29.10.2020 · IWW-Abrufnummer 218637
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht: Urteil vom 12.03.2020 – 7 U 53/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
7 U 53/19
3 O 106/18 LG Flensburg
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2020 für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin - das am 8. März 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg geändert und wie folgt neu gefasst:
Gründe:
I.
Die Klägerin behauptet, der Beklagten mit Vertrag vom 6. September 2014 ein bis zum 31. Dezember 2016 befristetes, verzinsliches Darlehen in Höhe von 50.000,00 € in bar gegeben zu haben. Sie macht einen Darlehensrückzahlungsanspruch nebst Zinsen seit dem 01.01.2016 geltend.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob eine Barzahlung der 50.000,-- € am 6. September 2014 tatsächlich - so die Klägerin - an die Beklagte oder aber - so die Beklagte - an den Zeugen S. persönlich erfolgt ist. In der Privaturkunde vom 6. September 2014 haben sowohl die Kerstin H. als auch der Zeuge S. durch eigenhändige Unterschrift den Empfang des Bargeldes quittiert. Christoph W. hatte zum Termin am 6. September 2014 den Betrag von 50.000,00 € in bar (100 Scheine á 500,00 €-Noten) mitgebracht und vor Ort (im Geschäftsgebäude der Team V. in Schleswig) den Beteiligten vorgezählt.
Auf die Forderung von Christoph W. nach einer Sicherheit für die sofort fälligen Projektentwicklungskosten über brutto 84.134,00 € bat der Zeuge S. sodann den ebenfalls mit ihm befreundeten weiteren Kaufinteressenten A. um Erteilung einer entsprechenden Sicherheit, die er in Form eines notariellen selbstständigen Schuldversprechens über 84.134,00 € gegenüber Christoph W. persönlich am 19.09.2014 erteilte (UR-Nr. 708/2014, Notar Manfred L., Anlage BK 1, Bl. 323 - 325). Im Gegenzug erteilte Team V., vertreten durch den Geschäftsführer Volker S., dem Zeugen A. mit notariellem Vertrag vom 19.09.2014 (UR-Nr. 709/2014, Notar Manfred L.) eine Kaufoption für das gesamte Grundstück Schleibogen 8 - 10 (Größe 4.097 m²) zum Preis von 410.000,00 € (inklusive des vorhandenen Gebäudes). Die Verträge vom 19.09.2014 waren Christoph W. ebenfalls bekannt.
Für die Jahre 2014 und 2015 wurden von der Beklagten Darlehenszinsen in Höhe von 3 % p.a. gezahlt (für den Zeitraum 07.09.2014 - 31.12.2014: 479,17 €: davon zunächst 400,-- in bar am 11.03.2015 und restliche 79,17 € per Überweisung am 20.03.2015; für 2015 in Höhe von 1.500,00 €, gezahlt am 28.12.2015 per Überweisung). Die Klägerin führte in ihren Bilanzen eine Darlehensforderung gegen die Beklagte und versteuerte die Zinserträge. Auch die Beklagte wies in ihren jeweiligen Jahresabschlüssen für die Jahre 2014 und 2015 (jeweils zum 31.12.) unter „sonstige Verbindlichkeiten“ das Darlehen der Klägerin über 50.000 € aus (Anlagenkonvolut B4, Bl. 163 für 2014 und Bl. 184 für 2015). Ab dem 1. Januar 2016 erfolgte keine Zinszahlung mehr. Im Auftrag der Team V. wurde das Verwaltungsgebäude auf dem Grundstück Schleibogen 8 - 10 von der Beklagten Anfang/Mitte 2017 (das genaue Datum ist zwischen den Parteien streitig) abgerissen und entsorgt und zwar zum Preis von 50.000,00 € netto gemäß Rechnung vom 18.01.2017 (Anlage B 3, Bl. 70 GA).
Daraufhin erstattete Christoph W. am 22. März 2018 gegen der Zeuge S. und seinen Anwalt, Herrn Rechtsanwalt Wolfram Ra., Strafanzeige wegen Nötigung und versuchter Erpressung. Das entsprechende Ermittlungsverfahren ist bei der Staatsanwaltschaft Flensburg unter dem Aktenzeichen 107 Js 8951/18 anhängig. In der Anzeige heißt es, dass es zwar richtig gewesen sei, dass Volker S. vor dem Grundstückskauf am 3. September 2014 Schwarzgeld gefordert habe, weil er das Geld dringend zum Leben benötigte. Dies habe er, Christoph W., jedoch auch mit Rücksicht auf seinen Beruf als Steuerberater abgelehnt und deshalb zur Überbrückung des Liquiditätsengpasses nur ein verzinsliches Darlehen der Klägerin angeboten. Da das Schreiben der Team V. vom 22. März 2018 auch an die örtliche Presse gegangen sei, befürchte er nunmehr eine negative Presse für seine Steuerberatungskanzlei sowie ein berufsrechtliches Verfahren.
Die Klägerin hat behauptet, ihr Geschäftsführer W. sei zu Schwarzgeldzahlungen an den Zeugen S. nicht bereit gewesen, sie habe auch dem S. unmittelbar kein Darlehen geben wollen. Vielmehr sei zwischen den Parteien tatsächlich ein Darlehensvertrag gewollt gewesen und auch abgeschlossen worden. Die Darlehenszahlung sei - jedenfalls bei der Klägerin - bilanztechnisch ordnungsgemäß erfasst und verbucht worden. Gleiches gelte für die vereinnahmten Zinszahlungen der Jahre 2014 und 2015. Der im Vertrag vom 3. September 2016 vereinbarte Kaufpreis (119,00 €/m² + Projektentwicklungskosten von pauschal brutto 84.134,00 €, d.h. rd. 150,00 €/m²) sei seinerzeit marktüblich und angemessen gewesen. Bei dem Preis von 119,00 €/m² handle es sich um einen angemessenen Richtpreis der I.bilienbewertung des Sachverständigen Dr. Ing. Walter Sc. (R & S Vermessung und I.bilienbewertung, Berlin) vom 31.01.2011 (Anlage K 5, Bl. 61 u. 62 GA). Eine entsprechende Schwarzgeldzahlung neben dem Kaufpreis hätte wirtschaftlich auch keinen Sinn gemacht, da insoweit zwar 6,5 % Grunderwerbsteuer gespart worden wären, andererseits jedoch keine entsprechende Abschreibungsmöglichkeit bestanden hätte. Christoph W. habe dem Zeugen Volker S. lediglich aus einem Liquiditätsengpass helfen wollen. Das Geld sei am 6. September 2014 in bar vorgezählt und danach in einem Umschlag auf dem Tisch im Betriebsgebäude der Team V. liegen gelassen worden. Der Geschäftsführer der Klägerin habe weder in dem Gespräch mit der Zeugin H. am 23. Februar 2015 noch in dem Gespräch mit dem Zeugen Jan-Peter A. im April/Mai 2019 auf die streitgegenständliche Darlehensforderung verzichtet oder gesagt, dass der Darlehensvertrag vom 6. September 2014 vernichtet werden könne.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 50.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 3 % seit dem 01.01.2016 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Geschäftsführer beider Parteien persönlich gehört sowie die Zeugen Volker S., Kerstin H. und Tanja W. (vormals B.) vernommen. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 1. Februar 2019 Bezug genommen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es Wesentlichen ausgeführt, dass die Darlehenshingabe aufgrund der Vertragsurkunde vom 6. September 2014 bewiesen und deshalb der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB begründet sei. Die Beklagte habe nicht bewiesen, dass es sich dabei um ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 BGB gehandelt oder der Vertrag unter der auflösenden Bedingung einer Versagung der erforderlichen grundstücksrechtlichen Genehmigung des Sanierungsträgers (BIG) für den Kaufvertrag vom 3. September 2014 nach § 158 Abs. 2 BGB gestanden habe. Die Angaben der Zeugen H. und S. seien nicht glaubhaft. Zwar seien auch die Angaben der Zeugin Tanja W. nicht überzeugend, entsprechende Zweifel gingen jedoch zu Lasten der insoweit beweispflichtigen Beklagten. Es sei im Ergebnis belanglos, wer die 50.000,00 € in bar erhalten habe, denn die Zeugin H. habe gebilligt, dass das Geld an Volker S. gehen sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, die Klägerin müsse den Vollbeweis für die inhaltliche Richtigkeit der Darlehensurkunde vom 6. September 2014 erbringen. Neben dem Vertragsschluss sei die Klägerin auch für die Hingabe des Geldes als Darlehen an die Beklagte beweispflichtig. Diesen Nachweis habe sie nicht geführt. Vielmehr sei das von der Beklagten behauptete Schwarzgeldgeschäft bewiesen. Die Angaben des Zeugen Volker S. seien glaubhaft, zumal er sich selbst durch seine Aussage der Beteiligung an der Straftat einer Steuerhinterziehung bezichtigt hat. Er sei weder Geschäftsführer noch Gesellschafter der Beklagten und habe deshalb kein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreites. Schließlich habe die Klägerin die Darlehensrückzahlung auch erst beansprucht, nachdem Volker S. mit der Offenlegung der Schwarzgeldabrede und der Rückabwicklung des notariellen Kaufvertrages vom 3. September 2014 gedroht habe. Die prekäre finanzielle Lage und die Schwarzgeldforderung des Zeugen S. sei dem Steuerberater W. bereits vor Abschluss des Kaufvertrages am 3. September 2014 bekannt gewesen. Auch der Zeuge Jan-Peter A. habe davon gewusst. Nach Abschluss des Kaufvertrages vom 3. September 2014 habe Christoph W. weitere Sicherheiten gefordert, weshalb der Zeuge S. den mit ihm befreundeten Zeugen und Kaufinteressenten A. um Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses vom 19. September 2014 (Anlage BK 1) gebeten und im Gegenzug ihm den Optionsvertrag vom selben Tag (Anlage BK 2) eingeräumt habe. Nach Erlass des angefochtenen Urteils habe der Zeuge A. versucht, zwischen Christoph W. und Volker S. zu vermitteln. In diesem Zuge habe Christoph W. gegenüber dem Zeugen A. auf die Geltendmachung der streitgegenständlichen 50.000,00 € verzichtet.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze im Berufungsrechtszug Bezug genommen.
Der Senat hat die Geschäftsführer der Parteien ergänzend persönlich gehört sowie Beweis erhoben durch Augenscheinseinnahme der Originalurkunden vom 6. September 2014 und durch Vernehmung der Zeugen Volker S. und Jan-Peter A.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 11. Februar 2020.
II.
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehensbetrags zuzüglich Zinsen. Voraussetzung für den Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens ist nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass ein Darlehensvertrag zwischen den Parteien geschlossen wurde, das Darlehen zur Verfügung gestellt wurde und die Rückzahlung des Darlehens fällig ist. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob zwischen Parteien hier überhaupt ein Darlehensvertrag zustande gekommen ist. Denn jedenfalls konnte die Klägerin nicht zur Überzeugung des Senats nach § 286 ZPO beweisen, dass der Beklagten tatsächlich ein Darlehen zur Verfügung gestellt wurde. Verbleibende Zweifel gehen zu ihren Lasten und führen zur Abweisung der Klage.
1.
Abweichend von der vorgenannten Fallkonstellation ergibt sich hier jedoch nicht bereits aus der Darlehensurkunde vom 6.9.2014, wer den Darlehensbetrag erhalten hat. Die Urkunde enthält unter dem Zusatz „Betrag in bar erhalten:“ nämlich sowohl die Unterschrift der damaligen Geschäftsführerin der Beklagten, der Zeugen Kerstin H., als auch die Unterschrift des Zeugen Volker S.. Aus der Urkunde selbst ergibt sich damit nicht, ob der Barbetrag von 50.000 € am 6.9.2020 tatsächlich der Beklagten (vertreten nach § 35 GmbH-Gesetz durch die damalige Geschäftsführerin H.) oder dem Zeugen Volker S. zur Verfügung gestellt worden ist. Die Leistung an einen Dritten hat nach § 362 Abs. 2 BGB nur dann befreiende Wirkung, wenn entweder der Gläubiger den Dritten zur Entgegennahme der Leistung oder den Schuldner zur Leistungserbringung an den Dritten i.S.v. § 185 BGB ermächtigt hat. Eine solche Ermächtigung ergibt sich jedoch weder aus den unstreitigen Umständen vor bzw. bei Vertragsschluss noch aus der Urkunde selbst. Damit bleibt nach dem Inhalt der Urkunde unklar und ist mithin nicht bewiesen, dass die Beklagte tatsächlich die Darlehensvaluta empfangen hat.
Auch aus anderen, außerhalb der Urkunde liegenden Umständen vermag der Senat keine sichere Überzeugung zu gewinnen, dass der Beklagten tatsächlich der Darlehensbetrag zugeflossen ist. Dabei trifft die Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände beruft - sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) -, die Beweislast für deren Vorliegen (BGH, Urteil vom 05.7.2002, V ZR 143/01, NJW 2002, 3164, 3165, juris Rn. 7 m.H.a. BGH, Urteil vom 5.2.1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965).
Die Unsicherheit, wem der Darlehensbetrag tatsächlich zugeflossen ist, folgt im Übrigen auch aus der persönlichen Anhörung des Geschäftsführers W.. Er hat zwar angegeben, dass er auf keinen Fall dem Zeugen S. persönlich das von letzterem im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag vom 03.09.2014 unstreitig geforderte Bargeld geben wollte. Auf Frage nach den Umständen der Bargeldzahlung vom 06.09.2014 gab er jedoch an, nach dem Zählen des Geldes und Entgegennahme der Vertragsurkunde mit den entsprechenden Unterschriften (die hinsichtlich des Empfängers des Geldes nicht eindeutig sind) das Geld wieder in den Umschlag getan und auf dem Tisch liegen gelassen zu haben. Der Umschlag habe beim Verlassen des Raumes noch immer noch auf dem Tisch gelegen. Er habe nicht gesehen, wer das Geld an sich genommen habe. Das bedeutet, dass W. gerade nicht sicher von einem Empfang des Darlehens durch die Beklagte ausgehen konnte. Denn hierfür hätte er sicherstellen müssen, dass das Bargeld von der Zeugin H. entgegengenommen oder jedenfalls nur auf Geheiß der Zeugin H. dem Volker S. übergeben wurde. Da W. und seine damalige Lebensgefährtin und heutige Ehefrau Tanja jedoch nach eigenen Angaben den Raum verließen ohne den Empfang des Geldes durch die Beklagte sicherzustellen, ist ebenso denkbar, dass der Zeuge S. anschließend persönlich das Geld an sich genommen hat, ohne hierzu im Verhältnis zur Beklagten berechtigt gewesen zu sein.
Die Möglichkeit eines direkten Geldflusses an den Zeugen S. am 06.09.2014 wäre trotz des vorliegenden Darlehensvertrags, der die Beklagte als Darlehensnehmerin und Team V. (Geschäftsführer: Volker S.) als Bürgin ausweist, auch plausibel. Dafür spricht zum einen, dass der akute Liquiditätsbedarf des Volker S. im Umfeld der hier streitgegenständlichen Geschäftsvorgänge zwischen den Parteien im Kern unstreitig ist und - sogar nach eigener Darstellung der Klägerin - Auslöser für diese war. Die Zeugin Tanja W. (vormals B.) hat insoweit bestätigt, dass es darum gegangen sei, dem Volker S. „aus der finanziellen Misere“ herauszuhelfen und dass „deswegen“ der Darlehensvertrag konzipiert worden sei. (Bl. 219 GA).
Nach alledem hat die Klägerin nicht bewiesen, dass der Beklagten tatsächlich der streitgegenständliche Darlehensbetrag am 06.09.2014 zur Verfügung gestellt wurde.
2.
Grundsätzlich ist die Würdigung, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist, Sache des Tatrichters, der nach § 286 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat. Der Tatrichter ist bei einem auf Indizien gestützten Beweis grundsätzlich frei, welche Beweiskraft er den Indizien im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2004, VI ZR 136/03, NJW 2004, 3423, 3424 m.w.N.). Im Ergebnis muss der Tatrichter von der Wahrheit des Vortrags überzeugt sein. Dabei darf er sich mit einer persönlichen Gewissheit begnügen, welche den Zweifeln schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 17.02.1979, III ZR 139/67, NJW 1970, 946 - 951)
Dafür spricht z. B. die im Kern unstreitige Interessenlage von W. und S. im Sommer/Herbst 2014. Der Steuerberater Christoph W. war - neben dem Zeugen A. - am Kauf des „Filetgrundstücks“ Schleibogen 8 - 10 von Team V. interessiert. Zu jenem Zeitpunkt war der Zeuge S. sowohl privat als auch mit seinen Firmen (insbesondere auch Team V.) in großer finanzieller Not. Dies war allen Kaufinteressenten bekannt. Der Zeuge S. konnte weder privat noch als Team-V. Geschäftsführer und Gesellschafter von einem Grundstücksverkauf profitieren, weil die Konten der Team V. seinerzeit eingefroren und der Kaufpreis vollständig an Dritte (BIG und die Grundpfandgläubigerin S.) abzuführen war. Es ist unstreitig, dass der Zeuge S. deshalb damals den Verkauf des Grundstücks von einer Cashzahlung in Höhe von 50.000,00 € an ihn persönlich abhängig gemacht hatte. Darauf wollte sich der ebenfalls an dem Grundstück interessierte Zeuge A. - wie der glaubhaft bekundet hat - nicht einlassen. Christoph W. hat hingegen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft vom 03.09.2014 über die Klägerin, bei der seine heutige Ehefrau damals als „Strohfrau“-Geschäftsführerin eingesetzt war, eine Bargeldzahlung über 50.000,00 € geleistet, dessen Empfang zumindest auch von dem Zeugen Volker S. quittiert wurde.
Zudem hatte die Beklagte selbst hatte kein eigenes wirtschaftliches Interesse an einer Darlehensgewährung. Ausweislich ihrer Bilanz aus dem Jahr 2015 (Anlagenkonvolut B 4) hatte sie hinreichend Eigenkapital und verfügte über ein Aktivvermögen von über 1.000.000,00 € (1.099.804,39 €; Bl 182 GA). Die damalige Geschäftsführerin und Alleingesellschafterin der Beklagten (die Zeugin Kerstin H.) war Volker S. freundschaftlich verbunden. Sie arbeitete seit 2000 ununterbrochen als freiberufliche Mitarbeiterin bei Team V. und hatte das Unternehmen der Beklagten im Jahr 2004 von dem Zeugen S. käuflich erworben. Die Beklagte erhielt damals ca. 80 % ihrer Aufträge von Team V.. Auch diese Umstände sprechen dafür, dass Beklagte sich nur aus Gefälligkeit und auf ausdrücklichen Bitte von Volker S. an der Vertragskonstruktion beteiligt hat.
Ein weiteres Indiz ist das Verhalten der Klägerin nach dem 1. Januar 2017, mithin nach Eintritt der Fälligkeit des vermeintlichen Darlehens. Die Rückzahlung der Hauptforderung über 50 T€ durch die Beklagte wurde nämlich nicht zeitnah Anfang 2017 geltend gemacht, sondern erst am 8. Februar 2018, nachdem der erste „Drohbrief“ des Zeugen S. vom 05.12.2017 bei W. eintraf. Der Zugang eines von der Klägerin behaupteten Mahnschreibens vom 17. Mai 2017 über 51.500,00 € (Anlage K 2, Bl. 14 GA, abweichend von den anderen Mahnschreiben der Klägerin hier von W. persönlich unterschrieben) konnte nicht nachgewiesen werden. Die Klägerin vermochte nicht zu erklären, weshalb sie zwar die Zinsen für das Jahr 2016 (mit Schreiben vom 10.01.17 und 03.03.17), nicht aber die Rückzahlung der eigentlichen Darlehensforderung zeitnah geltend gemacht hat. Selbst wenn die Klägerin das Schreiben vom 17. Mai 2017 tatsächlich verschickt hätte, wäre für den Senat nicht plausibel, weshalb sie nach Fälligkeit des vermeintlichen Darlehens mit der ersten Mahnung über viereinhalb Monate zuwartet hätte und bis zur nächsten Mahnung (08.02.2018) wieder mehr als acht Monate verstreichen ließ.
Ein weiteres Indiz für die behauptete Schwarzgeldabrede könnte der vereinbarte Verkaufspreis für das Wassergrundstück Schleibogen 8 - 10 sein. Der Verkauf des Grundstücks erfolgte am 3.09.2014 zum Preis von 119,00 €/m² plus pauschale Projektentwicklungskosten i.H.v. brutto 84.134,00 €). Der Quadratmeter-Preis basierte auf einem Schätzgutachten der Rek/Sc. I.bilienbewertung aus Berlin (im Folgenden R & S) vom 22.12.2009 für den Bewertungsstichtag 10.09.2009 (vgl. Ermittlungsakte Bl. 1; ein entsprechender Auszug wurde den Parteivertretern im Termin am 11.02.2020 übergeben). Ausweislich des v.g. Ursprungsgutachtens war der Bodenwert des streitgegenständlichen Grundstücks (Baugebiet WA 10 a) mit rund 126,00 €/m² bei einer Bebauung mit drei Vollgeschossen bewertet worden. Die Parteien haben zwar nicht dargelegt, weshalb der ursprüngliche Schätzwert später aufgrund einer ergänzenden Stellungnahme der R & S vom 31.01.2011 (Anlage K 5, Bl. 61 und 62) auf 119,00 €/m² reduziert worden ist. Maßgeblich ist jedoch, dass sich dieser Wert auf den Bewertungsstichtag 10.09.2009 - mithin knapp 5 Jahre vor dem am 03.09.2014 vereinbarten Preis - bezog. Es ist allgemein bekannt, dass die I.bilienpreise nach der Finanzkrise 2008 generell - soweit es sich wie hier um eine gute Lage handelte - bundesweit angestiegen sind. Der Zeuge S. hat vor dem Landgericht bekundet, dass Team V. bereits Ende 2017 ein anderes Teilgrundstück im sog. „Regattaquartier“ für 1,7 Millionen Euro verkauft habe (Bl. 215 GA). Es spricht deshalb vieles dafür, dass der Marktwert des „Filetgrundstücks“ an der Schlei am 03.09.2014 - zumal mit der vertraglich zugesicherten Bebauungsmöglichkeit von 4 Vollgeschossen - tatsächlich höher als der vertraglich vereinbarte Preis gewesen ist.
Auch aus Sicht der Klägerin war die Vergabe von Darlehen an Dritte ein unübliches Geschäft. Die Klägerin hatte nach Angaben der Zeugin W. vorher noch nie Darlehen vergeben (Bl. 220 GA). Es handelt sich bei der Klägerin um eine reine Verwaltungsgesellschaft. Unstreitig befand sich das Bankkonto der Klägerin nach der Bargeldabhebung bei der Schleswiger Volksbank (Konto-Nr. 1431498) am 05.09.2014 sogar zunächst im Minus (- 6.099,78 €; vgl. Bl. 368 d. A.) bis es durch Zahlungen der I. Sch. KG am 09.09.2014 wieder aufgefüllt werden konnte.
Die Zinszahlungen der Beklagten für die Jahre 2014 und 2015 sowie die Bilanzierung des Darlehens sowohl bei der Klägerin als auch bei der Beklagten sprechen zwar grundsätzlich dafür, dass die Rechtsfolgen des Vertrages vom 06.09.2014 - zumindest zeitweise - auch gewollt waren. Der Senat hat jedoch insbesondere mit Blick auf die unklare und lückenhafte Buchhaltung der Beklagten erhebliche Zweifel, ob die Buchführung und ihr folgend die Bilanz der Beklagten überhaupt in Bezug auf den streitgegenständlichen Geschäftsvorgang ein zutreffendes Bild abgibt. Denn ebenso gut hält es der Senat für möglich, dass mit der Buchhaltung nur versucht wurde, den Anschein einer Darlehenszuwendung an die Beklagte zu erwecken und den tatsächlichen wirtschaftlichen Vorgang einer Schwarzgeld-/Schmiergeldzahlung an Volker S. zu kaschieren.
Ob die vorgenannten Indizien hinsichtlich des behaupteten Scheingeschäfts für eine richterliche Überzeugung nach § 286 ZPO ausreichen, kann im Ergebnis offen bleiben, weil die Klägerin schon die Darlehenshingabe an die Beklagte nicht bewiesen hat.
3. Die Beklagte behauptet ferner, dass die Rückzahlung der Darlehensvaluta jedenfalls dann nicht mehr gewollt war, als der Kaufvertrag vom 03.09.2014 von dem Sanierungsträger (BIG) genehmigt war und damit vollzogen werden konnte (die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte unstreitig bereits am 12.01.2015). Damit behauptet die Beklagte eine auflösende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 2 BGB. Für die Vereinbarung und den Eintritt der auflösenden Bedingung trägt die Beklagte die Beweislast.
Ob letztlich die vorgenannten Indizien zum Nachweis der behaupteten auflösenden Bedingung ausreichen, kann im Ergebnis wiederum offen bleiben, weil die Klägerin schon die Darlehenshingabe an die Beklagte nicht bewiesen hat.
4. Da die Klägerin schon die Hingabe des Darlehens an die Beklagte nicht bewiesen hat, stehen ihr auch weder Vertragszinsen von 3 % p.a. nach § 488 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB noch Verzugszinsen gemäß §§ 286, 288 BGB zu. Daher ist auch die Anschlussberufung der Klägerin unbegründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Es handelt sich um einen Einzelfall, der seinen Schwerpunkt in der tatrichterlichen Würdigung hat.
3 O 106/18 LG Flensburg
12.03.2020
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht
Urteil
Im Namen des Volkes
In dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11.02.2020 für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin - das am 8. März 2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Flensburg geändert und wie folgt neu gefasst:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreites.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
I.
Die Klägerin behauptet, der Beklagten mit Vertrag vom 6. September 2014 ein bis zum 31. Dezember 2016 befristetes, verzinsliches Darlehen in Höhe von 50.000,00 € in bar gegeben zu haben. Sie macht einen Darlehensrückzahlungsanspruch nebst Zinsen seit dem 01.01.2016 geltend.
Mit privatschriftlicher Urkunde vom 6. September 2014 vereinbarten die Klägerin als Darlehensgeberin und die Beklagte als Darlehensnehmerin ein bis zum 31. Dezember 2016 befristetes Darlehen, das mit 3 % jährlich verzinst werden sollte. Die Klägerin wurde seinerzeit durch die Tanja B. (damalige Lebensgefährtin und jetzt Ehefrau des heutigen Geschäftsführers der Klägerin) und die Beklagte durch die Kerstin H. als jeweilige Geschäftsführerin vertreten. Neben den vorgenannten Geschäftsführerinnen waren bei Unterzeichnung des Darlehensvertrages der Steuerberater Christoph W. und der Kaufmann Volker S. (seinerzeit geschäftsführender Gesellschafter der Team V. Betriebs GmbH & Co. KG - im Folgenden „Team V.“) anwesend. Als Sicherheit wurden der Klägerin von der Beklagten mit gesondertem Sicherungsübereignungsvertrag vom 6. September 2014 (Bl. 362 u. 363 GA) zwei Bagger (Raupenbagger Doosan DX 3000 NLC, Baujahr 2008; Kompaktbagger Neuson, Baujahr 2009) übereignet, außerdem verbürgte sich Team V. für die Rückzahlung des Darlehens.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob hier tatsächlich - so die Klägerin - ein Darlehensvertrag geschlossen und die 50.000,00 € in bar als Darlehen an die Beklagte gegeben werden sollten, oder ob - so die Beklagte - der ganze Vorgang nur der Verschleierung einer Schwarzgeld-/Schmiergeldzahlung an den Zeugen S. im Zusammenhang mit einem zuvor geschlossenen Grundstückskaufvertrag dienen sollte.
Nur drei Tage vor dem vorgenannten Bargeldgeschäft kaufte der Geschäftsführer der Klägerin (zu 1/4 privat und zu 3/4 handelnd unter seiner Firma „1. R. E. Kontor GmbH“) mit notariellem Vertrag vom 3. September 2014 von Team V. das direkt an der Schlei gelegene Teilgrundstück Schleibogen 8 - 10 (2.714 m²) zum Preis von 322.966,00 € (= 119,00 €/m²) zuzüglich weiterer brutto 84.134,00 € Projektentwicklungskosten, mithin insgesamt für 407.100,00 €. Das damals noch auf diesem Grundstück befindliche Gebäude wurde von der Team V. als Verwaltungsgebäude genutzt und sollte - ausweislich des Vertrages - bis zum 31. Dezember 2016 abgerissen werden. Die Wirksamkeit des Kaufvertrages war von der Genehmigung des Sanierungsträgers, der BIG Städtebau GmbH (im Folgenden „BIG“) abhängig. Die Parteien vereinbarten ferner ein Rücktrittsrecht für den Fall, dass die baurechtlichen Voraussetzungen nicht bis zum 31. Dezember 2016 durch eine Änderung des Bebauungsplanes Nr. 83 geschaffen würden (vertraglich war die Bebauung mit 2 Häusern jeweils mit 4 Vollgeschossen und einer Mindestgeschossfläche - BGF - von oberirdisch 3.700 m² und unterirdisch 1.300 m² vereinbart). Die Kaufpreiszahlung sollte direkt zu 2/3 an die BIG und zu 1/3 an die Hauptgläubigerin der Team V., die Investorin Susanne S., erfolgen. Die Eigentumsumschreibung auf die Käufer erfolgte am 12. Januar 2015. Die Käufer haben das Grundstück inzwischen mit notariellem Vertrag vom 16. Januar 2020 an das Schleswig-Holsteinische Versorgungswerk für Rechtsanwälte weiterverkauft.
Dem Abschluss des o.g. notariellen Kaufvertrages gingen im Frühjahr/Sommer 2014 mehrere Gespräche zwischen Christoph W. und Volker S. voraus. Beide kannten sich, mindestens zwei Firmen des Zeugen S. (W. Projektentwicklungs GmbH und S. R. E. GmbH) wurden seinerzeit von Christoph W. und seinem Büro steuerlich beraten. Team V. war damals praktisch zahlungsunfähig, die Hauptgläubigerin Susanne S. hatte jedwede weitere finanzielle Unterstützung des Projekts (= Entwicklung und Vermarktung des ehemaligen Kasernengeländes „Auf der Freiheit“) eingestellt. Sowohl für seine Geschäfte als auch privat benötigte der Zeuge S. jedoch dringend Geld. Zu einem Verkauf des Grundstücks Schleibogen 8 - 10 war er deshalb in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Team V. nur gegen eine Cashgeld-/Schwarzgeldzahlung von 50.000,00 € an ihn persönlich bereit. Diese Forderung sowie die prekäre finanzielle Situation von Team V. und des Zeugen S. war damals nicht nur Christoph W., sondern auch dem mit ihm befreundeten weiteren Kaufinteressenten, dem I.bilienkaufmann (und Zeugen) Jan-Peter A., bekannt. Während letzterer die begehrte Bargeldzahlung an Volker S. ablehnte, kam es in der Folgezeit zwischen Christoph W. und seinen Firmen einerseits sowie Volker S., Team V. und der Beklagten andererseits zu den vorgenannten Verträgen vom 3. September 2014 (notarieller Kaufvertrag) und 6. September 2014 (Darlehensvertrag und Sicherungsübereignungsvertrag).
Für die Jahre 2014 und 2015 wurden von der Beklagten Darlehenszinsen in Höhe von 3 % p.a. gezahlt (für den Zeitraum 07.09.2014 - 31.12.2014: 479,17 €: davon zunächst 400,-- in bar am 11.03.2015 und restliche 79,17 € per Überweisung am 20.03.2015; für 2015 in Höhe von 1.500,00 €, gezahlt am 28.12.2015 per Überweisung). Die Klägerin führte in ihren Bilanzen eine Darlehensforderung gegen die Beklagte und versteuerte die Zinserträge. Auch die Beklagte wies in ihren jeweiligen Jahresabschlüssen für die Jahre 2014 und 2015 (jeweils zum 31.12.) unter „sonstige Verbindlichkeiten“ das Darlehen der Klägerin über 50.000 € aus (Anlagenkonvolut B4, Bl. 163 für 2014 und Bl. 184 für 2015). Ab dem 1. Januar 2016 erfolgte keine Zinszahlung mehr. Im Auftrag der Team V. wurde das Verwaltungsgebäude auf dem Grundstück Schleibogen 8 - 10 von der Beklagten Anfang/Mitte 2017 (das genaue Datum ist zwischen den Parteien streitig) abgerissen und entsorgt und zwar zum Preis von 50.000,00 € netto gemäß Rechnung vom 18.01.2017 (Anlage B 3, Bl. 70 GA).
Die Klägerin mahnte die ausstehenden Zinsen für das Jahr 2016 mit Schreiben vom 10. Januar 2017 (Anlage K 11, Bl. 112) und 3. März 2017 an. Ob auch die Darlehenssumme über 50.000,00 € bereits im Jahr 2017 von der Klägerin zurückgefordert wurde, ist zwischen den Parteien streitig Die Klägerin hat als Anlage K 2 [Bl. 14 GA] zwar ein entsprechendes Mahnschreiben vom 17. Mai 2017 über 51.500,00 € eingereicht, das - abweichend von den übrigen Mahnschreiben der Klägerin - nicht von der Buchhalterin sondern von Christoph W. persönlich unterschrieben ist, der Zugang ist aber nicht bewiesen.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2017 forderte der Zeuge S. von Christoph W. die Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages vom 3. September 2014 mit der Begründung, der Vertrag sei wegen der behaupteten Schwarzgeldabrede und -zahlung nichtig.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 22. März 2018 (Anlage B 2) forderte Team V. die Grundstückskäufer (Christoph W. sowohl persönlich als auch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der 1. R. E. Kontor GmbH) wegen Nichtigkeit des notariellen Kaufvertrages nach §§ 134 BGB i.V.m. § 370 AO, 263 StGB zur Rückübertragung des Grundstücks Schleibogen 8 - 10 Zug um Zug gegen Rückzahlung des offiziellen und nicht offiziellen Kaufpreises auf. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Anlage B 2 (Bl. 39 u. 40 GA) Bezug genommen.
Daraufhin erstattete Christoph W. am 22. März 2018 gegen der Zeuge S. und seinen Anwalt, Herrn Rechtsanwalt Wolfram Ra., Strafanzeige wegen Nötigung und versuchter Erpressung. Das entsprechende Ermittlungsverfahren ist bei der Staatsanwaltschaft Flensburg unter dem Aktenzeichen 107 Js 8951/18 anhängig. In der Anzeige heißt es, dass es zwar richtig gewesen sei, dass Volker S. vor dem Grundstückskauf am 3. September 2014 Schwarzgeld gefordert habe, weil er das Geld dringend zum Leben benötigte. Dies habe er, Christoph W., jedoch auch mit Rücksicht auf seinen Beruf als Steuerberater abgelehnt und deshalb zur Überbrückung des Liquiditätsengpasses nur ein verzinsliches Darlehen der Klägerin angeboten. Da das Schreiben der Team V. vom 22. März 2018 auch an die örtliche Presse gegangen sei, befürchte er nunmehr eine negative Presse für seine Steuerberatungskanzlei sowie ein berufsrechtliches Verfahren.
Nachdem auf die vorgerichtliche Zahlungsaufforderung vom 8. Februar 2018 über 53.000,00 € (50.000,00 € + Zinsen für die Jahre 2016 und 2017) keine Reaktion erfolgte, leitete die Klägerin am 7. März 2018 das gerichtliche Mahnverfahren ein.
Die Klägerin hat behauptet, ihr Geschäftsführer W. sei zu Schwarzgeldzahlungen an den Zeugen S. nicht bereit gewesen, sie habe auch dem S. unmittelbar kein Darlehen geben wollen. Vielmehr sei zwischen den Parteien tatsächlich ein Darlehensvertrag gewollt gewesen und auch abgeschlossen worden. Die Darlehenszahlung sei - jedenfalls bei der Klägerin - bilanztechnisch ordnungsgemäß erfasst und verbucht worden. Gleiches gelte für die vereinnahmten Zinszahlungen der Jahre 2014 und 2015. Der im Vertrag vom 3. September 2016 vereinbarte Kaufpreis (119,00 €/m² + Projektentwicklungskosten von pauschal brutto 84.134,00 €, d.h. rd. 150,00 €/m²) sei seinerzeit marktüblich und angemessen gewesen. Bei dem Preis von 119,00 €/m² handle es sich um einen angemessenen Richtpreis der I.bilienbewertung des Sachverständigen Dr. Ing. Walter Sc. (R & S Vermessung und I.bilienbewertung, Berlin) vom 31.01.2011 (Anlage K 5, Bl. 61 u. 62 GA). Eine entsprechende Schwarzgeldzahlung neben dem Kaufpreis hätte wirtschaftlich auch keinen Sinn gemacht, da insoweit zwar 6,5 % Grunderwerbsteuer gespart worden wären, andererseits jedoch keine entsprechende Abschreibungsmöglichkeit bestanden hätte. Christoph W. habe dem Zeugen Volker S. lediglich aus einem Liquiditätsengpass helfen wollen. Das Geld sei am 6. September 2014 in bar vorgezählt und danach in einem Umschlag auf dem Tisch im Betriebsgebäude der Team V. liegen gelassen worden. Der Geschäftsführer der Klägerin habe weder in dem Gespräch mit der Zeugin H. am 23. Februar 2015 noch in dem Gespräch mit dem Zeugen Jan-Peter A. im April/Mai 2019 auf die streitgegenständliche Darlehensforderung verzichtet oder gesagt, dass der Darlehensvertrag vom 6. September 2014 vernichtet werden könne.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 50.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 3 % seit dem 01.01.2016 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, bei dem Darlehensvertrag vom 6. September 2014 habe es sich um ein nichtiges Scheingeschäft gehandelt. Hierzu hat sie behauptet, sie habe sich stets in geordneten finanziellen Verhältnissen befunden und keinen eigenen Darlehensbedarf gehabt. Sie habe den Darlehensbetrag auch nicht in bar erhalten. Vielmehr seien die Verträge vom 6. September 2014 (Darlehensvertrag und Sicherungsübereignungsvertrag) nur zur Verschleierung einer Schwarzgeldabrede zwischen dem Steuerberater Christoph W. und dem Zeugen Volker S. geschlossen worden. Der (jetzige) Geschäftsführer der Klägerin habe eine Sicherheit für den Fall beansprucht, dass der Sanierungsträger (BIG) den Kaufvertrag vom 3. September 2014 nicht genehmigen würde, weil dann die geleistete Barzahlung von 50.000,00 € an den Zeugen S. aufgrund seiner prekären finanziellen Situation mit großer Wahrscheinlichkeit verloren gewesen wäre. Zur Absicherung habe Christoph W. deshalb von dem Zeugen S. einen Darlehensvertrag mit einer solventen Firma und die Gewährung einer Sicherungsübereignung verlangt. Daraufhin habe S. seine Mitarbeiterin, die Zeugin H., um Hilfe gebeten. Diese habe als damalige Geschäftsführerin der Beklagten die Verträge vom 6. September 2014 nur aus freundschaftlicher Verbundenheit zu dem Zeugen S. geschlossen. Das Bargeld über 50.000,00 € habe allein der Zeuge S. erhalten und verbraucht. Christoph W. habe seinerzeit zugesagt, dass der Darlehensvertrag „geschreddert“ werden könne, sobald die Genehmigung des Sanierungsträgers vorliege und das aufstehende Gebäude abgerissen sei. Am 23. Februar 2015 habe Christoph W. gegenüber der Zeugin H. die versprochene Annullierung des Scheindarlehens nochmals bestätigt.
Die Beklagte sei stets von der Steuerberaterkanzlei E., Er. & Partner in Flensburg betreut und beraten worden und habe nie vorgehabt, zu dem Steuerberater W. zu wechseln. Schließlich habe die Klägerin auch erstmals am 8. Februar 2018 (Anlage K2, Bl. 15 GA) die Darlehensrückzahlung geltend gemacht, nachdem der Zeuge S. mit der Offenlegung der Schwarzgeldzahlung und der Rückabwicklung des notariellen Kaufvertrages erstmals Ende 2017 gedroht habe.
Das Landgericht hat die Geschäftsführer beider Parteien persönlich gehört sowie die Zeugen Volker S., Kerstin H. und Tanja W. (vormals B.) vernommen. Wegen des Ergebnisses der Anhörung und der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 1. Februar 2019 Bezug genommen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es Wesentlichen ausgeführt, dass die Darlehenshingabe aufgrund der Vertragsurkunde vom 6. September 2014 bewiesen und deshalb der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch nach § 488 Abs. 1 S. 2 BGB begründet sei. Die Beklagte habe nicht bewiesen, dass es sich dabei um ein Scheingeschäft im Sinne von § 117 BGB gehandelt oder der Vertrag unter der auflösenden Bedingung einer Versagung der erforderlichen grundstücksrechtlichen Genehmigung des Sanierungsträgers (BIG) für den Kaufvertrag vom 3. September 2014 nach § 158 Abs. 2 BGB gestanden habe. Die Angaben der Zeugen H. und S. seien nicht glaubhaft. Zwar seien auch die Angaben der Zeugin Tanja W. nicht überzeugend, entsprechende Zweifel gingen jedoch zu Lasten der insoweit beweispflichtigen Beklagten. Es sei im Ergebnis belanglos, wer die 50.000,00 € in bar erhalten habe, denn die Zeugin H. habe gebilligt, dass das Geld an Volker S. gehen sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie ist der Auffassung, die Klägerin müsse den Vollbeweis für die inhaltliche Richtigkeit der Darlehensurkunde vom 6. September 2014 erbringen. Neben dem Vertragsschluss sei die Klägerin auch für die Hingabe des Geldes als Darlehen an die Beklagte beweispflichtig. Diesen Nachweis habe sie nicht geführt. Vielmehr sei das von der Beklagten behauptete Schwarzgeldgeschäft bewiesen. Die Angaben des Zeugen Volker S. seien glaubhaft, zumal er sich selbst durch seine Aussage der Beteiligung an der Straftat einer Steuerhinterziehung bezichtigt hat. Er sei weder Geschäftsführer noch Gesellschafter der Beklagten und habe deshalb kein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreites. Schließlich habe die Klägerin die Darlehensrückzahlung auch erst beansprucht, nachdem Volker S. mit der Offenlegung der Schwarzgeldabrede und der Rückabwicklung des notariellen Kaufvertrages vom 3. September 2014 gedroht habe. Die prekäre finanzielle Lage und die Schwarzgeldforderung des Zeugen S. sei dem Steuerberater W. bereits vor Abschluss des Kaufvertrages am 3. September 2014 bekannt gewesen. Auch der Zeuge Jan-Peter A. habe davon gewusst. Nach Abschluss des Kaufvertrages vom 3. September 2014 habe Christoph W. weitere Sicherheiten gefordert, weshalb der Zeuge S. den mit ihm befreundeten Zeugen und Kaufinteressenten A. um Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses vom 19. September 2014 (Anlage BK 1) gebeten und im Gegenzug ihm den Optionsvertrag vom selben Tag (Anlage BK 2) eingeräumt habe. Nach Erlass des angefochtenen Urteils habe der Zeuge A. versucht, zwischen Christoph W. und Volker S. zu vermitteln. In diesem Zuge habe Christoph W. gegenüber dem Zeugen A. auf die Geltendmachung der streitgegenständlichen 50.000,00 € verzichtet.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
sowie im Wege der Anschlussberufung das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 50.000,00 € zu zahlen nebst Zinsen hierauf in Höhe von 3 % vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 und in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2017.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Der Darlehensvertrag vom 6. September 2014 sei gewollt gewesen. Der Darlehensschuldner habe in der Urkunde vom 6. September 2014 den Empfang des Darlehens bestätigt. Deshalb sei der Vollbeweis für den geltend gemachten Anspruch geführt. Hinsichtlich des behaupteten Scheingeschäfts und der auflösenden Bedingung trage die Beklagte die Beweislast. Dieser Beweis sei jedoch nicht geführt. Die Angaben der Zeugen Volker S. und H. seien unglaubhaft.
Der Vortrag hinsichtlich des Zeugen Jan-Peter A. sei verspätet. Der Geschäftsführer der Klägerin habe auch nach Erlass des angefochtenen Urteils nicht auf die Darlehensforderung verzichtet. Er habe gegenüber dem Zeugen A. lediglich erklärt, dass er an einer weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung nicht interessiert gewesen sei. Die Klägerin habe ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreites. Sie sei deshalb nicht bereit, auf die Darlehensforderung zu verzichten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze im Berufungsrechtszug Bezug genommen.
Der Senat hat die Geschäftsführer der Parteien ergänzend persönlich gehört sowie Beweis erhoben durch Augenscheinseinnahme der Originalurkunden vom 6. September 2014 und durch Vernehmung der Zeugen Volker S. und Jan-Peter A.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 11. Februar 2020.
II.
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehensbetrags zuzüglich Zinsen. Voraussetzung für den Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens ist nach § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, dass ein Darlehensvertrag zwischen den Parteien geschlossen wurde, das Darlehen zur Verfügung gestellt wurde und die Rückzahlung des Darlehens fällig ist. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob zwischen Parteien hier überhaupt ein Darlehensvertrag zustande gekommen ist. Denn jedenfalls konnte die Klägerin nicht zur Überzeugung des Senats nach § 286 ZPO beweisen, dass der Beklagten tatsächlich ein Darlehen zur Verfügung gestellt wurde. Verbleibende Zweifel gehen zu ihren Lasten und führen zur Abweisung der Klage.
1.
Das Landgericht hat die Beweislast für den hier geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruch verkannt. Wer die Rückzahlung eines Darlehens begehrt, hat nämlich auch die Hingabe des Geldes als Darlehen zu beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 10.06.1985 - III ZR 178/84, juris Rn 21 = NJW 1986, 2571 -2573; OLG Saarbrücken, Urteil v. 21.11.2013 ‒ 2 U 47/13, NJOZ 2014, 1930). Hierfür reicht es nicht, dass der Darlehensgegenstand aus dem Vermögen des Darlehensgebers ausgeschieden ist, er muss auch dem Vermögen des Darlehensnehmers in der vereinbarten Form endgültig zugeführt worden sein (vgl. BGH, Urteil vom 25. 4. 2006 - XI ZR 193/04, NJW 2006, 1788 - 1992). Wird die Darlehensvaluta auf Weisung des Darlehensnehmers an einen Dritten ausgezahlt, so liegt ein Empfang des Darlehens nur dann vor, wenn der vom Darlehensnehmer als Empfänger namhaft gemachte Dritte das Geld vom Darlehensgeber erhalten hat (§§ 362 Abs 2, 185 BGB; BGH, Urteil vom 12.11.2002 - XI ZR 47/01 - BGHZ 152, 331,337). Hier steht nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass der Beklagten tatsächlich der Darlehensbetrag zur Verfügung gestellt wurde.
Dieser Beweis ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht bereits mit der Vertragsurkunde vom 6. September 2014 (Original Blatt 360 und 361 GA) geführt. Hierbei handelt es sich um eine Privaturkunde im Sinne von § 416 ZPO. Die echte Privaturkunde erbringt Beweis nur in formeller Hinsicht, d. h. sie begründet lediglich den vollen Beweis dafür, dass die darin enthaltenen Erklärungen vom Aussteller abgegeben worden sind (Zöller-Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 416 Rn. 7 m.w.N.). Hinsichtlich der materiellen Beweiskraft einer Privaturkunde gilt hingegen die freie Beweiswürdigung nach § 286 ZPO. Der Privaturkunde kann lediglich die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zukommen (Zöller-Feskorn, a.a.O., § 416 Rn. 10). Nur wenn der Aussteller der Urkunde auch bekennt (d.h. „quittiert“), einen bestimmten Betrag als Darlehen empfangen zu haben, handelt es sich um ein Zeugnis des Anerkennenden gegen sich selbst im Sinne einer schlichten Quittung (BGH, Urteil vom 10.6.1985, a.a.O., juris Rn. 32 mit Hinweis auf BGH Urteil vom 14.4.1978, V ZR 10/77, WM 1978, 849 m.w.N.). In einem solchen Fall enthält die Darlehensurkunde auch gleichzeitig eine entsprechende Empfangsbestätigung hinsichtlich des Darlehens, weshalb der Hauptbeweis, der die volle Überzeugung des Gerichts von den Voraussetzungen des Rückzahlungsanspruchs erfordert, in der Regel bereits allein mit der Vorlage der Urkunde geführt werden kann (BGH, Urteil vom 10. 6. 1985, a.a.O., juris Rn. 32). Diese Überzeugung kann durch Führung des Gegenbeweises entkräftet werden, ohne dass dafür der Beweis des Gegenteils, d. h. der Unwahrheit des in der Urkunde bezeugten, notwendig wäre (BGH. Urteil vom 10. 6. 1985, a.a.O. juris Rn. 32 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 14.4.1978, a.a.O., m.w.N.).
Abweichend von der vorgenannten Fallkonstellation ergibt sich hier jedoch nicht bereits aus der Darlehensurkunde vom 6.9.2014, wer den Darlehensbetrag erhalten hat. Die Urkunde enthält unter dem Zusatz „Betrag in bar erhalten:“ nämlich sowohl die Unterschrift der damaligen Geschäftsführerin der Beklagten, der Zeugen Kerstin H., als auch die Unterschrift des Zeugen Volker S.. Aus der Urkunde selbst ergibt sich damit nicht, ob der Barbetrag von 50.000 € am 6.9.2020 tatsächlich der Beklagten (vertreten nach § 35 GmbH-Gesetz durch die damalige Geschäftsführerin H.) oder dem Zeugen Volker S. zur Verfügung gestellt worden ist. Die Leistung an einen Dritten hat nach § 362 Abs. 2 BGB nur dann befreiende Wirkung, wenn entweder der Gläubiger den Dritten zur Entgegennahme der Leistung oder den Schuldner zur Leistungserbringung an den Dritten i.S.v. § 185 BGB ermächtigt hat. Eine solche Ermächtigung ergibt sich jedoch weder aus den unstreitigen Umständen vor bzw. bei Vertragsschluss noch aus der Urkunde selbst. Damit bleibt nach dem Inhalt der Urkunde unklar und ist mithin nicht bewiesen, dass die Beklagte tatsächlich die Darlehensvaluta empfangen hat.
Auch aus anderen, außerhalb der Urkunde liegenden Umständen vermag der Senat keine sichere Überzeugung zu gewinnen, dass der Beklagten tatsächlich der Darlehensbetrag zugeflossen ist. Dabei trifft die Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände beruft - sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) -, die Beweislast für deren Vorliegen (BGH, Urteil vom 05.7.2002, V ZR 143/01, NJW 2002, 3164, 3165, juris Rn. 7 m.H.a. BGH, Urteil vom 5.2.1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965).
Zwar ist in den jeweiligen Jahresabschlüssen der Beklagten für die Jahre 2014 und 2015 (vgl. Anlagenkonvolut B4, für 2014 Blatt 163 GA und für 2015 Blatt 184 GA) ein Darlehen der Klägerin über 50.000 € unter Konto 1707 „Sonstige Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von 1 bis 5 Jahren“; gemäß DATEV Kontenrahmen SKR 03) ausgewiesen. Derartige formal bewiesene Erklärungen begründen jedoch nur eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass die in der urkundlichen Erklärung bezeugten Tatsachen oder Vorgänge der Wirklichkeit entsprechen (BGH, Beschluss vom 21.4. 2010, IV ZR 172/09, juris Rn. 7 m.H.a. OLG Brandenburg, Beschluss vom 28. 2.2007 - 3 U 127/06 - juris unter II 1). Diese Wahrscheinlichkeit wird jedoch durch eine unklare und lückenhafte Buchhaltung der Beklagten (als Grundlage für die vorgenannten Jahresabschlüsse) erschüttert. Der Senat hatte der Beklagten mit Verfügungen vom 25.10.2019 (Blatt 352 GA) und 30.1.2020 (Blatt 390 GA) aufgegeben, eine Kontoverdichtung ihres Girokontos Nummer 1 8081199 bei der Nord Ostsee Sparkasse für die Monate Juli bis September 2014 einzureichen sowie darzulegen und ggf. nachzuweisen, wann die Barzahlung über 50.000 € vom 6.9.2014 in das Kassenkonto (Nr. 1000) eingebucht und wann der Betrag als Darlehen an Volker Schlüssel wieder ausgebucht worden sein soll. Aus den eingereichten Kopien der EDV-gestützten Buchhaltung ergibt sich, dass zwar im Kassenkonto der Beklagten (Konto-Nr. 1000) unter dem 6. September 2014 eine Bareinzahlung über 50.000,00 € verbucht worden ist (Sollbuchung gem. Konteninformation, Bl. 383 GA), anderseits sind am selben Tag jedoch lediglich 10.000,00 € als Darlehensforderung (Konto Nr. 1555) gegenüber Volker S. eingestellt worden (Bl. 386 GA). Ausweislich des Kassenkontos (Nr. 1000) soll Volker S. - trotz seiner damaligen prekären finanziellen Situation - nur gut einen Monat später (am 8.10.2014) bereits wieder 16.000 € in bar an die Beklagte zurückgezahlt haben (Bl. 394 GA). In der Folgezeit sind auf dem „Darlehenskonto gegenüber Volker S.“ (Nr. 1555) unter dem 17.10.2014 und 16.12.2014 Hin- und Herbuchungen über 10 bzw. 12 T€ erfolgt, deren Sinn sich nicht erschließt. Es bleibt im Ergebnis auch nach den eigenen Buchungsunterlagen der Beklagten unklar, wo der Barbetrag über 50.000,00 € am 6. September 2014 tatsächlich geblieben ist. Die seinerzeitige Geschäftsführerin der Beklagten, die Zeugin Kerstin H., hat bekundet, dass das Geld von Christoph W. direkt an den Zeugen Volker S. gezahlt worden sei und sie es nicht in den Händen gehabt habe. Gleiches hat der Zeuge Volker S. bekundet und nochmals vor dem Senat bekräftigt, dass er seinerzeit die volle Bargeldsumme an sich genommen und in der Folgezeit auch komplett für sich verbraucht habe. Mithin bieten weder die Buchhaltung noch die Jahresabschlüsse der Beklagten einen sicheren Nachweis dafür, dass der behauptete Darlehensbetrag tatsächlich der Beklagten am 06.09.2014 zur Verfügung gestellt worden ist.
Die Unsicherheit, wem der Darlehensbetrag tatsächlich zugeflossen ist, folgt im Übrigen auch aus der persönlichen Anhörung des Geschäftsführers W.. Er hat zwar angegeben, dass er auf keinen Fall dem Zeugen S. persönlich das von letzterem im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag vom 03.09.2014 unstreitig geforderte Bargeld geben wollte. Auf Frage nach den Umständen der Bargeldzahlung vom 06.09.2014 gab er jedoch an, nach dem Zählen des Geldes und Entgegennahme der Vertragsurkunde mit den entsprechenden Unterschriften (die hinsichtlich des Empfängers des Geldes nicht eindeutig sind) das Geld wieder in den Umschlag getan und auf dem Tisch liegen gelassen zu haben. Der Umschlag habe beim Verlassen des Raumes noch immer noch auf dem Tisch gelegen. Er habe nicht gesehen, wer das Geld an sich genommen habe. Das bedeutet, dass W. gerade nicht sicher von einem Empfang des Darlehens durch die Beklagte ausgehen konnte. Denn hierfür hätte er sicherstellen müssen, dass das Bargeld von der Zeugin H. entgegengenommen oder jedenfalls nur auf Geheiß der Zeugin H. dem Volker S. übergeben wurde. Da W. und seine damalige Lebensgefährtin und heutige Ehefrau Tanja jedoch nach eigenen Angaben den Raum verließen ohne den Empfang des Geldes durch die Beklagte sicherzustellen, ist ebenso denkbar, dass der Zeuge S. anschließend persönlich das Geld an sich genommen hat, ohne hierzu im Verhältnis zur Beklagten berechtigt gewesen zu sein.
Die Möglichkeit eines direkten Geldflusses an den Zeugen S. am 06.09.2014 wäre trotz des vorliegenden Darlehensvertrags, der die Beklagte als Darlehensnehmerin und Team V. (Geschäftsführer: Volker S.) als Bürgin ausweist, auch plausibel. Dafür spricht zum einen, dass der akute Liquiditätsbedarf des Volker S. im Umfeld der hier streitgegenständlichen Geschäftsvorgänge zwischen den Parteien im Kern unstreitig ist und - sogar nach eigener Darstellung der Klägerin - Auslöser für diese war. Die Zeugin Tanja W. (vormals B.) hat insoweit bestätigt, dass es darum gegangen sei, dem Volker S. „aus der finanziellen Misere“ herauszuhelfen und dass „deswegen“ der Darlehensvertrag konzipiert worden sei. (Bl. 219 GA).
Auch die Abwicklung des Geschäfts in bar spricht eher für einen direkten Zufluss an den Zeugen S. denn an die Beklagte. Denn nach W.s eigenen Angaben war die Barabwicklung ausschließlich auf den ausdrücklichen Wunsch des Zeugen S. zurückzuführen.
Auch wenn Bargeldgeschäfte generell rechtlich zulässig sind, sind sie doch in dieser Größenordnung im allgemeinen Geschäftsverkehr unüblich. Wegen des Aufwands und des bei einem Bargeldtransport regelmäßig höheren Verlustrisikos wird die Barabwicklung in aller Regel bei derartigen Geschäften nur dann gewählt, wenn es dafür einen plausiblen Grund gibt. Einen solchen Grund konnte W. dem Senat nur im Hinblick auf den ausdrücklichen Wunsch des Volker S. nennen, auf Nachfrage jedoch weder für die Klägerin noch die Beklagte. Wenn das Geld als Darlehen tatsächlich der Beklagten hätte zufließen sollen, um es dann - auf Geheiß der Beklagten - an den Zeugen Volker S. auszahlen oder als eigenes Darlehen weiterzureichen zu können, hätte die Klägerin den Betrag auch einfach und sicher an die Beklagte überweisen und die Frage, wie dem an Bargeld interessierten S. aus seiner finanziellen Misere zu helfen sei, der Beklagten überlassen können. Das aber haben W. und seine Firma, die Klägerin, gerade nicht getan, sondern das Geschäft auch auf ihrer Seite in bar abgewickelt.
Nach alledem hat die Klägerin nicht bewiesen, dass der Beklagten tatsächlich der streitgegenständliche Darlehensbetrag am 06.09.2014 zur Verfügung gestellt wurde.
2.
Die Beklagte behauptet, bei dem Darlehensvertrag vom 6. September 2014 habe es sich um ein nichtiges Scheingeschäft i.S.v. § 117 BGB gehandelt. Die Verträge vom 6. September 2014 (Darlehensvertrag und Sicherungsübereignungsvertrag) seinen nur zur Verschleierung einer Schwarzgeldabrede zwischen Christoph W. und dem Zeugen S. im Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft vom 03.09.2014 geschlossen worden. Eine Rückzahlung der 50.000,00 € sei zwar zeitweise (bis zur Genehmigung des Vertrages durch die BIG) zur Absicherung des Grundstückskaufvertrags 03.09.2014 gewollt gewesen. Für den Fall des ordnungsgemäßen Vollzugs des vorgenannten Grundstückdeals sollte die Rückzahlung des Betrages jedoch einvernehmlich entfallen.
Ein bloßes Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht eintreten lassen wollen (BGH, Urteil vom 18.01.2018 ‒ I ZR 150/15 ‒, NJW 2018, 596 - 600, juris Rn. 52 m.w.N.). Wer sich auf die Nichtigkeit beruft, trägt für den Scheincharakter des Geschäfts die Beweislast (BGH, Urteil vom 09.07.1999, V ZR 122/98, NJW 1999, 3481 - 3482).
Grundsätzlich ist die Würdigung, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist, Sache des Tatrichters, der nach § 286 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden hat. Der Tatrichter ist bei einem auf Indizien gestützten Beweis grundsätzlich frei, welche Beweiskraft er den Indizien im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst (vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2004, VI ZR 136/03, NJW 2004, 3423, 3424 m.w.N.). Im Ergebnis muss der Tatrichter von der Wahrheit des Vortrags überzeugt sein. Dabei darf er sich mit einer persönlichen Gewissheit begnügen, welche den Zweifeln schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 17.02.1979, III ZR 139/67, NJW 1970, 946 - 951)
Hier sprechen viele Indizien für das behauptete Scheingeschäft und dafür, dass es sich bei der Barzahlung am 6. September 2014 tatsächlich nicht um eine Darlehensgewährung an die Beklagte sondern um eine versteckte Schwarz- bzw. Schmiergeldzahlung an den Zeugen Volker S. im Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft vom 3. September 2014 gehandelt hat:
Dafür spricht z. B. die im Kern unstreitige Interessenlage von W. und S. im Sommer/Herbst 2014. Der Steuerberater Christoph W. war - neben dem Zeugen A. - am Kauf des „Filetgrundstücks“ Schleibogen 8 - 10 von Team V. interessiert. Zu jenem Zeitpunkt war der Zeuge S. sowohl privat als auch mit seinen Firmen (insbesondere auch Team V.) in großer finanzieller Not. Dies war allen Kaufinteressenten bekannt. Der Zeuge S. konnte weder privat noch als Team-V. Geschäftsführer und Gesellschafter von einem Grundstücksverkauf profitieren, weil die Konten der Team V. seinerzeit eingefroren und der Kaufpreis vollständig an Dritte (BIG und die Grundpfandgläubigerin S.) abzuführen war. Es ist unstreitig, dass der Zeuge S. deshalb damals den Verkauf des Grundstücks von einer Cashzahlung in Höhe von 50.000,00 € an ihn persönlich abhängig gemacht hatte. Darauf wollte sich der ebenfalls an dem Grundstück interessierte Zeuge A. - wie der glaubhaft bekundet hat - nicht einlassen. Christoph W. hat hingegen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Grundstücksgeschäft vom 03.09.2014 über die Klägerin, bei der seine heutige Ehefrau damals als „Strohfrau“-Geschäftsführerin eingesetzt war, eine Bargeldzahlung über 50.000,00 € geleistet, dessen Empfang zumindest auch von dem Zeugen Volker S. quittiert wurde.
Zudem hatte die Beklagte selbst hatte kein eigenes wirtschaftliches Interesse an einer Darlehensgewährung. Ausweislich ihrer Bilanz aus dem Jahr 2015 (Anlagenkonvolut B 4) hatte sie hinreichend Eigenkapital und verfügte über ein Aktivvermögen von über 1.000.000,00 € (1.099.804,39 €; Bl 182 GA). Die damalige Geschäftsführerin und Alleingesellschafterin der Beklagten (die Zeugin Kerstin H.) war Volker S. freundschaftlich verbunden. Sie arbeitete seit 2000 ununterbrochen als freiberufliche Mitarbeiterin bei Team V. und hatte das Unternehmen der Beklagten im Jahr 2004 von dem Zeugen S. käuflich erworben. Die Beklagte erhielt damals ca. 80 % ihrer Aufträge von Team V.. Auch diese Umstände sprechen dafür, dass Beklagte sich nur aus Gefälligkeit und auf ausdrücklichen Bitte von Volker S. an der Vertragskonstruktion beteiligt hat.
Ein weiteres Indiz ist das Verhalten der Klägerin nach dem 1. Januar 2017, mithin nach Eintritt der Fälligkeit des vermeintlichen Darlehens. Die Rückzahlung der Hauptforderung über 50 T€ durch die Beklagte wurde nämlich nicht zeitnah Anfang 2017 geltend gemacht, sondern erst am 8. Februar 2018, nachdem der erste „Drohbrief“ des Zeugen S. vom 05.12.2017 bei W. eintraf. Der Zugang eines von der Klägerin behaupteten Mahnschreibens vom 17. Mai 2017 über 51.500,00 € (Anlage K 2, Bl. 14 GA, abweichend von den anderen Mahnschreiben der Klägerin hier von W. persönlich unterschrieben) konnte nicht nachgewiesen werden. Die Klägerin vermochte nicht zu erklären, weshalb sie zwar die Zinsen für das Jahr 2016 (mit Schreiben vom 10.01.17 und 03.03.17), nicht aber die Rückzahlung der eigentlichen Darlehensforderung zeitnah geltend gemacht hat. Selbst wenn die Klägerin das Schreiben vom 17. Mai 2017 tatsächlich verschickt hätte, wäre für den Senat nicht plausibel, weshalb sie nach Fälligkeit des vermeintlichen Darlehens mit der ersten Mahnung über viereinhalb Monate zuwartet hätte und bis zur nächsten Mahnung (08.02.2018) wieder mehr als acht Monate verstreichen ließ.
Ein weiteres Indiz für die behauptete Schwarzgeldabrede könnte der vereinbarte Verkaufspreis für das Wassergrundstück Schleibogen 8 - 10 sein. Der Verkauf des Grundstücks erfolgte am 3.09.2014 zum Preis von 119,00 €/m² plus pauschale Projektentwicklungskosten i.H.v. brutto 84.134,00 €). Der Quadratmeter-Preis basierte auf einem Schätzgutachten der Rek/Sc. I.bilienbewertung aus Berlin (im Folgenden R & S) vom 22.12.2009 für den Bewertungsstichtag 10.09.2009 (vgl. Ermittlungsakte Bl. 1; ein entsprechender Auszug wurde den Parteivertretern im Termin am 11.02.2020 übergeben). Ausweislich des v.g. Ursprungsgutachtens war der Bodenwert des streitgegenständlichen Grundstücks (Baugebiet WA 10 a) mit rund 126,00 €/m² bei einer Bebauung mit drei Vollgeschossen bewertet worden. Die Parteien haben zwar nicht dargelegt, weshalb der ursprüngliche Schätzwert später aufgrund einer ergänzenden Stellungnahme der R & S vom 31.01.2011 (Anlage K 5, Bl. 61 und 62) auf 119,00 €/m² reduziert worden ist. Maßgeblich ist jedoch, dass sich dieser Wert auf den Bewertungsstichtag 10.09.2009 - mithin knapp 5 Jahre vor dem am 03.09.2014 vereinbarten Preis - bezog. Es ist allgemein bekannt, dass die I.bilienpreise nach der Finanzkrise 2008 generell - soweit es sich wie hier um eine gute Lage handelte - bundesweit angestiegen sind. Der Zeuge S. hat vor dem Landgericht bekundet, dass Team V. bereits Ende 2017 ein anderes Teilgrundstück im sog. „Regattaquartier“ für 1,7 Millionen Euro verkauft habe (Bl. 215 GA). Es spricht deshalb vieles dafür, dass der Marktwert des „Filetgrundstücks“ an der Schlei am 03.09.2014 - zumal mit der vertraglich zugesicherten Bebauungsmöglichkeit von 4 Vollgeschossen - tatsächlich höher als der vertraglich vereinbarte Preis gewesen ist.
Auch aus Sicht der Klägerin war die Vergabe von Darlehen an Dritte ein unübliches Geschäft. Die Klägerin hatte nach Angaben der Zeugin W. vorher noch nie Darlehen vergeben (Bl. 220 GA). Es handelt sich bei der Klägerin um eine reine Verwaltungsgesellschaft. Unstreitig befand sich das Bankkonto der Klägerin nach der Bargeldabhebung bei der Schleswiger Volksbank (Konto-Nr. 1431498) am 05.09.2014 sogar zunächst im Minus (- 6.099,78 €; vgl. Bl. 368 d. A.) bis es durch Zahlungen der I. Sch. KG am 09.09.2014 wieder aufgefüllt werden konnte.
Die Zinszahlungen der Beklagten für die Jahre 2014 und 2015 sowie die Bilanzierung des Darlehens sowohl bei der Klägerin als auch bei der Beklagten sprechen zwar grundsätzlich dafür, dass die Rechtsfolgen des Vertrages vom 06.09.2014 - zumindest zeitweise - auch gewollt waren. Der Senat hat jedoch insbesondere mit Blick auf die unklare und lückenhafte Buchhaltung der Beklagten erhebliche Zweifel, ob die Buchführung und ihr folgend die Bilanz der Beklagten überhaupt in Bezug auf den streitgegenständlichen Geschäftsvorgang ein zutreffendes Bild abgibt. Denn ebenso gut hält es der Senat für möglich, dass mit der Buchhaltung nur versucht wurde, den Anschein einer Darlehenszuwendung an die Beklagte zu erwecken und den tatsächlichen wirtschaftlichen Vorgang einer Schwarzgeld-/Schmiergeldzahlung an Volker S. zu kaschieren.
Ob die vorgenannten Indizien hinsichtlich des behaupteten Scheingeschäfts für eine richterliche Überzeugung nach § 286 ZPO ausreichen, kann im Ergebnis offen bleiben, weil die Klägerin schon die Darlehenshingabe an die Beklagte nicht bewiesen hat.
3. Die Beklagte behauptet ferner, dass die Rückzahlung der Darlehensvaluta jedenfalls dann nicht mehr gewollt war, als der Kaufvertrag vom 03.09.2014 von dem Sanierungsträger (BIG) genehmigt war und damit vollzogen werden konnte (die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte unstreitig bereits am 12.01.2015). Damit behauptet die Beklagte eine auflösende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 2 BGB. Für die Vereinbarung und den Eintritt der auflösenden Bedingung trägt die Beklagte die Beweislast.
Auch insoweit könnten die unter Ziffer 2 genannten Indizien dafür sprechen, dass die Rückzahlung der Darlehensforderung spätestens nach Eintritt der Bedingung (= Genehmigung des Grundstückgeschäfts durch die BIG) entfallen sollte.
Dabei kann offenbleiben, ob W. dies bereits gegenüber der Zeugen H. anlässlich des Vier-Augen-Gesprächs am 23.02.2015 bestätigt hat. Insoweit gibt es widersprüchliche Angaben zum Zweck des Gesprächs zwischen W. einerseits unter Zeugen H. andererseits.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im Termin am 11.02.2020 ist der Senat davon überzeugt, dass W. gegenüber dem Zeugen A. im Rahmen eines ca. 30 minütigen persönlichen Gesprächs im April/Mai 2019 zugesagt hat, dass er die Klage zurückziehen werde bzw. „die Bücher schließen“ oder „einen Deckel drauf machen werde“. Die Bekundungen des Zeugen A. sind glaubhaft und der Zeuge glaubwürdig. Auch dieser Umstand ist ein weiteres Indiz dafür, dass W. jedenfalls nach der Genehmigung durch den Sanierungsträger und der Eigentumsumschreibung auf die Rückzahlung der Darlehensvaluta verzichtet hat.
Das Vertragskonstrukt (Darlehensvertrag vom 06.09.2014 und gleichzeitig geschlossener Sicherungsübereignungsvertrag vom 06.09.2014) entsprach im Übrigen - selbst bei Annahme des nachträglichen Wegfalls der Darlehensrückzahlungsverpflichtung der Beklagten - noch dem Sicherungsbedürfnis W.s. Denn durch die Sicherungsübereignung hatte W. „die Hand auf den Baggern der Beklagten“ und damit noch ein Druckmittel in der Hand zur Erfüllung der vertraglichen Rückbauverpflichtung gegen die finanziell angeschlagenen Team V. (= Abriss des Betriebsgebäudes auf dem Grundstück Schleibogen 8 - 10 bis Ende 2016). Tatsächlich ist das Betriebsgebäude dann auch im Jahr 2017 im Auftrag der Team V. mit den Maschinen der Beklagten für 50.000,00 € netto (vgl. Rechnung vom 18.01.2017, Anlage B 3, Bl. 70) abgerissen worden.
Ob letztlich die vorgenannten Indizien zum Nachweis der behaupteten auflösenden Bedingung ausreichen, kann im Ergebnis wiederum offen bleiben, weil die Klägerin schon die Darlehenshingabe an die Beklagte nicht bewiesen hat.
4. Da die Klägerin schon die Hingabe des Darlehens an die Beklagte nicht bewiesen hat, stehen ihr auch weder Vertragszinsen von 3 % p.a. nach § 488 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB noch Verzugszinsen gemäß §§ 286, 288 BGB zu. Daher ist auch die Anschlussberufung der Klägerin unbegründet.
Der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 27. Februar 2020 bietet i.S.v. § 156 ZPO keine Veranlassung, die Wiederöffnung der Verhandlung anzuordnen. Der Senat ist auch nicht gehalten, die erstinstanzliche Beweisaufnahme vollständig zu wiederholen.
Die in diesen Fall maßgeblichen Protagonisten W. und S. hat der Senat persönlich gehört und sich von den vorgenannten Personen sowie den Umständen ein eigenes Bild gemacht. Die Bekundungen des Zeugen Volker S., der mit seiner Aussage sogar die eigene Strafbarkeit in Kauf nimmt, hält der Senat im Hinblick auf die Deckung mit vielen unstreitigen Indizien hier für glaubhaft. Ein Eigeninteresse des Zeugen S. am Ausgang des Rechtsstreits wegen der beabsichtigten Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrages dürfte - entgegen der Annahme des Landgerichts- nicht bestehen, weil der durch die behauptete Schwarzgeldzahlung „verdeckte“, zunächst formunwirksame Kaufvertrag spätestens durch die Eintragung der Käufer im Grundbuch am 12.01.2015 nach § 311 b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt worden ist. Im Übrigen weicht der Senat von der Wertung der Zeugenaussagen durch das Landgericht nicht ab, da im Ergebnis die von der Beklagten zu beweisenden Behauptungen eines Scheingeschäfts sowie der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung offen bleiben können. Die Klage ist bereits deshalb unbegründet, weil die Klägerin schon die Hingabe des Darlehensbetrags an die Beklagte nicht bewiesen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Es handelt sich um einen Einzelfall, der seinen Schwerpunkt in der tatrichterlichen Würdigung hat.