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  • 17.09.2014 · IWW-Abrufnummer 142684

    Finanzgericht Hamburg: Beschluss vom 29.01.2014 – 3 V 259/13

    1. Wird ein "Strohmann" in eine Liefer- oder Leistungsbeziehung zwischengeschaltet, sind die "Strohmanngeschäfte" nur dann unbeachtlich, wenn sie lediglich zum Schein abgeschlossen werden, d. h. wenn die Rechtswirkungen der Geschäfte nach dem Willen der Vertragsparteien unmittelbar zwischen dem "Hintermann" und dem Leistungsempfänger eintreten sollen. Allein die Weisungsgebundenheit des "Strohmanns" gegenüber dem "Hintermann" steht der Unternehmereigenschaft des "Strohmanns" und der Leistungserbringung durch ihn nicht entgegen.
    2. Da das Umsatzsteuerrecht an tatsächliche Leistungsvorgänge anknüpft und nicht an die zivilrechtliche Wirksamkeit der zugrunde liegenden Verträge, schließt das Fehlen einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung das Vorliegen entsprechender Umsätze nicht aus.
    3. Für die nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG erforderliche Leistungsbezeichnung in einer Rechnung genügt es, statt der Leistungshandlung den beim Leistungsempfänger eintretenden Erfolg zu beschreiben. Die Angabe bestimmter Arbeiten reicht daher, sofern kein anderer Leistungsgegenstand in Betracht kommt als entweder die Ausführung der beschriebenen Arbeiten oder die Überlassung von Arbeitskräften hierfür.


    FINANZGERICHT HAMBURG
    Aktz: 3 V 259/13
    Entschdatum: 29.01.2014

    Gründe

    I.

    Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache (betreffend Umsatzsteuer 2012 und Umsatzsteuervorauszahlungen Januar bis April 2013) streitig, ob die Antragstellerin zum Vorsteuerabzug aus Gutschriften gegenüber ihren Subunternehmern berechtigt ist oder ob diese Subunternehmer nur zum Schein in eine Fakturierungskette eingebunden waren.

    1. a) Die A-1 GmbH & Co. KG wurde am ... 2008 in das Handelsregister eingetragen. Sie wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlungen vom 04.07.2012 mit der A-2 GmbH & Co. KG und der A-3 GmbH & Co. KG verschmolzen und im unmittelbaren Anschluss formwechselnd mit Rückwirkung zum ... 2012 in die Antragstellerin umgewandelt. Geschäftsgegenstand der Antragstellerin ist die Erfüllung von Werkverträgen sowie die Erbringung von logistischen Dienstleistungen für die Erfüllung von Werkverträgen, jeweils insbesondere beim Auftraggeber, sowie alle damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte und verbundene Tätigkeiten mit Ausnahme erlaubnispflichtiger Tätigkeiten. Die Antragstellerin führt im Wesentlichen Kommissionierungen und Be- bzw. Entladungen sowie ähnliche logistische Dienstleistungen durch. Geschäftsführer der Antragstellerin ist Herr B, alleinige Gesellschafterin die A Gruppe AG (vgl. Umwandlungsbeschluss vom 04.07.2012, Akte Allgemeines Bl. 17 ff., und Einbringungsvertrag vom selben Tag, Akte Allgemeines Bl. 46 ff.).

    b) Die Antragstellerin schloss mit Subunternehmern Rahmenwerkverträge, so u. a. am 01.04.2013 mit der C GmbH (im Folgenden: C; AdV-Akte Bl. 57 ff.). Die C verpflichtete sich hierin zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erbringung von Werkleistungen, die in Einzelverträgen näher beschrieben werden sollten. Die Leistungen sollten unter Aufsicht und alleiniger Weisungsbefugnis der C erbracht werden, die die Entscheidung über die Auswahl des von ihr eingesetzten Personals treffen sollte.

    c) Nach Erbringung der in den Einzelverträgen vereinbarten Leistungen erteilte die Antragstellerin den Subunternehmern Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis (vgl. Gutschrift gegenüber der C vom 31.12.2012, AdV-Akte Bl. 61, sowie gegenüber der D GmbH vom 31.03.2011, Anlage zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 18.12.2013, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband).

    d) Mit Wirkung ab dem ... 2013 erteilte die Bundesagentur für Arbeit der Antragstellerin die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (Akte Allgemeines Bl. 90).

    2. a) Die Antragstellerin und ihre Rechtsvorgängerinnen reichten am 20.06.2013 beim Antragsgegner die Umsatzsteuerjahreserklärungen für 2012 ein (Umsatzsteuerakten -UStA- Bl. 39, 42, 45).

    b) Das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg (im Folgenden: Steuerfahndung) leitete ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren u. a. gegen Herrn E ein, das bisher nicht abgeschlossen ist. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens wurden aufgrund von Anträgen der Staatsanwaltschaft und entsprechender Beschlüsse des Amtsgerichts Hamburg die Telekommunikation der A-Gruppe überwacht und Geschäftsräume durchsucht.

    c) Mit Bescheid vom 07.08.2013 ordnete der Antragsgegner wegen hier nicht streitgegenständlicher Umsatzsteuerforderungen für Januar bis Juli 2011 in Höhe von insgesamt 238.821,71 € den dinglichen Arrest in das Vermögen der Antragstellerin an mit der Begründung, die Rechtsvorgängerinnen der Antragstellerin hätten zu Unrecht Vorsteuerabzüge aus Gutschriften gegenüber der D GmbH vorgenommen, bei denen es sich um Abdeckgutschriften für Schwarzarbeit handele. Der Rahmenvertrag mit dieser Gesellschaft sei nur zum Schein abgeschlossen worden; tatsächlich seien die verantwortlichen Personen der D GmbH und deren angebliche Arbeitnehmer von der A-Gruppe abhängig. Die vermeintliche Subunternehmerin sei ein Scheinunternehmen, da sie nicht selbständig unternehmerisch tätig gewesen sei, und daher nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Am Ende der Fakturierungskette stünden als Sub-Subunternehmer sog. Missing Trader, die die Umsatzsteuer nicht oder nicht in vollem Umfang anmeldeten bzw. abführten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen (Akte Allgemeines Bl. 91 ff.).

    d) Der Antragsgegner erließ gegenüber der Antragstellerin - auch als Rechtsnachfolgerin der A-2 GmbH & Co. KG - am 14.08.2013 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2012, in dem er die Vorsteuer aus Gutschriften gegenüber der C und der F GmbH (im Folgenden: F) in Höhe von insgesamt 88.817,73 € nicht mehr berücksichtigte. Ferner erließ er geänderte Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für Januar 2013 (weniger Vorsteuer: 6.275,62 €), Februar 2013 (9.896,89 €), März 2013 (5.257,81 €) und April 2013 (7.981,67 €; 2013 insgesamt: 29.411,99 €). Wegen der Verteilung der nicht berücksichtigten Vorsteuerbeträge auf Leistungen der C und der F wird auf die entsprechenden Aufstellungen des Antragsgegners (UStA Bl. 61 f.) Bezug genommen.

    3. a) Gegen diese Änderungsbescheide legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.08.2013 Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV).

    b) Der Antragsgegner lehnte die AdV mit Bescheid vom 12.11.2013 ab. Die Antragstellerin habe die in den Rahmen- und den Einzelverträgen mit der C und der F vereinbarten Leistungen selbst erbracht. Die C und die F seien lediglich zur Beschaffung von Arbeitern in die Vertragsgestaltung eingebunden worden. Jedoch habe die Antragstellerin die Weisungsbefugnis gegenüber den Arbeitern ausgeübt, die das Arbeitsverhältnis betreffenden Entscheidungen getroffen und entschieden, wie und wo welche Arbeiter eingesetzt würden. Dies widerspreche den geschlossenen Rahmenverträgen.

    Diese Vorgehensweise ergebe sich bzgl. der C aus den Protokollen der Telefonüberwachung (Anlage 4 zur Stellungnahme der Steuerfahndung vom 30.10.2013, AdV-Akte Bl. 43). Danach habe der Mitarbeiter der Antragstellerin lediglich eine bestimmte Personenanzahl bei der C angefordert, die folglich keinen Einfluss auf die eigenständige Ausführung der Gewerke gehabt habe. Entsprechendes ergebe sich auch bzgl. der F aus den Protokollen der Telefonüberwachung.

    Der Geschäftsführer der Antragstellerin habe Anweisungen gegeben, welche Arbeiter bei der C anzumelden seien, obwohl er für die Belange dieser Gesellschaft nicht zuständig gewesen sei (vgl. Anlage 5 zur Stellungnahme der Steuerfahndung vom 30.10.2013, AdV-Akte Bl. 44 f.). Auch habe er veranlasst, dass die Arbeitnehmer der G GmbH durch Aufhebungsverträge und den Abschluss neuer Arbeitsverträge auf die F übergegangen seien. Der Geschäftsführer der F sei hierüber nur informiert und angewiesen worden, die erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten (vgl. Anlage 6 zur Stellungnahme der Steuerfahndung vom 30.10.2013, AdV-Akte Bl. 51 ff.).

    Die einzige Tätigkeit der Subunternehmer habe somit darin bestanden, die von der Antragstellerin geforderte Anzahl von Arbeitern zur Verfügung zu stellen. Sie seien nur zum Schein in die Erfüllung der eigenen Aufträge der Antragstellerin eingebunden worden, um einen ungerechtfertigten Vorsteueranspruch aus den erstellten Gutschriften geltend zu machen. Es fehle daher an der erforderlichen Selbständigkeit der Subunternehmer.

    Das Vorliegen einer unbilligen Härte der sofortigen Vollziehung wegen drohender Insolvenz habe die Antragstellerin nicht belegt.

    4. Die Antragstellerin hat am 20.11.2013 bei Gericht einen AdV-Antrag gestellt. Sie trägt vor, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide.

    Bei den Subunternehmern handele es sich keineswegs um Scheinunternehmen. Die C und die F verfügten jeweils über eigene Büros und z. T. über Büromitarbeiter, seien im Internet zu finden und würden durch (unterschiedliche) Steuerberater beraten. Nach der Aussage des Geschäftsführers der C gegenüber ihrem, der Antragstellerin, Prozessbevollmächtigten habe diese Gesellschaft die Geschäftsbeziehung zu ihr im Februar 2011 aufgenommen und in Spitzenzeiten 60 Mitarbeiter beschäftigt (in Vollzeit, Teilzeit oder in Minijobs). Die Mitarbeiter seien überwiegend Polen und über das Internet bzw. durch Mundpropaganda in Polen angeworben worden. Der Geschäftsführer habe die Arbeitsverträge mit den Mitarbeitern persönlich abgeschlossen und die Urlaubszeiten geregelt. Die Mitarbeiter hätten sich gegenüber der C krank gemeldet. Die C sei auch von ehemaligen Mitarbeitern vor dem Arbeitsgericht verklagt worden. Sie habe allein im ersten Halbjahr 2013 über 30.000,00 € Umsatzsteuer abgeführt und in 2012 Umsatzerlöse in Höhe von knapp 2,2 Mio. € erzielt. Die Personalkosten hätten sich im Jahr 2012 auf über 160.000,00 € belaufen, davon entfielen gut 45.000,00 € auf Sozialversicherungsbeiträge.

