vorsatz des Täters oder Teilnehmers bezogen hat (vgl. BFH, Urteil vom 26.02.1991 ‒ VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504 m.w.N.).
81
Auch kann sich ein Haftungsschuldner nicht auf Treu und Glauben berufen. Zwar mag es für ihn in den Fällen, in denen das Finanzamt die Haftungsinanspruchnahme eines anderen potentiellen Gesamtschuldners unterlässt, wie bereits dargestellt schwierig oder unmöglich sein, einen Gesamtschuldnerausgleich durchzuführen. Jedoch ist derjenige, der als Täter oder Teilnehmer eine vorsätzliche Steuerstraftat begeht, nicht schutzwürdig. Da sich die Haftung ohnehin nur auf die durch die eigene Tat hinterzogenen Steuern erstreckt, hat sich mit der in voller Höhe erfolgten Haftungsinanspruchnahme lediglich das Risiko verwirklicht, das der Täter bzw. Teilnehmer mit seiner Tat bewusst eingegangen ist. Zu beachten ist insoweit auch, dass selbst ein mitwirkendes Verschulden des Finanzamts an der Begehung der Steuerstraftat nach der Rechtsprechung des BFH (z.B. Beschluss vom 30.12.1998 ‒ VII B 160/98, BFH/NV 1999, 902) weder zu einem Ausschluss der Haftung noch zu einer Haftungsminderung führt und jedenfalls bei vorsätzlichen Steuerstraftaten auch nicht bei der Ermessenausübung zu berücksichtigen ist. Vor diesem Hintergrund kann sich ein pflichtwidriges Tun oder Unterlassen des Finanzamts, das nicht die Begehung der Tat als solche berührt, sondern sich lediglich auf den außerhalb des Steuerschuldverhältnis stehenden rein zivilrechtlichen Gesamtschuldnerausgleich auswirkt, erst recht nicht zu einer Reduzierung der Haftungsschuld führen.
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II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen.