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  • 19.02.2020 · IWW-Abrufnummer 214278

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Beschluss vom 28.11.2019 – III-1 Ws 233-237/19

    Zur Einziehung von Wertersatz beim Drittbeteiligten im Falle einer Übertragung "nicht inkriminierten" Vermögens ohne rechtlichen Grund.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    III-1 Ws 233-237/19

    Tenor:

    Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 1. August 2019 (003 KLs 6/19) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Gegen die Drittbeteiligte H. G. wird die Beschlagnahme des ihr mit Vertrag des Notars H. K. in E. vom 16. Januar 2019 (Urkundenrolle Nr. 1…..) von dem Angeklagten übertragenen hälftigen Miteigentumsanteils an dem Grundstück M. S. 3 in Essen (Grundbuch Amtsgericht Essen, Bl. 1     , laufende Nr. 1, Gemarkung Essen, Flur 1.., Flurstück 3.., Hof- und Gebäudefläche, 3.. qm) bis zu einem Wert von 1……….. Euro angeordnet.

    Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet verworfen.

    Die Drittbeteiligte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

    1

    G r ü n d e:

    2

    Der Angeklagte C. G. hat sich derzeit vor der 3. großen Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf wegen diverser Eigentums- und Vermögensdelikte zu verantworten; die Anklage vom 5. April 2019 legt ihm Bandendiebstahl in neun Fällen, gewerbsmäßigen Bandencomputerbetrug in drei Fällen sowie Computerbetrug mit einem Gesamtbeutewert von 1……… Euro zur Last (Tatzeitraum: September bis Dezember 2015). Die Hauptverhandlung gegen den Angeklagten und zwei Mitangeklagte hat am 4. November 2019 begonnen und dauert seither an. Das hier anhängige Beschwerdeverfahren betrifft vorläufige Maßnahmen zwecks Sicherung einer Einziehungsanordnung zum Nachteil der Drittbeteiligten H. G., bei der es sich um die Ehefrau des Angeklagten handelt. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

    3

    Der Angeklagte sowie die Drittbeteiligte waren seit Herbst 2009 jeweils hälftige Miteigentümer des im Tenor bezeichneten Grundstücks in Essen. Unter dieser Wohnanschrift wurde der Angeklagte im hier anhängigen Verfahren am 9. Juni 2018 aufgrund eines ‒ wegen dringenden Tatverdachts in acht der angeklagten Fälle ergangenen ‒ Haftbefehls vom Vortag festgenommen und befand sich zunächst in Untersuchungshaft, bevor er von deren weiterem Vollzug im noch laufenden Ermittlungsverfahren am 29. August 2018 verschont wurde. Mit notariellem Vertrag vom 16. Januar 2019 veräußerte der Angeklagte seinen hälftigen Miteigentumsanteil an dem vorbezeichneten Grundstück an die Drittbeteiligte für 1……. Euro. Zur Erfüllung dieser Kaufpreisforderung wurde in § 5 des Notarvertrages folgende Regelung getroffen:

    4

    „1/ Unter Anrechnung auf den Kaufpreis übernimmt der Käufer die zu dem Grundpfandrecht Abt. IlI Nr. 2 bestehende Valuta, die von den Beteiligten übereinstimmend mit insgesamt 2……… Euro angegeben wird. Unter Verrechnung des Bausparguthabens in Höhe von derzeit (Stand 31.12.2018) 4……… Euro ergibt sich eine verbleibende Verbindlichkeit von derzeit 2            Euro. Hierauf entfällt auf das Kaufobjekt ein Betrag in Höhe von 1         Euro. Die Erschienene zu 2/ übernimmt alle Verpflichtungen in dinglicher und persönlicher Hinsicht bezüglich des eingetragenen Grundpfandrechtes allein und stellt im Innenverhältnis den Erschienenen zu 1/ von jedweder Inanspruchnahme aus allen Kreditverträgen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Immobilie durch die Gläubigerin frei. Eine ggf. erforderliche Änderung der Sicherungserklärung bei der Gläubigerin wollen die Beteiligten selbst veranlassen. Der Notar wird beauftragt, die Gläubigerin über die Eigentumsumschreibung entsprechend zu informieren.

    5

    Eine Zustimmung zur Haftungsübernahme soll der Notar ausdrücklich nicht einholen. Eingehende Belehrung durch den Notar ist erfolgt. Die Beteiligten wünschen gleichwohl diese Art der Protokollierung und baten um sofortige Beurkundung.

    6

    2/ Der Restkaufpreis in Höhe von 5                 Euro wird belegt durch Verrechnung des dem Erschienenen zu 1/ von der Erschienenen zu 2/ hingegebenen Darlehens in Höhe von 5                   Euro (in Worten: f          Euro). Nach Belehrung durch den Notar und nach Hinweis auf mögliche Risiken verzichten die Beteiligten auf Beifügung des seinerzeit abgeschlossenen Darlehensvertrages als Anlage zu diesem Vertrag und bestanden auf sofortige Beurkundung.“

    7

    In Umsetzung dieser notariellen Vereinbarung wurde die Drittbeteiligte am 24. Januar 2019 als Alleineigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen; ferner löste der Angeklagte zum 15. April 2019 sein Bausparkonto bei der LBS auf und ließ das dort angesparte, im Notarvertrag erwähnte Bausparguthaben (dessen Saldostand am 12. März 2019 bei 4                    Euro lag), auf einen Bausparvertrag der Drittbeteiligten bei der LBS übertragen.

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    Nach erfolgter Anklageerhebung hat die 3. Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss vom 24. April 2019 zur Sicherung der Einziehung von Taterträgen im Wert von 1               Euro den Vermögensarrest in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Angeklagten angeordnet (§ 111e Abs. 1 StPO, § 73c StGB). Den Antrag der Staatsanwaltschaft, auch gegen die Drittbeteiligte einen Vermögensarrest in gleicher Höhe anzuordnen, hat die Kammer durch Beschluss vom 1. August 2019 abgewiesen. Hiergegen wendet sich die ‒ von der Generalstaatsanwaltschaft vertretene ‒ Beschwerde der Staatsanwaltschaft, der das Landgericht mit Beschluss vom 11. September 2019 nicht abgeholfen hat.

    9

    Das zulässige, insbesondere gemäß § 304 StPO statthafte Rechtsmittel hat überwiegend Erfolg. Es führt in Bezug auf Maßnahmen zur Sicherung einer Einziehungsanordnung gegen die Drittbeteiligte zwar nicht zu dem von der Staatsanwaltschaft beantragten Vermögensarrest gemäß § 111e Abs. 1 StPO, jedoch zu der aus dem Tenor ersichtlichen Beschlagnahme gemäß § 111b Abs. 1 StPO.

    10

    I.

    11

    Ein gegen die Drittbeteiligte gerichteter Vermögensarrest gemäß § 111e Abs. 1 StPO in der seit 1. Juli 2017 geltenden Fassung (hier anwendbar gemäß § 14 EGStPO) kommt nicht in Betracht, weil die bisherigen Ermittlungsergebnisse nicht die Annahme rechtfertigen, dass in ihrer Person die Voraussetzungen einer Einziehung von Wertersatz nach § 73b Abs. 1, 2, § 73c StGB in der seit 1. Juli 2017 geltenden Fassung (hier anwendbar gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB) vorliegen.

    12

    Gemäß § 73c Satz 1 StGB ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht, wenn die Einziehung des unmittelbar Erlangten wegen dessen Beschaffenheit oder aus einem anderen Grund unmöglich ist. Letzteres ist hier aufgrund des Akteninhalts nicht festzustellen. Soweit der Drittbeteiligten der Miteigentumsanteil des Angeklagten an dem Grundstück zugewandt worden ist, befindet sich das von ihr Erlangte nach wie vor in ihrem Vermögen und wäre damit einziehungsfähig. In Bezug auf das am 15. April 2019 übertragene Bausparguthaben lässt sich dies zurzeit ebenfalls nicht ausschließen, denn bislang ist weder die Höhe des Guthabens im Übertragungszeitpunkt noch dessen weiterer Verbleib ausermittelt worden.

    13

    II.

    14

    Der durch die Drittbeteiligte vom Angeklagten erworbene Miteigentumsanteil an dem Grundstück ist allerdings gemäß § 111b Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO bis zu einem Wert von 1                   Euro zu beschlagnahmen, weil insoweit dringende Gründe für die Annahme sprechen, dass die Voraussetzungen seiner Einziehung nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a, Abs. 2 StGB vorliegen.

    15

    1. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen, insbesondere aufgrund der in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Düsseldorf vom 5. April 2019 angeführten Beweismittel (Teilgeständnis, Screenshots von Aufzeichnungen aus Überwachungskameras, Lichtbilder vom Tatort, Zeugenaussagen), ist der Angeklagte der ihm vorgeworfenen Straftaten dringend verdächtig. Ferner bestehen dringende Gründe für die Annahme, dass bei den ‒ zum Teil im Zusammenwirken mit anderen Personen begangenen ‒ Taten eine nicht mehr gegenständlich vorhandene Beute im Gesamtwert von 1                    Euro erzielt wurde (zur Schadensberechnung vgl. Vermerk der Staatsanwaltschaft vom 5. April 2019, Bl. 927 d. A.) und dass der Angeklagte hieran zunächst in voller Höhe wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt erlangt hat, so dass bezogen auf den Gesamtwert der Beute in seiner Person die Voraussetzungen einer Einziehung von Wertersatz nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB erfüllt wären (zur gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Mittäter im Einziehungsrecht vgl. BGH NStZ 2011, 343 und NStZ 2012, 382; Eser/Schuster in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Auflage 2019, § 73 Rdn. 22; Fischer, StGB, 66. Auflage 2019, § 73 Rdn. 29, 30).

    16

    2. Hieraus folgt, dass eine Einziehungsanordnung gegen die Drittbeteiligte in Anwendung des § 73b Abs. 1 Satz 1 StGB ersichtlich nicht in Betracht kommt, denn der Angeklagte hat ihr mit dem Miteigentumsanteil an der gemeinsam bewohnten Immobilie nicht Teile der Tatbeute (des unmittelbar Erlangten), sondern einen bereits Jahre vor dem Tatgeschehen erworbenen Gegenstand aus seinem sonstigen Vermögen zugewandt. Insoweit liegen indes nach dem Ergebnis der Ermittlungen die Voraussetzungen einer Einziehung nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a, Abs. 2 StGB vor.

    17

    a) Mit dem Miteigentumsanteil des Angeklagten am Grundstück hat die Drittbeteiligte einen Gegenstand erhalten, der in Höhe von 1           Euro „dem Wert des Erlangten entspricht“ (§ 73b Abs. 2 StGB). Entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Ansicht scheidet die Einziehung des erworbenen Gegenstandes nicht schon deshalb aus, weil er zurzeit der Übertragung an die Drittbeteiligte weder der Tatbeute noch dem durch die Taten unmittelbar begünstigten Vermögen des Angeklagten zuzuordnen war. § 73b Abs. 2 StGB soll nämlich einer Vereitelung der Wertersatzeinziehung gemäß § 73c StGB beim Täter vorbeugen und unterstellt zu diesem Zweck ausdrücklich auch die Übertragung „nicht inkriminierten“ Vermögens einer Abschöpfung zu Lasten des Erwerbers, sofern sie unter den Voraussetzungen des ‒ hier allein in Betracht kommenden ‒ § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB erfolgt („Verschiebungsfall“). Eines zusätzlichen „Bereicherungszusammenhangs“, wie er nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 73 Abs. 3 StGB a. F. erforderlich war, bedarf es nicht mehr (ebenso Korte, NZWiSt 2018, 231, 234; Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 667; aA OLG Celle StraFo 2018, 206). Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

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    aa) § 73 Abs. 3 StGB in der vor dem 1. Juli 2017 geltenden Fassung sah Abschöpfungsmaßnahmen (in Bezug auf Taterträge sowie deren Nutzungen und Surrogate) gegen einen nicht an der Tat beteiligten Dritten nur dann vor, wenn der Täter „für“ diesen gehandelt und der Dritte „dadurch etwas erlangt“ hatte. Nach der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung war für die Anwendung der Vorschrift ein Bereicherungszusammenhang zwischen der Tat und dem Vorteilseintritt bei dem Dritten erforderlich (BGHSt 45, 235, 244). Diesen bejahte der Bundesgerichtshof allerdings nicht nur in den vom Wortlaut des § 73 Abs. 3 StGB a. F. zweifelsfrei erfassten „Vertretungsfällen“, sondern ‒ in erweiternder Auslegung der Norm ‒ auch in den sogenannten „Verschiebungsfällen“, in denen der Täter dem Dritten die Tatvorteile unentgeltlich oder aufgrund eines jedenfalls bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen lässt, um sie dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen (BGHSt 45, 235, 246). Ein solcher „Verschiebungsfall“ lag nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sogar dann vor, wenn das Erlangte vor der Weiterleitung an den Dritten mit legalem Vermögen vermischt worden war oder wenn es lediglich aus ersparten Aufwendungen bestanden hatte (vgl. zum Beispiel BGH wistra 2010, 406). Bei solchen Fallkonstellationen (einer Übertragung bloßen Wertersatzes) sollte der für die Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB erforderliche Bereicherungszusammenhang allerdings voraussetzen, dass mit den in Frage stehenden Transaktionen das Ziel verfolgt wurde, das „durch die Tat unmittelbar begünstigte Vermögen des Täters“ dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen (BGH AG 2014, 249, 250f.; BGH Urteil 5 StR 505/12 vom 23. Oktober 2013 <juris Rz. 56-57>). Mit dieser Einschränkung verfolgte der Bundesgerichtshof ersichtlich den Zweck, sich bei der Anwendung des § 73 Abs. 3 StGB a. F. nicht zu weit vom Wortlaut der Norm (Handeln „für einen anderen“, „dadurch etwas erlangt“) zu entfernen.

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    bb) Eine Einschränkung dieser Art ist nach der seit 1. Juli 2017 geltenden Gesetzessystematik weder erforderlich noch gewollt. Mit der Neufassung der Vorschrift über die Vermögensabschöpfung bei Drittbegünstigten (§ 73b StGB) hat sich der Gesetzgeber von der bisherigen Regelung des § 73 Abs. 3 StGB a. F. vollständig gelöst, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verschiebungsfall ausdrücklich im Gesetz normiert (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) und hierbei die Verschiebung sowohl der Taterträge (Absatz 1 der Vorschrift) als auch des Wertersatzes (Absatz 2 der Vorschrift) durch eine entsprechende Einziehungsmöglichkeit beim Dritten sanktioniert, um zu verhindern, dass der Täter die ihm selbst drohenden Einziehungsmaßnahmen nach § 73 Abs. 1 oder § 73c StGB durch Vermögensübertragungen vereiteln kann. Das Erfordernis einer Zugehörigkeit des verschobenen Gegenstandes zu dem durch die Tat unmittelbar begünstigten Vermögen des Täters lässt sich für den Fall des § 73b Abs. 2 StGB aus dem Wortlaut der Norm („einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht“) nicht herleiten und wäre auch mit deren Sinn und Zweck nicht zu vereinbaren. Denn das staatliche Sicherungsinteresse umfasst ohne Weiteres auch die Fallgestaltungen, in denen der Täter die Tatbeute verbraucht, verloren oder unauffindbar beiseite geschafft hat und nunmehr bemüht ist, vor der ihm deshalb drohenden Wertersatzeinziehung (vgl. hierzu Fischer, aaO, § 73c Rdn. 7) auch sein sonstiges Vermögen durch Übertragung auf Dritte zu sichern. Zwar mag bei einer entgeltlichen Veräußerung „nicht inkriminierten“ Vermögens die Annahme eines „Verschiebungsfalles“ allein aufgrund der Bösgläubigkeit des Erwerbers nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b StGB ausscheiden, weil der übertragene Gegenstand als solcher gerade nicht „aus einer rechtswidrigen Tat herrührt“. Dies ist jedoch kein Beleg dafür, dass der Gesetzgeber die hier zur Rede stehenden Fallgestaltungen einer Einziehungsanordnung zum Nachteil des Erwerbers insgesamt entziehen wollte oder insoweit jedenfalls keinen Regelungswillen hatte (aA OLG Celle StraFo 2018, 206, 210). Sofern nämlich die Übertragung unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund erfolgte (§ 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a StGB), ist der Erwerber sonstiger Vermögensbestandteile ebenso wenig schutzwürdig wie im Falle einer Verschiebung von Taterträgen.

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    b) Ein Fall des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a StGB liegt hier mit hoher Wahrscheinlichkeit vor, denn nach dem Ergebnis der Ermittlungen drängt es sich auf, dass die Übertragung des Miteigentumsanteils an dem Grundstück ohne rechtlichen Grund erfolgt ist. Der ihr zugrunde liegende Notarvertrag ist ‒ dies ergibt die Gesamtwürdigung seines Inhalts und der sonstigen Indizien ‒ infolge Sittenwidrigkeit nichtig gemäß § 138 Abs. 1 BGB, da er in kollusivem Zusammenwirken beider Vertragspartner zu dem alleinigen Zweck abgeschlossen wurde, das Immobiliarvermögen des Angeklagten einer tatbedingten Einziehungsmaßnahme nach §§ 73b, 73c StGB ‒ und damit auch dem Zugriff der durch die Taten geschädigten Opfer ‒ zu entziehen (zur Anwendbarkeit des § 138 BGB bei sittenwidriger Gläubigerbenachteiligung siehe Staudinger/Sack/Fischinger, BGB, Stand 2017, § 138 Rdn. 489, 490).

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    aa) Für eine dahingehende Annahme spricht bereits der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung im noch laufenden Ermittlungsverfahren (16. Januar 2019). Der Angeklagte war wenige Monate zuvor aus mehrwöchiger Untersuchungshaft entlassen worden, nachdem er sich vor der Polizei teilgeständig eingelassen und hierbei seiner Sorge Ausdruck verliehen hatte, zur vollständigen Schadenswiedergutmachung infolge Arbeitslosigkeit nicht in der Lage zu sein und sich überdies gegenüber seiner Ehefrau (der Drittbeteiligten) wegen der durch seine Spielleidenschaft bedingten Geldausgaben rechtfertigen zu müssen (S. 1-2, 8-9 der Beschuldigtenvernehmung vom 28. August 2018, Bl. 612 d. A.). Bei Abschluss des Notarvertrages stand dem Angeklagten daher nicht nur die drohende Anklageerhebung, sondern auch das Risiko einer finanziellen Inanspruchnahme wegen der Tatfolgen klar vor Augen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Vereitelung des staatlichen Zugriffs ‒ bei gleichzeitiger Begünstigung der Drittbeteiligten ‒ als einzig denkbares Motiv für die notarvertraglich vereinbarte Vermögensübertragung dar. Denn ansonsten bestand für den Angeklagten kein nachvollziehbarer Anlass, sein Miteigentum an dem bereits 2009 gemeinsam erworbenen Grundstück aufzugeben und der Drittbeteiligten das Alleineigentum einzuräumen, obwohl die Immobilie seit jeher von beiden Ehegatten bewohnt wurde und sich daran auch nichts ändern sollte.

    22

    bb) Die auf bloße Vermögensverschiebung zwecks Vereitelung staatlichen Zugriffs gerichtete Absicht der Vertragsparteien wird ferner auch durch den Umstand belegt, dass dem Angeklagten für den im Notarvertrag vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 1         Euro kein wirtschaftlich gleichwertiges Äquivalent zugeflossen ist. Die Eigenarten der zu § 5 des Notarvertrages getroffenen „Erfüllungsvereinbarung“ lassen vielmehr ‒ im Gegenteil ‒ den Schluss zu, dass hier eine entgeltliche Vermögensübertragung nur vorgetäuscht werden sollte, um auch die Drittbeteiligte als Erwerberin des Miteigentumsanteils vor staatlichen Einziehungsmaßnahmen (nach § 73b StGB) zu schützen.

