04.06.2014
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 06.05.2014 – 5 StR 170/14
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Mai 2014 beschlossen:
Tenor:
1. | Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 12. Dezember 2013, soweit es ihn betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben |
2. | Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. |
3. | Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. |
Gründe
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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Tat 1), schwerer räuberischer Erpressung (Tat 2), versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Handfeuerwaffe (Tat 3) sowie wegen versuchten Wohnungseinbruchdiebstahls mit Waffen (Tat 4) zu einer siebenjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge im Umfang der Beschlussformel Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen zur Tat 2 wollten der Angeklagte R. und ein gesondert verfolgter Mittäter den Geschädigten P. dazu bringen, 1.000 € an sie zu zahlen, ohne dass ihnen hierauf ein Anspruch zustand. Da der Geschädigte keine finanziellen Mittel besaß, hielt der Angeklagte ihm einen 'mit scharfer Munition geladenen Trommelrevolver an den Kopf" und veranlasste ihn so, binnen weniger Stunden in vier Supermärkten und einem Handygeschäft 'für sie Diebstähle zu begehen, um die von ihnen geforderten 1.000 € 'abzuzahlen'" (UA S. 9). Nähere Einzelheiten der Diebstähle - insbesondere zum Erlangen der erzielten Beute durch den Angeklagten und seinen Mittäter - werden im Urteil nicht mitgeteilt.
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Am Abend desselben Tages schoss der Angeklagte R. mit der bezeichneten Waffe zweimal vor die Füße des nichtrevidierenden Mitangeklagten S. , ohne diesen jedoch zu treffen (Tat 3); dessen Verletzung hatte er hierbei aber zumindest billigend in Kauf genommen (UA S. 10).
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2. Die insoweit ergangenen Schuldsprüche haben keinen Bestand:
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a) Hinsichtlich der Tat 2 hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 2. April 2014 zutreffend dargelegt, dass die Voraussetzungen einer sogenannten Dreieckserpressung durch die bisherigen Feststellungen nicht belegt sind, weil der zu den Diebstählen Genötigte zum Vermögen der geschädigten Firmen nicht in dem erforderlichen Näheverhältnis stand (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 1995 - 4 StR 27/95, BGHSt 41, 123, 125 f.), insofern allerdings eine durch Nötigung verwirklichte Anstiftung zu den Diebstählen in Betracht kommt. Jedoch lässt sich dem Urteil schon nicht hinreichend sicher entnehmen, ob das Landgericht bei seiner nicht näher erläuterten rechtlichen Würdigung dieser Tat (UA S. 27) überhaupt an die Begehung der Diebstähle selbst anknüpfen wollte, zumal im Rahmen der Beweiswürdigung P. s Schilderung wiedergegeben wird, 'sämtliche von ihm gestohlenen Gegenstände hätten ihm der Angeklagte R. und der gesondert Verfolgte ... abgenommen" (UA S. 18). Wäre es so gewesen, könnte ein schwerer Raub (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) in Betracht kommen (vgl. BGH aaO S. 125).
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b) Die rechtliche Würdigung der Tat 3 ist zwar im Ansatz nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat aber einen Rücktritt vom Versuch der gefährlichen Körperverletzung nicht erörtert, obwohl dies geboten war. Denn den Urteilsgründen lässt sich entnehmen, dass sich nach P. s Angaben am Tattag bis zumindest 17.15 Uhr in der Trommel des Revolvers fünf bis sechs Patronen befunden haben (UA S. 17). Wäre es so auch am Abend gewesen, hätte der Angeklagte im Anschluss an die zwei erfolglos abgegebenen Schüsse weiter auf den ehemaligen Mitangeklagten S. schießen können. Da er dies nicht getan hat, kam ein strafbefreiender Rücktritt in Betracht (§ 24 Abs. 1 StGB). Hierfür waren die Vorstellungen des Angeklagten nach der letzten seiner Ausführungshandlungen maßgeblich. Zu diesem sogenannten Rücktrittshorizont (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 - GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227 f.) verhält sich das Urteil nicht. Die danach erforderliche Aufhebung des Schuldspruchs wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung erfasst auch das - tateinheitlich begangene - Waffendelikt.
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c) Die Aufhebung erfasst auch die den Taten 2 und 3 jeweils zugrundeliegenden Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO).
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3. Der Wegfall der Schuldsprüche hinsichtlich der Taten 2 und 3 entzieht den hierfür verhängten Einzelstrafen die Grundlage. Der Senat hebt - neben der Gesamtstrafe - auch die übrigen Einzelstrafen auf, da nicht auszuschließen ist, dass diese in ihrer Höhe durch die aufgehobenen Strafen beeinflusst worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 129). Die ihnen zugrundeliegenden Feststellungen können jedoch bestehen bleiben.
Sander
Schneider
Dölp
König
Bellay