Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 11.01.2007 · IWW-Abrufnummer 070161

    Bundesfinanzhof: Urteil vom 11.07.2006 – VIII R 67/04

    Der Kapitalverlust aus der vorzeitigen Einlösung einer Gleitzins-Schuldverschreibung kann nicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach der sog. Differenzmethode gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 und 4 EStG berücksichtigt werden.



    Gleitzins-Schuldverschreibungen haben grundsätzlich eine Emissionsrendite.



    Die Emissionsrendite ist nachgewiesen, wenn sie sich aus den vom Steuerpflichtigen eingereichten Unterlagen ergibt. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG eröffnet kein Wahlrecht im juristischen Sinne.


    Gründe:

    I.

    Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) --Eheleute-- wurden im Streitjahr 1998 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Sie erwarben im Jahr 1997 Gleitzins-Schuldverschreibungen des Emittenten "X" mit einem Nominalwert von 390 000 DM. Sie zeichneten diese Anleihen bei der Y zum Emissionskurs von 101 v.H. Nach dem Emissionsprospekt vom 19. März 1997 waren die mit Endfälligkeit zum Jahr 2015 begebenen Schuldverschreibungen ab dem 19. März 1997 bis zum 30. Dezember 1997 (ausschließlich) --dem spätesten vorgesehenen Abschlusstermin für die Anlage des Emissionserlöses (durch "neustrukturierte Darlehen")-- mit 3 v.H. pro Jahr, danach bis zum 19. März 2001 (ausschließlich) mit 14 v.H. und danach mit 10 v.H. pro Jahr zu verzinsen. Der Kapitalbetrag sollte in elf jährlichen Raten jeweils zum 19. März ab dem Jahr 2005 zurückgezahlt werden. Für den Fall der Beendigung des zwischen dem Emittenten und der Z --Zweigstelle ...-- bestehenden Devisenhandelsgeschäfts (Swap-Vertrag) aus näher bestimmten Gründen sah der Emissionsprospekt die vorzeitige Einlösung der Schuldverschreibungen zu einem von dem Wert der hierfür bestellten Sicherheiten abhängigen Kurs vor.

    In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr wiesen die Kläger in der Anlage "Ausländische Einkünfte" einen nicht ausgleichsfähigen Verlust aus dem Staat A in Höhe von 374 305 DM aus, der auf der vorzeitigen Einlösung der streitbefangenen Gleitzins-Schuldverschreibung mit einem anteiligen Kurswert von 4,0243 v.H. (= 15 694 DM) zum 9. Dezember 1998 beruhte. Auf diese Anleihen entfallende Zinseinnahmen deklarierten die Kläger in Höhe von 26 074,88 DM.

    In dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 1998 vom 22. Januar 2000 berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) den geltend gemachten Kapitalverlust nicht, da es sich um einen solchen der privaten Vermögensebene handle.

    Mit Schreiben vom 22. September 2000 beantragten die Kläger, die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr zu ändern und die Einkünfte aus Kapitalvermögen um den Verlust des Anleihekapitals in Höhe von 374 305 DM zu mindern. Mit Bescheid vom 11. Dezember 2000 lehnte das FA die Berücksichtigung des Kapitalverlusts bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ab, da die Zahlungsunfähigkeit des Anleiheschuldners eindeutig auf der Vermögensebene liege. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei nur in den Fällen anzuwenden, in denen die bei Ausgabe der Kapitalanlage zu Grunde gelegten Vertragsbedingungen eingehalten und die Papiere auch tatsächlich zum Ende der Laufzeit eingelöst würden. Nur dann könne ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen zwischen Emissionsrendite und Marktrendite bestehen.

    Der Einspruch der Kläger hatte keinen Erfolg. Während des Einspruchsverfahrens hat das FA den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr wegen hier nicht streitbefangener Besteuerungsgrundlagen mit Bescheiden vom 13. November 2000 und 30. Januar 2001 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert.

    Mit ihrer Klage gegen die Einspruchsentscheidung haben die Kläger geltend gemacht, das FA sei zu Unrecht von der Zahlungsunfähigkeit des Emittenten und der Nichteinhaltung der Vertragsbestimmungen ausgegangen. Nach den Vertragsbedingungen des Emissionsprospekts habe für den Emittenten keine Zahlungsverpflichtung über den festgestellten Marktwert der gezeichneten Teilschuldverschreibungen hinaus bestanden. Danach sei eine Rückzahlungsquote von weniger als 100 v.H. nie auszuschließen gewesen. Die Prämie für dieses Risiko habe in den wesentlich höheren Zinsen bestanden, die während der Laufzeit der Kapitalforderung gezahlt werden sollten.

    Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1598 veröffentlichten Urteil ab.

    Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts (§ 96 Abs. 2, § 102, § 119 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--; § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG).

    Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 30. Januar 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2001 unter Berücksichtigung eines Verlusts aus Kapitalvermögen von 374 305 DM zu ändern.

    Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

    II.

    Die Revision ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

    1. Die geltend gemachten Verfahrensrügen greifen nicht durch.

    Das FG hat das rechtliche Gehör der Kläger nicht verletzt. Zwar verbietet der Anspruch der Beteiligten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO) dem Gericht den Erlass von sog. Überraschungsentscheidungen. Eine solche liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der auch ein kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen musste (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 29. Mai 1991 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. September 2002 I B 107/01, BFH/NV 2003, 68; vom 11. Februar 2003 XI B 4/02, BFH/NV 2003, 802, m.w.N.; BFH-Urteil vom 7. August 2002 I R 45/01, BFH/NV 2003, 173; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 119 FGO Rz. 210). Hiervon kann im Streitfall insbesondere mit Blick auf die sachkundige Vertretung der Kläger nicht ausgegangen werden. Die Auslegung von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG als Beweislastregel und nicht als Wahlrecht lag nicht so fern, dass die Kläger mit dieser Rechtsauffassung nicht rechnen mussten. Auch die weiteren Rügen der Verletzung formellen Rechts haben keinen Erfolg. Der Senat sieht insoweit von einer Begründung ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 FGO).

    2. Das Urteil des FG ist auch der Sache nach nicht zu beanstanden. Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Kapitalverlust der Kläger aus der vorzeitigen Einlösung der streitigen Gleitzins-Schuldverschreibungen nicht im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach der sog. Differenzmethode gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 und 4 EStG berücksichtigt werden kann. Vielmehr bestimmen sich die Kapitalerträge des Klägers aus diesen Schuldverschreibungen nach ihrer Emissionsrendite (§ 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. d EStG).

    a) Die streitigen Gleitzins-Schuldverschreibungen stellen sonstige Kapitalforderungen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG dar. Es ist ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt und gewährt worden, dessen Höhe nicht von einem ungewissen Ereignis abhängt. Die Kapitalerträge waren lediglich in unterschiedlicher Höhe für unterschiedlich lange Zeiträume zu zahlen (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. d EStG). Die Zusatzvereinbarung der vorzeitigen Einlösung führt nicht dazu, dass es sich um ein reines im Rahmen von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht steuerbares Risikogeschäft handelte. Kein Kapitalertrag i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG liegt vor, wenn sowohl die Rückzahlung des Kapitalvermögens als auch der Kapitalertrag unsicher sind. Dies gilt insbesondere für eine sog. Full-Index-Link-Anleihe, bei der sowohl der Ertrag als auch die Rückzahlung des Kapitals an einen bestimmten Index gekoppelt ist (Harenberg, NWB Fach 3, 9825, 9840; derselbe in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 20 EStG Anm. 850).

    So liegt der Streitfall aber nicht. Insbesondere ist der Emissionsprospekt nicht dahingehend auszulegen, dass der Anleger das Risiko eines vollständigen Verlusts seines Kapitalvermögens zu tragen hatte.

    b) Nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. d EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch Einnahmen aus der Veräußerung oder Abtretung von Schuldverschreibungen und sonstigen Kapitalforderungen, bei denen Kapitalerträge in unterschiedlicher Höhe gezahlt werden, soweit sie der rechnerisch auf die Besitzzeit entfallenden Emissionsrendite entsprechen. Haben die Wertpapiere oder Kapitalforderungen keine Emissionsrendite oder weist der Steuerpflichtige die Emissionsrendite nicht nach, gilt gemäß Satz 2 der Unterschied zwischen dem Entgelt für den Erwerb und den Einnahmen aus der Veräußerung, Abtretung oder Einlösung als Kapitalertrag. Gemäß Satz 4 gelten die Sätze 1 und 2 für die Einlösung bei Endfälligkeit entsprechend.

    aa) Die streitigen Gleitzins-Schuldverschreibungen haben indes eine Emissionsrendite. Insbesondere ist mit der festgelegten Endfälligkeit nicht lediglich eine Mindestrendite verbunden.

    bb) Die Emissionsrendite ist auch nachgewiesen, denn sie ergibt sich aus den von den Klägern selbst eingereichten Unterlagen. Eines Rückgriffs auf die Beweislastregel in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG (Senatsurteil vom 24. Oktober 2000 VIII R 28/99, BFHE 193, 374, BStBl II 2001, 97, unter 2. b der Gründe) bedarf es nicht. Damit scheidet ein Ansatz der Marktrendite aus.

    § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG eröffnet für den Steuerpflichtigen kein Wahlrecht im juristischen Sinne. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Steuerpflichtige in bestimmten Fallgestaltungen diese Beweislastregelung dazu nutzen kann, den Ansatz der Marktrendite herbeizuführen. Wenn diese Möglichkeit zum Teil als Wahlrecht des Steuerpflichtigen verstanden wird, statt zur Besteuerung nach der Emissionsrendite zur Besteuerung nach der Differenzmethode zu optieren, indem er den Nachweis der Emissionsrendite nicht erbringt (vgl. z.B. HHR/ Harenberg, § 20 EStG Anm. 1122; Geurts in Bordewin/Brandt, § 20 EStG Rz. 721; Korn, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2001, 1507, 1509; Verfügung der Oberfinanzdirektion --OFD-- Frankfurt vom 23. Oktober 2003 S 2252 A-42-St II 3.04), kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden.

    Bei Wertpapieren und Kapitalforderungen, die eine Emissionsrendite haben, bleibt die Finanzbehörde ungeachtet der Beweislastregelung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend dem in § 88 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 bestimmten Untersuchungsgrundsatz verpflichtet, einen möglichen Ertrag zu ermitteln. Denn Besteuerungsgleichheit verlangt nicht nur rechtliche, sondern auch tatsächliche Belastungsgleichheit (BVerfG-Urteil vom 27. Juni 1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, BStBl II 1991, 654). Deshalb ist auch bei der Durchsetzung der normativ festgelegten Steuerpflicht in Besteuerungsverfahren Belastungsgleichheit zu gewährleisten. Demgemäß haben die Finanzbehörden die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben (§ 85 AO 1977). Dem entspricht der Untersuchungsgrundsatz (§ 88 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Danach hat die Finanzbehörde die für die Steuerpflicht und Steuerbemessung wesentlichen tatsächlichen Verhältnisse (Sachverhalte) von Amts wegen zu ermitteln. Um eine möglichst vollständige und zutreffende Sachaufklärung erreichen zu können, sind die Finanzbehörden jedoch auf die Mitwirkung der Beteiligten angewiesen. Diese verwirklichen den Steuertatbestand und kennen in der Regel die steuererheblichen Tatsachen; sie stehen dem Beweis hierüber am nächsten. Das gilt auch im Streitfall. Haben Kapitalforderungen oder Wertpapiere eine Emissionsrendite, so ist nach dem klaren Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG die Marktrendite nur dann anzusetzen, wenn die Finanzbehörde die Emissionsrendite nicht ermitteln kann, es also ohne diese Beweislastregel zu einem "non liquet" käme.

    Im Streitfall war das FA aufgrund der vom Kläger eingereichten Unterlagen imstande, die Emissionsrendite zu ermitteln. Es war auch nicht durch die Beweislastregel des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG an eigenen Ermittlungen zur Höhe der Emissionsrendite gehindert. Grundsätzlich trägt die Finanzbehörde die objektive Feststellungslast für die steuerbegründenden und -erhöhenden Tatsachen, während den Steuerpflichtigen die Feststellungslast für die steuerentlastenden und -mindernden Tatsachen trifft (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 4. Oktober 2005 XI B 111/04, BFH/NV 2006, 320, m.w.N.; BFH-Urteil vom 24. Juni 1976 IV R 101/75, BFHE 119, 164, BStBl II 1976, 562). Abweichend von dieser Beweislastgrundregel erlegt § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG den Nachweis der Emissionsrendite dem Steuerpflichtigen auf und bewirkt damit eine Umkehr der Beweislast. Diese Regelung ist sachgerecht, denn die renditebegründenden Tatsachen sind der Sphäre des Steuerpflichtigen zuzuordnen und der Finanzbehörde in der Regel nur schwer zugänglich.

    Der Finanzverwaltung sind damit nicht eigene Ermittlungen versagt. Der Steuerpflichtige hat jedoch --abweichend von § 88 Abs. 1 Satz 1 AO 1977-- die maßgeblichen Tatsachen für den Ansatz der Emissionsrendite beizubringen. Die Finanzbehörde ist lediglich nicht zur Ermittlung, etwa durch Einholung einer Auskunft des Emittenten, verpflichtet (weitergehend Schlotter in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 20 Rn 1125; Geurts in Bordewin/Brandt, § 20 EStG Rz. 721; OFD Frankfurt vom 23. Oktober 2003 S 2252 A-42-St II 3.04). Erbringt der Steuerpflichtige den Nachweis nicht und liegen der Finanzbehörde nicht alle für die Ermittlung der Emissionsrendite erforderlichen Daten vor, so ist sie befugt, den steuerpflichtigen Ertrag nach Maßgabe der Differenzmethode zu ermitteln.

    Ebenso wenig besteht ein irgendwie geartetes Vorrecht des Steuerpflichtigen zur Berechnung der Emissionsrendite aus den renditebegründenden Tatsachen. Wenn § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG den Nachweis einer vorhandenen Emissionsrendite dem Steuerpflichtigen auferlegt, so betrifft dies die für die Ermittlung der Emissionsrendite erforderlichen Tatsachen, nicht aber die Errechnung der Emissionsrendite aus diesen Tatsachen.

    Will der Steuerpflichtige einen Verlust nach Maßgabe der Marktrendite geltend machen, trifft ihn hierfür bereits nach der Beweislastgrundregel die Feststellungslast, d.h. der Nachteil der Nichterweislichkeit einer von Anfang an bestimmten Emissionsrendite.

    Da § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG jedoch eine Beweiserleichterung zu Gunsten der Finanzbehörde darstellt, kann der Steuerpflichtige nicht durch die Verweigerung seiner Mitwirkung bei der Ermittlung der renditebegründenden Tatsachen erreichen, im Einzelfall abweichend vom Grundsatz der Maßgeblichkeit der Emissionsrendite den Ansatz eines der Vermögensebene zuzurechnenden Verlusts zu erlangen. Eine andere Auslegung von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG wäre auch nicht mit den Anforderungen eines gleichmäßigen Gesetzesvollzugs und steuerlicher Belastungsgleichheit zu vereinbaren. Im Übrigen wäre für eine derart weit reichende Abweichung von den allgemeinen Regeln der Feststellungslast eine eindeutige gesetzliche Regelung erforderlich. Auch daran fehlt es.

    cc) Aus dem Umstand, dass im Streitfall der Kapitalverlust aus einer vorzeitigen, vor Endfälligkeit erfolgten Einlösung resultiert, ergibt sich nichts anderes. Unabhängig davon, ob § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 4 EStG auch den streitigen Fall einer vorzeitigen Einlösung erfasst, handelt es sich dabei jedenfalls nicht um eine Rechtsfolgenverweisung in dem Sinne, dass auch bei Nachweis einer Emissionsrendite die Marktrendite anzusetzen wäre.

    Auf die Frage, ob § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 4 EStG auch den sog. Durchhalter (Einlöser = Ersterwerber) erfasst, kommt es nicht an. Gleiches gilt für die Frage, ob im Streitfall eine Einlösung i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 4 EStG anzunehmen ist.

    Offenbleiben kann auch, ob die durch § 52 Abs. 37b EStG angeordnete rückwirkende Geltung des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 4 EStG mit der Verfassung vereinbar ist.

    RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4