    Der Geschäftsführer der F, Herr H, habe erklärt, die Geschäftsbeziehung zu ihr, der Antragstellerin, sei Ende 2012 zustande gekommen. Die F habe an insgesamt fünf Projekten für sie gearbeitet und bis zu 30 Mitarbeiter sowie z. T. auch Subunternehmer beschäftigt. Der Geschäftsführer habe die Arbeitsverträge selbst abgeschlossen und Urlaubszeiten abgesprochen. Die Mitarbeiter hätten sich bei ihm oder bei den jeweils eingesetzten Projektleitern krank gemeldet. Die Lohnkosten und Sozialversicherungsbeiträge hätten sich von Januar bis Juli 2013 auf 154.462,71 € belaufen (Anlage A 3 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 20.11.2013, FGA Anlagenband).

    Da es sich bei den Subunternehmern um Kapitalgesellschaften handele, sei für die Frage, ob sie selbständig tätig seien, nicht § 2 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) einschlägig, sondern § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Maßgebend sei somit, ob die Subunternehmer finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ihr, der Antragstellerin, Unternehmen eingegliedert seien. Es fehle jedoch bereits an einer finanziellen Eingliederung, weil weder sie, die Antragstellerin, noch ihre Gesellschafter oder Geschäftsführer Anteilseigner der Subunternehmer gewesen seien.

    Selbst wenn die Auffassung des Antragsgegners zutreffend wäre, was sie, die Antragstellerin, aus den genannten Gründen bestreite, hätten die Subunternehmer ihr Leiharbeitnehmer entgeltlich zur Verfügung gestellt. Dann handelte es sich bei den Subunternehmern um Arbeitnehmerverleihfirmen, wobei unerheblich sei, ob die Arbeitnehmerüberlassung erlaubt gewesen sei oder nicht. Auch komme es in Bezug auf die Leistungsbeschreibung in den Rechnungen nicht darauf an, ob eine Werkleistung oder vermeintliche Arbeitsverhältnisse abgerechnet worden seien. Die Leistungsbeschreibung in den Gutschriften sei in jedem Fall zutreffend. So habe beispielsweise die D GmbH den Auftrag erhalten, Flaschen in Kisten einzusetzen zum Preis von 0,12 € pro gefüllter Kiste. Die D GmbH habe diesen Auftrag vom 28. bis zum 31.03.2011 erfüllt und für diese Werkleistung eine Gutschrift erhalten, in der die tatsächlich erbrachte Leistung angegeben sei (Anlage A 14 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 18.12.2013, FGA Anlagenband). Selbst wenn man der Auffassung des Antragsgegners folgte, dass als Leistung täglich z. B. zehn Stunden Zeitarbeit erbracht worden wäre, ändere dies nichts daran, dass auch diese Leistung in der Gutschrift zutreffend beschrieben worden sei. Die Befüllung von 50 Kisten mit Flaschen könne in jedem Fall auch so beschrieben werden. Das gelte für alle anderen Gutschriften entsprechend.

    Die Feststellungen der Steuerfahndung, auf die der Antragsgegner sich beziehe, beruhten auf einer Überwachung der Telekommunikation und beschlagnahmten Unterlagen. Gegen die Beschlüsse zur Überwachungsaufzeichnung der Telekommunikation und gegen die Durchsuchungsbeschlüsse sei jedoch Beschwerde eingelegt worden (Anlage A 5 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 20.11.2013, FGA Anlagenband), über die das Amtsgericht Hamburg noch nicht entschieden habe. Daher bestehe auch für das Besteuerungsverfahren derzeit noch ein Beweisverwertungsverbot. Selbst wenn die Beschwerde nicht erfolgreich wäre, wäre dies für den Ausgang des hiesigen Verfahrens nicht von Bedeutung.

    Nach der Rechtsprechung des EuGH könnten die Finanzämter von einem Steuerpflichtigen nicht die Prüfung verlangen, ob der Aussteller der Rechnung über die fraglichen Kapazitäten verfüge und seinen steuerlichen Verpflichtungen nachkomme oder nicht. Danach sei es grundsätzlich Sache der Finanzbehörden, bei den Steuerpflichtigen die erforderlichen Kontrollen durchzuführen, um ggf. Unregelmäßigkeiten aufzudecken. Etwas anderes gelte nur, wenn der Steuerpflichtige von der Steuerhinterziehung wisse oder wissen müsse, was die Finanzverwaltung nachzuweisen habe. Ein derartiger Nachweis sei vom Antragsgegner bisher nicht erbracht worden.

    Darüber hinaus führte die Durchsetzung der vom Antragsgegner behaupteten Ansprüche zu einer unbilligen Härte für sie, die Antragstellerin. Sie könne als zertifiziertes Unternehmen der Logistikbranche hohe Qualitätsstandards in der Anbahnung und Abwicklung ihrer Geschäftsvorfälle vorweisen. Bei ihren Kunden handele es sich um führende Logistikgesellschaften mit Umsätzen im Milliardenbereich. Im Falle der Vollstreckung der streitgegenständlichen Umsatzsteuerforderungen in Höhe von 118.229,72 € zzgl. Nebenleistungen müsste sie, die Antragstellerin, Insolvenz anmelden. Diesen potenziellen Verbindlichkeiten stünden Kontoguthaben in Höhe von 8.707,83 € gegenüber (Kontoauszüge vom 14./15.11.2013, Anlage A 7 zum Schriftsatz vom 20.11.2013, FGA Anlagenband). Nennenswerte kurzfristig verwertbare Vermögensgegenstände und weitere Konten gebe es nicht. Das Betriebsvermögen bestehe in erster Linie aus der Betriebs- und Geschäftsausstattung (Anlagenverzeichnis 2013, Anlage A 8 zum Schriftsatz vom 20.11.2013, FGA Anlagenband). Die Liquidität belaufe sich derzeit auf knapp 40.000,00 €. Hiervon sei stets ein gewisser finanzieller Puffer für unplanbare Zahlungen oder fehlende Zahlungseingänge vorzuhalten.

    Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass der Antragsgegner am 08.08.2013 weitere Steuerforderungen in Höhe von 238.821,70 € festgesetzt und vollstreckt habe. Die Pfändungen von ihren, der Antragstellerin, Forderungen gegenüber ihren Auftraggebern hätten zu erheblichen Umsatzeinbrüchen geführt, da einige Auftraggeber fristlos gekündigt hätten (Glaubhaftmachung: eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Antragstellerin, Anlage A 10 zum Schriftsatz vom 20.11.2013, FGA Anlagenband; Kündigungsschreiben, Anlage A 12 zum Schriftsatz vom 20.11.2013, FGA Anlagenband). Aufgrund der Pfändungen erhalte sie keine Bankbürgschaft ihrer Hausbank in Höhe des streitgegenständlichen Betrages (vgl. Schreiben der Bank-1 vom 18.11.2013, Anlage A 13 zum Schriftsatz vom 20.11.2013, FGA Anlagenband).

    Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
    die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 2012 und der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für Januar, Februar, März und April 2013, jeweils vom 14.08.2013, auszusetzen.

    Der Antragsgegner beantragt,
    den Antrag abzulehnen.

    Der Antragsgegner nimmt zur Begründung auf die Ablehnung des AdV-Antrages vom 12.11.2013 Bezug und weist klarstellend darauf hin, dass die als Scheinunternehmen bezeichneten Subunternehmer der Antragstellerin die formalen Voraussetzungen eines Unternehmens erfüllten und tatsächlich existierten. Nach den Erfahrungen der Steuerfahndung erfüllten in betrügerische Fakturierungsketten involvierte Firmen stets die formalen Voraussetzungen eines ordentlichen Unternehmens, weil nur dann der geplante Taterfolg eintreten könne. Jedoch hätten die Subunternehmer der Antragstellerin die in den Werkverträgen vereinbarten Leistungen nicht selbständig und eigenverantwortlich erbracht, sondern seien nur im Rahmen einer Fakturierungskette als angeblich Leistende Empfangende von Gutschriften der Antragstellerin gewesen. Diese habe gegenüber den Arbeitnehmern oder angeblichen Sub-Subunternehmern direkte Weisungsrechte ausgeübt. Die Subunternehmer selbst seien somit nicht wie Unternehmer i. S. des § 2 UStG tätig, sondern lediglich zum Schein in die Werkvertragsgestaltung eingebunden gewesen, ohne dass diese Werkverträge tatsächlich erfüllt worden seien.

    Entgegen der Auffassung der Antragstellerin komme es für die Frage der berechtigten Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs durchaus auf die richtige Leistungsbeschreibung in den Rechnungen bzw. Gutschriften an.

    Gegen die Beschlüsse zur Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation habe lediglich Herr J mit Schriftsatz vom 24.10.2013 beim Amtsgericht Hamburg Beschwerde eingelegt. Herr J sei aber weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der Antragstellerin, sondern deren Angestellter ohne Prokura. Der Geschäftsführer der Antragstellerin habe keine Beschwerde eingelegt. Daher sei das derzeit noch nicht abgeschlossene Beschwerdeverfahren für die hiesige Entscheidung unerheblich.

    Die Antragstellerin habe nicht belegt, dass die Vollziehung der Bescheide für sie mit einer unbilligen Härte verbunden wäre. So habe sie ihre finanzielle Lage nicht vollumfänglich dargelegt und insbesondere keine Angaben zu den Forderungen im Umlaufvermögen gemacht. Die Aufstellung über die voraussichtliche Umsatzentwicklung von November 2013 bis Januar 2014 und über die Einnahmen in den Kalenderwochen 47 bis 49 in 2013 könne nicht bestätigt werden. Die als Anlage A 10 eingereichte "eidesstattliche Versicherung" sei nicht vor einer kraft Gesetzes zur Abnahme befugten Person abgegeben worden. Schließlich sei die Ablehnung einer nicht präzisierten Finanzierungsanfrage nicht konkret genug, um eine drohende Insolvenz zu begründen. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Gesellschafter die dauerhaft mit Gewinn wirtschaftende Antragstellerin in einer steuerlich bedingten einmaligen Belastungssituation finanziell unterstützen würden.

    Dem Gericht haben je Band I der Akten Allgemeines, der Umsatzsteuerakten, der Bilanz- und Bilanzberichtsakten und der AdV-Akten (St.-Nr. .../.../...) vorgelegen.
    II.

    Der Antrag ist zulässig und begründet.

    1. Der Antrag ist zulässig. Der Antragsgegner hat die vom Antragsteller mit Schreiben vom 16.08.2013 beantragte AdV mit Bescheid vom 12.11.2013 abgelehnt, sodass die Zugangsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) erfüllt ist.

    2. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

    a) Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sind anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, gewichtige Umstände zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen (BFH-Beschluss vom 21.11.2013 II B 46/13, DStR 2013, 2686). Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen (BFH-Beschluss vom 03.04.2013 V B 125/12, BFHE 240, 447, BStBl II 2013, 973). Ist die Rechtslage nicht eindeutig, so ist im summarischen Verfahren nicht abschließend zu entscheiden, sondern im Regelfall die Vollziehung auszusetzen (BFH-Beschlüsse vom 13.03.2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611; vom 19.05.2010 I B 191/09, BFHE 229, 322, BStBl II 2011, 156).

    Das Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsaktes gemäß § 69 Abs. 3 FGO ist als Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein summarisches Verfahren, in dem wegen der Eilbedürftigkeit nur aufgrund des Sachverhalts entschieden wird, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (BFH-Beschluss vom 03.04.2013 V B 125/12, DStR 2013, 1025). Es ist Sache der Beteiligten, die entscheidungserheblichen Tatsachen darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 155 FGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung -ZPO-), soweit ihre Mitwirkungspflicht reicht (BFH-Beschlüsse vom 10.02.2010 V S 24/09, BFH/NV 2010, 930; vom 20.03.2002 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809).

    b) Nach der gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachvortrags der Beteiligten und der vom Antragsgegner vorgelegten Akten bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides für 2012 und der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für Januar bis April 2013. Auf dieser Grundlage sprechen mehr Gründe für als gegen die Berücksichtigung des von der Antragstellerin beanspruchten Vorsteuerabzugs aus den für die Subunternehmer erteilten Gutschriften.

    Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i. S. der §§ 14, 14a UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

    aa) Bei summarischer Prüfung ist davon auszugehen, dass die Subunternehmer der Antragstellerin, die Firmen C und F, Unternehmer sind.

    Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG).

    aaa) Aus dem vom Antragsgegner nicht bestrittenen Vortrag der Antragstellerin ergibt sich, dass diese Firmen steuerlich geführt wurden, im Handelsregister eingetragen waren, über eigene Büroräume verfügten und durch ihre Geschäftsführer Anstellungsverträge mit den für die Antragstellerin tätigen Arbeitnehmern geschlossen haben. Der Antragsgegner trägt selbst vor, dass die Subunternehmer, die Firmen C und F, die formalen Voraussetzungen eines Unternehmens erfüllen und tatsächlich existieren, dass es sich also nicht um Scheinfirmen handelte.

    bbb) Der Umstand, dass die Subunternehmer im Einzelfall auf Weisung der Antragstellerin gehandelt haben, wie der Antragsgegner unter Verweis auf die Ergebnisse der Telefonüberwachung (AdV-Akte Bl. 44 ff. bzgl. C, Bl. 51 ff. bzgl. F) behauptet, stünde der Unternehmereigenschaft der Subunternehmer nicht entgegen. Die Weisungsgebundenheit gegenüber einem Hintermann führt nicht zur Unselbständigkeit im umsatzsteuerlichen Sinne (Heidner in Bunjes, UStG, 12. Aufl., § 15 Rz. 61). Der BFH hat seine gegenteilige Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 15.09.1994 XI R 56/93, BFHE 176, 285, BStBl II 1995, 275) aufgegeben (Urteil vom 10.11.2010 XI R 15/09, BFH/NV 2011, 867).

    ccc) Auch kann der Antragsgegner aufgrund der vorliegenden Akten nicht geltend machen, die Subunternehmer seien nur zum Schein als Strohfirmen in ein tatsächlich unmittelbar zwischen der Antragstellerin und den Arbeitnehmern bestehendes Arbeitsverhältnis zwischengeschaltet worden.

    (1) Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen (BFH-Urteile vom 25.04.2013 V R 28/11, BFHE 242, 77, BStBl II 2013, 656; vom 12.08.2009 XI R 48/07, BFH/NV 2010, 259). Leistender kann dabei auch ein "Strohmann" sein. Tritt jemand im Rechtsverkehr im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen auf, der - aus welchen Gründen auch immer - nicht selbst als berechtigter oder verpflichteter Vertragspartner in Erscheinung treten will (sog. Hintermann), ist zivilrechtlich grundsätzlich nur der "Strohmann" aus dem Rechtsgeschäft berechtigt und verpflichtet. Dementsprechend sind dem "Strohmann" auch solche Leistungen zuzurechnen, die der "Hintermann" berechtigterweise im Namen des Strohmannes tatsächlich ausgeführt hat. Unbeachtlich ist das "vorgeschobene" Strohmanngeschäft gemäß § 41 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) nur dann, wenn es lediglich zum Schein abgeschlossen wird, d. h. wenn die Vertragsparteien einverständlich oder stillschweigend davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen des Geschäfts gerade nicht zwischen ihnen, sondern zwischen dem Leistungsempfänger und dem "Hintermann" eintreten sollen. Letzteres ist insbesondere dann zu bejahen, wenn der Leistungsempfänger weiß oder davon ausgehen muss, dass der Strohmann keine eigene - ggf. auch durch Subunternehmer auszuführende - Verpflichtung aus dem Rechtsgeschäft übernehmen und dementsprechend auch keine eigenen Leistungen versteuern will (BFH-Urteil vom 10.11.2010 XI R 15/09, BFH/NV 2011, 867).

    (2) Auch wenn man mit dem Antragsgegner davon ausgeht, dass die (einzige) Tätigkeit der Subunternehmer darin bestand, die von der Antragstellerin geforderte Anzahl von Arbeitern zur Verfügung zu stellen, wäre dies eine Leistung, die den zivilrechtlichen Abschluss von Anstellungsverträgen zwischen den Subunternehmern und den Arbeitern und von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen zwischen den Subunternehmern und der Antragstellerin voraussetzt. Wegen des begehrten Vorsteuerabzuges wäre es der Antragstellerin und den Subunternehmern gerade darauf angekommen, Rechtsgeschäfte abzuschließen, die Rechte und Pflichten der Subunternehmer begründen. Der Antragsgegner hat auch nicht vorgetragen, dass die Subunternehmer ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen wären.

    bb) Die Subunternehmer haben sonstige Leistungen für das Unternehmen der Antragstellerin ausgeführt.

    aaa) Zwar ist zweifelhaft, ob die Subunternehmer die in den Rahmen- und Einzelverträgen vereinbarten (Werk-) Leistungen erbracht haben.

    Aus den in der AdV-Akte enthaltenen Protokollen der Telefonüberwachung ergeben sich durchaus stichhaltige Hinweise darauf, dass die Antragstellerin den Subunternehmern vorgegeben hat, welche Arbeitnehmer wann bei welchem Auftraggeber eingesetzt werden sollten, und z. T. auch, welche Arbeitnehmer von den Subunternehmern überhaupt angestellt werden sollten (vgl. insbesondere Anlagen 4 bis 6 zur Stellungnahme der Steuerfahndung vom 30.10.2013, AdV-Akte Bl. 43 ff.). Dies spricht gegen eine eigenverantwortliche, selbständige und weisungsfreie Durchführung von Werkleistungen, wie sie in den Rahmenverträgen (oben I.1.b)) vereinbart wurde.

    Ob die Finanzbehörde diese Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung rechtmäßig im Rahmen eigener strafrechtlicher Ermittlungen gewonnen hat (§ 393 Abs. 3 Satz 2 AO; vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 06.02.2013 XI B 125/12, BFH/NV 2013, 615) und sie deshalb im Besteuerungsverfahren verwertet werden dürfen, kann der beschließende Senat aufgrund der vorliegenden Akten und des Sachvortrags der Beteiligten zwar nicht beurteilen. Darauf kommt es aber auch nicht an. Denn die Antragstellerin, die die Feststellungslast für die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs trägt und insoweit mitwirkungspflichtig ist, hat nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Subunternehmer die in den Rahmen- und Einzelverträgen vereinbarten Werkleistungen vereinbarungsgemäß erbracht hätten, etwa durch die Darlegung der Behandlung von Gewährleistungsfällen (vgl. hierzu BGH-Beschluss vom 12.02.2003 5 StR 165/12, HFR 2003, 806). Das bloße Bestreiten der Ausführungen des Antragsgegners genügt insoweit nicht.

    bbb) Auf die Erbringung von Werkleistungen kommt es aber im Ergebnis nicht an. Denn jedenfalls haben die Subunternehmer nach dem Vortrag der Beteiligten und nach Aktenlage eine sonstige Leistung erbracht, indem sie der Antragstellerin gegen Entgelt Arbeitnehmer überlassen haben.

    (1) Die Arbeitnehmerüberlassung ist eine sonstige Leistung i. S. des § 3 Abs. 9 UStG. Zwar fingiert § 10 Abs. 1 Satz 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer, wenn der Verleiher nicht über die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis verfügt. Da das Umsatzsteuerrecht aber an tatsächliche Leistungsvorgänge anknüpft, ohne auf die zivilrechtliche Wirksamkeit der zugrunde liegenden Verträge abzustellen (auf die es im Übrigen auch nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung -AO- nicht ankommt), schließt das Fehlen einer Erlaubnis das Vorliegen eines Umsatzes des Arbeitnehmerverleihers gegenüber dem -entleiher nicht aus (BGH-Urteil vom 12.02.2003 5 StR 165/02, HFR 2003, 806; BFH-Urteil vom 21.01.1993 V R 30/88, BFHE 170, 283, BStBl II 1993, 384).

    (2) Die Subunternehmer haben mit den Arbeitnehmern Anstellungsverträge geschlossen. Dies ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin, der vom Antragsgegner nicht bestritten worden ist. Auch aus den Protokollen der Telefonüberwachung ergibt sich nichts Gegenteiliges. Insbesondere gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Arbeitnehmer, die Subunternehmer und die Antragstellerin übereinstimmend hätten vereinbaren wollen, dass die Arbeitnehmer unmittelbar durch die Antragstellerin angestellt und die Arbeitsverträge mit den Subunternehmern nur zum Schein hätten abgeschlossen werden sollen (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2 AO; s. oben aa) ccc)).

    Die Subunternehmer haben auch Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge für ihre Arbeitnehmer abgeführt. Soweit Letzteres bei einzelnen Arbeitnehmern nicht der Fall gewesen sein sollte (vgl. Auswertung der Telefonüberwachung vom 10.08.2013, AdV-Akte Bl. 44 ff.), ist nicht ersichtlich, dass und welche Leistungen von den Subunternehmern berechnet worden wären, die durch nicht bei ihr angemeldete und auch zivilrechtlich nicht bei ihr angestellte Arbeiter erbracht wurden und dennoch Grundlage des streitgegenständlichen Vorsteuerabzugs sind. Eine etwaige Hinterziehung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen ist nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens.

    (3) Dass die Antragstellerin bei den Subunternehmern eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern für bestimmte Einsätze angefordert hat, wie der Antragsgegner vorträgt und sich aus der Telefonüberwachung (Protokoll vom 08.04.2013, AdV-Akte Bl. 43) ergibt, entspricht der tatsächlichen Durchführung einer Arbeitnehmerüberlassung. Das gilt auch, falls die Subunternehmer die überlassenen Arbeitnehmer zuvor auf Wunsch oder Weisung der Antragstellerin eingestellt haben sollten, wie der Antragsgegner unter Bezugnahme auf die Auswertung der Telefonüberwachung (AdV-Akte Bl. 44 ff. bzgl. C Bl. 51 ff. bzgl. F) behauptet, wobei allerdings nicht klar ist, ob sich die etwaigen Weisungen auch auf die Arbeitnehmer bezogen, die die hier streitgegenständlichen Leistungen erbracht haben.

    cc) Die Antragstellerin ist im Besitz der erforderlichen Rechnungen.

    aaa) Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14 a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Wenn dies vorher vereinbart wurde, kann eine Rechnung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG auch in Form einer Gutschrift durch den Leistungsempfänger ausgestellt werden. Im Streitfall ist in Ermangelung anderer Angaben von einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der Antragstellerin und den Subunternehmern auszugehen.

    bbb) Nach § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung u. a. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung enthalten, also Angaben tatsächlicher Art, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistung muss dahingehend begrenzt sein, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzungen erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BFH-Beschluss vom 18.02.2013 XI B 117/11, BFH/NV 2013, 981; FG Hamburg, Beschluss vom 20.11.2012 2 V 264/12, juris). Sofern in der Abrechnung auf andere Geschäftsunterlagen verwiesen wird, ist es grundsätzlich notwendig, dass die in Bezug genommenen Unterlagen eindeutig bezeichnet werden (BFH-Beschluss vom 29.11.2002 V B 119/02, BFH/NV 2003, 518). Lediglich allgemeine Bezeichnungen wie "Fliesenarbeiten" oder "Außenputzarbeiten" genügen den Anforderungen ohne nähere Konkretisierung nicht (BFH-Urteil vom 15.05.2012 XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836).

    ccc) Ein Rechnungsaussteller kann grundsätzlich, statt die Leistungshandlung zu beschreiben, mit Angaben tatsächlicher Art den beim Leistungsempfänger eintretenden Erfolg der Leistungshandlung bezeichnen. Wird daher als Leistungsgegenstand "geleistete Ein- und Ausschalarbeiten in der Zeit v. ...", "für geleistete Montagearbeiten" oder "Montage von Einbauschränken" bezeichnet und kommt kein anderer Leistungsgegenstand in Betracht als entweder die Ausführung dieser Arbeiten oder die Überlassung von Arbeitskräften für die entsprechenden Tätigkeiten, ist dies für die Angabe des Leistungsgegenstandes ausreichend (BFH-Urteile vom 12.12.1996 V R 16/96, BFH/NV 1997, 717; vom 24.09.1987 V R 125/86, BFHE 153, 77, BStBl II 1988, 694; vom 24.09.1987 V R 50/85, BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688; BGH-Beschluss vom 12.02.2003 5 StR 165/02, HFR 2003, 806). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Arbeitnehmer für die Herstellung bestimmter Gewerke überlassen werden und diese Gewerke auch erstellt haben (BFH-Urteil vom 21.01.1993 V R 30/88, BFHE 170, 283, BStBl II 1993, 384).

    ddd) Diese Rechtsprechung ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht überholt (Heidner in Bunjes, UStG, 12. Aufl., § 15 Rz. 142). Der BFH hat sich von den zitierten Urteilen später nicht distanziert, sondern laufend darauf Bezug genommen (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 10.01.2013 X I B 33/12, BFH/NV 2013, 170; vom 08.10.2008 V R 59/07, BFHE 222, 189, BStBl II 2009, 218). Das gilt auch für das vom Antragsgegner genannte Urteil vom 14.10.2002 (V B 9/02, BFH/NV 2003, 213). Soweit der BFH im Urteil vom 15.05.2012 (XI R 32/10, BFH/NV 2012, 1836) offen gelassen hat, ob die zu § 14 UStG a. F. ergangene Entscheidung vom 24.09.1987 (V R 50/85, BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688) auf die Rechtslage seit Geltung des § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG n. F. übertragbar ist, bezieht sich dies nur auf die Möglichkeit zur Identifizierung des Leistungsgegenstandes unter Heranziehung weiterer Erkenntnismittel, nicht hingegen auf die oben genannten Rechtssätze.

    eee) Zwar genügt es nach Auffassung des FG Saarland (Urteil vom 16.06.2010 1 K 1176/07, EFG 2010, 1739) nur dann, in den Abrechnungspapieren diejenigen Gewerke anzugeben, die der Leistungsempfänger durch die ihm zur Verfügung gestellten Arbeitnehmer hat ausführen lassen, wenn aus der Rechnung hervorgeht, dass es sich um eine sonstige Leistung in Form der Arbeitnehmerüberlassung handelt. Dies soll indes nur in Fällen gelten, in denen die Rechnungen den Eindruck erwecken, sie hätten Werklieferungsverträge zum Gegenstand; dann ist nach Auffassung des FG Saarland ein Hinweis in der Rechnung auf die Materialbeistellung durch den Auftraggeber erforderlich. Ein derartiger Eindruck entsteht nach den dem Gericht vorliegenden Gutschriften der Antragstellerin jedoch nicht, sodass offen bleiben kann, ob der Auffassung des FG Saarland zu folgen wäre.

    fff) Dem Gericht liegen nur zwei Gutschriften vor (s. oben I.1.c)), sodass eine umfassende Überprüfung der Leistungsbeschreibungen nicht möglich ist. In der nicht aus dem Streitzeitraum stammenden Gutschrift gegenüber der D GmbH wird unter Angabe des jeweiligen Datums und der Menge als Leistung "Flaschen in Kisten einsetzen" angegeben. Die im Streitzeitraum ausgestellten Gutschriften sollen nach dem unwidersprochenen Vortrag der Antragstellerin vergleichbar sein. In der weiteren Gutschrift vom 31.12.2012 gegenüber der C wurden in der Anlage unter Angabe der Daten und Artikelnummern als Leistungen beschrieben: "Displays konfektioniert" und "Preisauszeichnung". Der Antragsgegner hat insoweit nicht moniert und es ist auch nicht ersichtlich, dass die genannten Leistungsbeschreibungen zu ungenau wären und etwa eine doppelte Abrechnung derselben Leistung zuließen. Dass die Arbeitnehmer der Subunternehmer die jeweiligen Leistungen auch tatsächlich ausgeführt haben, ist ebenfalls unstreitig. Die Leistungsbeschreibung ist daher auch dann ausreichend, wenn die Subunternehmer der Antragstellerin statt der Bewirkung des Leistungserfolges die Arbeitnehmer zur Ausführung der Leistungen überlassen haben.

    dd) Auf die Möglichkeit, die Gutschriften gemäß § 14c Abs. 2 Sätze 3 bis 5 UStG zu berichtigen, und die Frage einer eventuellen Rückwirkung einer Berichtigung (vgl. hierzu EuGH-Urteil vom 08.05.2013 C-271/12 "Petroma Transports", HFR 2013, 656; BFH-Urteil vom 19.06.2013 XI R 41/10, DStR 2013, 2329; FG Niedersachsen, Beschluss vom 01.10.2013 5 V 217/13, EFG 2013, 2049; FG Hamburg, Urteil vom 06.12.2012 3 K 96/12, EFG 2013, 1537) kommt es danach nicht an.