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    Dies wird bereits bei der Regelung zur „Haftungsübernahme“ durch die Drittbeteiligte in Höhe von 1         Euro deutlich. Hierbei sollte auf die grundpfandrechtliche Belastung des Grundstücks in Höhe einer ‒ ersichtlich nur geschätzten ‒ Valuta von aktuell 2         Euro zunächst das Bausparguthaben bei der LBS in ‒ ebenfalls nur geschätzter ‒ Höhe von 4          Euro angerechnet werden und auf diese Weise ‒ ohne nachvollziehbaren Grund ‒ vollumfänglich der Drittbeteiligten zu Gute kommen, obwohl der Bausparvertrag nach dem Ergebnis der Ermittlungen allein auf den Angeklagten lautete. Die auf das Kaufobjekt (hälftiger Miteigentumsanteil) dann noch entfallende Restverbindlichkeit von 1                  Euro sollte die Drittbeteiligte in Anrechnung auf den Kaufpreis übernehmen, allerdings ausdrücklich ‒ und trotz „eingehender Belehrung“ im Notartermin ‒ mit Wirkung nur im Innenverhältnis zwischen den Vertragsparteien, also bei fortbestehender vollumfänglicher Haftung des Angeklagten gegenüber der Gläubigerin des Grundpfandrechts im Außenverhältnis. Die willentliche Beurkundung einer für den Veräußerer derart nachteiligen „Entgeltvereinbarung“ lässt sich nur vor dem Hintergrund sinnvoll erklären, dass es den Vertragsparteien in Wahrheit um eine bloße Vermögensverschiebung unter Vortäuschung einer Gegenleistung ging, die nicht erbracht werden sollte und die die Drittbeteiligte als Hausfrau (so die Angaben des Angeklagten in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 28. August 2018) auch niemals hätte erbringen können.

    24

    Auf unwahren Angaben vor dem Hintergrund dieser Motivlage beruht ersichtlich auch die weitere Vertragsklausel zur Verrechnung des noch offenen Kaufpreisrestes (5            Euro) gegen eine angebliche Darlehensverbindlichkeit des Angeklagten in auffälligerweise identischer Höhe. Dass die Drittbeteiligte (wie in § 1 des Notarvertrages ausgeführt) früher „im Wesentlichen … aus Geschenken anlässlich der Hochzeit“ über einen ihr allein gehörigen Bargeldbetrag von 5         Euro verfügt haben soll, erscheint bereits für sich betrachtet wenig glaubhaft. Bei der weiteren Erklärung, dieser Betrag sei dem Angeklagten im Februar 2010 „für Umbauarbeiten als Darlehen“ zur Verfügung gestellt worden, handelt es sich jedenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um eine Lüge. Denn anders lässt sich nicht erklären, warum die Vertragsparteien trotz Belehrung durch den Notar und „Hinweis auf mögliche Risiken“ darauf verzichtet haben, den ‒ nach ihren eigenen Angaben existenten ‒ schriftlichen Darlehensvertrag der notariellen Urkunde beizufügen, obwohl diese in Bezug auf die immerhin fünfstellige Darlehensschuld eine Erfüllungsabrede enthält.

    25

    III.

    26

    Von einer zusätzlichen Beschlagnahme des am 15. April 2019 auf die Drittbeteiligte übertragenen Bausparguthabens ist derzeit abzusehen. Zwar dürfte diesbezüglich eine Anwendung des § 111b Abs. 1 StPO grundsätzlich in Betracht kommen, weil Forderungen aus Bausparguthaben ‒ anders als Sichteinlagen im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses ‒ im Falle der Übertragung gegenständlich erhalten bleiben (wenn auch gegebenenfalls auf einem anderen Konto). Ob und in welcher Höhe das übertragene Guthaben hier zu beschlagnahmen ist, lässt sich allerdings aufgrund des aktenkundigen Sachverhalts nicht zweifelsfrei feststellen, denn bislang ist weder die Höhe des Guthabens im Übertragungszeitpunkt noch dessen weiterer Verbleib (nach der letzten Auskunft der LBS vom 25. Juni 2019, Bl. 95 SB FE) ausermittelt worden.

    27

    IV.

    28

    Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Auflage 2019, § 473 Rdn. 15 und 36).