    ee) Ein Ausschluss des Vorsteuerabzugs kommt schließlich auch nicht wegen einer Beteiligung der Antragstellerin an einem Umsatzsteuerhinterziehungssystem in Betracht.

    aaa) Der Vorsteuerabzug ist zu versagen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder wissen konnte bzw. hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligte, der in eine Umsatzsteuerhinterziehung einbezogen war (BGH-Beschluss vom 08.02.2011 1 StR 24/10, NJW 2011, 1616; BFH-Urteile vom 19.05.2010 XI R 78/07, BFH/NV 2010, 2132; vom 19.04.2007 V R 48/04 BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315). Das Recht auf Vorsteuerabzug darf jedoch nur dann verweigert werden, wenn die Steuerbehörde anhand objektiver Umstände nachweist, dass der Rechnungsempfänger wusste oder hätte wissen müssen, dass der zur Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug angeführte Umsatz in einen vom Rechnungsaussteller oder einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden Umsatzstufe der Leistungskette begangene Steuerhinterziehung einbezogen war (EuGH-Urteil vom 06.09.2012 C-324/11, HFR 2012, 1124).

    bbb) Nach dem vom Antragsgegner nicht bestrittenen Vortrag der Antragstellerin haben die Subunternehmer die in den Gutschriften ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt. Anhaltspunkte dafür, dass die Umsatzsteuer auf einer anderen Ebene der Leistungserbringung, etwa durch einen Sub-Sub-unternehmer, nicht angemeldet oder nicht entrichtet worden wäre, hat der Antragsgegner nicht vorgetragen und ergeben sich nicht aus den vorgelegten Akten. Die allgemeine Behauptung des Antragsgegners in dem Bescheid über die Anordnung des dinglichen Arrestes (oben I.2.c)), am Ende der Fakturierungskette hätten - nicht konkret benannte - sog. Missing Trader gestanden, genügt für den erforderlichen und anhand objektiver Umstände zu erbringenden Nachweis einer Umsatzsteuerhinterziehung und dafür, dass die Antragstellerin hiervon wusste oder hätte wissen müssen, nicht.

    c) Da die AdV bereits wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide zu gewähren ist, kommt es nicht darauf an, ob die Vollziehung für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

    d) Weil die Voraussetzungen für die Gewährung der AdV seit Fälligkeit der Steuerforderungen bestehen, ist die Vollziehung im Hinblick auf die nach § 240 AO bereits verwirkten Säumniszuschläge gemäß § 69 Abs. 3 Satz 3 FGO aufzuheben (vgl. BFH-Beschluss vom 13.03.2012 I B 111/11, BFHE 236, 501, BStBl II 2012, 611). Die Antragstellerin hat dies zwar nicht ausdrücklich beantragt, jedoch ist ihr Begehren nach ihrem mutmaßlichen Willen und Interesse entsprechend auszulegen.

    e) Die Aufhebung der Vollziehung wird ohne Sicherheitsleistung angeordnet (§ 69 Abs. 2 Satz 3 FGO).

    aa) Die Aussetzung gegen Leistung einer Sicherheit ist angezeigt, wenn die spätere Vollstreckung der Steuerforderung infolge der AdV gefährdet oder erschwert erscheint. Denn die Sicherheitsleistung dient der Vermeidung von Steuerausfällen bei einem für den Steuerpflichtigen ungünstigen Verfahrensausgang (BFH-Beschluss vom 17.05.2005 I B 109/04, BFH/NV 2005, 1782; FG Hamburg, Beschluss vom 13.05.2013 3 V 16/13, EFG 2013, 1513). Dabei muss die Finanzbehörde die für eine Gefährdung des Steueranspruchs sprechenden Gesichtspunkte schlüssig vortragen und der Steuerpflichtige ggf. Umstände, die ein (dargelegtes) Sicherungsbedürfnis der Behörde entfallen oder unangemessen erscheinen lassen (BFH-Beschlüsse vom 06.02.2013 XI B 125/12, BFHE 239, 390, BStBl II 2013, 983; vom 07.05.2008 IX S 26/07, BFH/NV 2008, 1498).

    bb) Zwar hat die Antragstellerin selbst vorgetragen, zur Zahlung der festgesetzten Steuerbeträge nicht in der Lage zu sein. Es ergibt sich aus ihrem Vortrag aber nicht, dass die Vollstreckung der Steuerforderungen gerade infolge der AdV-Gewährung gefährdet wäre. Vor allem aber hat der Antragsgegner die Gefährdung der Steueransprüche selbst ausdrücklich in Abrede gestellt; er hat die von der Antragstellerin behauptete fehlende Liquidität bestritten und geht davon aus, dass die Muttergesellschaft der Antragstellerin deren dauerhaft mit Gewinn handelndes Unternehmen nicht wegen der hier streitgegenständlichen Steuerforderungen der Insolvenz preisgeben wird.

    f) Die AdV wird bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens (durch Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder von Abhilfebescheiden, Einspruchsrücknahme oder sonstige Erledigung) und nicht bis zum Abschluss eines sich eventuell anschließenden Gerichtsverfahrens gewährt, weil der Senat davon ausgeht, dass die Ermittlungen bis dahin abgeschlossen sein werden.

    3. a) Die Kostentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    b) Gründe für die Zulassung der Beschwerde gemäß § 128 Abs. 3 i. V. m. § 115 Abs. 2 FGO liegen nicht vor.

    RechtsgebieteUStG, AÜG, AOVorschriftenUStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, UStG § 14 Abs. 2 Satz 2, UStG § 14 Abs. 4 Nr. 5, UStG § 2 Abs. 1 Satz 1, UStG § 2 Abs. 1 Satz 3, AÜG § 10 Abs. 1 Satz 1, AO § 41 Abs. 1 Satz 1, AO § 41 Abs. 2 Satz 2